OGH 9ObA288/00v

OGH9ObA288/00v25.4.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hopf als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Roswitha W*****, Angestellte, ***** vertreten durch Dr. Hildegard Hartung, Rechtsanwältin in Wien, gegen die Vereinigten Staaten von Amerika, wegen S 1,373.426 brutto sA und Feststellung (Streitwert S 100.000), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. September 2000, GZ 9 Ra 76/00p-33, womit dem Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 18. Februar 2000, GZ 19 Cga 257/98x-30, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Rekursgericht zur amtswegigen Berichtigung des Beschlusses vom 15. September 2000 durch Beisetzen des Ausspruches, ob der Rekurs nach § 46 Abs 1 ASGG zulässig ist, zurückgestellt.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrt von der beklagten Partei S 1,373.426 brutto sA an Gehalt und anteiligen Sonderzahlungen für den Zeitraum September 1996 bis November 1998 und die Feststellung, dass die beklagte Partei für alle Schäden aus der Nichtzahlung bzw nicht rechtzeitigen Zahlung hafte. Die Klägerin stehe seit 1. 11. 1981 in einem aufrechten Dienstverhältnis zur Botschaft der beklagten Partei in Wien.

Das Erstgericht wies mit Beschluss den Antrag der Klägerin vom 20. 10. 1999 auf Fällung eines Versäumungsurteils gegen die beklagte Partei mit der Begründung ab, dass es an einem ausreichenden Zustellnachweis hinsichtlich der Klage und der Ladung an die beklagte Partei zur Tagsatzung vom 20. 10. 1999 mangle.

Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs der klagenden Partei nicht Folge. Es unterließ einen Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses mit der Begründung, dass nach dem Klagevorbringen der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zwischen den Streitteilen strittig sei (§ 46 Abs 3 Z 1 ASGG).

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Klägerin wegen Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass dem Antrag auf Erlassung eines Versäumungsurteils stattgegeben werde; hilfsweise wird eine Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 45 Abs 1 und 2 ASGG hat das Rekursgericht in seinem Beschluss auszusprechen, ob der Rekurs nach § 46 Abs 1 ASGG zulässig ist. Nach § 47 Abs 1 ASGG sind die Rekursbeschränkungen des § 528 Abs 1, Abs 2 Z 1, 1a und 2 und Abs 2a ZPO nicht anzuwenden; an deren Stelle gelten die Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG sinngemäß. Nach § 47 Abs 2 ASGG ist in Verfahren nach § 46 Abs 3 ASGG ein Rekurs an den Obersten Gerichtshof auch bei Fehlen der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zulässig. Einen derartigen privilegierten Fall nahm das Rekursgericht durch den Hinweis auf § 46 Abs 3 Z 1 ASGG an. Nach dieser Bestimmung ist iVm § 47 Abs 2 ASGG der Rekurs in Verfahren über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch bei Fehlen der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zulässig, wenn der Streitgegenstand über den das Rekursgericht entschieden hat, insgesamt S 52.000,-- übersteigt oder wenn der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses strittig ist.

Verfahren "über die Beendigung" von Arbeitsverhältnissen im Sinne des § 46 Abs 3 Z 1 ASGG sind solche, in denen es um die Berechtigung oder um die Art der Beendigung geht, wobei es allerdings nicht erforderlich ist, dass diese Frage als Hauptfrage zu klären ist. Es muss sich aber um eine Rechtsstreitigkeit handeln, in der die Frage der (auch der Art der) Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Bestand des daran geknüpften Leistungsanspruches eine Rolle spielt (RIS-Justiz RS0085924). Unter Streitigkeiten über den "Fortbestand" eines Arbeitsverhältnisses sind Verfahren zu verstehen, in denen es - beispielsweise im Zusammenhang mit einem besonderen arbeitsvertraglichen oder kollektivvertraglichen Kündigungs- oder Entlassungsschutz - um das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses geht. In solchen Streitigkeiten soll die Vollrevision (bzw der Vollrevisionsrekurs) offenstehen. Unter diesen Zulässigkeitstatbestand fallen aber nicht betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeiten iSd § 50 Abs 2 ASGG; diese unterliegen dem § 46 Abs 3 Z 2 ASGG. Es muss sich um Streitigkeiten handeln, in denen der Fortbestand oder Nichtfortbestand eines Arbeitsverhältnisses die zu lösende Haupt- oder wenigstens Vorfrage ist (Kuderna, ASGG2 282 f).

Ob oder wie das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien beendet wurde bzw ob es fortbesteht, steht aber nach den hier maßgeblichen Klageangaben gar nicht in Frage, worauf auch die Revisionsrekurswerberin selbst zutreffend hinweist. Nach der Klageerzählung geht die Klägerin davon aus, dass sie seit 1. 11. 1981 in einem aufrechten Dienstverhältnis zur beklagten Partei stehe. Strittig sind nach der Klage offene Gehaltsansprüche der Klägerin für einen bestimmten Zeitraum und die Feststellung einer Haftung der beklagten Partei für die Folgen des Verzugs mit den Gehaltszahlungen. Ein Fall des § 46 Abs 3 Z 1 ASGG liegt daher entgegen der Annahme des Rekursgerichtes nicht vor. Der Revisionsrekurs der Klägerin kann daher nur unter den Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zulässig sein. Demgemäß hätte aber das Rekursgericht iSd § 45 Abs 1 ASGG einen Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses in seine Entscheidung aufzunehmen gehabt. Die Unterlassung dieses Ausspruches stellt eine offenbare Unrichtigkeit dar, die nach den §§ 419, 430 ZPO berichtigt werden kann und muss (SSV-NF 2/1; RIS-Justiz RS0085678).

Sollte das Rekursgericht aussprechen, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, wäre der bereits erstattete Revisionsrekurs der Rechtsmittelwerberin nach § 84 ZPO zur Verbesserung durch Anführung der in § 506 Abs 1 Z 5 iVm § 528 Abs 3 ZPO bei einem außerordentlichen Revisionsrekurs vorgeschriebenen gesonderten Gründe zurückzustellen. Die Revisionsrekurswerberin hat sich zwar bereits in ihrem Rechtsmittel - ungeachtet der unrichtigen Annahme des Rekursgerichtes, dass ein privilegierter Fall des § 46 Abs 3 Z 1 ASGG vorliege - darauf berufen, dass eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 46 Abs 1 ASGG zu lösen sei, hat diese Behauptung bisher allerdings nicht näher im Rahmen einer Zulassungsbeschwerde ausgeführt. Sollte daher das Rekursgericht die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses verneinen, muss der Rechtsmittelwerberin Gelegenheit zur Verbesserung ihres Rechtsmittels im obigen Sinne gegeben werden.

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