OGH 3Ob79/01s

OGH3Ob79/01s20.6.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Jörg H*****, vertreten durch Dr. Robert A. Kronegger, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Antragsgegner Heimo T*****, vertreten durch Dr. Harald Hohenberg, Rechtsanwalt in Graz, wegen Titelergänzung, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 29. November 2000, GZ 44 R 477/00y-17, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 24. Juli 2000, GZ 23 Nc 41/00h-8, ersatzlos aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Antrag des Antragstellers, ihm Kosten für seine Revisionsrekursbeantwortung zuzusprechen, wird abgewiesen.

Text

Begründung

Mit dem unangefochten gebliebenen Beschluss vom 29. 4. 1998, GZ 1 Nc 379/95t-36, trug das Erstgericht dem Antragsgegner auf, 1. die Handelsbücher zur Vorlage zu bringen, aus welchen sämtliche mit den (im Einzelnen genannten) Produktionsbetrieben vom 1. 2. 1995 bis 30. 4. 1995 in den Verkaufsgebieten Steiermark, Burgenland, Kärnten und Osttirol sowie vom 1. 1. 1995 bis 30. 4. 1995 im Verkaufsgebiet Slowenien zustande gekommenen provisionspflichtigen Warenverkäufe ersichtlich sind; 2. Auskunft darüber zu geben, welche Provisionssätze für Warenverkäufe zwischen dem Antragsgegner und den zu 1. angeführten Produzentenunternehmen im Zeitraum vom 1. 2. 1992 bis 30. 4. 1995 vereinbart wurden.

Nunmehr begehrte der Antragsteller unter dem Titel "Titelergänzungsantrag nach § 10 EO" mit der wesentlichen Begründung, der Titel sei nicht iSd § 7 Abs 1 EO bestimmt, diesen Beschluss dadurch zu ergänzen, dass dem Punkt 1. angefügt wird:

Bei den zur Vorlage zu bringenden Handelsbüchern handelt es sich um die Einnahmen- und Ausgabenrechnung beinhaltend sämtliche Einkünfte aus Provisionen aus den genannten Verkaufsgebieten im angeführten Zeitraum und die diesen Urkunden entsprechenden Belege (Rechnungen, Provisionsabrechnungen, Zahlungseingangsbelege), im Falle der Führung einer doppelten Buchhaltung durch den Antragsgegner um die Gewinn- und Verlustrechnungen und die diesen Urkunden entsprechenden Belege (Rechnungen, Provisionsabrechnungen, Zahlungseingangsbelege).

Der Antragsgegner wandte ein, dass ein Titelergänzungsantrag in Analogie zu einer Titelergänzungsklage nicht zulässig sei. Überdies habe er dem Titel bereits entsprochen. Die Exekution habe durch volle Befriedigung geendet, die Exekutionsbewilligung sei deshalb verbraucht. Eine weitere Exekution sei daher nicht mehr zulässig, ebensowenig ein allfälliger Titelergänzungsantrag.

Das Erstgericht sprach mit Beschluss aus, dass über den "Titelergänzungsantrag" als Klage im streitigen Verfahren zu entscheiden sei.

Mit seinem dagegen gerichteten Rekurs machte der Antragsgegner nunmehr neben der gänzlichen Unzulässigkeit einer Titelergänzung auch geltend, es sei unzulässig, dass statt im außerstreitigen Verfahren plötzlich im streitigen entschieden werden müsste.

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Rekursgericht dem Rekurs insoweit Folge, als es den angefochtenen Beschluss ersatzlos behob und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens über den Titelergänzungsantrag im Außerstreitverfahren auftrug.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners, mit dem er in erster Linie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, hilfsweise aber dessen Abänderung dahin begehrt, dass der Titelergänzungsantrag abgewiesen werde.

