Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Ehe der Streitteile wurde im November 1996 einvernehmlich geschieden. Anlässlich der Scheidung verpflichtete sich der Kläger mit gerichtlichem Vergleich vom 6. 11. 1996, für die Beklagte "gemäß § 66 EheG den gesetzlichen Unterhalt in der derzeitigen Höhe von S 5.000" monatlich zu bezahlen. Festgehalten wurde, dass der nunmehrige Kläger die gesamten Wohnungskosten für die Beklagte zahlt, sie würden nämlich vom Dienstgeber direkt abgezogen; weiters wurden die Sorgepflichten des Klägers gegenüber dem teilweise selbsterhaltungsfähigen mj Jürgen von S 1.000 monatlich berücksichtigt.
Mit Beschluss des Erstgerichtes vom 9. 12. 1997 wurde der Beklagten gegen den Kläger zur Hereinbringung des rückständigen Unterhalts von S 5.000 und des laufenden Unterhalts ab 1. 1. 1998 von monatlich S 5.000 die Forderungsexekution nach § 294 EO bewilligt.
Der Kläger begehrt mit der am 24. 2. 1998 eingebrachten "Oppositionsklage" das Urteil, es werde festgestellt, die Unterhaltsforderung der Beklagten aufgrund des Vergleichs vom 6. 11. 1996 sei seit 1. 1. 1997 erloschen, allenfalls: sie ruhe seitdem; weiters stellte der Kläger das Begehren auf Zahlung von S 69.000 sA. Zur Begründung brachte er vor, die Beklagte sei im Zeitpunkt der Scheidung ohne Beschäftigung gewesen. Nunmehr gehe sie einer Halbtagsbeschäftigung nach; da sie seit 1. 1. 1997 mindestens S 12.000 monatlich verdiene oder verdienen könne, habe sie keinen Unterhaltsanspruch. Jedenfalls ruhe ihr Unterhaltsanspruch für die Dauer einer Lebensgemeinschaft, die sie seit 1. 1. 1997 eingegangen sei. Zufolge Irrtums habe er seit Abschluss des Scheidungsvergleichs Überzahlungen geleistet, und zwar ab Jänner 1997, die er zurückverlange. Tatsächlich habe die Beklagte nur Anspruch auf die Unterhaltsnachzahlung von S 8.000 und den Unterhalt von S 5.000 für Dezember 1996, sodass sich eine Überzahlung von S 69.000 (zuviel bezahlter Unterhalt für Jänner bis November 1997) errechne.
Die Beklagte wendete ein, die Einkommensverhältnisse der Streitteile hätten sich nicht in einem relevanten Maß geändert; sie sei keine Lebensgemeinschaft eingegangen.
In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 10. 11. 1998 (AS 89 f) brachte die Beklagte weiters vor, die Klage sei insofern unschlüssig, als nicht vorgebracht worden sei, dass die Möglichkeit der Erzielung von Einkünften nicht schon zur Zeit des Vergleichsabschlusses bestanden habe. Eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen gegenüber jener Zeit, in der der Vergleich abgeschlossen wurde, wäre nur dann gegeben, wenn sie zu diesem Zeitpunkt nicht arbeitsfähig oder ihr eine Arbeitsaufnahme nicht zumutbar gewesen wäre. Der Umstand, dass eine geschiedene Frau, die im Zeitpunkt des Scheidungsvergleiches arbeitsfähig, aber nicht erwerbstätig gewesen sei, nachträglich eine Arbeit aufgenommen habe, rechtfertige an sich nicht das Begehren des geschiedenen Ehegatten, das Ruhen der im Scheidungsvergleich übernommenen Unterhaltsverpflichtung auszusprechen.
Das Erstgericht stellte in seinem Urteil fest, dass die Unterhaltsverpflichtung des Klägers gegenüber der Beklagten seit 1. 1. 1997 ruht; es erkannte die Beklagte weiters schuldig, dem Kläger "die im Zeitraum vom 1. 1. bis 30. 10. 1997 erhaltenen Unterhaltsbeiträge von S 62.000 samt 5,75 % Zinsen seit 24. 2. 1998 binnen 14 Tagen ab Rechtskraft dieses Urteils bei sonstiger Exekution zurückzuzahlen"; über das Mehrbegehren auf Zahlung von weiteren S 7.000 sprach es nicht ausdrücklich ab.
