OGH 11Os66/01

OGH11Os66/014.9.2001

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. September 2001 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Habl, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Emsenhuber als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Josef T***** wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 2. März 2001, GZ 11 c Vr 3339/00-58, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tiegs, des Angeklagten und der Verteidigerin Dr. Pfeifer zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Josef T***** des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall und 15 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er zwischen Ende Februar und Ende Dezember 2000 in Wien gewerbsmäßig mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, in insgesamt 25 Fällen Angestellte von Banken durch die Vorgabe, jeweils über die Guthaben von Kundenkonten verfügungsberechtigt zu sein, wobei er auf Überweisungsbelegen die Unterschrift der Kontoinhaber nachahmte, mithin durch Täuschung über Tatsachen unter Benützung falscher Urkunden, zur Überweisung von Geldbeträgen auf von ihm eröffnete Konten bzw zur Ausfolgung von Geldbeträgen an ihn verleitet bzw zu verleiten versucht, wodurch die Banken bzw Kontoinhaber um einen 25.000,-- S übersteigenden Betrag, nämlich um insgesamt 159.277,-- S am Vermögen geschädigt wurden oder werden sollten.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z 5, 9 lit a, 9 lit b und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welcher indes, wie die Generalprokuratur in ihrer Stellungnahme zutreffend ausführt, keine Berechtigung zukommt.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem sowohl unter dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund als auch im Rahmen der Rechtsrügen (Z 9 lit a und 9 lit b) erstatteten Beschwerdevorbringen war das Erstgericht - zufolge mangelnder strafrechtlicher Relevanz - keinesfalls verhalten festzustellen, hinsichtlich welcher Fakten die Bank und hinsichtlich welcher die jeweiligen Kontoinhaber geschädigt wurden (Kirchbacher/Presslauer WKý § 146 Rz 59 f).

Gleichfalls nicht zielführend ist der Einwand fehlender Feststellungen über den Eintritt und die Dauer des Vermögensschadens, weil der Beschwerdeführer dabei übersieht, dass ein solcher Schaden bereits mit den jeweiligen (zu einem effektiven Verlust an Vermögenssubstanz führenden; vgl Leukauf/Steininger Komm3 § 146 RN 40, 61, Kirchbacher/Presslauer aaO Rz 96) Geldüberweisungen oder -auszahlungen eingetreten ist, deren Zeitpunkte im Urteilsspruch explizit festgehalten sind; die Dauer der Schädigung spielt hingegen grundsätzlich keine Rolle (Leukauf/Steininger aaO RN 44, Kienapfel BT II3 Rz 145, jeweils zu § 146).

Entgegen den weiteren Beschwerdeausführungen bedurfte die Urteilsfeststellung, "es seien keine Hinweise auf Rechtfertigungs- oder Schuldausschließungsgründe zu Tage getreten" (US 12) nicht einer näheren Begründung, weil der Akteninhalt keine konkreten Anhaltspunkte für eine gegenteilige Annahme bietet. Auch die in diesem Zusammenhang geäußerte Kritik (der Sache nach Z 5a) an der unterbliebenen Einholung eines psychologischen Gutachtens über den psychischen Zustand des Angeklagten zu den Tatzeitpunkten ist unbegründet, weil die Verfahrensergebnisse eine allein maßgebliche Zurechnungsunfähigkeit des Angeklagten nicht nahelegen. Unbegründet ist auch der Vorwurf fehlender Feststellungen über die (in Form von Rückbuchungen) erfolgte Schadensgutmachung, weil - zufolge Vollendung des Deliktes bereits durch die zur Vermögensverschiebung führenden Geldauszahlungen bzw -überweisungen - ein solcher Umstand im vorliegenden Fall weder für die rechtliche Beurteilung noch für die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes wesentlich ist, sondern allenfalls im Zusammenhang mit der Strafbemessung Bedeutung erlangt.

