Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung wie folgt zu lauten hat:
"Der Antrag, den Beklagten im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Ausführung von Druckaufträgen unter allgemeinem Unterbieten der Preise der Konkurrenz und ohne Nennung des eigenen Preises, der gefordert wird, anzukündigen oder anzubieten, insbesondere anzukündigen oder anzubieten, dass B***** Druck garantiert, in jedem Fall um 10 % günstiger zu sein, als der letzte Bogen-Offset-Druckauftrag des angesprochenen Publikums, wobei B***** Druck lediglich eine Kopie der entsprechenden Rechnung oder eines aktuellen Offerts gefaxt werden müsse und schon habe man beim nächsten Auftrag über das gleiche (oder ähnliche) Druckwerk ganze 10 % gegenüber der letzten Druckerei eingespart, wird abgewiesen.
Die Klägerinnen sind zur ungeteilten Hand schuldig, den Beklagten die mit 14.618,24 S bestimmten Äußerungskosten (darin 2.436,37 S USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen."
Die Klägerinnen sind zur ungeteilten Hand schuldig, den Beklagten die mit 40.213,90 S bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin 6.702,30 S USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Klägerinnen betreiben Druckereien in W***** und in H*****. Die Erstbeklagte betreibt eine Druckerei in W*****. Die Zweitbeklagte ist persönlich haftende Gesellschafterin der Erstbeklagten; der Drittbeklagte ist Prokurist der Erstbeklagten und Geschäftsführer der Zweitbeklagten.
Am 30. 11. 2000 sandte die Erstbeklagte ein vom Drittbeklagten unterzeichnetes Schreiben an potenzielle Kunden, in dem sie wie folgt um Aufträge warb:
"BAUER BEST OFFER!
Sehr geehrte ...,
grämen Sie sich nicht, wenn Sie bei unserem Sommerschlussverkauf nicht mehr zum Zug gekommen sind. B***** DRUCK prolongiert sein BEST PRICE-Angebot bei Bogen-Offset-Druck bis Weihnachten mit der
AKTION 10 % darunter.
Wie Sie das verstehen sollen? Genauso, wie es da steht. B***** DRUCK garantiert Ihnen in jedem Fall um 10 % günstiger zu sein, als Ihr letzter Bogen-Offset-Druckauftrag - egal bei welcher österreichischen Bogen-Offset-Druckerei er dieses Jahr durchgeführt wurde.
Das Einzige, was Sie tun müssen: Faxen Sie uns eine Kopie der entsprechenden Rechnung (auch ein aktuelles Offert genügt). Und schon haben Sie beim nächsten Auftrag über das gleiche (oder ähnliche) Druckwerk ganze 10 % gegenüber Ihrer letzten Druckerei eingespart.
Sie fragen, wie B***** DRUCK sich so etwas leisten kann, 10 % darunter anzubieten, wo er doch Ihre Druckkosten gar nicht kennt! Und Sie fragen sich, ob Sie in der letzten Zeit nicht vielleicht doch zuviel bei Ihrer Druckerei bezahlt haben. Obwohl Sie sicher immer den absolut tiefsten Preis herausholen!
Die erste Frage können wir natürlich beantworten: Weil wir einfach wendiger sind, schneller und effizienter drucken und das rund um die Uhr. Und nur beste Qualität, das versteht sich von selbst.
Zur Sicherheit: Die Aktion 10 % darunter läuft bis zum Beginn unseres Winterschlussverkaufs.
Wir freuen uns auf Ihr Fax.
..."