Das Erstgericht stellte Folgendes fest:
Im Scheidungsvergleich vom 6. 11. 1996 wurden Sorgepflichten für den damals mj Sohn Jürgen, geboren 13. 10. 1979, berücksichtigt. Der Kläger ist seit 4. 8. 1997 mit Elisabeth S***** verheiratet, die im Ausmaß von 10 Wochenstunden berufstätig ist. Er benützt für die Unterhaltsleistung ein Kreditkonto, wofür er 5,75 % Zinsen bezahlt.
Die Beklagte hat keine abgeschlossene Berufsausbildung; bis 1. 1. 1995 arbeitete sie 16 Jahre lang als Reinigungskraft bei der Gendarmerie. Seit 6. 6. 1997 ist sie mit etwa 15 Stunden wöchentlich in K***** teilzeitbeschäftigt, wobei sie sowohl zum Verkauf als auch bei der Kassa eingesetzt ist. Sie verdiente vom 6. 6. bis 31. 12. 1997 monatlich (inklusive Sonderzahlungen) durchschnittlich S 6.000 netto und von Jänner bis Juni 1998 monatlich durchschnittlich S 6.790 netto.
Nach eingehenden Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beklagten kam das Erstgericht zu dem Schluss, es sei ihr ihre nunmehrige Tätigkeit in einem Drogeriemarkt auch im Ausmaß einer Normalarbeitszeit zumutbar, aber auch jede andere mittelschwere Arbeit, wie als Reinigungskraft oder im Gastgewerbe.
Das Erstgericht verneinte, dass die Beklagte die vom Kläger behauptete Lebensgemeinschaft eingegangen wäre. Diesen Klagsgrund hielt der Kläger in der Folge weder im Berufungs- noch im Revisionsverfahren aufrecht.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, aus der Tatsache, dass der Beklagten auch zum Zeitpunkt des Abschlusses des Scheidungsvergleiches am 6. 11. 1996 eine Tätigkeit, wie sie sie seit 6. 6. 1997 ausübe, zumutbar gewesen sei, sich der Kläger aber dennoch zur Zahlung von S 5.000 verpflichtet habe, könne nicht geschlossen werden, dass der Kläger eine über das gesetzliche Maß hinausgehende Verpflichtung eingehen habe wollen. Nach der klaren Formulierung des Vergleichs solle der gemäß § 66 EheG zustehende Unterhalt geleistet werden. Bei der Vereinbarung eines Unterhalts von S 5.000 sei man von der Arbeitslosigkeit der Beklagten und von einem höheren Einkommen des Klägers ausgegangen. Innerhalb einer angemessenen Frist von zwei Monaten, also bis Jänner 1997, sollte es aber der Beklagten möglich gewesen sein, eine zumutbare Tätigkeit im Ausmaß einer Normalarbeitszeit zu finden. In Anbetracht ihres derzeitigen Verdienstes hätte sie inklusive Sonderzahlungen zweifellos ein monatliches Einkommen von etwa S 13.500 erzielen können. Gehe man von einem monatlichen Einkommen des Klägers von S 20.000 (inklusive Sonderzahlungen) aus, wäre kein Unterhalt mehr zu leisten. Der schlechter verdienende Ehegatte habe nämlich gegenüber dem besser verdienenden Ehegatten nur einen Ausgleichsanspruch in Höhe des auf 40 % des Gesamteinkommens beider Teile fehlenden Betrags. Dabei seien die Sorgepflichten des Klägers gegenüber seiner jetztigen Ehegattin und gegenüber seinem noch nicht selbsterhaltungsfähigen Sohn noch nicht berücksichtigt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge, hob das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück; es sprach aus, der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil, soweit für das Berufungsgericht überblickbar, neue Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob Umstände mit Oppositionsklage geltend gemacht werden können, die bei Abschluss des Unterhaltsvergleichs zwar schon bestanden, einem Teil aber nicht bekannt waren, nicht veröffentlicht sei.
In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, der Kläger habe seine Klage als Oppositionsklage bezeichnet; das Erstgericht habe diese Bezeichnung in sein Urteil aufgenommen, allerdings enthalte die Entscheidung - ebenso wie die Klage - keinen Ausspruch über die Unzulässigerklärung der Exekution gegen den Kläger, was nach herrschender Rechtsprechung stets Teil des Klagebegehrens im Oppositionsprozess zu sein habe. Die unrichtige Formulierung des Klagebegehrens schade jedoch nicht, wenn das Ziel der Klage eindeutig zum Ausdruck komme.
