OGH 2Ob123/01d

OGH2Ob123/01d16.5.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Markus R*****, und 2.) Gregor R*****, beide vertreten durch Dr. Werner Masser und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Verlassenschaft nach der am 23. September 1997 verstorbenen Elisabeth Leopoldine K*****, vertreten durch Dr. Heinrich Kellner, Rechtsanwalt in Wien, wegen je S 212.500,--, über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 12. Februar 2001, GZ 17 R 265/00s-19, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 27. September 2000, GZ 13 Cg 55/99z-15, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit S 20.988,-- (darin S 3.498,-- USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die am 23. 9. 1997 verstorbene Elisabeth K***** und ihr Ehegatte Eduard K***** schenkten unwiderruflich mit Notariatsakt vom 1. 8. 1975 ihren beiden Kindern Christine R***** (am 9. 7. 1982 verstorbene Mutter der Kläger) und Gerhard K***** die ihnen je zur Hälfte gehörende Liegenschaft EZ ***** KG ***** sowie ihr gesamtes gegenwärtiges und zukünftiges Vermögen auf den Todesfall, erklärten jedoch ausdrücklich, kein Belastungs- und Veräußerungsverbot vereinbart zu haben. Mit Vertrag vom 25. 7. 1995 verkauften Elisabeth und Eduard K***** die genannte Liegenschaft um S 1,7 Mio an Peter und Renate O*****. Den Klägern wurde der Nachlass ihrer Mutter je zur Hälfte eingeantwortet.

Die Kläger begehrten jeweils S 212.000,-- sA als Schadenersatz für den ihrer Mutter aus der Schenkung zustehenden Viertelanteil an der 1995 verkauften Liegenschaft. Der auf sie übergegangene Anspruch ihrer Mutter sei durch den Liegenschaftsverkauf vereitelt worden. Ihre Mutter habe diesem Verkauf nie zugestimmt. Im Übrigen bedürfe eine solche Vereinbarung als contrarius actus der Notariatsaktform.

Die beklagte Verlassenschaft wendete ein, die Vertragspartner der Schenkung auf den Todesfall hätten nachträglich vereinbart, dass die Eltern die Liegenschaft verkaufen dürften, um den Erlös zur Lebenshaltung zu verwenden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es ging dabei von folgendem (weiteren) Sachverhalt aus:

Noch zu Lebzeiten der Christine R***** vereinbarten diese sowie ihr Bruder Gerhard K***** mit ihren Eltern Eduard und Elisabeth K*****, dass Letztere das Grundstück EZ ***** Grundbuch ***** verkaufen könnten, wenn sie Geld benötigen würden. Im Jahr 1995 setzten sich Eduard und Elisabeth K***** mit ihrem Sohn Gerhard in Verbindung und teilten ihm mit, dass sie nunmehr die Liegenschaft verkaufen wollten, womit Gerhard K***** einverstanden war. Mit den Klägern setzten sich Eduard und Elisabeth K***** nicht in Verbindung. Der Kaufpreis aus dem Liegenschaftsverkauf wurde von Elisabeth K***** verbraucht.

Rechtlich bejahte das Erstgericht grundsätzlich einen Schadenersatzanspruch des auf den Todesfall Beschenkten, wenn der Geschenkgeber die Erfüllung der Schenkung auf den Todesfall durch Veräußerung der Liegenschaft schuldhaft vereitle. Das festgestellte (grundsätzliche) Einverständnis mit dem Liegenschaftsverkauf schließe jedoch ein schuldhaftes Vereiteln der Erfüllung der Schenkung aus, auch wenn lediglich Gerhard K***** vom tatsächlich aktualisierten Verkauf im Jahr 1995 verständigt worden sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kläger nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen und führte zur Rechtsrüge Folgendes aus:

Grundsätzlich bedürfe der Verzicht nach § 1444 ABGB nicht jener Form, in der die Schuld begründet worden sei. Ob nachträgliche Änderungen der Vereinbarung in der gesetzlich vorgesehenen Form erfolgen müssen, richte sich nach dem Schutzzweck der Formvorschrift. Die Einschränkung eines Schenkungsversprechens oder einer Bürgschaftsverpflichtung bedürfe nicht der Schriftform. Nur bei Ehepakten bedürfe jede Änderung der Notariatsaktform. Die Notariatsaktpflicht der Schenkung auf den Todesfall soll in erster Linie den Geschenkgeber vor Übereilung schützen. Daher sei die hier in Rede stehende grundsätzliche Zustimmung zur Veräußerung als Einschränkung der Schenkung formfrei und damit gültig. Von einer Vereitelung der Schenkung als Voraussetzung für den geltend gemachten Schadenersatzanspruch könne daher nicht gesprochen werden.

