OGH 6Ob315/00t

OGH6Ob315/00t5.7.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rosemarie S*****, vertreten durch Dr. Josef Peissl, Rechtsanwalt in Köflach, gegen die beklagte Partei Rosalinde S*****, vertreten durch Dr. Michael Augustin und Mag. Peter Haslinger, Rechtsanwälte in Leoben, wegen 97.384,80 S, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Berufungsgericht vom 29. August 2000, GZ 1 R 76/00v-52, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes Knittelfeld vom 6. Dezember 1999, GZ 2 C 1174/96v-46, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichtes wieder hergestellt wird.

Die Klägerin hat der Beklagten die mit insgesamt 21.580,16 S (darin enthalten 2.493,36 S USt und 6.620 S Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Ehe der Klägerin mit Peter S***** wurde mit Urteil vom 31. 1. 1996 aus dem überwiegenden Verschulden des Mannes geschieden. Dieser hatte im Dezember 1994 die Beklagte kennen gelernt. Er verließ am 1. 8. 1995 die Ehewohnung in K***** und zog zu seinem Onkel nach G*****. Im September 1995 kam es erstmals zu intimen Beziehungen zwischen ihm und der Beklagten. In der Folge nächtigte die Beklagte auch bei Peter S***** und verbrachte die Wochenenden mit ihm. Am 9. 10. 1995 brachte er die Klage auf Ehescheidung aus dem alleinigen Verschulden der Klägerin ein. Die Klägerin wusste inzwischen, dass er eine Freundin hat. Sie kannte jedoch zunächst nur deren Vornamen. Die in der Vorkorrespondenz zur Ehescheidung in einem Schreiben ihres Rechtsvertreters aufgestellte Behauptung über das ehewidrige Verhältnis ihres Mannes zu einer "namentlich bekannten" weiblichen Person war insoweit unrichtig. Ende September oder in der ersten Oktoberhälfte 1995 fand die Klägerin aber mit Hilfe des Onkels ihres Mannes auch den Nachnamen der Beklagten heraus. Anlässlich der ersten im Scheidungsverfahren durchgeführten Verhandlung am 23. 10. 1995 gab Peter S***** gegenüber den Parteienvertretern zu, eine Freundin zu haben. Am 8. 11. 1995 erteilte die Klägerin auf Anraten ihres Rechtsanwaltes einem Detektivbüro den Auftrag zur Observation ihres Mannes. Sie wusste bereits zu diesem Zeitpunkt vom ehewidrigen Verhältnis ihres Mannes zur Beklagten. Sie gab bei der Auftragserteilung an, sie habe den Verdacht, ihr Mann habe ehewidrige Beziehungen zu einer Frau S***** aus K*****, die, wie ihr Mann, ebenfalls Postbedienstete in K***** sein solle.

Am 13. 11. 1995 verfasste ihr Rechtsvertreter einen am 14. 11. 1995 bei Gericht eingebrachten Schriftsatz, in dem er ausführte, dass der Ehemann eine Freundin habe, mit welcher er ehewidrige und ehebrecherische Beziehungen unterhalte. Dafür wurde als Beweis unter anderem die Beklagte mit vollständigem Namen, mit Beruf und Anschrift angeführt. Die Anschrift der Beklagten hatte der Vertreter der Klägerin nicht durch das Detektivbüro erfahren. Sein Informationsstand war am 13. 11. 1995 gegenüber seinem letzten Kontakt mit der Klägerin vor Beauftragung des Detektivbüros unverändert. Am 20. 11. 1995 erhob die Klägerin im Scheidungsverfahren Widerklage und stützte diese unter anderem auf die Beziehungen ihres Mannes zur Beklagten, wobei auch in diesem Schriftsatz der vollständige Name, der Beruf und die Adresse der Beklagten angeführt wurden. In der darauffolgenden Scheidungsverhandlung am 4. 12. 1995 bestritt die Rechtsvertreterin des Ehemannes das Vorbringen der Klägerin im Schriftsatz vom 13. 11. 1995 und in der Widerklage, woraufhin vom Gericht der Beweisbeschluss gefasst wurde.

Bei dem vom Detektivbüro im Zeitraum vom 8. 11. bis 5. 12. 1995 durchgefühten Erhebungen konnte ein Kontakt zwischen Peter S***** und der Beklagten am 17. 11., 18. 11., 30. 11. und 1. 12. 1995 beobachtet werden. Schriftliche Berichte über die Tätigkeit des Detektivbüros wurden am 18. 12. 1995 und am 17. 1. 1996 erstellt und an die Klägerin übermittelt.

