OGH 8ObA142/01t

OGH8ObA142/01t30.8.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer und die fachkundigen Laienrichter Dr. Dietmar Strimitzer und DDr. Wolfgang Massl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Hans Paul L*****, vertreten durch Dr. Thomas Wanek und Dr. Helmut Hoberger, Rechtsanwälte in Perchtoldsdorf, wider die beklagte Partei P***** GesmbH, *****, vertreten durch Beck & Krist, Rechtsanwälte-Partnerschaft in Mödling, wegen S 349.157,65 brutto sA (Revisionsinteresse 343.018,91 sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. Februar 2001, GZ 9 Ra 298/00k-18, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Wr. Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 31. Mai 2000, GZ 6 Cga 135/99b-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 16.020,-- (darin S 2.670,-- USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war bei der beklagten Partei, einem Elektro-Installationsunternehmen mit einem eigenen großen Lager, für den eigentlichen Wareneinkauf, die Werkzeugverwaltung, den Werkzeugeinkauf sowie die Materialausgabe und die Retournierung des Materials zuständig.

Entgegen der ausdrücklichen Weisung, Waren grundsätzlich nur gegen Lieferschein zu beziehen, ließ sich der Kläger selbst oder Mitarbeitern unter Ausnützung der günstigen Zahlungskonditionen der beklagten Partei durch Jahre immer wieder Waren gegen Barzahlung liefern. Diese schienen weder im Bestellbuch noch in der Buchhaltung der beklagten Partei auf; diese Vorgangsweise konnte daher dem Geschäftsführer der beklagten Partei bei allfälligen Kontrollen nicht unmittelbar auffallen. Die Rabattgewährung hing grundsätzlich davon ab, dass die Bestellung von der beklagten Partei selbst getätigt wurde. Die Möglichkeit, Waren zu gleich günstigen Konditionen wie die beklagte Partei zu beziehen, wäre zwar auch gegeben gewesen, wenn der Geschäftsführer der beklagten Partei oder eine andere Person beim jeweiligen Lieferanten telefonisch darum ersucht hätte. Diesfalls wäre aber der Barverkauf unter Zuhilfenahme eines sogenannten Ausfolgescheins durchgeführt worden und als Bezieher der jeweiligen Waren nicht die beklagte Partei, sondern der tatsächliche Bezieher der Waren aufgeschienen.

Durch die Vorgangsweise des Klägers ist der beklagten Partei zwar kein unmittelbarer Schaden zugefügt worden, da die Rechnungen durch den Barabholer selbst bezahlt wurden. Eine Betriebsprüfung durch das Finanzamt mit Verknüpfung der diesbezüglichen Daten zwischen Kunden und Lieferanten hätte jedoch zu Tage gebracht, dass die beklagte Partei Waren bezogen hat, die in ihren Geschäftsbüchern nicht aufschienen, wodurch der Verdacht hätte entstehen können, dass die beklagte Partei Material "schwarz" bei Kunden eingebaut hätte.

Als der Geschäftsführer der beklagten Partei zufällig bei einem Mitarbeiter eine derartige Rechnung fand, recherchierte er umgehend und fand heraus, dass der Kläger derartige Bestellungen gegen Barzahlungen in größeren Ausmaß getätigt hatte, und entließ hierauf den vorerst eine derartige Vorgangsweise beharrlich leugnenden Kläger.

Rechtliche Beurteilung

Da die ausführliche rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, dass der Kläger, der in leitender Position eine Vertrauensstellung inne hatte, zurecht wegen Vertrauensunwürdigkeit entlassen wurde, genügt es, auf diese zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Dieser rechtlichen Beurteilung vermag der Beklagte auch in der Revision nichts Stichhaltiges entgegenzuhalten. Er hat nicht nur einen "Formfehler" begangen, sondern ist eindeutig weisungswidrig vorgegangen und hat durch sein "geschicktes" Vorgehen bewirkt, dass der beklagten Partei vorerst nichts auffallen konnte, hat aber diese durch die weisungswidrige Vorgangsweise bei einer allfälligen Betriebsprüfung dem nicht von der Hand zu weisenden Verdacht der Durchführung von Schwarzarbeiten ausgesetzt. Dass der Kläger die günstigen Konditionen auch Mitarbeitern zukommen ließ, kann ihn nicht entschuldigen.

Für den Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit genügt Fahrlässigkeit; Schädigungsabsicht oder Schadenseintritt sind nicht erforderlich. Es kommt vielmehr darauf an, ob für den Dienstgeber vom Standpunkt vernünftigen kaufmännischen Ermessens die gerechtfertigte Befürchtung besteht, dass seine Belange durch den Angestellten gefährdet sind (JBl 1954, 311; Arb 6.677, 10.001 uva; zuletzt 8 ObA 109/00p; vgl insbesondere 9 ObA 307/97f, wonach nur einem einmaligen Versuch, einem Bekannten unter Umgehung des Arbeitgebers eine günstigere Einkaufsmöglichkeit zu verschaffen, nicht das Gewicht eines Entlassungsgrundes beigemessen, hingegen bei einer Anhäufung derartiger gleichgelagerter Verstöße der Entlassungstatbestand der Vertrauensunwürdigkeit bejaht wurde).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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