OGH 13Os98/01

OGH13Os98/0122.8.2001

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. August 2001 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Ratz und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Albel als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Alfred N***** wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes wider das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 21. April 1998, AZ 7 Bl 62/96, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Seidl, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In der Strafsache gegen Alfred N***** wegen § 83 Abs 1 StGB, AZ 21 U 185/97k, verletzt das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 21. April 1998, AZ 7 Bl 62/96 (ON 14 des U-Aktes), in seinem Strafausspruch das Gesetz in der Bestimmung des § 477 Abs 2 StPO.

Dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird im Strafausspruch aufgehoben; dem Landesgericht Klagenfurt als Berufungsgericht wird aufgetragen, die Strafe neu zu bemessen.

Text

Gründe:

Mit dem Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 12. Dezember 1997, GZ 21 U 185/97k-7, wurde Alfred N***** des Vergehens nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt und nach dieser Gesetzesstelle zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat verurteilt. Zudem sprach das Erstgericht dem Privatbeteiligten einen Schmerzengeldbetrag von S 1.000,-- zu.

Zugleich nach der Urteilsverkündung und Rechtsmittelbelehrung meldete Alfred N***** gegen dieses - vom öffentlichen Ankläger nicht bekämpfte - Urteil "volle Berufung" an (S 91), ließ jedoch sein Rechtsmittel in der Folge unausgeführt.

Das Landesgericht Klagenfurt als Berufungsgericht wies mit Urteil vom 21. April 1998, AZ 7 Bl 62/96 (ON 14 des U-Aktes) die Nichtigkeitsberufung des Alfred N***** zurück und gab dessen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld und gegen den Privatbeteiligtenzuspruch nicht Folge. Dagegen verhängte es in Stattgebung der Strafberufung über den Genannten anstelle der in erster Instanz ausgesprochenen Freiheitsstrafe eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen (zu jeweils S 100,--) sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 90 Tagen.

Wie der Generalprokurator in der von ihm gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, steht das vorbezeichnete Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 21. April 1998 mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Rechtliche Beurteilung

Das in den §§ 290 Abs 2, 293 Abs 3, 295 Abs 2 und (hier aktuell) 477 Abs 2 StPO normierte Verbot der reformatio in peius (Verschlimmerungsverbot) gilt, sobald ein Urteil lediglich zu Gunsten des Verurteilten (wie hier) angefochten worden ist, für alle weiteren Stadien des Strafverfahrens und erstreckt sich punktuell auf jedes einzelne Übelskriterium einer Sanktion, somit auf die Strafart, das Strafmaß und die bedingte Strafnachsicht in jeweils gesonderter Bewertung (insbesondere §§ 295 Abs 2 und 477 Abs 2 StPO; vgl hiezu JBl 1990, 126 = AnwBl 1990, 580 = RZ 1990/67, S 151 sowie Mayerhofer, StPO4, E 24 b zu § 477).

Wird wie im vorliegenden Fall über die Berufung des Angeklagten anstelle einer Freiheitsstrafe eine Geldstrafe verhängt, kommt das Verschlimmerungsverbot auch hinsichtlich der Ersatzfreiheitsstrafe zur Anwendung, die demnach die Dauer der ursprünglichen Freiheitsstrafe nicht übersteigen darf und mit dieser Obergrenze auch die höchstzulässige Anzahl der Tagessätze bestimmt (Mayerhofer aaO, E 55 zu § 293 StPO).

Bei Verhängung einer Freiheitsstrafe von einem Monat in erster Instanz hätte das Berufungsgericht daher lediglich auf eine Geldstrafe von höchstens 60 Tagessätzen und auf eine Ersatzfreiheitsstrafe von maximal (gleichfalls) bloß dreißig Tagen erkennen dürfen. Durch den Ausspruch einer höheren Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe hat das Berufungsgericht sohin zum Nachteil des Verurteilten in unvertretbarer Weise gegen die Bestimmungen über die Strafbemessung verstoßen (§ 281 Abs 1 Z 11 dritter Fall StPO), sodass der Wahrungsbeschwerde stattzugeben war. Schon zufolge Abwesenheit des Verurteilten im Gerichtstag war die Strafneubemessung dem Landesgericht zu überlassen.

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