Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagten Parteien sind schuldig, der klagenden Partei die mit S 26.133,75 (darin S 4.355,63 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).
Rechtliche Beurteilung
Das Berufungsgericht hat die ordentliche Revision für zulässig erklärt, weil zur Frage, ob eine durch ein verbüchertes Wohn- und Fruchtgenussrecht abgesicherte Sachwidmung einer Liegenschaft zu Wohnzwecken einen schlüssigen Teilungsverzicht auf Lebzeiten des Wohn- und Fruchtgenussberechtigten bedeute, fehle.
Die vom Berufungsgericht wiedergegebenen Rechtssätze zu § 830 ABGB sind durch die von ihm zitierte umfangreiche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gedeckt.
Dass ein verbüchertes Wohnungsrecht (Fruchtgenussrecht) zu Gunsten eines Dritten nicht zwangsläufig mit einem Verzicht auf Teilung zu Lebzeiten des Berechtigten gleichzusetzen ist, versteht sich von selbst. Eine ausdrückliche Vereinbarung eines Teilungsverzichtes liegt hier nicht vor. Was einen schlüssigen Teilungsverzicht anlangt, so hat die Beurteilung der Schlüssigkeit eines Verhaltens regelmäßig keine über die besonderen Umstände des Einzelfalles hinausgehende Bedeutung, weshalb grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO gegeben ist (RIS-Justiz RS0043253 T 1 und 2, RS0107199, RS0081754).
Wenn das Berufungsgericht unter den hier festgestellten Umständen in der Einräumung eines bücherlich sichergestellten Wohn- und Fruchtgenussrechtes im konkreten Einzelfall eine auch nur schlüssige Fortsetzungsvereinbarung bis zum Ableben der Nebenintervenientin (Mutter der Streitteile) nicht erblickt hat, so hat es damit die Grenzen des ihm bei der Schlüssigkeitsprüfung zustehenden Beurteilungsspielraumes nicht überschritten. Anders als die im Fall von EvBl 1979/126 zweitbeklagte Miteigentümerin ist die Nebenintervenientin in ihrem Wohnrecht grundbücherlich abgesichert, sodass auch ein Eigentümerwechsel an ihrer Rechtsstellung nichts ändern würde. Dass ein Eigentümerwechsel von den Beteiligten nicht schlechthin ausgeschlossen wurde, zeigt die Feststellung, dass ein Teilungsverzicht beim im Verlassenschaftsverfahren nach dem Vater der Streitteile einschreitenden Rechtsanwalt (auch von den beiden juristisch gebildeten Beklagten) nicht erwähnt wurde, obwohl dieser darüber aufgeklärt hatte, dass die Rechte der Nebenintervenientin auch bei einem möglichen Eigentumserwerb durch Dritte bestehen blieben.
Auch die Beantwortung der Frage, ob der Wegfall der Liegenschaftsentwertung durch den Fruchtgenuss eines Hochbetagten absehbar ist (Unzeiteinwand), hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (RIS-Justiz RS0013292 T 8). Die Ansicht des Berufungsgerichtes, bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung von Frauen im Alter der Nebenintervenientin von rund 10 Jahren bzw unter Berücksichtigung ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen von wenigstens 8,7 Jahren wäre diese Frage zu verneinen, stellt jedenfalls keine auffallende Fehlbeurteilung dar, die der Oberste Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit wahrnehmen müsste.
Soweit die Rechtsmittelwerber beharrlich darauf verweisen, dass die durchschnittliche Lebenserwartung von Frauen in Österreich ca 80,9 Jahre beträgt, weshalb für die Nebenintervenientin nur mehr eine durchschnittliche Lebenszeit von ca 4,5 Jahren verbleibe, ist ihnen entgegenzuhalten, dass die von ihnen genannte Lebenserwartung jene bei Geburt ist, wie sich auch aus der ihrer eigenen Revision angeschlossenen Beilage ergibt. Personen im vorgerückten Alter haben selbstverständlich eine andere, insgesamt längere Lebenserwartung, ansonsten die durchschnittliche Lebenserwartung von mehr als 81 Jahre alten Frauen Null oder negativ wäre. Die gesundheitliche Situation der Nebenintervenientin wurde von den Vorinstanzen ohnehin berücksichtigt. Deren Sachverhaltsfeststellungen können im drittinstanzlichen Verfahren nicht mehr bekämpft werden. Im Übrigen hat schon das Erstgericht erwähnt, dass die Erstbeklagte bei ihrem Kaufanbot an die Klägerin im Dezember 1998 offenbar selbst noch von einer Lebenserwartung der Nebenintervenientin von 17 Jahren ausgegangen ist (ON 19 S 16).
Schließlich liegt auch die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Verfahrens nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).
Da es somit der Lösung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht bedurfte, war die Revision - ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichtes - als unzulässig zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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