OGH 15Os63/01 (15Os64/01)

OGH15Os63/01 (15Os64/01)31.5.2001

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Mai 2001 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Mann als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Robert K***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB, teils als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 1. Februar 2001, GZ 3c Vr 10527/99-90, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den Widerrufsbeschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO vom 1. Februar 2001, GZ 3c Vr 10527/99-90, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Robert Julian K*****, geb. T*****, früher B*****, (zu A.) des teils als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB begangenen Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB sowie der Vergehen (zu B.) des Gebrauchs fremder Ausweise nach § 231 Abs 1 StGB und (zu C.) der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er

A. in Wien gewerbsmäßig (§ 70 StGB) mit dem Vorsatz, sich bzw einen Dritten durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Verfügungsberechtigte nachgenannter Banken durch Täuschung über Tatsachen, nämlich über seine Rückzahlungswilligkeit und -fähigkeit, zu Handlungen, und zwar zur Auszahlung von Krediten und Einräumung eines Überziehungsrahmens (A. I. 2.), verleitet, welche die genannten Bankinstitute in einem 500.000 S übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, wobei er zur Täuschung (richtig) falsche Urkunden benützt hat, und zwar

I. Angestellte der Bank A***** AG, Filiale *****,

1. zur Auszahlung von Krediten, nämlich

a) am 4. März 1999 in Höhe von 360.000 S,

b) am 8. April 1999 in Höhe von 210.000 S,

2. im Frühjahr 1999 zur Einräumung eines Überziehungsrahmens auf seinem Girokonto in Höhe von 70.000 S, wobei er als Erwin S*****, geboren am 2. April 1965, mit entsprechend gefälschten Dokumenten auftrat und eine gefälschte Arbeitsbestätigung der Firma W***** GmbH vorlegte,

II. am 29. April 1999 Angestellte der Bank A***** AG, Filiale *****, zur Auszahlung eines Kredites in Höhe von 400.000 S, wobei er als Erich H*****, geboren am 16. Juli 1958, mit entsprechend gefälschten Dokumenten und einer gefälschten Arbeitsbestätigung der Firma S***** auftrat,

III. indem er am oder kurz vor dem 6. Mai 1999 einer bisher unbekannt gebliebenen Person gefälschte Dokumente, lautend auf Robert B*****, geboren am 14. November 1959, und eine gefälschte Arbeitsbestätigung der Firma S***** übergab, dazu beigetragen, dass dieser Person am 6. Mai 1999 unter Vorlage dieser gefälschten Urkunden von Angestellten der B***** AG, Filiale *****, ein (betrügerisch herausgelockter - US 9) Kredit in Höhe von 300.000 S ausgezahlt wurde,

IV. am 7. Mai 1999 Angestellte der G***** Bank GmbH, Filiale *****, zur Auszahlung eines Kredites in Höhe von 300.000 S, wobei er als Erich M*****, geboren am 13. Jänner 1958, mit entsprechend gefälschten Dokumenten sowie mit einer gefälschten Arbeitsbestätigung der S***** auftrat;

B. am 8. Februar 1997 in Baden vorsätzlich einen amtlichen Ausweis, nämlich den für Robert M***** ausgestellten Reisepass, im Rechtsverkehr gebraucht, als wäre er für ihn ausgestellt, indem er sich im Casino Baden damit auswies;

C. in Wien und anderen Orten vom 1. Oktober 1996 bis 19. Dezember 1997, vom 15. Februar 1998 bis 14. Mai 1999 und vom 15. Februar 2000 bis 16. März 2000 seine im Familienrecht begründete Unterhaltspflicht für den minderjährigen, am 31. Mai 1987 außerehelich geborenen Sebastian S***** vorsätzlich gröblich verletzt, indem er (vgl US 26 f: keiner geregelten [Teil-]Beschäftigung nachging und) keine Unterhaltszahlungen leistete und dadurch bewirkte, dass der Unterhalt des Unterhaltsberechtigten gefährdet wird oder ohne Hilfe von anderer Seite gefährdet wäre.

Der dagegen vom Angeklagten aus Z 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Die pauschal den Schuldspruch A. treffende Mängelrüge (Z 5) zeigt in Wahrheit keine formalen Begründungsmängel einer entscheidenden Tatsache auf, sondern bekämpft weitgehend bloß nach Art einer unzulässigen Schuldberufung einen Teilbereich der (an sich unanfechtbaren) tatrichterlichen Erwägungen über die Feststellungen zur Identität des Angeklagten als Kreditnehmer, indem sie einen isolierten Aspekt über die Länge der Haare des Angeklagten zur Tatzeit in den Mittelpunkt ihrer Erörterung stellt. Der Beschwerde zuwider setzte sich das Schöffengericht in diesem Zusammenhang mit den Aussagen der Zeugen Regina V***** (vgl S 415 ff/II), Alfred S***** (S 341 ff II, 235 ff/III) Manfred K***** (S 371 ff/II, 239 ff/III) und Ingrid K***** (S 245 ff/III) nicht nur widerspruchsfrei, sondern auch zureichend auseinander (vgl US 17 bis 19 und 22 ff) und gelangte unter kritischer Würdigung aller subjektiven und objektiven Beweise denkmöglich zur Überzeugung, dass Robert K***** die zu A. I., II. und IV. des Schuldspruches geschilderten Kredite betrügerisch herausgelockt hat (vgl US 11 bis 24 und 25 f).

