OGH 5Ob77/01m

OGH5Ob77/01m27.3.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Robert R***** vertreten durch Dres. Hötzl & Michalek, Rechtsanwälte in 1010 Wien, gegen die Antragsgegner 1.) Franz M***** und 2.) Emma H*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Friedrich Doschek, Rechtsanwalt in 1010 Wien, wegen §§ 37 Abs 1 Z 1 und Z 2, 2 Abs 3, 16 Abs 1 MRG, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 29. Dezember 2000, GZ 41 R 267/00v-22, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Hernals vom 27. März 2000, GZ 4 Msch 104/98m-18, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit dem angefochtenen Sachbeschluss hat das Rekursgericht die erstinstanzliche Abweisung eines auf Anerkennung als Hauptmieter und Festsetzung des angemessenen Hauptmietzinses gerichteten Begehrens des Antragstellers mit der Begründung bestätigt, das fragliche Mietverhältnis unterliege gar nicht dem MRG, weil es im Rahmen des Betriebes eines Beherbergungsunternehmens der Zweitantragsgegnerin eingegangen worden sei. Der Revisionsrekurs wurde für zulässig erklärt, weil der Oberste Gerichtshof in einem ähnlich gelagerten Fall (5 Ob 478/97y) die Anwendung des MRG bejaht habe.

Auf diese vermeintliche Abweichung von der höchstgerichtlichen Judikatur stützt auch der Antragsteller sein Rechtsmittelbegehren, die Entscheidungen der Vorinstanzen entweder so abzuändern, dass seinen Sachanträgen stattgegeben wird, oder aber aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an eine der Vorinstanzen zurückzuverweisen. Zur Begründung dieses Begehrens verweist er auch noch auf die zu 1 Ob 157/98i ergangene Entscheidung des Obersten Gerichtshofes, wonach der auf Beherbergungsunternehmen bezogene Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 2 Z 1 MRG nur greife, wenn der Vermieter die für ein solches Unternehmen typischen Nebenleistungen tatsächlich erbringt und über eine Gewerbeberechtigung verfügt. Beides sei nicht der Fall gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs erweist sich als unzulässig. Dies aus folgenden Gründen (§ 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm §§ 528a, 510 Abs 3 letzter SatzMRG):

Wie schon das Rekursgericht anmerkte, lässt sich die Frage, ob ein Mietobjekt im Rahmen des Betriebes eines Beherbergungsunternehmens vermietet wurde, immer nur unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls beantworten (vgl 1 Ob 185/98g). Betreibt der Vermieter ein gewerbliches Beherbergungsunternehmen (hier eine Frühstückspension mit 19 zu Gästezimmern umgebauten Wohnungen) ist daher in dieser Frage die Anrufung des Obersten Gerichtshofes zur Wahrung der Rechtseinheit und Rechtssicherheit nur dann zulässig, wenn in einem wirklich vergleichbaren Fall anders als in dem jetzt zu beurteilenden entschieden wurde. Diese Voraussetzung liegt nicht vor.

