OGH 3Ob98/00h

OGH3Ob98/00h23.5.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei O*****, vertreten durch Mag. Barbara Kuchar, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Österreichische Bundesbahnen, Bundesbahndirektion Wien, 1020 Wien, Nordbahnstraße 50, vertreten durch die Finanzprokuratur, wegen S 734.547,14 sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 18. Februar 2000, GZ 2 R 207/99x-30, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 18. September 1999, GZ 16 Cg 1/98s-26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 18.352,50 bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei, eine GmbH mit Sitz in München, organisiert und vermittelt Plätze im Besonderen für Gastarbeiter aus dem deutschen und Schweizer Raum in Autoreisezügen von Österreich ua nach Bulgarien und in die Türkei, wobei sie entsprechende Sonderzüge bestellt. Sie hatte schon bisher mit den beklagten Österreichischen Bundesbahnen zusammengearbeitet. Nun wünschte die klagende Partei eine Verladung in Österreich möglichst nahe der ungarischen Grenze, weil die anschließenden Bahnverwaltungen besonders billige Anbote erstellten. Der Bahnhof Parndorf erschien hiefür geeignet, es war jedoch von Anfang an klar, dass ein Umbau mit einem eigenen Verladegleis notwendig ist. Von Ende Mai bis Ende September 1994 sollten regelmäßig solche Sonderzüge geführt werden.

Die beklagte Partei verrechnete der klagenden Partei für die notwendigen Adaptierungen, insbesondere Verlängerung des Gleises, entsprechende Weichen und Sanierung des Gleiskörpers, nach ihren üblichen Tarifen S 670.000. Die klagende Partei leistete Zahlung.

Nach Bekanntwerden dieses Planes bildete sich dagegen in Parndorf eine Bürgerbewegung, weil die zureisenden Gastarbeiter keine Aufenthaltsmöglichkeiten hätten und WC-Anlagen und Verpflegungsmöglichkeiten nur unzureichend und größere Parkplätze sowie ausreichende Zufahrtsmöglichkeiten überhaupt nicht vorhanden seien. Während der Adaptierungsarbeiten eskalierte die Situation. Mitarbeiter der beklagten Partei wurden insultiert und es wurde ihnen erklärt, noch vor dem ersten Zug werde eine Demonstration die Zufahrtsstraße abriegeln. Es erfolgten politische Interventionen; so erklärte der Bundeskanzler im Fernsehen, "die drohende Invasion" durch Kunden der klagenden Partei sei "von Parndorf bereits abgestellt".

Von diesen Aktionen waren auch die Vertreter der klagenden Partei informiert. Da man aber mit einer gütlichen Beendigung der Auseinandersetzung rechnete, liefen in der Zwischenzeit die Verhandlungen über den schriftlichen Vertrag weiter, der praktisch unterschriftsreif war. Die Unterfertigung wurde wegen der Verhandlungen mit den Lokalpolitikern hinausgeschoben. Nach Bekanntgabe des Fahrplans annoncierte die klagende Partei die Züge, verkaufte Tickets, versendete Zufahrtspläne und nahm Personal zur Betreuung der Kunden bei der Verladung auf. Dies war auch der beklagten Partei bekannt, die sich zwar erst durch Unterschrift binden wollte, aber relativ zuversichtlich war, dass es vertragsrechtlich keine Schwierigkeiten geben werde.

Als sich die Bürgerbewegung in Parndorf jedoch auszuweiten begann, traten bei beiden Parteien Befürchtungen auf. Unter diesem Aspekt trat am 20. 5. 1994, acht Tage vor der geplanten Abfertigung des ersten Zuges, Hofrätin Dr. N***** von der beklagten Partei an die klagende Partei heran und erklärte, wegen der nicht abschätzbaren Reaktionen dieser Bürgerbewegung könne man den beabsichtigten Vertrag mit Verladung in Parndorf nicht abschließen. Statt dessen bot man die ursprünglich aus kaufmännischen Gründen verworfenen, aber für eine Verladung ohne Adaption des Bahnhofbereichs geeigneten Bahnhöfe Loosdorf und Pöchlarn an.

