OGH 13Os96/01

OGH13Os96/0112.9.2001

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. September 2001 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Emsenhuber als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Peter F***** wegen der Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 5. März 2001, GZ 39 Vr 1114/00-40, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der Angeklagte Peter F***** wurde der Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (1.) und des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB

(2.) schuldig erkannt.

Danach hat er zu nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkten im Sommer 1996

zu 1. in Alpbach eine geschlechtliche Handlung an einer unmündigen Person, und zwar der am 22. Mai 1983 geborenen Franziska K*****, vorgenommen, indem er seinen Penis an deren Scheide rieb;

zu 2. in Söll mit der unmündigen Franziska K***** den Beischlaf unternommen.

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die jedoch fehl geht.

Als Unvollständigkeit der Begründung rügt die Beschwerde, dass das Erstgericht die Feststellung der Tatzeiten auf die Aussagen des Zeugen Nikolaus K***** und des Angeklagten (vor der Gendarmerie) stütze, jedoch jene der Zeugin Aloisia K***** mit Stillschweigen übergangen habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Vorwurf geht ins Leere. Mag nämlich auch die Zeugin Aloisia K***** anlässlich ihrer Vernehmung durch das Bezirksgericht Mittersill am 25. Juli 2000 erklärt haben, dass sich der Vorfall auf der Alm 1997 ereignet hätte, hat sie diese Aussage - wie im Übrigen die Beschwerde selbst vorbringt - im Rahmen ihrer ergänzenden Befragung (S 189) und auch in der Hauptverhandlung (S 237) dahin korrigiert, dass die Tatzeit 1996 gewesen wäre. Ein Eingehen auf die berichtigte und somit überholte Aussage war entbehrlich.

Eine weitere Unvollständigkeit erblickt die Beschwerde darin, dass die Aussagen der Eltern des Tatopfers in der Hauptverhandlung, nämlich des Nikolaus K*****, seine Tochter hätte damals kurze Haare gehabt und daher älter ausgesehen, und der Mutter Aloisia K*****, dass die Tochter zum damaligen Zeitpunkt körperlich "überreif" gewesen wäre, ebenfalls unberücksichtigt geblieben wären.

Dem ist zu entgegnen, dass kein Begründungsmangel im Sinne der Z 5 vorliegt, wenn das Gericht nicht den vollständigen Inhalt sämtlicher Aussagen wie überhaupt alle Verfahrensergebnisse in extenso erörtert und darauf untersucht, inwieweit sie für oder gegen diese oder jene Darstellung sprechen. Es genügt vielmehr, wenn der Gerichtshof im Urteil in gedrängter Form (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) die entscheidenden Tatsachen bezeichnet und schlüssig und zureichend begründet, warum er von der Richtigkeit dieser Annahme überzeugt ist, dies in einer Gesamtbetrachtung aller Beweisergebnisse. Das ist auch geschehen (US 7, zur subjektiven Tatseite auch US 8), sodass die isolierte Hervorhebung einzelner Aussagenteile - die Beschwerde übergeht nämlich mit Stillschweigen die weiteren Abschnitte der Aussagen "(schon überreif, ausgereift), vom Gesicht her hat sie schon mehr wie ein Kind ausgeschaut (S 189 iVm 237, 239) und "... hat damals so ausgeschaut", wie ein Mädchen mit 13 Jahren eben aussieht" (S 235) -, kein Erfolg beschieden sein kann.

Nach der Beschwerdemeinung ist die Tatzeit und somit das Alter des Tatopfers bei den sexuellen Übergriffen ebenso wie die darauf bezughabende innere Tatseite des Angeklagten mit dem bloßen Hinweis, dass (nach Angaben des Vaters der Franziska K***** gegenüber dem Angeklagten) Franziska K***** noch zur Schule gehe und gerade Ferien habe, unzureichend begründet, weil über den von der Tochter besuchten Schultyp nicht gesprochen worden sei. Auch hinsichtlich der Konstatierungen zum Aussehen des Mädchens und dessen hieraus entstehenden Alterseindruck für den Angeklagten zur inneren Tatseite würden bloß Scheinbegründungen bzw unstatthafte Vermutungen zu Lasten des Angeklagten vorliegen, die gegen den Grundsatz "in dubio pro reo" verstoßen.

Abgesehen davon, dass die Begründung keineswegs unzureichend oder gar inhaltslos geblieben ist, wie die ausführlichen Darlegungen US 6 bis 8 zeigen, werden mit diesen Beschwerdeausführungen keine Begründungsmängel aufgezeigt; sie trachten bloß unzulässig, nämlich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung, die zureichende und logische Beweiswürdigung der Tatrichter in Zweifel zu ziehen, wie schon der Diktion "in dubio pro reo" zu entnehmen ist.

Als Aktenwidrigkeit rügt die Beschwerde die Feststellung, dass Nikolaus K***** dem Angeklagten gegenüber seinerzeit erwähnt hätte, dass Franziska K***** noch zur Schule gehe und Ferien habe, obwohl Nikolaus K***** in der Hauptverhandlung angegeben hätte, dass Franziska K***** sonst zur Schule gehe und dass sie zu dem Zeitpunkt Schulferien habe.

Mag das Beschwerdevorbringen auch rein sprachlich grundsätzlich zutreffen, so ist doch - entgegen der Beschwerde - der Sinngehalt der Aussage, nämlich, dass Franziska K***** - bezogen auf den Gesprächszeitpunkt - "wenn sie nicht im Sommer auf der Alm ist, zur Schule geht" - und somit im entscheidenden Punkt durchaus richtig wiedergeben. Dass Nikolaus K***** dem Angeklagten gegenüber (ausdrücklich) behauptet hätte, Franziska K***** sei noch so jung, dass sie in die Schule gehen müsse, wird im Urteil ohnedies nicht konstatiert.

Die teils nicht prozessordnungsgemäß ausgeführte, teils unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war demnach schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285d StPO), sodass über die Berufung des Angeklagten (gegen die Aussprüche über die Strafe und die privatrechtlichen Ansprüche) das Oberlandesgericht Innsbruck zu entscheiden hat (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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