Im Revisionsrekurs wendet sich der Antragsgegner in erster Linie gegen die Ansicht der Vorinstanzen, eine Titelergänzung sei überhaupt - im streitigen oder im außerstreitigen Verfahren - möglich. Das gehe nicht an, wenn der Antragsteller einfach vergessen habe, den richtigen Sachantrag zu stellen, über den das Gericht ohnehin bereits entschieden habe. In Wahrheit gehe es ihm nicht um eine Ergänzung, sondern um eine Neuschaffung des Titels. Außerdem könne der ursprüngliche Titel wegen rechtskräftiger Erledigung des Exekutionsverfahrens keine Wirksamkeit mehr entfalten. Das Außerstreitverfahren sehe eine Titelergänzung analog zu § 423 ZPO oder § 10 EO nicht vor. Dabei handle es sich um eine gewollte Lücke, weshalb im Außerstreitverfahren jegliche Titelergänzung unzulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Wie dargelegt hat der Antragsgegner in seinem Rekurs gegen den vom Erstgericht nach § 40a JN erlassenen Beschluss auch ausdrücklich dessen Rechtsansicht bekämpft, der vorliegende Antrag sei als Klage im streitigen Verfahren zu behandeln. Soweit das Rekursgericht mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss dem Rekurs insoweit Folge gab, als es den Beschluss des Erstgerichtes ersatzlos aufhob und diesem die Fortsetzung des (bereits ursprünglich eingeleiteten) Außerstreitverfahrens auftrug, fehlt dem Antragsgegner die für jedes Rechtsmittel erforderliche (formelle) Beschwer (vgl dazu Kodek in Rechberger, ZPO**2 Vor § 461 Rz 9 f). Im Übrigen ist seinem Revisionsrekurs auch gar nicht zu entnehmen, er strebe entgegen seiner im Rekurs vertretenen Ansicht nunmehr wieder die Entscheidung im streitige Verfahren an. Daran vermag es auch nichts zu ändern, dass er im letzten Absatz seiner Rechtsmittelgründe die Zulässigkeit jedweder Titelergänzung im Außerstreitverfahren bestreitet, ist doch damit offenbar nicht etwa auch die Unzulässigkeit einer Sachentscheidung über den Antrag gemeint, wie sich auch aus dem auf Antragsabweisung lautenden Eventualantrag des Revisionsrekurses ableiten lässt. Mangels Anfechtung der Rekursentscheidung durch den Antragsteller kann demnach der Oberste Gerichtshof auf die bisher nicht entschiedene Frage, ob Anträge auf Ergänzung von Titeln des außerstreitigen Verfahrens im Außerstreitverfahren zu behandeln oder in eine Klage nach § 10 EO umzudeuten sind, nicht eingehen.

Soweit der Antragsgegner aber weiterhin - wie schon mit seinem Rekurs - die Abweisung des Antrags auf Titelergänzung anstrebt, ist dem Obersten Gerichtshof eine Sachentscheidung verwehrt, weil eine solche bisher noch von keiner der Vorinstanzen gefällt wurde. Im Übrigen liegt ungeachtet der Formulierung im Spruch der Rekursentscheidung keine aufhebende, sondern in Wahrheit eine abändernde Entscheidung vor. Dies ist immer dann der Fall, wenn in der Aufhebung zugleich auch die abschließende Entscheidung über die Unzulässigkeit oder Unbegründetheit des angefochtenen Beschlusses oder über eine in dieser Entscheidung aufgeworfene oder für die Entscheidung ausschlaggebende Frage liegt (RdW 1998, 76 = EFSlg 85.358; EvBl 1999/16 uva E zu RIS-Justiz RS0044035 und RS0044046; Kodek in Rechberger, ZPO**2 Rz 3 zu § 527). Im vorliegenden Fall hat das Rekursgericht abschließend über die anzuwendende Verfahrensart entschieden. Eine Verfahrensergänzung steht insoweit nicht mehr aus, es ist lediglich das Hauptverfahren als Konsequenz der Rekursentscheidung fortzusetzen (RdW 1998, 76 = EFSlg 85.358 mwN [nur in EFSlg wiedergegeben]). Für dieses könnte demnach der Oberste Gerichtshof - auch wenn man die § 499 bzw § 511 ZPO im Außerstreitverfahren analog anzuwenden hätte - keine bindende Rechtsansicht äußern. Ob einem Antrag wie dem vorliegenden auch stattgegeben werden kann, war nicht Gegenstand der Rekursentscheidung. Allfälligen Ausführungen des Rekursgerichtes zur Sachentscheidung kann daher keinesfalls Bindungswirkung zukommen. Dementsprechend fehlt dem Antragsgegner auch diesbezüglich die Beschwer (SSV-NF 1/56).

Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

Ein Kostenzuspruch kommt mangels Sonderregelung im Verfahren außer Streitsachen nicht in Betracht. Jedenfalls für die Kosten des Antragstellers bieten auch die nach § 16 Abs 5 HVertrG analog anzuwendenden §§ 384 bis 389 ZPO keine Anspruchsgrundlage, weil die Kosten der Beweissicherung nach § 388 Abs 3 ZPO vorerst vom Antragsteller zu bestreiten sind. Ihm können daher für seine Revisionsrekursbeantwortung keine Kosten zugesprochen werden.

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