In einem am 24. 1. 1996 eingelangten Schriftsatz führte die Rechtsvertreterin des Ehemannes aus, dass es zutreffe, dass dieser mit der Beklagten derzeit in einem "außerehelichen" Verhältnis stehe. Im Scheidungsverfahren wurde in der Tagsatzung am 31. 1. 1996 die Ehescheidungsgründe von beiden Parteien auf Lieb- und Interesselosigkeit des jeweiligen Prozessgegners eingeschränkt.

Die Klägerin zahlte dem Detektivbüro insgesamt den letztlich nach einem geringfügigen Nachlass verrechneten Betrag von 97.384,80 S.

Die Klägerin begehrte von der Beklagten den Ersatz dieser Detektivkosten. Sie habe das Gerücht, dass ihr Ehemann eine Freundin habe, nicht verifizieren können. Sie selbst habe an der Ehe festhalten wollen. An der Zerrüttung der Ehe treffe sie keinerlei Verschulden. Sie sei gezwungen gewesen, ein Detektivbüro zu beauftragen, um Klarheit darüber zu erlangen und beweisen zu können, dass tatsächlich ehewidrige Beziehungen ihres Mannes bestünden. Die Beobachtungen des Detektivbüros hätten eindeutige Nachweise hiefür erbracht. Deshalb sei auch die Ehe aus dem überwiegenden Verschulden des Mannes geschieden worden. Die Beklagte, die massiv in die Ehe eingegriffen habe, sei aus dem Titel des Schadenersatzes solidarisch mit Peter S***** zum Ersatz der Detektivkosten verpflichtet.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Ihre Beziehung zu dem Mann sei nicht Ursache der Ehezerrüttung gewesen. Die Beziehung sei auch nicht geheim gehalten worden. Die Beobachtungen des Detektivbüros hätten erst zu einem Zeitpunkt stattgefunden, als die Klägerin längst von der Beziehung Bescheid gewusst habe. Der Anspruch auf Ersatz der Detektivkosten sei infolge Einschränkung der Scheidungsgründe auf Lieb- und Interesselosigkeit verlorengegangen. Die Detektivkosten seien unangemessen hoch.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Klägerin habe im Zeitpunkt der Auftragserteilung an das Detektivbüro kein Beweisinteresse mehr an der Sachverhaltsklärung gehabt, weil sie damals bereits vom ehewidrigen Verhältnis ihres Mannes zur Beklagten, deren Name, Anschrift und Beruf bekannt gewesen seien, gewusst habe und der Mann auch anlässlich der ersten Scheidungsverhandlung zugestanden habe, eine Freundin zu haben. Die Einschaltung des Detektivbüros sei spätestens ab diesem Zeitpunkt nicht mehr erforderlich gewesen.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil im Sinn einer Klagestattgebung ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Das als erwiesen angenommene Verhalten der Beklagten sei ehestörend, rechtswidrig und schuldhaft gewesen. Auf Grund des Verhaltens des Ehemannes und dessen Rechtsvertreterin im Scheidungsverfahren, insbesondere seiner Behauptung über das Alleinverschulden der Klägerin und der Bestreitung eines Mitverschuldens, bedurfte die Klägerin trotz ihrer Kenntnis von der Beziehung zur Beklagten und trotz des Eingeständnisses ihres Mannes, eine Freundin zu haben, der von ihr veranlassten Beweissicherung. Die Klägerin habe sich im Scheidungsverfahren in einer unsicheren Lage befunden. Die Überwachung sei auftragsgemäß und erfolgreich durchgeführt worden. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil der Frage hinsichtlich des Umfanges, der Dauer und des Wegfalles eines berechtigten Interesses an der Sachverhaltsklärung im Scheidungsverfahren erhebliche Bedeutung zukomme und die Beurteilung des Berufungsgerichtes nicht in allen Punkten mit der Rechtsprechung übereinstimme.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist zulässig und berechtigt.

Nach ständiger Rechtsprechung können Auslagen, die dem betrogenen Ehegatten durch Überwachung des der Verletzung der ehelichen Treue verdächtigen Ehegatten entstanden sind, aus dem Titel des Schadenersatzes geltend gemacht werden. Ein Ehegatte, dessen Ehe durch ehewidrige Beziehungen seines Ehepartners zu einer dritten Person gestört wird, hat ganz allgemein und unabhängig davon, ob er diese Beziehungen zum Anlass gerichtlicher Schritte nehmen will, ein besonderes Interesse daran, sich Klarheit über den Sachverhalt zu verschaffen, und zwar unabhängig davon, ob das Verhalten des Ehestörers für die Zerrüttung der Ehe kausal war (RIS-Justiz RS0022943). Das Recht, sich durch Betrauung eines Detektivs Gewissheit zu verschaffen, findet seine Grenze dort, wo die Überwachung offenkundig überflüssig, von vorneherein aussichtslos und erkennbar unzweckmäßig ist oder aber Rechtsmissbrauch vorliegt, weil die Ehegatten durch einvernehmliche Gestaltung oder Aufhebung ihrer ehelichen Gemeinschaft bekundet haben, jedes Interesse daran verloren zu haben, wie der andere sein Leben gestaltet (7 Ob 382/98x = EFSlg