Die klagende Partei sah die kaufmännischen und tatsächlichen Probleme, andererseits aber auch die Investitionen, die sie der beklagten Partei entgegenhielt. Es kam daher kurzfristig zum Abschluss eines Vertrages am 25. 5. 1994, wonach die Abwicklung der ursprünglich von Parndorf aus geplanten Sonderzüge über die Bahnhöfe Loosdorf und Pöchlarn erfolgen sollte. Dieser einvernehmlich unterfertigten Vereinbarung lagen im Übrigen dieselben Bedingungen wie bei der Abwicklung über Parndorf zugrunde. Die beklagte Partei verzichtete im Hinblick auf die Umstände, die der klagenden Partei entstanden waren, auf die Mehrkilometer, die ihr eigentlich wegen der nunmehr längeren in Österreich befahrenen Strecke zustanden. Die klagende Partei musste, da der erste Zug bereits am 28. 5. 1994 fahren sollte und zu diesem Zeitpunkt bereits 7.800 Tickets ausgestellt waren, die neu ausgestellt werden mussten, kurzfristig alle Kunden, Reisebüros und Privatbucher über die geänderten Abfahrtsbahnhöfe verständigen. Neben den bereits getätigten Investitionen im Bahnhof Parndorf hatte sie daher Unkosten an Neudruck von 7.800 Tickets von S 6.006, für Neuausstellung der Rechnungen bzw Anschreiben und Routenbeschreibungen samt Versand von S 42.730,80, für Information der ersten Kunden über den Wechsel der Bahnhöfe per Telefon bzw per Fax von S 4.610,34 sowie zusätzliche Personalkosten für diese Tätigkeiten von S 11.200.

Die klagende Partei erklärte anlässlich der Unterfertigung des Vertrages über die Ausweichbahnhöfe, sich den Ersatz der frustrierten Kosten bzw den Ersatz ihres durch die Umplanung entstandenen Schadens vorzubehalten. Die beklagte Partei nahm dies, wenn auch nicht zustimmend, zur Kenntnis.

Der Zugsverkehr wurde in der Folge über die Bahnhöfe Loosdorf und Pöchlarn abgewickelt. Dort kam es zumindest strukturell zu den in Parndorf befürchteten Unzukömmlichkeiten durch Verschmutzung von Bahngelände, Verstellen von Privatgrund durch eigenmächtig abgestellte Fahrzeuge von Kunden der klagenden Partei usw.

In der ursprünglichen Vereinbarung über Investitionen der klagenden Partei zum Umbau des Bahnhofs Parndorf zur Nutzung für ihre Autoreisezüge war vorgesehen, dass diese Investitionen der klagenden Partei von der beklagten Partei auch nach Abschluss der Geschäftsverbindung nicht rückvergütet oder teilvergütet werden. Diese Vereinbarung wurde allerdings zu einer Zeit abgeschlossen, als beide Seiten noch davon ausgingen, dass die Geschäftsabwicklung über den Bahnhof Parndorf erfolgen werde.

Die klagende Partei begehrt die Rückzahlung des für die Umbauarbeiten im Bahnhof Parndorf überwiesenen Betrages von S 670.000 und die Zahlung der Unkosten von insgesamt S 64.547,14, zusammen S 734.547,14 sA. Zur Begründung brachte sie vor, ihr sei durch die Nichterfüllung des Vertrages über die Zurverfügungstellung des Bahnhofs Parndorf dieser Schaden entstanden. Die beklagte Partei habe sich jedoch geweigert, eine Rückerstattung bzw Schadenersatz zu zahlen. Sie (klagende Partei) habe für einen Umbau bezahlt, ohne dafür eine Leistung, nämlich den umgebauten Bahnhof Parndorf, zur Verfügung zu haben, zu erhalten. Die Gründe für die Nichterfüllung des Vertrags durch die beklagte Partei fielen in deren Sphäre. Für sie wäre ein möglicher Protest der Parndorfer Bevölkerung vorhersehbar gewesen, weshalb sie die Unmöglichkeit der Vertragszuhaltung zu vertreten habe. Die beklagte Partei wäre verpflichtet gewesen, die geplante Nutzung des Bahnhofs Parndorf rechtzeitig mit der Gemeinde abzuklären und auftretende Schwierigkeiten vor Vertragsabschluss zu bereinigen.