Der Einwand zur konstatierten Beitragstäterschaft des Angeklagten zum Schuldspruch III. (unter dem Namen Robert B*****), es gebe hiefür keine Beweise, weshalb von einer unstatthaften Vermutung zu dessen Lasten und von einem Widerspruch zum Grundsatz in dubio pro reo auszugehen sei, übergeht verfahrensvorschriftswidrig alle im Kontext zu beachtenden Beweiswerterwägungen über die Herstellung der dabei vom unmittelbaren Täter verwendeten falschen Lohnbestätigung der S*****, des Meldezettels, des Personalausweises lautend auf Robert B***** sowie zur Person des unbekannt gebliebenen Kreditantragstellers (US 13 bis 15, 16 bis 22 oben und 24 f).

Demnach haften dem Urteil die behaupteten formalen Begründungsmängel nicht an.

Soweit in der Tatsachenrüge (Z 5a) die aktenkonformen und Denkgesetzen nicht widersprechenden Erwägungen des Erstgerichtes (siehe dazu oben) über den tatsächlich nicht existierenden Bruder des Angeklagten, Dragan (nunmehr Robert) M***** (US 11 bis 13), kritisiert werden, wobei die Beschwerde urteilsfremd dessen Existenz und Täterschaft annimmt, ist dieses bloß unzulässig die Beweiswürdigung in Frage stellende Vorbringen ungeeignet, auf Aktengrundlage erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Urteilsfeststellungen über die Täterschaft des Nichtigkeitswerbers zu wecken. Daher geht auch der Vorwurf, das Tatgericht habe seine Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung dadurch verletzt, dass es keine "entsprechenden Erhebungen zur Person des Dragan M*****" vorgenommen habe, ins Leere. Denn weder sind den Akten objektive Anhaltspunkte für eine Erfolg versprechende Ausforschung zu entnehmen, noch hat der Angeklagte selbst Hinweise dafür gegeben. Im Übrigen wäre es ihm oder seiner Verteidigerin unbenommen geblieben, in erster Instanz einen darauf zielenden, begründeten Antrag zu stellen, nach dessen Abweisung eine Verfahrensrüge (Z 4) offengestanden wäre. Auch dies ist nicht geschehen, weshalb sich der Rechtsmittelwerber füglich nicht als beschwert erachten kann.

Mit dem Einwand hinwieder, von den Polizeibeamten sei gerichtsnotorischen Erkenntnissen der Verfahrenspsychologie nicht entsprochen worden, weil (im Vorverfahren) sämtlichen Zeugen lediglich ein Foto des Angeklagten zur Identifizierung vorgelegt und er allein den Zeugen gegenübergestellt wurde, wird, weil die Beschwerde auf Aktengrundlage keine erheblichen Bedenken gegen diese Beweisgewinnung hervorzurufen vermag, weder der relevierte, noch ein anderer im Katalog des § 281 Abs 1 StPO taxativ aufgezählten Nichtigkeitsgründe dargetan.

Die gegen den Schuldspruch C. (§ 198 Abs 1 StGB) erhobene Rechtsrüge (Z 9 lit a), welche Feststellungsmängel "hinsichtlich Arbeitsmarkt und Einstellungschancen des Angeklagten [nach seiner am 25. Jänner 2000 in Deutschland erfolgten Enthaftung] im Zeitraum 15. 2. 2000 bis 16. 3. 2000" reklamiert, übergeht prozessordnungswidrig die wesentliche Urteilsfeststellung (US 26 f), wonach es dem Beschwerdeführer an jeglichem "Willen" gemangelt hat, einer geregelten (wenn auch eingeschränkten) Beschäftigung nachzugehen. Damit orientiert sie sich nicht am gesamten Urteilssachverhalt und legt auch nicht dar, inwiefern unter den bezeichneten Urteilsprämissen die von ihr vermissten Konstatierungen im aktuellen Fall von Bedeutung sein sollten. Solcherart verfehlt sie eine gesetzmäßige Ausführung des materiellen Nichtigkeitsgrundes.

Die Nichtigkeitsbeschwerde, welche im Rechtsmittelantrag zwar begehrt, "das angefochtene Urteil" aufzuheben und die "Strafsache" ... zurückzuverweisen (S 234/III), aber zum Schuldspruch B. weder bei Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde noch in der Beschwerdeschrift sachbezogene Ausführungen dazu enthält, war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur gemäß § 285d Abs 1 Z 1 und 2 iVm § 285a Z 2 StPO teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt, bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Daraus folgt, dass zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde des Angeklagten das Oberlandesgericht Wien zuständig ist (§ 285i StPO).

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