Die Klägerinnen begehren zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, den Beklagten im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Ausführung von Druckaufträgen unter allgemeinem Unterbieten der Preise der Konkurrenz und ohne Nennung des eigenen Preises, der gefordert wird, anzukündigen oder anzubieten, insbesondere anzukündigen oder anzubieten, dass B***** Druck garantiert, in jedem Fall um 10 % günstiger zu sein, als der letzte Bogen-Offset-Druckauftrag des angesprochenen Publikums, wobei B***** Druck lediglich eine Kopie der entsprechenden Rechnung oder eines aktuellen Offerts gefaxt werden müsse und schon habe man beim nächsten Auftrag über das gleiche (oder ähnliche) Druckwerk ganze 10 % gegenüber der letzten Druckerei eingespart. Das systematische Unterbieten - ohne Rücksicht auf eigene Verluste - ziele darauf ab, Mitbewerber der Erstbeklagten vom Markt zu verdrängen, um so freie Bahn für den eigenen Absatz zu gewinnen und später die Preise diktieren zu können. Der Markt der Druckereien habe wegen der hohen Anschaffungskosten für Druckmaschinen erhebliche Eintrittsschranken. Es sei sittenwidrig, die Unterbietung jedes Mitbewerbers anzukündigen, ohne den eigenen Preis zu nennen. Die Mitbewerber der Erstbeklagten hätten keine Möglichkeit, sich bei der Gestaltung ihrer eigenen Angebote auf die Erstbeklagte einzustellen.
Die Beklagten beantragen, den Sicherungsantrag abzuweisen. Die Gewinnspannen im Druckbereich seien nicht so gering, dass eine zeitliche befristete Aktion mit einem Nachlass von 10 % nicht auch betriebswirtschaftlich gerechtfertigt wäre. Die Beklagten hätten weder die Möglichkeit noch die Absicht, die geschäftliche Existenz ihrer Mitbewerber zu vernichten.
Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung. Das Angebot, jeden Preis um 10 % zu unterbieten, sei sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG, weil die Mitbewerber keine Möglichkeit hätten, sich bei der Gestaltung ihres eigenen Angebots darauf einzustellen. Es werde auch ein Anreiz geschaffen, die Preise auf ein wirtschaftlich nicht mehr vertretbares Maß herabzusetzen, nur um die Konkurrenten auszuschalten. Ein Preisvergleich liege nicht vor.
Betriebswirtschaftlich könne die Aktion nicht gerechtfertigt sein, weil man auf diese Art zu Preisen gegen Null gelange. Die Beklagten führten einen Verdrängungswettbewerb, der nur darauf abzielen könne, Mitbewerber vom Markt zu verdrängen, um freie Bahn für den eigenen Absatz zu gewinnen und die Preise diktieren zu können.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Das Unterbieten von Preisen sei nur unter besonderen Umständen sittenwidrig. Solche Umstände lägen hier vor: Durch das Verschweigen des eigenen Preises werde den Mitbewerbern die Möglichkeit genommen, ihr Verhalten darauf einzustellen, und es werde auch ein Anreiz geschaffen, die Preise auf ein wirtschaftlich nicht mehr vertretbares Maß herabzusetzen, nur um den Konkurrenten auszuschalten. Die Konkurrenz könne nicht mit einer Senkung ihrer Preise um 10 % reagieren, weil sich "während der Dauer einer solchen Aktion ... die Preisspirale unaufhaltsam nach unten" dreht. Im Zweifel sei anzunehmen, dass die Aktion auch noch während des "Winterschlussverkaufs" fortgeführt werde. Ohne Nennung des eigenen Preises gebe es keine vergleichende Preiswerbung.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluss gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig und berechtigt.
Die Beklagten verweisen auf die Rechtsprechung zum Verkauf unter dem Einstandspreis und zur vergleichenden Preiswerbung. Es müsse somit auch eine zeitlich befristete Aktion wie die der Beklagten zulässig sein. Der Größenschluss spreche gegen die Auffassung der Vorinstanzen, dass die Entscheidung ÖBl 1977, 118 im vorliegenden Fall anzuwenden und der Lehrmeinung von Koppensteiner zu folgen sei.