Die beklagte Partei wendete ein, die Geschäftsführerin der klagenden Partei habe anlässlich einer persönlichen Vorsprache in der Bundesbahndirektion Wien erklärt, trotz der aufgezeigten Schwierigkeiten an der Projektrealisierung Bahnhof Parndorf festzuhalten. Sodann sei unverzüglich mit der Verlängerung des Gleises im Bahnhof Parndorf begonnen worden. Erst danach habe sich gezeigt, dass das geplante Projekt undurchführbar gewesen sei. So hätten insbesondere Drohungen über mögliche Zugblockaden ernstgenommen werden müssen. Anlässlich einer weiteren Besprechung am 25. 5. 1994 sei daher vereinbart worden, dass die vorgesehenen Autoreisezüge ab den Bahnhöfen Loosdorf bzw Pöchlarn geführt werden. Damit die klagende Partei aus der geänderten Situation keine Nachteile erfahre, sei die Berechnung des dafür von ihr zu entrichtenden Entgelts in der Weise erstellt worden, dass sie nur jenes Beförderungsentgelt entrichten musste, das auch dann angefallen wäre, wenn die Züge wie ursprünglich vorgesehen ab dem Bahnhof Parndorf geführt worden wären. Die Verlängerung des Gleises 12, an der die beklagte Partei kein eigenes Interesse gehabt habe, sei kein eigener Leistungsgegenstand, sondern nur eine Nebenleistung, die kein gesondertes rechtliches Schicksal teile, sondern von der Erfüllung der Hauptleistung abhänge. Diese Hauptleistung habe die beklagte Partei unzweifelhaft erbracht. Zudem seien die maßgeblichen Umstände, die zu einem Abgehen vom ursprünglichen Projekt geführt hätten, nicht von der beklagten Partei zu vertreten und seien der klagenden Partei rechtzeitig bekannt gegeben worden. Darüber hinaus sei die einvernehmliche Verlegung der Autoreisezüge in die Bahnhöfe Loosdorf und Pöchlarn auch im überwiegenden Interesse der klagenden Partei erfolgt, weil allfällige Behinderungen der Zugabfertigungen in Parndorf das gesamte Projekt in Frage gestellt und der klagenden Partei einen enormen Schaden zugefügt hätten. Weiters wendete die beklagte Partei Verjährung und eine Forderung von S 330.025,96 aufrechnungsweise ein, und zwar aus dem Titel eines Mehrleistungsaufwandes des Bahnhofsvorstandes Loosdorf, Mietzinsforderungen für eine Wohnung in diesem Bahnhof sowie Kosten für Benützungsübereinkommen und für Kontrollgutachten von Wagenrevisionen, weiters zusätzliche Kosten für die geänderte Streckenführung in Höhe von S 4,846.628.

Die klagende Partei replizierte, sie habe nie das Risiko für die Nichterfüllung des Vertrages durch die beklagte Partei übernommen. Weiters machte sie als Rechtsgrund für die Forderung von S 670.000 die rechtsgrundlose bzw irrtümliche Zahlung einer Nichtschuld und dadurch rechtsgrundlose Bereicherung der beklagten Partei geltend, der restliche eingeklagte Betrag werde als Vertrauensschaden aufgrund von Verletzung vorvertraglicher Pflichten durch die beklagte Partei geltend gemacht.