Ein Indiz für die Vermietung im Rahmen eines Beherbergungsunternehmens liegt im Einschluss der Betriebskosten in das Entgelt (Schauer, Seniorenunterkünfte und MRG, WoBl 1996, 52 [57] mwN). Das ist für sich allein zwar nicht besonders aussagekräftig, kann jedoch in einem Grenzfall den Ausschlag geben. Schon in der Entscheidung 5 Ob 478/97g (WoBl 1998/169) ging es um einen solchen Grenzfall (vgl Dirnbacher in der Anmerkung zu WoBl 1998/169). Er unterscheidet sich vom gegenständlichen dadurch, dass damals ein üblicher Hauptmietzins (S 7.500,-- inkl. Ust pro Monat) vereinbart wurde, während hier "alle für den Eigenverbrauch des Mieters anfallenden Kosten, insbesondere Strom und Gas" im Mietzins inkludiert waren. Eine Besonderheit des gegenständlichen Falls besteht überdies darin, dass sich die Zweitantragsgegnerin vom Antragsteller bestätigen ließ, er habe seinen ordentlichen Wohnsitz in einer konkret genannten anderen Wohnung (eine, wie sich dann herausstellte, erst nach Abschluss eines Verlassenschaftsverfahrens verfügbare Eigentumswohnung). Bei Berücksichtigung dieser Umstände ist angesichts der sonstigen Indizien, die für die Vermietung der Kleinwohnung an den Antragsteller im Rahmen eines Beherbergungsbetriebes sprechen, die Annahme der Erfüllung des Ausnahmetatbestandes des § 1 Abs 2 Z 1 MRG durchaus vertretbar. Dass im Fall 5 Ob 478/97y trotz vieler Gemeinsamkeiten mit dem gegenständlichen anders, nämlich zugunsten des Mieters entschieden wurde, erfordert also entgegen der Rechtsansicht des Rekursgerichtes und des Rechtsmittelwerbers keine Korrektur oder richtungweisende Stellungnahme des Obersten Gerichtshofes.

Ähnliches gilt für die vom Rechtsmittelwerber für seinen gegenteiligen Rechtsstandpunkt zitierte Entscheidung 1 Ob 157/98i (MietSlg 50/34 = EWr I/1/99). Es ist zwar richtig, dass dort abweichend von früheren Judikatur- und Lehrmeinungen ausgesprochen wurde, eine dem § 1 Abs 2 Z 1 MRG unterstellbare Vermietung im Rahmen eines Beherbergungsbetriebes setze voraus, dass der Vermieter über eine einschlägige Gewerbeberechtigung verfügt (also nicht nur verfügen müsste; anders noch MietSlg 18.257; MietSlg 46.205 implicite; weitere Nachweise bei Schauer aaO FN 42), doch lässt sich die Entscheidung des Rekursgerichtes auch mit diesem Judikat vereinbaren, wenn man berücksichtigt, dass die Zweitantragsgegnerin im Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses mit dem Antragsteller (am 30. Dezember 1996) schon fast zwei Jahre lang die Betriebsanlagengenehmigung für ihre Frühstückspension hatte und praktisch zeitgleich mit dem Mietvertragsabschluss (nämlich am 3. Jänner 1997) das Gewerbe anmeldete und (am 3. März 1997) auch tatsächlich den Gewerbeschein erhielt.

Was schließlich die für ein Beherbergungsunternehmen typischen Nebenleistungen (die Reinigung der Räume, das Bereitstellen von Bettwäsche oder die Bereitung von Mahlzeiten) betrifft, ist nicht so sehr von Bedeutung, ob sie der Mieter bzw. Gast tatsächlich in Anspruch nimmt, sondern ob sie vom Vermieter - wie im Betrieb der Zweitantragsgegnerin - angeboten und auch üblicher Weise erbracht werden (Schauer aaO 57). Gegenteiliges lässt sich auch der Entscheidung 1 Ob 157/98i nicht entnehmen. Dass es der Antragsteller ablehnte, die ihm von der Zweitantragsgegnerin angebotene Bereitstellung von Bettwäsche, Zimmerreinigung und Frühstück anzunehmen, erzwingt daher ebenfalls keine von der Entscheidung des Rekursgerichtes abweichende oder klarstellende Beurteilung.

Zu bemerken bleibt, dass in die Beurteilung, ob Räume im Rahmen des Betriebes eines Beherbergungsunternehmens vermietet werden, immer auch die Verkehrsauffassung einfließt, weshalb sich der Gesetzgeber auch einer Begriffsdefinition enthalten hat (vgl Schauer aaO 57). Das eröffnet den Gerichten einen Beurteilungsspielraum, der im gegenständlichen Fall nicht verlassen wurde, weshalb wie im Spruch zu entscheiden war.

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