OGH 14Os24/01 (14Os25/01)

OGH14Os24/01 (14Os25/01)27.3.2001

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. März 2001 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gottweis als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Oliver A***** wegen des Verbrechens des schweren, gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 zweiter Satz (zweiter Fall) StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde, die Berufung und die Beschwerde (§ 494a StPO) der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 30. Oktober 2000, GZ 5a Vr 6.180/00-38, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Kirchbacher, des Angeklagten, seines Verteidigers Mag. Mössler und des Bewährungshelfers Günter Pilny zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in seinem freisprechenden Teil, der Nichtannahme einer Qualifikation des dem Schuldspruch zugrundeliegenden Diebstahls nach § 130 erster, dritter oder auch vierter Fall StGB und im Strafausspruch - einschließlich des nach § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO gefassten Beschlusses - aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Landesgericht für Strafsachen Wien zurückverwiesen.

Mit ihrer Berufung und ihrer Beschwerde wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Oliver A***** wurde des Verbrechens des Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz am 7. April 2000 in Wien Gewahrsamsträgern des Instituts B***** fünf Pulsuhren im Gesamtwert von 9.586 S weggenommen, indem er eine Auslagenscheibe einschlug.

Von der Anklage, mit eben diesem Vorsatz auch in der Nacht zum 22. Dezember 1997 Bargeld, Schnaps, Zigaretten und CD's verschiedenen Gewahrsamsträgern weggenommen zu haben, indem er in das Wiener ,Cafe F*****" ein- und Geldladen aufbrach, wurde er gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Zum Freispruch stellte das Erstgericht fest, das Bezirkspolizeikommissariat Donaustadt habe der Staatsanwaltschaft Wien mit Schreiben vom 23. Oktober 1998 mitgeteilt, dass Oliver A***** auf Grund der vorläufigen Auswertung einer DNA-Analyse als Täter ausgeforscht werden konnte. Gleichzeitig sei in dem Schreiben darauf hingewiesen worden, dass sich der Genannte im Verfahren 4 Vr 402/98 des Jugendgerichtshofes Wien in Untersuchungshaft befinde. In jenem Verfahren habe am 16. November 1998 die Hauptverhandlung stattgefunden, in welcher der Angeklagte unter anderem wegen zahlreicher Diebstahlsfakten verurteilt worden sei. Obwohl die genannte Anzeige in dem umfangreichen Akt des Jugendgerichtshofes Wien nicht aufscheine, habe das Erstgericht hier insbesondere im Hinblick auf die angeführte Verständigung durch die Polizei "im Zweifel angenommen, dass auch die Staatsanwaltschaft beim Jugendgerichtshof Wien noch vor der Hauptverhandlung am 16. November 1998 von der Täterschaft des Oliver A***** zur angeführten Anzeige informiert war, dennoch dann, aus welchem Grund auch immer, die Anklage in der Hauptverhandlung nicht ausdehnte, somit Verfolgungsverzicht vorliegt".

Mit ihrer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 9 lit b und 10 des § 281 Abs 1 StPO gegründeten Nichtigkeitsbeschwerde wendet sich die Staatsanwaltschaft gegen den Freispruch und strebt in Hinsicht auf den Schuldspruch eine Subsumtion der Tat ,in Richtung § 130 StGB" an.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsrüge (Z 9 lit b) weist zutreffend auf einen Irrtum des Erstgerichtes über die Reichweite des in § 263 Abs 2 StPO genannten Verfolgungshindernisses hin, welches nur vorliegt, wenn der Angeklagte bei der Hauptverhandlung noch einer anderen, als der der Anklage zugrundeliegenden Tat beschuldigt wird. Dazu hätte aber das vom Schöffengericht seiner Entscheidung zugrunde gelegte Schreiben des Bezirkspolizeikommissariates D***** (ON 16), das eine derartige Anschuldigung enthielt, in einer gegen den Angeklagten geführten Hauptverhandlung vorgekommen sein müssen (vgl § 258 Abs 1 StPO), was nicht der Fall war. Bloße Kenntnis des Staatsanwaltes genügt nicht (vgl Mayerhofer StPO4 § 263 E 9, 16; EvBl 1992/39).

Den Diebstahl vom 7. April 2000 betreffend wären mit Blick auf die in der Beschwerde dargelegten Indizien (Suchtmittelbeschaffungskriminalität, Fehlen einer geregelten Arbeit) Feststellungen erforderlich gewesen, um die Frage zu klären, ob der Angeklagte dabei gewerbsmäßig im Sinn des § 130 erster, dritter oder auch vierter Fall StGB gehandelt hat. Auch insoweit ist die Anklagebehörde im Recht (Z 10), womit erneute Verhandlung und Entscheidung in erster Instanz im Umfang der Aufhebung unumgänglich sind (§ 288 Abs 2 Z 3 zweiter Satz StPO).

Stichworte