Das Erstgericht wies die Klage ab; den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt beurteilte es rechtlich dahin, die klagende Partei habe sich vertraglich zur Übernahme der Umbaukosten im Bahnhof Parndorf verpflichtet. Die Adaption sei ausschließlich für ihre Zwecke erfolgt. Auch bei ergänzender Vertragsauslegung sei nicht davon auszugehen, dass die klagende Partei ihr Geld zurückerhalten sollte, wenn die Zugabfertigung ab Parndorf nicht möglich sei, zumal die Bürgerbewegung mit Demonstrationsdrohungen von Außen gekommen sei und nicht auf einem Verschulden der beklagten Partei beruhe. Es handle sich vielmehr um das wirtschaftliche Risiko der klagenden Partei. Die angedrohte Aktion sei als drohnende höhere Gewalt anzusehen, für die die beklagte Partei keinesfalls hafte. Auch unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage wäre davon auszugehen, dass die beklagte Partei, hätte sie die eingetretenen Umstände bedacht, nicht einen Vertrag geschlossen hätte, wonach sie auf den Eigenkosten sitzen bliebe. Ein Bereicherungsanspruch scheitere daran, dass die beklagte Partei nicht bereichert sei. Auch unter dem Aspekt der culpa in contrahendo sei für die klagende Partei nichts zu gewinnen, weil auch hiefür ein schuldhaftes Verhalten der beklagten Partei Voraussetzung wäre. Tatsächlich wären aber Betrieb und Abwicklung über den Bahnhof Parndorf durch die beklagte Partei zu gefährlich gewesen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht vorlägen. In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, die Abwicklung der Sonderzüge ab Parndorf sei durch Umstände verhindert worden, die weder in der Sphäre noch im Einflussbereich eines der Streitteile gelegen seien. Die beklagte Partei habe ebensowenig wie die klagende Partei vorhersehen können, wie sich die Situation in Parndorf entwickeln würde. Aufgrund der dort gegebenen Situation wäre die Verladung in diesem Bahnhof im Interesse des Schutzes des Eigentums und der körperlichen Integrität sowohl der Parndorfer Bevölkerung als auch der Kunden der klagenden Partei und der Mitarbeiter der Streitteile nicht zu verantworten gewesen. Es liege somit keine grundlose Gesinnungsänderung der beklagten Partei vor, sondern ein außerhalb der Sphäre der Streitteile liegender Hinderungsgrund, der letztlich auch zur einvernehmlichen Abwicklung des Zugverkehrs über Loosdorf und Pöchlarn geführt habe.

Die beklagte Partei habe keine Aufklärungspflichten verletzt. Es sei unbestritten, dass die beklagte Partei die klagende Partei mit Schreiben vom 2. 5. 1994 davon in Kenntnis gesetzt habe, dass die Gemeindevertreter ihre ablehnende Einstellung zum Vorhaben beibehalten und Schwierigkeiten bei der Durchführung der Sonderfahrt nicht ausgeschlossen werden könnten. An der damit hinreichenden Aufklärung der klagenden Partei ändere auch der Umstand nichts, dass die beklagte Partei erklärt habe, nach wie vor zur Führung der Sonderzüge und zu einem Umbau des Bahnhofs Parndorf bereit zu sein. Mit dem Schreiben vom 2. 5. 1994 habe die beklagte Partei die klagende Partei um umgehende schriftliche Bestätigung ersucht, dass die in Angriff zu nehmenden Arbeiten trotz allfällig zu erwartender Schwierigkeiten begonnen werden könnten. Nach persönlicher Vorsprache habe die Geschäftsführerin der Klägerin am 3. 5. 1994 ihr Einverständnis erklärt und dokumentiert.

Wenn die Klägerin trotz Kenntnis der bestehenden Umstände und der zu erwartenden Schwierigkeiten das Risiko der Umbaukosten auf sich genommen habe, könne sie es nicht der beklagten Partei anlasten, wenn diese Kosten letztlich doch frustriert seien. Für eine ergänzende Vertragsauslegung in diesem Sinn bleibe kein Raum.