Die ordentliche Revision sei gemäß § 502 Abs 1 ZPO zuzulassen gewesen, weil eine Rechtsprechung zum Schutzzweck der Notariatsaktform für die Schenkung auf den Todesfall sowie zum hier zu beurteilenden Verzicht (Vertragsänderung) fehle.

Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich die Revision der Kläger wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagsstattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Verlassenschaft beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Der erkennende Senat hält das Urteil des Berufungsgerichtes und dessen Begründung für zutreffend, weshalb es gemäß § 510 Abs 3 Satz 2 ZPO ausreicht, auf deren Richtigkeit hinzuweisen. Den Revisionsausführungen ist kurz noch Folgendes entgegenzuhalten:

Die Schenkung auf den Todesfall gemäß § 956 ABGB unterliegt ebenso wie die Schenkung unter Lebenden ohne wirkliche Übergabe im Sinne des § 943 ABGB der Notariatsaktpflicht gemäß § 1 Abs 1 lit d NotZwG. Ob die nachträgliche Änderung einer solchen Vereinbarung in der gesetzlich vorgeschriebenen Form geschehen muss, kann nur durch die Ermittlung des Zweckes der Formvorschrift geklärt werden (Koziol in Koziol/Welser I11 169). Das Formgebot des § 1 Abs 1 lit d NotZwG bezweckt die Verhinderung unüberlegter und übereilter Schenkungen (Binder in Schwimann2 § 943 ABGB Rz 1 mwN; Welser in Koziol/Welser II11 169). Dementsprechend bedarf die Erhöhung eines ohne wirkliche Übergabe geschenkten Betrages der Form, nicht aber seine Herabsetzung (Koziol aaO; vgl JBl 1960, 492 mwN; SZ 57/118; vgl zur Einschränkung einer Bürgschaftsverpflichtung NZ 1988, 105). Nichts anderes gilt für die zwischen den Parteien eines Schenkungsvertrages nach Vertragsabschluss aber vor dem Todesfall des Geschenkgebers getroffene Vereinbarung, eine bestimmte Sache von der Schenkung auf den Todesfall wieder auszunehmen. Somit bedurfte auch die vorliegende Vereinbarung, die Geschenkgeber könnten eine auf den Todesfall geschenkte Liegenschaft doch verkaufen, nicht der Form eines Notariatsaktes.

Entgegen der Ansicht der Rechtsmittelwerber ist eine Ungleichbehandlung der beiden Sachverhalte (Schenkung und Änderung der Schenkung) sehr wohl gerechtfertigt, weil der unentgeltlich Bedachte nicht in gleicher Weise schutzwürdig ist wie der unentgeltlich Zuwendende. Es widerspricht dem Wesen der Schenkung auf den Todesfall, welche ihre Wirkung grundsätzlich erst mit dem Tod des Erblassers entfaltet, bei vorheriger einvernehmlicher Einschränkung des Schenkungsumfanges die Beschenkten als Geschenkgeber anzusehen.

Es trifft zwar zu, dass eine ausdrückliche Feststellung, die Geschenkgeber hätten als Voraussetzung für den ausbedungenen Liegenschaftsverkauf tatsächlich "Geld benötigt", nicht getroffen wurde; aus dem Zusammenhalt der Feststellungen, es sei nachträglich vereinbart worden, die Geschenkgeber könnten die betreffende Liegenschaft verkaufen, wenn sie Geld benötigen würden, 1995 hätten die Geschenkgeber ihrem Sohn mitgeteilt, sie wollten die Liegenschaft nunmehr verkaufen, der Kaufpreis aus dem Liegenschaftsverkauf sei von der (1997 verstorbenen) Erblasserin verbraucht worden, ergibt sich aber hinreichend deutlich, dass bei den Geschenkgebern ein Geldbedarf entstanden ist, sodass auch insoweit kein Zweifel an ihrem Recht, die Liegenschaft zu verkaufen, besteht.

Um einen Ehepakt (vgl hiezu RIS-Justiz RS0017245) handelt es sich hier nicht. Auch der Fall eines Widerrufs der Schenkung liegt nicht vor. Selbst unter dem Aspekt des Verzichtes gelangt man zu keinem für die Kläger günstigeren Ergebnis, weil unentgeltlicher Schulderlass keines Notariatsaktes bedarf (RIS-Justiz RS0017154).

Der Revision war somit ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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