Der Kläger berufe sich nun (abgesehen von dem bereits erledigten Vorwurf der Lebensgemeinschaft) im Wesentlichen darauf, dass die Beklagte in der Lage wäre, einer Ganztagsbeschäftigung nachzugehen und dadurch selbsterhaltungsfähig sei.
Bei einem Exekutionstitel, der - wie etwa ein Vergleich - keine gerichtliche Entscheidung sei, könnten nur nach Entstehung des Exekutionstitels eingetretene Tatsachen einen Oppositionsgrund bilden (§ 35 Abs 1 EO), weshalb die Frage der Gültigkeit des Titels im Oppositionsverfahren nicht geprüft werden könne. Unterhaltsansprüche unterlägen der Umstandsklausel, die auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Titelschaffung abstelle; nachträgliche Änderungen, zB was den Bedarf des Unterhaltsberechtigten oder die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners angehe, seien mit Oppositionsklage geltend zu machen.
Hier mache der Kläger solche geänderten Verhältnisse aber gar nicht geltend, wie etwa, die Beklagte sei bei Abschluss des Scheidungsvergleichs arbeitsunfähig gewesen und ihre Gesundheit habe sich mittlerweile gebessert. Er behaupte vielmehr, die Beklagte wäre auch im Scheidungszeitpunkt in der Lage gewesen, durch Arbeitstätigkeit so viel zu verdienen, dass sie selbsterhaltungsfähig gewesen wäre. Er habe "seit Abschluss des Scheidungsvergleiches zufolge Irrtums Überzahlungen" geleistet. Damit laufe sein Begehren inhaltlich erkennbar auf eine Anfechtung des Scheidungsvergleichs hinaus. Dies könne jedoch nicht mit Oppositionsklage erfolgen, richtigerweise sei hier mit Anfechtung des Vergleichs vorzugehen. Diesbezüglich fehle allerdings ein ausreichendes Sachvorbringen.
Im fortgesetzten Verfahren werde das Erstgericht diesen Punkt mit den Parteien zu erörtern und dem Kläger Gelegenheit zu geben haben, sein Vorbringen zu präzisieren.
Der Kläger habe ua die Rückzahlung von S 69.000 sA begehrt. Das Erstgericht habe ihm S 62.000 sA zugesprochen, ohne das Mehrbegehren im Spruch seiner Entscheidung abzuweisen. Der Kläger habe den Zuspruch des bloß geringeren Betrags unbekämpft gelassen, sodass insofern von einer rechtskräftigen Erledigung der Streitsache auszugehen sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs der Beklagten gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes ist nicht berechtigt.
Zutreffend legt die Beklagte dar, dass das Vorbringen des Klägers keinen Anhaltspunkt dafür bietet, er wolle den Scheidungsvergleich anfechten. Vielmehr ergibt sich nicht nur aus der Bezeichnung der Klage als "Oppositionsklage", sondern sowohl aus seinem Vorbringen als auch aus dem Begehren auf Rückzahlung zu Unrecht geleisteten Unterhalts, dass er seine Verpflichtung zur Unterhaltsleistung nicht von vornherein, sondern erst ab 1. 1. 1997 bestreitet. Er brachte ausdrücklich vor, dass die Beklagte (nur) einen Anspruch auf eine Unterhaltsnachzahlung von S 8.000 und auf Unterhalt in Höhe von S 5.000 für Dezember 1996 habe. Er bekämpft den Scheidungsvergleich vom 6. 11. 1996 an sich in keiner Weise und stützt sich auf eine seit 1. 1. 1997 eingetretene Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse.
Im Besonderen behauptet er nicht, er sei beim Vergleichsabschluss einem Irrtum über die Vergleichsgrundlage unterlägen, also einem Irrtum über Umstände, welche die Parteien bei Vergleichsabschluss als feststehend angenommen haben und daher nicht der Streitbereinigung unterwerfen wollten (vgl zum Irrtum beim Vergleich Welser in Koziol/Welser11 II 101 mwN; RIS-Justiz RS0032529). Sein Vorbringen, er habe die Zahlungen seit 1. 1. 1997 zufolge Irrtums geleistet, ist nicht dahin zu verstehen, dass damit ein Irrtum bei Vergleichsabschluss geltend gemacht wird; dafür spricht eindeutig, dass in dem betreffenden Punkt 5. der Klage ausdrücklich vorgebracht wird, die Beklagte habe Anspruch auf eine Unterhaltsnachzahlung und auf den Unterhalt für Dezember 1996, somit für eine Zeit nach Abschluss des Scheidungsvergleichs. Dies steht mit der Annahme des Berufungsgerichtes, der Kläger mache einen Irrtum bei Vergleichsabschluss geltend, in einem unlösbaren Widerspruch.