Auch auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage könne sich eine Partei dann nicht berufen, wenn diese vorhersehbar sei. Wer angesichts einer solchen Möglichkeit vorbehaltlos ein Geschäft schließe, trage das Risiko des Wegfalls der Geschäftsgrundlage.

Für einen Bereicherungsanspruch fehle es schließlich am Erfordernis einer Bereicherung der beklagten Partei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist zulässig, weil zur Frage, wer durch Bürgerproteste frustrierte Aufwendungen zu tragen hat, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliegt; sie ist jedoch nicht berechtigt.

Die klagende Partei organisierte Bahnreisen mit Autoreisezügen von Österreich ua nach Bulgarien und in die Türkei. Für die Abwicklung dieser Fahrten von Ende Mai bis Ende September 1994 waren die beklagten ÖBB bereit, den Bahnhof Parndorf als Ver- und Entladebahnhof zur Verfügung zu stellen. Zu diesem Zweck waren Umbauarbeiten erforderlich, deren Kosten in Höhe von S 670.000 die klagende Partei der beklagten Partei überwies. Infolge der ablehnenden Haltung von Gemeindevertretern und zu befürchtenden Bürgerprotesten teilte die beklagte Partei der klagenden Partei mit, es könnten Schwierigkeiten bei der Durchführung der Sonderfahrten nicht ausgeschlossen werden. Die Kosten für den erforderlichen Umbau des Bahnhofs seien von der klagenden Partei zu tragen. Die beklagte Partei ersuchte daher die klagende Partei mit Schreiben vom 2. 5. 1994 "um umgehende schriftliche Bestätigung, dass die Arbeiten trotz allfällig zu erwartender Schwierigkeiten begonnen werden können".

Dass die Geschäftsführerin der klagenden Partei dieses Schreiben mit dem am 3. 5. 1994 angebrachten Vermerk "Einverstanden" der beklagten Partei retouniert hat, hat das Berufungsgericht rechtlich dahin beurteilt, die klagende Partei habe trotz Kenntnis der bestehenden Umstände und zu erwartender Schwierigkeiten das Risiko der Umbauarbeiten auf sich genommen; daher könne sie es nicht der beklagten Partei anlasten, wenn diese Kosten letztlich doch frustriert sind.

Demgegenüber weist die klagende Partei zutreffend darauf hin, dass die nach § 914 ABGB vorzunehmende Urkundenauslegung allein für den - tatsächlich eingetretenen - Fall des Nichtzustandekommens der Fahrten von und nach Parndorf kein klares Ergebnis zeitigt. Auch die beklagte Partei hat in der Klagebeantwortung vorgebracht, die Geschäftsführerin der klagenden Partei habe "anlässlich einer persönlichen Vorsprache in der Bundesbahndirektion Wien" erklärt, "trotz der aufgezeigten Schwierigkeiten an der Projektrealisierung Bahnhof Parndorf" festzuhalten; dieses Einverständnis habe sie mit dem handschriftlichen Vermerk "Einverstanden" auf dem Schreiben der beklagten Partei vom 2. 5. 1994 mit Setzung des Datums 3. 5. 1994 "dokumentiert". Zu Erklärungen der Geschäftsführerin der klagenden Partei anlässlich ihrer (auch vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang ausdrücklich erwähnten) persönlichen Vorsprache bei der beklagten Partei, mit denen sie "ihr Einverständnis erklärt" hätte, liegen jedoch keine Tatsachenfeststellungen vor.

Bei dieser Sachlage konnte sich das Berufungsgericht nicht auf die Urkundenauslegung, die grundsätzlich rechtliche Beurteilung ist (Kodek in Rechberger, ZPO**2 Rz 2 zu § 498 mit Hinweisen auf die Rsp), beschränken.

Zur Beurteilung, ob die Geschäftsführerin der klagenden Partei die von der beklagten Partei behauptete Einverständniserklärung abgegeben hat, bedarf es entsprechender Tatsachenfeststellungen, die hier jedoch nicht getroffen wurden.