Auch die Behauptung eines Feststellungsmangels in Ansehung des Vorliegens eines Schuldausschließungsgrundes ist unberechtigt. Denn ein Urteil leidet nur dann an einer solchen Nichtigkeit, wenn die Verantwortung des Angeklagten oder die Beweisergebnisse die Konstatierung eines - für die Beurteilung der Tat erheblichen - Umstandes indizieren (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 9 lit a E 18). Für einen Ausschluss der Schuldfähigkeit des Beschwerdeführers wird aber nur auf seine Verantwortung hingewiesen, wonach er mit der Psychologin in der Justizanstalt Wien-Simmering eine Gesprächsbasis gefunden habe, er verschiedene Sachen aufarbeite und dies ihm einiges bringe, sowie dass es zur Tat gekommen sei, als sich nach der Scheidung und dem Verlust seines Hauses viele Gefühle aufgestaut hatten (S 79 ff/III). Weder diese Einlassung des Angeklagten noch der übrige Akteninhalt geben begründeten Anlass zu Konstatierungen in der vom Angeklagten gewünschten Richtung.

Aber auch die Einwände der Subsumtionsrüge (Z 10) versagen. Ihre Ausrichtung am Gesetz verfehlt nämlich sowohl die Kritik an der vorgenommenen rechtlichen Qualifikation, weil sie urteilsfremd davon ausgeht, der Angeklagte sei nur wegen vollendeten (und nicht auch wegen versuchten) gewerbsmäßig schweren Betrugs verurteilt worden (US 5), als auch jene am Fehlen von Feststellungen hinsichtlich der Verwendung falscher Urkunden, weil sich die vermissten Konstatierungen dem Urteilsspruch entnehmen lassen (US 3). Letztlich geht auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf das Erfordernis eines jeweils die Wertgrenze von 25.000,-- S übersteigenden Betrugsschadens und die damit verbundene Rüge an der Qualifikation der Tat nach § 148 zweiter Fall StGB ins Leere. Kann sich doch die Beurteilung eines Tatgeschehens als (gewerbsmäßig) "schwerer" Betrug allein schon auf die - in jedem Einzelfall angenommene - Benützung falscher Urkunden stützen (§ 147 Abs 1 Z 1 StGB).

Die nur zum Teil gesetzmäßig ausgeführte, in diesem Umfang jedoch sachlich nicht berechtigte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten bei einem durch die Möglichkeit der Anwendung des § 39 StGB erweiterten Strafrahmen von einem Jahr bis zu fünfzehn Jahren eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Dabei wurden die Strafzumessungsgründe im Wesentlichen vollständig erfasst und ausgewogen gewichtet. In der eine Herabsetzung des Strafmaßes anstrebenden Berufung des Angeklagten werden keine zusätzlichen, unberücksichtigt gebliebenen Milderungsgründe aufgezeigt: Auf das (umfassende) Geständnis wurde ebenso Bedacht genommen wie auf die Tatsache, dass es bei einzelnen Fakten beim Versuch geblieben ist. Von einer geringen Schadenshöhe kann im Hinblick auf eine Gesamtschadenssumme von rund 160.000,-- S nicht gesprochen werden. Ebensowenig kommt den in einzelnen Fällen erfolgten Rückbuchungen strafmildernde Wirkung zu. Zutreffend wurde die psychische Labilität, welche einem Schuldausschließungsgrund keineswegs nahe kommt, nicht als Milderungsgrund anerkannt wie auch die behauptete Zwangssituation während der Flucht, da vom Angeklagten selbst verschuldet, gleichfalls nicht strafmindernd wirken kann. Der Berufungswerber vermochte aber auch die vom Schöffensenat herangezogenen Erschwerungsgründe weder zu entkräften noch zu relativieren. Die Wahl eines in etwa einem Viertel der möglichen Höchststrafe entsprechenden Strafmaßes bedarf daher mit Rücksicht auf die zutreffenden Strafzumessungsgründe keiner Korrektur. Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

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