OGH 15Os34/01

OGH15Os34/015.4.2001

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. April 2001 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Philipp und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Hartmann als Schriftführer, in der Strafsache gegen H***** D***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 und Abs 3 erster Fall SMG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten S***** W***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 6. September 2000, GZ 16 Vr 1128/99-163, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im Übrigen unberührt bleibt, im die Angeklagte S***** W*****r treffenden Schuldspruch laut C I. und II. 2. des Urteilsatzes, soweit der darin festgestellte Sachverhalt als gewerbsmäßig begangen nach § 28 Abs 3 erster Fall SMG qualifiziert wird, demnach auch im diese Angeklagte treffenden Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Mit ihrer Berufung wird die Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390a StPO fallen der Angeklagten W***** auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, welches neben in Rechtskraft erwachsenen Schuldsprüchen von acht weiteren Mitangeklagten auch andere Entscheidungen enthält, wurde S***** W***** - im zweiten Rechtsgang abermals - (richtig: vgl US 33 unten zu B I. sowie C I. und II. 2. nur) des Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter, dritter und vierter Fall, Abs 3 erster Fall SMG iVm § 12 dritterFall StGB schuldig erkannt.

Danach hat sie den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG), nämlich Kokain mit einem durchschnittlichen 60 %igen Reinsubstanzgehalt und Ecstasy-Tabletten mit einem MDMA-Gehalt von durchschnittlich 0,819 (nach der Anklageschrift S 431/II und dem erstgerichtlichen Urteil im ersten Rechtsgang S 219/III allerdings 0,0819) Gramm pro Stück, in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung gleichartiger Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar

(zu B I.) an einem nicht feststellbaren Tag Ende Jänner 1999 an einem nicht feststellbaren Ort gemeinsam mit S***** D***** [teils] als unmittelbare Täterin [teils als Beitragstäterin (unter anderem durch Erbringung von Transportleistungen und Versteckthalten)] mindestens 10 Gramm Kokain und 1.000 Stück Ecstasy-Tabletten dadurch, dass sie diese Suchtgifte, im PKW versteckt, von A***** nach S***** brachten, von Holland aus- und nach Österreich eingeführt;

(zu C I. und II. 2.) in einem nicht mehr feststellbaren Zeitraum ab Jänner 1999 zum In-Verkehr-Setzen der zu B I. bis III. des Urteilssatzes angeführten Suchtgifte (210 Gramm Kokain und 4.000 Stück Ecstasy-Tabletten) durch den unmittelbaren Täter S***** D***** durch Transportleistungen im Zuge des Verkaufs und durch Zur-Verfügung-Stellen ihrer Wohnung für Verkaufsgespräche beigetragen.

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen verfiel S***** D***** auf den Gedanken, zum Zwecke der Finanzierung seines Suchtmittelkonsums Suchmittel gewinnbringend weiterzuverkaufen. Nach mehrmonatiger Arbeitslosigkeit lernte er im November 1998 die unbescholtene, dem Suchtgift nicht ergebene und als Vertragsbedienstete im Monat ca 12.000 S verdienende S***** W***** kennen. Nach kurzer Zeit gingen sie eine Lebensgemeinschaft ein, wobei sie ab Anfang Dezember 1998 eine von W***** angemietete Wohnung in S***** gemeinsam benutzten. Die Mietkosten von monatlich 2.400 S bezahlte W*****. Zur Bestreitung des gemeinsamen Lebensunterhalts, insbesondere zur Finanzierung von Lebensmitteleinkäufen und Bezahlung von Telefonrechnungen übergab D***** der Lebensgefährtin 5.000 S. Zudem zahlten sie gemeinsam monatliche Raten von 1.500 S für einen aufgenommenen Kredit zur Anschaffung einer Wohnungseinrichtung und eines PKW's zurück. W***** wusste um den Suchtmittelkonsum ihres Lebensgefährten und seine dadurch bedingten finanziellen Nöte.

Aus diesem Grund erklärte sie sich Anfang Jänner 1999 mit dem Vorschlag ihres Lebensgefährten einverstanden, mit ihm nach A***** zu fahren, um dort günstig Suchtmittel zum Zweck des gewinnbringenden Weiterverkaufs in Österreich zu erwerben. Nachdem dieser in A***** 1.000 Stück Ecstasy-Tabletten und 10 Gramm Kokain erworben hatte, brachten sie dieses Suchtgift, im von W***** gelenkten PKW versteckt, gemeinsam von Holland nach S***** (B I.). Sie handelten dabei in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Einfuhr von Suchtmitteln in einer großen Menge eine fortlaufende Einnahmequelle in Form des gewinnbringenden Weiterverkaufs in Österreich zu verschaffen.

