Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf zehn Jahre herabgesetzt.
Der Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil, das auch einen rechtskräftigen Schuldspruch des Mitangeklagten Karl W***** enthält, wurde Antonie M***** des Verbrechens des Mordes als Beteiligte nach §§ 12 dritter Fall, 75 StGB schuldig erkannt.
Danach hat sie am 19. April 2000 in Wien zur Ausführung des von Karl W***** am selben Tag an Felice Romano K***** begangenen Mordes durch Bestärken des Tatentschlusses psychisch beigetragen, indem sie zu Karl W***** sagte, er habe recht, er solle ihn - gemeint Felice Romano K***** - erledigen, sowie weiters durch den Rat, ein anderes Messer als das von ihm ursprünglich genommene Küchenmesser zu benützen.
Die Geschworenen hatten die Hauptfrage B (fortlaufende Zahl 2) nach Beitragstäterschaft zum Verbrechen des Mordes mit teilweise unzulässigen (vgl Mayerhofer StPO4 § 330 E 6), aber nicht gerügten Modifikationen (§ 330 Abs 2 StPO) bejaht. Folgerichtig unterblieb die Beantwortung der Eventualfragen nach Tatbeitrag zum Totschlag (fortlaufende Zahl 4), nach absichtlicher schwerer Körperverletzung mit tödlichem Ausgang (fortlaufende Zahl 6) sowie nach Unterlassung der Verhinderung einer mit Strafe bedrohten Handlung (fortlaufende Zahl 7).
Den Schuldspruch bekämpft Antonie M***** mit einer (formell) auf Z 6 und 13 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; sie ist nicht im Recht.
Rechtliche Beurteilung
Die Fragestellungsrüge (Z 6), welche zunächst (im Ergebnis) die Nichtaufnahme einer die Schuldunfähigkeit (§ 11 StGB) der Angeklagten betreffende Zusatzfrage (§ 313 StPO) sowie einer auf Tatbegehung im Zustand (selbstverschuldeter) voller Berauschung (§ 287 Abs 1 StGB) gerichteten Eventualfrage (§ 314 Abs 1 StPO) moniert, ist unberechtigt.
Die Stellung solcher Fragen setzt voraus, dass in der Hauptverhandlung Tatsachen vorgebracht werden, die - wenn sie als erwiesen angenommen werden - die Strafbarkeit ausschließen oder aufheben würden bzw nach denen die angelastete Tat unter ein anderes (nicht strengeres) Strafgesetz fiele (Mayerhofer StPO4 § 313 E 13 ff; § 314 E 16a ff).
Abgesehen davon, dass nicht einmal Karl W***** (wie die Beschwerde einräumt) eine schwere Alkoholisierung der Angeklagten bestätigen konnte (S 481 III), hat sich diese selbst nicht mit Volltrunkenheit verantwortet, sondern deponiert, dass der (kontrollierte) Alkoholkonsum keine maßgebliche Bewusstseinsbeein- trächtigung bewirkt hat (S 539 III). Zudem sprechen das im Wesentlichen ungetrübte Erinnerungsvermögen der Beschwereführerin an die Ereignisse des Tattages und ihr situationsangepasstes Verhalten, als sie Karl W***** nach der von ihm verübten Tat bei der Säuberung ihres Lokales behilflich war (S 515 III), gegen eine die Diskretions- oder Dispositionsfähigkeit ausschließende volle Berauschung. Da auch das (in der Hauptverhandlung verlesene und ergänzte - S 6 f III) Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Dr. Heinz P***** keine Hinweise auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 11 StGB ergeben hat (ON 74), war die reklamierte Fragestellung nach den Ergebnissen der Hauptverhandlung keineswegs indiziert.
Bei dem (erstmals im Rechtsmittel erhobenen) Verlangen (formell Z 6, inhaltlich Z 10a des § 345 Abs 1 StPO), der Schwurgerichtshof hätte zur Abklärung der alkoholbedingten Beeinträchtigung von Amts wegen ein Gutachten eines gerichtsmedizinischen Sachverständigen einholen müssen, verkennt die Nichtigkeitswerberin, dass auf Grund der genannten Verfahrensergebnisse keine Anhaltspunkte für eine volle Berauschung vorlagen und folglich überhaupt keine Veranlassung für die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen bestand, weshalb ein Nichtigkeit nach Z 10a des § 345 Abs 1 StPO bewirkender Mangel in der Sachverhaltsermittlung nicht vorliegt (Mayerhofer StPO4 § 345 Z 10a E 3).
