OGH 13Os86/01

OGH13Os86/0127.6.2001

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Juni 2001 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal und Dr. Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Eichinger als Schriftführerin, in der Auslieferungssache des Lawrence O*****, AZ 9 Vr 526/01 des Landesgerichtes Klagenfurt, über die Grundrechtsbeschwerde des Auszuliefernden gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Beschwerdegericht vom 12. April 2001, AZ 9 Bs 84, 85/01, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Lawrence Edward O***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Der Untersuchungsrichter des Landesgerichtes Klagenfurt hat (S 1 verso, 51) über Antrag der Staatsanwaltschaft gegen den US-amerikanischen Staatsbürger Lawrence Edward O***** auf Grund internationaler Fahndungsausschreibung das Auslieferungsverfahren eingeleitet und über den am 8. März 2001 um 17,15 Uhr Festgenommenen nach seiner Einvernahme mit Beschluss vom 10. März 2001 (ON 5) aus dem Haftgrund der Fluchtgefahr nach § 180 Abs 2 Z 1 StPO iVm § 29 Abs 1 ARHG die Auslieferungshaft verhängt.

Mit Beschluss vom 16. März 2001 (ON 9) ordnete der Untersuchungsrichter nach Durchführung einer Haftverhandlung (befristet) die Fortsetzung der Auslieferungshaft unter Verneinung deren Unverhältnismäßigkeit und deren Substituierbarkeit durch gelindere Mittel aus dem bisher angezogenen Haftgrund an.

Auf Grund des Haftbefehls der Justizbehörde (Magistrates' Court) London, Zahl 61A/S06/25/97, vom 4. 6. 1999 steht Lawrence Edward O***** im (dringenden) Verdacht, schweren Betrug (nach den §§ 146, 147 Abs 3 StGB) dadurch begangen zu haben, dass er im April 1997 in London gemeinsam mit anderen Tätern mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, einen Privatinvestor durch die Zusage eines Gewinns von 300 % in 20 Tagen durch Veranlagung in Form eines Investmentfondprogrammes, mithin durch Täuschung über Tatsachen zur Gewährung eines Investitionsbetrages von US-Dollar 3,700.000,--, mithin zu einer Handlung verleitete, welche den Privatinvestor in diesem Betrag an seinem Vermögen schädigte. Dabei seien die Gelder am 30. 4. 1997 auf eine Bank in Zypern transferiert und Anstrengungen unternommen worden, das Geld auf ein Konto weiterzuleiten, das von einem Mittäter des Auszuliefernden kontrolliert wurde. Nachdem der Investor sich bei der Polizei beschwert habe, sei das Geld wieder gefunden worden und hätten Untersuchungen ergeben, dass es sich bei dem angeblich hohen gewinnbringenden Investmentprogramm um eine fingierte Anlagenform gehandelt habe.

Zufolge einer am 22. März 2001 verfassten, am 23. März 2001 bei Gericht eingelangten Beschwerde des Lawrence Edward O***** (ON 13) hat das Oberlandesgericht Graz mit dem angefochtenen Beschluss erkannt, dass

1) durch den Beschluss vom 10. März 2001 (Verhängung der Auslieferungshaft - ON 5) das Gesetz nicht verletzt worden sei und der dagegen gerichteten Beschwerde nicht Folge gegeben werde,

2) die Beschwerde gegen den Beschluss vom 16. März 2001 (Fortsetzung der Auslieferungshaft - ON 9) jedoch als verspätet zurückgewiesen werde.

Die dagegen erhobene Grundrechtsbeschwerde rügt einleitend die Zurückweisung der Beschwerde gegen den (Fortsetzungs-)Beschluss vom 16. März 2001 (ON 9), weil sich die Beschwerde vom 22. März 2001 (nur) gegen die Verhängung der Auslieferungshaft, somit gegen den vorangegangenen Beschluss vom 10. März 2001 (ON 5) gerichtet habe.

Rechtliche Beurteilung

Wenn mit diesem (inhaltlich eine Beschwer negierenden) Vorbringen darauf hingewiesen werden soll, dass der (Fortsetzungs-)Beschluss ON 9 unbekämpft geblieben sei, ist zu entgegnen, dass in der Einleitung der seinerzeitigen Beschwerdeschrift zwar nur der Beschluss vom 10. März 2001 (Verhängung der Auslieferungshaft, ON 5) als angefochtene Entscheidung bezeichnet wird (S 1 und 2 der Rechtsmittelschrift ON 13), in den Rechtsmittelanträgen jedoch "in eventu in Stattgebung der Beschwerde gegen den Fortsetzungsbeschluss" (= Beschluss vom 16. März 2001, ON 9) die Aufhebung der Auslieferungshaft begehrt wird. Entgegen der Grundrechtsbeschwerde wurden somit seinerzeit beide Beschlüsse angefochten; die Zurückweisung der Beschwerde gegen den Fortsetzungsbeschluss vom 16. März 2001, ON 9, erfolgte durch das Oberlandesgericht Graz somit zutreffend.

Soweit sich die Grundrechtsbeschwerde gegen den Beschluss vom 10. März 2001 (Verhängung der Auslieferungshaft, ON 5) richtet, dazu das Vorliegen des dringenden Tatverdachtes bestreitet und vorbringt, dass durch die Transferierung des Investitionsbetrages von 3,5 Mio US-Dollar ein Schadenseintritt nicht abzuleiten sei, sich aus dem Haftbefehl kein Anhaltspunkt für einen Schädigungsvorsatz des Beschwerdeführers ergebe und weiters kein rechtswidriges Geschäft oder eine fingierte Anlageform vorgelegen sei, genügt der Hinweis, dass bei einem schlüssigen (und dieses Erfordernis liegt vor) ausländischen Haftbefehl eine strenge Verdachtsprüfung wie etwa im Falle der Verhängung oder Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft (in einem österreichischen Strafverfahren) nicht anzustellen ist (vgl Linke ua Internationales Strafrecht, E 2 zu § 29 ARHG und E 3 zu § 31 leg cit). Gegen die Annahme, dass nach dem Vorhaben des Beschwerdeführers die Anlageform fingiert und die Gelder-Transferierung eine vermögensschädigende Handlung sein sollte (wobei zu bemerken ist, dass beim Betrug der Schaden kein dauernder sein muss) wird übrigens von der Beschwerde nichts Konkretes vorgebracht und vermag sohin als bloße Spekulation keine erheblichen Bedenken gegen die Auslieferungsunterlagen zu begründen (§ 31 Abs 1 ARHG). Der Behauptung, dass nach österreichischer Rechtslage der Strafaufhebungsgrund der tätigen Reue vorliege, weil von der Polizei die Transaktion (gemeint: die Rücktransferierung) gestartet worden, daraus aber nicht auf die Einleitung von Verfolgungshandlungen Seitens der Behörde zu schließen sei, reicht die Erwiderung, dass die Grundrechtsbeschwerde der Sache nach selbst zugibt, dass die den Geldrückfluss veranlassende Behörde zufolge der Anzeige vom Verschulden erfahren hat (§ 167 Abs 2 StGB); abgesehen davon wird eine Freiwilligkeit der Schadensgutmachung gar nicht behauptet.

Lawrence Edward O***** wurde daher weder durch die Verhängung noch durch die Aufrechterhaltung der Auslieferungshaft in seinem Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzt, sodass die Beschwerde ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen war.

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