Das Berufungsgericht hat daher irrig angenommen, dem bisherigen Vorbringen sei bereits eine derartige Anfechtung des Vergleichs zu entnehmen. Der Auftrag des Berufungsgerichtes an das Erstgericht, die Frage einer Anfechtung des Vergleiches mit den Parteien zu erörtern, liefe demnach auf die Anleitung zur Geltendmachung bisher nicht erhobener Ansprüche hinaus, wozu aber der Richter auch im Rahmen der materiellen Prozessleitungspflicht gemäß § 182 ZPO nicht berufen ist; zur Erörterung nicht behaupteter Umstände besteht kein Anlass (SZ 67/137 mwN).
Vielmehr macht der Kläger ausschließlich geltend, dass der exekutiv betriebene Unterhaltsanspruch der Beklagten wegen nachträglicher Änderung der Verhältnisse erloschen sei. Dies ist an sich richtigerweise mit Oppositionsklage (Einwendungen gegen den Anspruch gemäß § 35 EO) geltend zu machen, wobei das Klagebegehren auf Feststellung des Erlöschens (oder der Hemmung) des Anspruchs und nicht dahin, dass die Exekutionsbewilligung verfehlt oder die Exekution unzulässig sei, zu lauten hat (Jakusch in Angst, EO § 35 Rz 95 mwN). Ein ausdrückliches Begehren auf Unzulässigerklärung der Exekution ist nach ständiger Rechtsprechung entgegen den vom Berufungsgericht zitierten, missverständlichen Ausführungen von Dullinger in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 35 Rz 75 nicht erforderlich.
Eine derartige nachträgliche Änderung der Verhältnisse, die Voraussetzung für ein Obsiegen mit Oppositionsklage ist, hat der Kläger insofern konkret behauptet, als er geltend macht, die Beklagte beziehe nun ein höheres Einkommen, während sich seine wirtschaftlichen Verhältnisse verschlechtert hätten. Entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes reichen die Verfahrensergebnisse für die Beurteilung der Relevanz der behaupteten Änderung der Einkommenssituation bei der Beklagten nicht aus. Der Kläger hat nämlich seine Einwendungen gegen den betriebenen Anspruch - was die Einkommenssituation der Beklagten betrifft - nur darauf gestützt, dass die Beklagte in den Zeiträumen, für die der Anspruch betrieben wird, über eigene Einkünfte verfügt habe und dass ihr die Erzielung höherer Einkünfte möglich und zumutbar gewesen wäre. Darüber hinaus wurde mit den Parteien die Grundlage des Unterhaltsvergleichs nicht erörtert, insb ob hiebei von einer bereits zum damaligen Zeitpunkt bestandenen Arbeitsfähigkeit der Beklagten oder von deren Arbeitsunfähigkeit ausgegangen wurde. Ohne entsprechende Klarstellung und ausreichende Feststellungen kann eine Unschlüssigkeit des Klagsvorbringens (folgend SZ 23/51 ua in RIS-Justiz RS0057440) nicht angenommen werden.
Was hingegen das an sich für die Bemessung des Unterhalts der Beklagten ebenfalls relevante Einkommen des Klägers anlangt, ist hier schon aufgrund seines eigenen Tatsachenvorbringens davon auszugehen, dass eine Änderung gegenüber dem Zeitpunkt des Abschlusses des Unterhaltsvergleichs nicht vorliegt. Der Kläger hat in der Klage (AS 3) vorgebracht, dass Grundlage für die Unterhaltsbemessung sein damaliges monatliches Bruttoeinkommen (ohne Sonderzahlungen und Zuschläge als Berufskraftfahrer) von S 20.000 war. Dieses hier relevante Einkommen beträgt nun nach seinem eigenen Vorbringen S 19.192, nach den von ihm vorgelegten Beilagen ./B bis ./D S 20.910. Für eine Änderung des der Beklagten zu leistenden Unterhalts bietet dies keine Grundlage.
Das Erstgericht wird daher nach Ergänzung des Verfahrens in der vom Obersten Gerichtshof aufgezeigten Richtung neuerlich zu entscheiden haben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.
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