Gegenstand der Entscheidung ÖBl 1977, 118 - S 2.000,- billiger als jede Konkurrenz war die Werbeaktion eines Großzeltverleihs, bei der der eigene Preis nicht genannt, sondern angeboten wurde, die Zelte "um S 2.000,- billiger als jede Konkurrenz" zu verleihen. Der Oberste Gerichtshof erachtete ein allgemeines Unterbieten jeden Preises, ohne den eigenen Preis zu nennen, als sittenwidrig, weil den Mitbewerbern die Möglichkeit genommen werde, sich über die Höhe des tatsächlich verlangten Preises zu unterrichten und darauf ihr Verhalten bei der Gestaltung des eigenen Angebots einzustellen. Es werde auch ein Anreiz geschaffen, die Preise auf ein wirtschaftlich nicht mehr vertretbares Maß herabzusetzen, nur um den Konkurrenten auszuschalten.
Koppensteiner (Rechtsfragen der Werbung mit dem Preis und der Wertreklame, in Aicher, Das Recht der Werbung 271 [279]; ders, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht3 § 33 Rz 59) beruft sich auf diese Entscheidung, wenn er ausführt, dass sich, was § 1 UWG angehe, die praktisch wohl wichtigste Schranke für die Werbung mit dem Preis aus der Unzulässigkeit der Ankündigung ergebe, jeden Mitbewerber zu unterbieten, ohne den eigenen Preis zu nennen. Diese Art der Werbung schließe einen echten Leistungsvergleich aus.
Koppensteiner (aaO) verweist in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung zum "Preisschleudern". Danach ist die Preisherabsetzung auf einen Bruchteil des sich bei üblicher Kalkulation ergebenden Preises unzulässig, wenn es allein darum geht, auf jeden Fall billiger als der oder die Mitbewerber zu sein; ein "Preisschleudern" aus "wirtschaftlichen Erwägungen des eigenen Geschäftsbetriebs" ist hingegen zulässig. Das Unterbieten der Preise der Mitbewerber ist nämlich grundsätzlich ein erlaubtes Kampfmittel im Wettbewerb und nur unter besonderen Umständen sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG (ÖBl 1978, 148 - Milch-Preisschleuderei; ÖBl 1980, 67 - Fotoartikel; MR 1986 H 6, 19 - Mobilheim; MR 2000, 105 = ÖBl 2000, 216 - FORMAT-Schecks).
Derartige Umstände liegen vor, wenn ein Unternehmen bestimmte Mitbewerber durch Unterbieten im Preis gezielt zu verdrängen oder zu vernichten sucht, um sich der Kontrolle durch den Wettbewerb zu entziehen, oder wenn - sollte sich eine solche Absicht nicht nachweisen lassen - durch das Verdrängen von Mitbewerbern der Wettbewerb in seinem Bestand gefährdet ist. Eine allgemeine Behinderung wird regelmäßig nur einem marktstarken Unternehmen möglich sein; kurzfristige oder gelegentliche Aktionen, wie sie sich auch andere Unternehmen leisten können, lassen hingegen eine allgemeine Marktbehinderung nicht befürchten (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht22 § 1 dUWG Rz 870ff).
Im vorliegenden Fall hat die Erstbeklagte ihre Aktion "10 % darunter" am 30. 11. 1999 für die Zeit bis Weihnachten und damit für etwa 3 Wochen angekündigt. Danach sollte ihr "Winterschlussverkauf" beginnen, von dem - ebensowenig wie vom vorangegangenen "Sommerschlussverkauf" mit seinem "BEST PRICE-Angebot" - nicht feststeht, ob die Preisherabsetzung ebenfalls in einem Nachlass von 10 % auf die Preise der Mitbewerber bestanden hat. Nach dem festgestellten Sachverhalt hat die Erstbeklagte demnach in einer zeitlich begrenzten Aktion angeboten, die Preise der Mitbewerber um 10 % zu unterbieten.