Im Übrigen hat die Angeklagte in der Hauptverhandlung keinen Beweisantrag gestellt.
Der weiteren Beschwerde zuwider unterblieb eine gesonderte Frage nach der "Kausalität des psychischen Beitrages" zu Recht. Zusatzfragen nach einem Umstand, der die Strafbarkeit ausschließen würde, sind nur dann zu stellen, wenn dieser nicht als Tatbestandsmerkmal ohnehin Gegenstand der Haupt- (oder Eventual-)Frage ist (Mayerhofer StPO4 § 313 E 1a; EvBl 1972/18; 9 Os 191/80; 13 Os 31/87). Beitragstäterschaft im Sinne des § 12 dritter Fall StGB erfordert, dass der betreffende Täter eine für den Tatablauf kausale Handlung setzt. Der ursächliche Zusammenhang, der zwischen der Beitragshandlung und der Verwirklichung der Tat, so wie sie sich abgespielt hat, bestehen muss (Erfordernis einer kausalen Beziehung zwischen Beitrag und Tat in ihrer individuellen Erscheinungsform - Leukauf/Steininger Komm3 RN 47; Fabrizy in WK2 Rz 82ff jeweils zu § 12 StGB), bildet ein (ungeschriebenes) objektives Tatbestandsmerkmal der Beitragstäterschaft, dessen Vorliegen die (auch insoweit richtig belehrten - vgl S 10ff der Rechtsbelehrung) Geschworenen bereits bei Beantwortung der die intellektuellen Beitragshandlungen bezeichnenden Hauptfrage zu prüfen hatten. Da die Bejahung der auf psychische Beihilfe zum Mord lautenden Hauptfrage die Annahme der tatbstandsessentiellen Kausalität der Beitragshandlung einschließt, bestand kein Anlass, die Laienrichter zu einer abermaligen Stellungnahme zu einem von ihnen bereits gewürdigten Umstand zu verhalten.
Soweit die Beschwerdeführerin mit Hinweis auf selektiv zitierte Aussagepassagen des Angeklagten Karl W***** vor der Sicherheitsbehörde (S 531 I) und vor dem Untersuchungsrichter (S 9 verso II), wonach er sich autonom zum Mord entschlossen habe, die Kausalität ihre psychischen Beihilfe bestreitet, bekämpft sie bloß die Beweiswürdigung der Geschworenen nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung. Schließlich wird mit der in der Sanktionsrüge (Z 13) erhobenen Forderung, das Geschworenengericht hätte unter Berücksichtigung zusätzlicher Milderungsgründe die außerordentliche Strafmilderung (§ 41 StGB) anwenden müssen, kein unvertretbarer rechtlicher Verstoß gegen Bestimmungen über die Strafbemessung (Z 11 dritter Fall) aufgezeigt, sondern lediglich ein Berufungsvorbringen erstattet (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 11 E 17a; 15 Os 136/99).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zur Gänze zu verwerfen. Das Geschworenengericht verhängte über Antonie M***** nach § 75 StGB eine Freiheitsstrafe von dreizehn Jahren.
Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend keinen Umstand, als mildernd die andauernden Provokationen des Opfers gegen den mit ihr in Liebe verbundenen Karl W*****.
Gegen diesen Strafausspruch richtet sich die Berufung der Angeklagten, mit welcher sie unter Anwendung des § 41 StGB eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe unter das gesetzliche Mindestmaß anstrebt. Ihr kommt teilweise Berechtigung zu.
Im Hinblick auf die, wenn auch nicht einschlägige Vorstrafe wurde der besondere Milderungsgrund nach § 34 Z 2 StGB zu Recht nicht angenommen. Ebenso liegt eine Unbescholtenheit nicht vor. Tatsächlich ist der Berufungswerberin aber ihre untergeordnete Beteiligung als mildernd anzurechnen.
Den so ergänzten Milderungsgründen stehen keine Erschwerungsumstände gegenüber. Bei Gesamtbetrachtung aller für die Strafbemessung maßgebenden Tatsachen überwiegen die Milderungsgründe nicht beträchtlich die Erschwerungsumstände, sodass § 41 Abs 1 Z 1 StGB nicht anzuwenden ist. Im Hinblick auf die im Wahrspruch festgestellte untergeordnete Beteiligung und den bisherigen (gewaltfreien) Lebenswandel der Angeklagten entspricht eine Freiheitsstrafe von 10 Jahren dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat, weshalb der Berufung in diesem Umfang Folge zu geben war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a StPO.
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