In der Folge wurden diese geschmuggelten Suchtmittel von D***** in S***** und K***** verkauft. Dazu trug die Angeklagte insoferne bei, als sie diese zunächst aus einem Versteck holte und ihren Lebensgefährten damit im PKW zu den jeweils vereinbarten Übergabeorten brachte (C I.). Die Erlöse daraus verwendete D***** zur Rückzahlung eines geliehenen Betrages von 15.000 S an W*****, ferner zur Bestreitung des gemeinsamen Lebensunterhaltes und zu weiteren Suchtmittelankäufen (US 18 bis 21).

Nachdem sich die Angeklagte geweigert hatte, D***** neuerlich zum Zweck des Suchtmittelankaufs nach A***** zu fahren, unternahm dieser im März und Mai 1999 gemeinsam mit anderen Mitangeklagten zwei weitere Fahrten nach Holland. Dort erwarben sie insgesamt 200 Gramm Kokain und 3.000 Stück Ecstasy-Tabletten und führten sie nach Österreich ein (B II. und III.). Anschließend trug S***** W***** zum In-Verkehr-Setzen einer nicht mehr feststellbaren, jedenfalls aber großen Menge der vorgenannten Suchtgifte durch Transportleistungen im Zuge des Verkaufs und durch Zur-Verfügung-Stellen ihrer Wohnung für Verkaufsgespräche bei (C II. 2.). Nach den weiteren erstgerichtlichen Konstatierungen setzte sie ihr Verhalten in der Absicht, dazu beizutragen, dass die wiederkehrende Begehung der Weitergabe von Suchtmitteln in einer großen Menge eine fortlaufende Einnahmequelle des S***** D***** bestehen bleibt (US 21, 23 f).

Im Rahmen der Beweiswürdigung resümiert das Tatgericht, es bestehe überhaupt kein Zweifel daran, dass W***** nicht bloß über sämtliche Suchtgifteinfuhren, sondern auch um die gewerbsmäßige Weitergabe desselben im Inland informiert war und durch ihre zuvor beschriebenen Handlungen auch aktiv daran mitgewirkt und ihren Nutzen daraus gezogen habe (US 32).

Nur gegen die Annahme der Gewerbsmäßigkeit richtet sich die von der Angeklagten W***** aus Z 5, 5a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde, der teilweise Berechtigung zukommt.

Rechtliche Beurteilung

Soweit in der Subsumtionsrüge (Z 10) behauptet wird, das Urteil enthalte keine Feststellung, wonach die Angeklagte W***** in der Absicht gehandelt habe, dass sie "personenbezogen für sich selbst eine wiederkehrende und fortlaufende Einnahme erschließen wollte", übergeht sie prozessordnungswidrig die eindeutigen Konstatierungen (US 20 unten). Danach handelten die Angeklagten (gemeint: D***** und W*****) in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Einfuhr von Suchtmitteln in einer großen Menge eine fortlaufende Einnahmequelle in Form des gewinnbringenden Weiterverkaufs in Österreich zu verschaffen (B I.). Insoweit wird daher der geltend gemachte materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht, weil die Beschwerde nicht am Urteilssachverhalt festhält.

Da auch die Ausführungen unter Z 5 und Z 5a des § 281 Abs 1 StPO weder formelle Begründungsmängel prozessordnungsgemäß aufzeigen, noch auf Aktengrundlage erhebliche Bedenken gegen die festgestellte gewerbsmäßige Suchtgifteinfuhr wecken, war die gegen den Schuldspruch B I. erhobene Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285d Abs 1 Z 1 und 2 iVm § 285a Z 2 StPO teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt, teils als offenbar unbegründet bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Im Kern zutreffend releviert die Beschwerdeführerin aber in der Mängel- (Z 5), Tatsachen- (Z 5a) und Rechtsrüge (Z 10) - der Sache nach ausschließlich Z 10 -, die ansonsten weitgehend nur unzulässig die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung kritisieren, weshalb sie in diesem Umfang ebenfalls teils als nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt, teils als offenbar unbegründet zurückzuweisen waren, die erstgerichtliche Tatsachengrundlage könne die Gewerbsmäßigkeit in Bezug auf ihre Beitragstäterschaft zum In-Verkehr-Setzen (C I. und II. 2.) nicht tragen. Danach habe W***** ihr Verhalten in der Absicht gesetzt, dazu beizutragen, dass die wiederkehrende Begehung von Weitergabe von Suchtmitteln in einer großen Menge eine fortlaufende Einnahmequelle des S***** D***** bestehen bleibt (US 24).