Bei einem Preisnachlass von 10 % kann nicht davon gesprochen werden, dass nur ein Bruchteil des sich bei üblicher Kalkulation ergebenden Preises verlangt würde; ein Fall des "Preisschleuderns" liegt daher nicht vor. Es fehlt auch jeder Anhaltspunkt für die Annahme, dass die Erstbeklagte mit dieser Aktion beabsichtigte, bestimmte Mitbewerber gezielt vom Markt zu verdrängen. Die Aktion wäre dazu aufgrund ihrer Dauer auch von vornherein ungeeignet. Eine Gefährdung des Wettbewerbs in seinem Bestand erscheint damit auch unabhängig von der Marktmacht der Erstbeklagten ausgeschlossen, von der im Übrigen nicht behauptet wird, dass sie größer als die ihrer Mitbewerber sei.
Der Wettbewerb ist auch nicht dadurch gefährdet, dass die Erstbeklagte ihren eigenen Preis nicht nennt und sich darauf beschränkt, einen Nachlass von den Preisen ihrer Mitbewerber anzukündigen. Eine Gefährdung des Wettbewerbs in seinem Bestand kann nämlich nicht schon dann angenommen werden, wenn einer bestimmten Form des (Preis-)Wettbewerbs nicht in gleicher Weise begegnet werden kann, sondern sie liegt dann vor, wenn die Mitbewerber vom Markt verdrängt werden, so dass jede Kontrolle des Werbenden durch den Wettbewerb entfällt. Dazu erscheint die beanstandete Aktion schon aufgrund ihrer beschränkten Dauer nicht geeignet; dass der eigene Preis nicht genannt wird, reicht für sich allein nicht aus, um den Wettbewerb zu gefährden. In dem der Entscheidung ÖBl 1977, 118 - S 2.000,- billiger als jede Konkurrenz zugrunde liegenden Fall war die Werbemaßnahme zeitlich nicht beschränkt, sodass er dem hier zu Beurteilenden nicht gleich gehalten werden kann.
Die Klägerinnen verweisen auf § 52 Abs 1 Z 4 BVergG, wonach im Vergabeverfahren Angebote von Bietern auszuscheiden sind, bei denen der Bieter keine Preise angibt, sondern nur erklärt, das billigste Angebot um einen bestimmten Prozentsatz oder Wert zu unterbieten. Aus dieser Bestimmung ergebe sich, dass das beanstandete Angebot von der Rechtsordnung jedenfalls als sittenwidrig und unzulässig angesehen werde.
Dem ist zu entgegen, dass aus der Unzulässigkeit derartiger Angebote im Vergabeverfahren nicht auf die Sittenwidrigkeit im Sinne des § 1 UWG geschlossen werden kann. § 52 Abs 1 Z 4 BVergG schließt Angebote ohne Angabe des eigenen Preises aus, weil ihre Zulässigkeit dazu führen könnte, dass letztlich kein Preis genannt wird, womit die Feststellung des Bestbieters ausgeschlossen wäre. Angebote, deren Preis sich nur am Preis der Mitbewerber orientiert, sind mit dem Zweck des Vergabeverfahrens unvereinbar.
Bei der Beurteilung von Preiskampfmethoden nach § 1 UWG ist hingegen maßgebend, ob die damit verbundene Beeinträchtigung der Mitbewerber Folge eines echten Leistungsvergleichs ist oder ob die Preiskampfmethoden den Leistungsvergleich zum Nachteil der Mitbewerber verfälschen und dadurch zu einer Verdrängung der Mitbewerber und zur Aufhebung des Wettbewerbs auf einem bestimmten Markt führen. Verfälscht wird der Leistungsvergleich (zB) dann, wenn der Verkaufspreis einer bestimmten Ware ohne einen sachlich vertretbaren Grund ständig oder wiederholt unter dem Einstandspreis festgelegt wird (Baumbach/Hefermehl aaO § 1 dUWG Rz 874 mwN). Eine zeitlich befristete Aktion, die Preise der Mitbewerber um 10 % zu unterbieten, verfälscht den Leistungsvergleich nicht; sie ist - wie oben dargelegt - auch nicht dazu geeignet, die Mitbewerber zu verdrängen.
Dem Revisionsrekurs war Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 41, 50 ZPO. Die Bemessungsgrundlage für das Provisorialverfahren beträgt 400.000 S.
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