Es kann daher auf Grundlage der Tatsachenfeststellungen der rechtlichen Beurteilung eine Vereinbarung vom 3. 5. 1994 über die Tragung des Risikos der Kosten für die Umbauarbeiten im Bahnhof Parndorf nicht zugrunde gelegt werden.

Aus folgenden Überlegungen bedingt dieser Feststellungsmangel jedoch nicht eine Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen:

Bei der Beurteilung der Berechtigung der Forderung der klagenden Partei auf Rückzahlung der von ihr getragenen Kosten der Umbauarbeiten ist davon auszugehen, dass keineswegs - wovon allerdings die klagende Partei bei ihren Rechtsausführungen in der Revision ausgeht - ein gesondert zu beurteilender Werkvertrag vorliegt, dessen Gegenstand diese von der beklagten Partei im Auftrag der klagenden Partei zu erbringenden Werkleistungen wären. Vielmehr sind diese Umbauarbeiten ausschließlich im Zusammenhang mit der Vereinbarung über die Durchführung der Sonderfahrten zu sehen, für deren Abwicklung vom Bahnhof Parndorf aus sie erforderlich gewesen wären. Hier ist bereits hervorzuheben, dass sie darüber hinaus von keinerlei Nutzen für die beklagte Partei waren.

Der Umstand, dass die beklagte Partei die Durchführung der Sonderfahrten vom Bahnhof Parndorf aus letztlich abgelehnt hat, bewirkt hier nicht, dass die beklagte Partei die Preisgefahr für diese damit nutzlos gewordenen Investitionen zu tragen hätte. Diese Ablehnung erfolgte nämlich keineswegs grundlos oder auch nur im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der beklagten Partei, weil beide Vertragsteile ein Interesse an einer störungsfreien Abwicklung dieser Sonderfahrten hatten, die nach den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen nicht mehr gewährleistet war. Der intendierte Vertrag über die Durchführung von Sonderfahrten wurde mit einer einvernehmlichen Änderung des Bahnhofes - statt Parndorf nun Loosdorf und Pöchlarn - am 25. 5. 1994 schriftlich errichtet und unterfertigt. Dabei verzichtete die beklagte Partei auf zusätzliche Zahlungen wegen der nun längeren Strecke von diesen Bahnhöfen bis zur Grenze.

Für die Anwendung der gesetzlichen Regelungen über die Rechtsfolgen der nachträglichen Unmöglichkeit (§ 1447 ABGB) besteht angesichts dieser vertraglichen Vereinbarungen kein Raum, weil es sich hiebei um dispositives Recht handelt, sodass die Parteien eine andere Regelung treffen können (SZ 26/194; Honsell/Heidinger in Schwimann, ABGB**2 Rz 17 zu § 1447 mwN).

Die von den Parteien getroffenen Vereinbarungen sind rechtlich folgendermaßen zu beurteilen:

Diese vertraglichen Vereinbarungen lassen keinen Raum dafür, dass es die beklagte Partei nun übernommen hätte, die bereits aufgelaufenen Kosten für die Adaptierung des nun mit den Autoreisezügen nicht angefahrenen Bahnhof Parndorf selbst zu tragen.

Andererseits hat die klagende Partei bereits damals ihren auch dieser Klage zugrundegelegten Rechtsstandpunkt festgehalten, sie begehre den Ersatz des ihr durch die Verlegung des Be- und Entladebahnhofs entstandenen Schadens, nämlich der dadurch bedingten zusätzlichen und frustrierten Aufwendungen. Als Voraussetzung für den Anspruch auf Rückzahlung der bereits geleisteten Kosten für die Adaptierung des Bahnhofs Parndorf kommt - wie bereits erwähnt - nicht in Frage, dass ein Werkvertrag über diese Adaptierungen wegen nachträglicher Unmöglichkeit nicht erfüllt worden wäre. Da diese Adaptierungsarbeiten ausschließlich für die Durchführung der Sonderfahrten erforderlich waren, sind die Vereinbarungen über die Kostentragung Teil des Vertrages über die Durchführung der Sonderfahrten. Im Hinblick darauf, dass diese Vereinbarung nicht aufgehoben, sondern einvernehmlich abgeändert wurde, kann schon deshalb entgegen der Rechtsansicht der klagenden Partei § 1168a ABGB nicht herangezogen werden, wonach der Werkunternehmer kein Entgelt verlangen kann, wenn das Werk vor seiner Übernahme durch einen bloßen Zufall untergeht, insbesondere die Werkleistung unzumutbar wird, ohne dass auf weitere Rechtsfragen im Zusammenhang mit dieser gesetzlichen Bestimmung einzugehen ist. Vielmehr bleibt die von der klagenden Partei vertraglich übernommene Verpflichtung zur Tragung dieser Kosten grundsätzlich aufrecht.