Der Oberste Gerichtshof hat bereits in seiner Entscheidung vom 4. Juli 2000, GZ 15 Os 58/00-13, mit der das im ersten Rechtsgang gefällte Urteil (ON 102) unter anderem wegen amtswegig wahrgenommener Fesstellungsfehler zur subjektiven Tatseite kassiert wurde, zu den essentiellen Voraussetzungen für die Annahme der Gewerbsmäßigkeit ausführlich Stellung genommen. Die dem Erstgericht vom Obersten Gerichtshof dazu überbundene klare Rechtsansicht wurde jedoch in dem im zweiten Rechtsgang ergangenen Urteil nur unzureichend berücksichtigt, weshalb - wegen der im Nichtigkeitsverfahren geltenden strikten Bindung an die Urteilsfeststellungen erster Instanz - abermals (insoweit) mit Urteilsaufhebung und Zurückverweisung an das Erstgericht vorgegangen werden muss.

Gewerbsmäßig nach § 70 StGB handelt (nur), wer eine strafbare Handlung in der Absicht (§ 5 Abs 2 StGB) begeht, sich durch ihre wiederkehrende Begehung (bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise unmittelbar oder mittelbar) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, sofern diese als Gesamtheit den Bagatellbereich übersteigt und solcherart noch der Bedeutung des Wortes "Einkommen" gerecht wird (Jerabek im WK § 70 Rz 12). Die Bereicherung eines Dritten genügt nicht. Strebt also der Täter eine direkte Einnahme für einen Dritten an, und zwar gleichgültig, ob es sich um einen Beteiligten (§ 12 StGB) oder um einen strafrechtlich Unbeteiligten handelt, ist Gewerbsmäßigkeit ausgeschlossen (Jerabek aaO Rz 7 und 14). Gewerbsmäßigkeit belastet nur denjenigen, in dessen Person dieses Merkmal vorliegt. Bei Beteiligung mehrerer (§ 12 StGB) ist für jeden einzelnen gesondert zu prüfen, ob er die Tat in gewerbsmäßiger Absicht vorgenommen hat. Ein ohne diese Tendenz handelnder Beteiligter (hier: § 12 dritter Fall StGB) haftet demzufolge nicht wegen Gewerbsmäßigkeit, auch wenn er um das gewerbsmäßige Handeln des unmittelbaren Täters gewusst hat (SSt 48/96 = EvBl 1978/201).

Auf den hier aktuellen Fall bezogen, müssten daher im dritten Rechtsgang für die Tragfähigkeit der bekämpften Qualifikation nach § 28 Abs 3 erster Fall SMG formell mängelfrei begründetete Feststellungen (vgl § 281 Abs 1 Z 5 StPO) dahin getroffen werden, dass die Angeklagte W***** die ihr angelasteten Beitragshandlungen zum In-Verkehr-Setzen des geschmuggelten Suchtgifts durch D***** in der Absicht (§ 5 Abs 2 StGB, also nicht bloß vorsätzlich iSd § 5 Abs 1 StGB) wiederholt hat, sich daraus eine fortlaufende (Neben-) Einnahme erschließen zu wollen, wenngleich in der Art, sich regelmäßig die Bezahlung erbrachter Leistungen zu ersparen und so wirtschaftliche Vorteile zu erreichen (vgl Jerabek aaO Rz 10 und 14 mit Judikaturhinweisen).

Die oben wiedergegebenen Urteilsannahmen (US 24 zweiter Absatz) reichen auch in Verbindung mit jenen auf US 32 vierter Absatz, wonach die Beschwerdeführerin nicht nur über sämtliche Suchtgifteinfuhren, sondern auch über die gewerbsmäßige Weitergabe des Suchtgifts informiert war, daran aktiv mitgewirkt und ihren Nutzen daraus gezogen hat, nicht aus. Dies gilt ebenso für die Konstatierung, D***** habe die Erlöse aus den Suchmittelverkäufen unter anderem zur Bestreitung des gemeinsamen Lebensunterhaltes verwendet (US 21 dritter Absatz), wobei - wie nur am Rande bemerkt sei - dem Urteil nicht eindeutig zu entnehmen ist, ob die an W***** übergebenen 5.000 S tatsächlich aus Suchtgiftverkäufen stammten (US 19 zweiter Absatz vorletzter Satz und US 32 erster Absatz).

Die in der Subsumtionsrüge zur Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit (§ 28 Abs 3 erster Fall SMG) bezüglich des Schuldspruchs C I. und II. 2. zutreffend aufgezeigten Feststellungsmängel zwingen den Obersten Gerichtshof, der Nichtigkeitsbeschwerde teilweise Folge zu geben, das angefochtene Urteil, welches im Übrigen unberührt bleibt, im Qualifikationsausspruch nach § 28 Abs 3 erster Fall SMG zu C I. und II. 2, demnach auch im Strafausspruch zu kassieren und zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen (§ 285e StPO).

Mit ihrer Berufung war die Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf bezogene Gesetzesstelle.

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