90.111 ff; Reischauer in Rummel, ABGB II2, Rz 23 zu § 1323 mwN). Die Kosten dieser Sachverhaltsermittlung verursacht schuldhaft und rechtswidrig auch der Ehestörer. Der Rechtsweg ist auch dann zulässig, wenn vom Ehegatten die Detektivkosten allenfalls auch als vorprozessuale oder außerprozessuale Kosten im Ehescheidungsverfahren geltend gemacht werden könnten (5 Ob 652/80). Detektivkosten zur Aufdeckung von Eheverfehlungen zählen in der Regel wegen des von einem Scheidungsprozess unabhängigen Interesses des Ehegatten an der Klarheit über seine ehelichen Verhältnisse nicht zu den vor- oder außerprozessualen Kosten (Reischauer aaO, Rz 22 zu § 1323; Harrer in Schwimann ABGB2, Rz 39 zu § 1323 jeweils mwN).

Der vorliegende Sachverhalt ist aber dadurch gekennzeichnet, dass die Klägerin bereits vor Beauftragung des Detektivbüros über die ehewidrigen Beziehungen ihres Mannes zu einer bestimmten Person, deren Namen, Anschrift und Beruf ihr bekannt waren, wusste. Es war daher von vorneherein klar, dass die Überwachung durch Detektive zur Befriedigung ihres ideellen Interesses, eherechtlich erhebliche Umstände in dieser Hinsicht zu erfahren, überflüssig war. Es liegt zwar auf der Hand, dass der Klägerin daran gelegen war, ein möglichst stichhaltiges Beweismaterial im Scheidungsverfahren gegen ihren Mann zur Verfügung zu haben, weil dieser die dort vorgetragenen Behauptungen der Klägerin über seine ehewidrigen Beziehungen zur namentlich genannten Beklagten in seinem Prozessvorbringen in Abrede stellte und weiterhin darauf beharrte, die Klägerin treffe das alleinige Verschulden an der Ehezerrüttung. Das Berufungsgericht verweist insoweit zu Recht auf die für die Klägerin im Scheidungsverfahren unsichere Beweislage, konnte sie doch nicht vorhersehen, ob ihr Ehemann bei seiner Einvernahme als Partei entgegen seinem formellen Prozessstandpunkt tatsächlich seine ehewidrige Beziehung zur Beklagten eingestehen werde und ob allfällige Zeugeneinvernahmen, insbesondere auch die Einvernahme der Beklagten, eindeutige Hinweise auf ein solches Verhältnis erbringen würden. Nach Vorliegen der Berichte des Detektivbüros gestand schließlich auch der Ehemann in einem Schriftsatz formell ein, eine ehewidrige Beziehung zur Beklagten zu unterhalten. Das Scheidungsverfahren konnte anschließend offenbar problemlos im Sinne der Klägerin beendet werden. Ein über das der Klägerin im Hinblick auf das prozessuale Verhalten ihres Mannes im Scheidungsverfahren durchaus zuzubilligendes Interesse an der Sammlung sicheren Beweismaterials hinausgehendes Interesse an der Betrauung des Detektivbüros kann aber nach den bindenden Feststellungen der Vorinstanzen nicht angenommen werden.

Die Beklagte war nicht Partei des Scheidungsverfahrens. Die Klägerin hat nicht behauptet, dass die Beklagte auf das Vorbringen des Ehemannes im Scheidungsverfahren Einfluss genommen und insbesondere die Bestreitung ihrer Beziehung (mit)veranlasst hätte. Ein für die Notwendigkeit der Beweissicherung durch ein Detektivbüro weiterhin ursächliches Verhalten der Beklagten ist somit auch nicht anzunehmen. Daraus folgt, dass die Überwachungskosten ausschließlich durch das Verhalten des Ehemannes als Prozessgegner der Klägerin im Scheidungsverfahren verursacht wurden. Mangels eines hievon unabhängigen Interesses der Klägerin an der Aufdeckung der entsprechenden Eheverfehlung scheidet daher die sonst von der Rechtsprechung bejahte (solidarische) Haftung des Ehestörers mit dem Ehepartner für derartige Kosten aus.

Das das Klagebegehren abweisende Urteil des Erstgerichtes war daher in Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichtes wieder herzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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