Die vertragliche Vereinbarung vom 25. 5. 1994 bietet keinen Anhaltspunkt für einen übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien, dass die Kosten der Adaptierung des Bahnhofs Parndorf nur zur Gänze oder auch nur teilweise von der beklagten Partei zu tragen wären. Es kann auch nicht davon die Rede sein, dass die Tragung dieser Kosten je zur Hälfte von den Parteien redlicherweise vereinbart wurde, weil andererseits die beklagte Partei auf die Verrechnung der nun zu befahrenden Mehrkilometer verzichtet hat.

Daran ändert auch der Vorbehalt der klagenden Partei anlässlich der Unterfertigung dieser Vereinbarung vom 25. 5. 1994 nichts.

Die Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen bieten nämlich keine Grundlage für ein Verschulden der beklagten Partei. Die klagende Partei war von den zu erwartenden Schwierigkeiten durch Bürgerproteste informiert; ihre Vertreter waren auch, wenn auch erfolglos, selbst vor Ort, um das Projekt darzustellen und zu beschwichtigen. Der beklagten Partei standen keine Möglichkeiten zur Verfügung, für eine störungsfreie Durchführung der Fahrten vom Bahnhof Parndorf aus Sorge zu tragen. Die Tatsachenfeststellungen bieten auch keinen Anhaltspunkt für die von der klagenden Partei in der Revision vertretene Rechtsansicht, die beklagte Partei habe "bei Herstellung des Werks" nicht alle erforderliche gewöhnliche Sorgfalt beobachtet. Dass in Parndorf im besonderen Maß mit Protestaktionen gerechnet hätte werden müssen und dieser Bahnhof von vornherein überhaupt nicht in die Planung der Fahrten hätte einbezogen werden dürfen, kann nicht gesagt werden.

Aus der vertraglichen Abänderung durch Verlegung des Be- und Entladebahnhofs (von Parndorf nach Lossdorf und Pöchlarn) ist der beklagten Partei keineswegs ein Vorteil entstanden, der nun auszugleichen wäre. Einvernehmlich wurde nämlich als Voraussetzung für diese Verlegung des Be- und Entladebahnhofs festgelegt, dass keine Preisänderung erfolgt, d.h. die Kilometrierung gleich wie bei Abwicklung der Transporte über den Bahnhof Parndorf vorgenommen wird. Andererseits hat sich die klagende Partei ausdrücklich die "Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aus Anlass der Verlegung der Autoverladung" vorbehalten; ein genereller Vorbehalt der klagenden Partei betreffend Ansprüche aus einem anderen Rechtsgrund als demjenigen des Schadenersatzes liegt nicht vor.

Ein Anspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung scheidet im Übrigen schon deshalb aus, weil die Umbauarbeiten für die beklagte Partei nutzlos sind.

Auch was die durch die Änderung des Be- und Entladebahnhofs bewirkten zusätzlichen Aufwendungen der klagenden Partei betrifft, bieten die vertraglichen Vereinbarungen keine Grundlage für einen Ersatzanspruch gegenüber der beklagten Partei; aus den dargelegten Gründen ist auch ein Anspruch aus dem Titel des Schadenersatzes zu verneinen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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