OGH 1N508/01

OGH1N508/0126.6.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Dr. Susanne Fruhstorfer, Rechtsanwältin, Wien 1, Naglergasse 25, als Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen des Wolfhardt R*****, wider die Antragsgegnerin Margarete R***** , vertreten durch Mag. Franz Kienast, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse infolge Antrags des Gemeinschuldners, vertreten durch Dr. Peter Armstark, Rechtsanwalt in Wien, auf Gestattung der Einsichtnahme in den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 31. Jänner 2001, GZ 45 R 617/00v, 45 R 618/00s-199, sowie die "eventuell ergangenen Entscheidungen zu den beiden oben angeführten Geschäftszahlen in III. Instanz" in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Gemeinschuldner wird die Einsichtnahme in die Ausfertigung des Beschlusses des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 31. Jänner 2001, GZ 45 R 617/00v, 45 R 618/00s-199, sowie in den Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 26. Juni 2001, AZ 1 Ob 89/01x, gestattet.

Text

Begründung

Der Gemeinschuldner hatte - nach Scheidung der Ehe mit der Antragsgegnerin - schon am 22. Juni 1993 die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse gemäß den §§ 81 ff EheG beantragt und dabei als wesentliches Vermögen eine während aufrechter Ehe erworbene Liegenschaft in Wien-Ottakring bezeichnet.

Das Handelsgericht Wien eröffnete mit Beschluss vom 29. Juli 1999 den Konkurs über das Vermögen des Antragstellers und bestellte die Rechtsanwältin Dr. Susanne Fruhstorfer zur Masseverwalterin, die am 8. Oktober 1999 die Erklärung abgab, in den "Rechtsstreit einzutreten".

Am 17. Mai 2001 beantragte Rechtsanwalt Dr. Peter Armstark namens des Gemeinschuldners die Gestattung der Einsichtnahme in "die im Aufteilungsverfahren ergangene Entscheidung II. Instanz bzw eventuell ergangene Entscheidungen ...in III. Instanz". Der Gemeinschuldner habe ein rechtliches Interesse an der begehrten Akteneinsicht, weil die Akten "ihn materiell betreffen"; von der Masseverwalterin habe er trotz mehrfacher Urgenz diese Entscheidungen nicht "erhalten".

Der Antrag auf Gestattung der Akteneinsicht ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Auf die Akteneinsicht im Verfahren außer Streitsachen sind die Bestimmungen der Zivilprozessordnung sinngemäß anzuwenden (SZ 47/141 ua). Mit Zustimmung der Parteien können auch dritte Personen Einsicht in die Prozessakten nehmen, und mangels einer solchen Zustimmung kann einem Dritten die Einsichtnahme gestattet werden, soweit dieser ein rechtliches Interesse glaubhaft macht (§ 219 Abs 2 ZPO). Da die Masseverwalterin dem Gemeinschuldner den Zugang zum Akteninhalt augenscheinlich nicht gewähren will, ist ihr zu unterstellen, dass sie der Akteneinsicht nicht zustimmt. Der Gemeinschuldner hat daher ein rechtliches Interesse an der begehrten Akteneinsicht glaubhaft zu machen.

Ein konkretes rechtliches Interesse des Dritten (8 Ob 511/93) - der Gemeinschuldner ist ein solcher Dritter (vgl SZ 70/2) - ist dann zu bejahen, wenn die Akteneinsicht für die rechtlichen Verhältnisse des Dritten bedeutsam ist, wenn sich also die Kenntnis vom Akteninhalt auf die rechtlichen Verhältnisse des Dritten günstig auswirkt, und sei es auch nur insoweit, als er in die Lage versetzt wird, dadurch seine Beweislage günstiger zu gestalten (Fasching, Komm II1 1010). Dabei genügt es, wenn der Akteninhalt den Rechtskreis des Antragstellers auch nur mittelbar berührt; angezeigt ist insoweit eine weitherzige Handhabung (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO59 § 299 Rz 24; vgl insbesondere BGH in NJW-RR 1994, 381).

Nun kann es nicht zweifelhaft sein, dass der Ausgang des Aufteilungsverfahrens auf die Ergebnisse des Konkursverfahrens maßgeblichen Einfluss nimmt, hängt es doch nicht zuletzt davon ab, ob der Gemeinschuldner - der nach der Aufhebung des Konkurses für die offen gebliebenen (Masse- und) Konkursforderungen weiterhin persönlich haftet - insoweit durch den Zufluss der begehrten Ausgleichszahlung zur Masse in ganz bedeutsamer Weise von seinen Verbindlichkeiten den Gläubigern gegenüber befreit wird. Schon dadurch wird die Rechtsstellung des Gemeinschuldners - zumindest mittelbar - beeinflusst, kann doch dadurch seine weitere Vorgangsweise im Konkurs - etwa ein Zwangsausgleichsantrag - bestimmt werden. Aber auch seiner Aufklärungspflicht dem Masseverwalter gegenüber (§ 99 KO) wird der Gemeinschuldner bei genauer Kenntnis des Akteninhalts betreffend die vom Masseverwalter geführten Prozesse bzw betriebenen Verfahren besser, vollständiger und damit wirksamer nachkommen können.

Bei der gebotenen großzügigen Handhabung der Vorschrift des § 219 Abs 2 ZPO ist dem Antrag des Gemeinschuldners daher stattzugeben; dabei ist seinem Antrag zufolge das Recht zur Einsichtnahme auf die dort genannten Entscheidungen einzuschränken.

Stichworte