OGH 4Ob55/01v

OGH4Ob55/01v22.3.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P*****-Gesellschaft m.b.H., ***** vertreten durch Dr. Hermann Graus, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1. S***** KG, ***** 2. A***** GmbH, ***** beide vertreten durch Dr. Manfred Harrer, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterlassung und Veröffentlichung (Gesamtstreitwert 500.000 S), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 12. Dezember 2000, GZ 2 R 251/00d-54, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 30. August 2000, GZ 17 Cg 187/98m-49, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und in der Sache selbst dahin zu Recht erkannt, dass das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 70.734,40 S (darin 9.359,90 S USt und 14.575 S Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin handelt mit Sanitärwaren, unter anderem auch für den Selbstbedienungshandel. Seit 1988 führte und bewarb sie Bade- und Duschbadewannen aus Acryl unter der Sammelbezeichnung "Studioline", wobei die einzelnen Produkte mit weiblichen Vornamen bezeichnet wurden. Nach Erweiterungen der Serie umfasste die Produktpalette der Klägerin schließlich Produkte mit den Bezeichnungen Alexis, Melissa, Oriole, Petra, Jessica, Ramona, Lydia, Marina, Pamela, Vanessa, Carmen, Caroll, Claudia, Samantha und Sally. Unter diesen Produktbezeichnungen wurden von der Klägerin im Zeitraum von 1987 bis 1998 circa 150.000 Bade- und Duschbadewannen - davon rund 50.000 in Österreich und rund 100.000 in Deutschland - verkauft. Die Klägerin bezog diese Wannen von Herstellern aus England, Schottland und Südafrika, wobei einzelne Wannen von der Klägerin entworfen oder nach ihren Wünschen gestaltet wurden. Die Hersteller der Wannen hatten diese mit großteils englischen Bezeichnungen versehen. Der Geschäftsführer der Klägerin wählte neue Produktbezeichnungen aus und verwendete dabei meist weibliche Vornamen aus bekannten Fernsehsendungen, teils auch Vornamen von Mitarbeiterinnen. Ein Lieferant der Klägerin war die schottische Firma C***** Ltd (in der Folge: Carron), die in ihren Rechnungen an die Klägerin deren Produktbezeichnungen verwendete. 1989 vereinbarte die Klägerin mit dieser Lieferantin ein Alleinvertriebsrecht der Klägerin für Deutschland.

Die Erstbeklagte bezog erstmals 1990 von der Klägerin Bade- und Duschbadewannen aus Acryl, darunter auch Produkte von Carron, wobei als Produktbezeichnungen unter anderem Alexis, Vanessa, Ramona und Samantha verwendet wurden; diese Bezeichnungen verwendete die Erstbeklagte auch beim Weiterverkauf. Ihr Kundenkreis umfasste Baumärkte in Deutschland. Nach 1993 bezog die Erstbeklagte Waren direkt bei Carron unter den von der Klägerin verwendeten Produktbezeichnungen. Seit 1995 beliefert die Erstbeklagte Bau- und Heimwerkermärkte in ganz Europa, darunter auch die Baumärkte der Zweitbeklagten. Carron belieferte auch andere Kunden als die Streitteile und verwendete dabei weibliche Vornamen, wie etwa Marina, als Produktbezeichnungen. 1994 wurde in Deutschland eine Tochtergesellschaft der Klägerin unter dem Namen P***** GmbH mit Sitz in S***** gegründet, die ebenfalls von der Klägerin beliefert wurde. Mit Notariatsakt vom 10. 4. 1996 verkaufte der Geschäftsführer der Klägerin die Geschäftsanteile an der P***** GmbH in S***** an die R*****-Beteiligungsgesellschaft, die in der Folge in S***** GmbH umbenannt wurde. Bereits 1994 gab es Probleme in der Vertragsbeziehung zwischen der Klägerin und Carron, die auch anlässlich einer Besprechung im März 1996 nicht beigelegt werden konnten. Ab Ende Juni 1996 lieferte Carron nicht mehr an die Klägerin. Die Erstbeklagte bewarb die von ihr vertriebenen Bade- und Duschbadewannen in einem Prospekt, der unter anderem am 18. 9. 1998 in einem von der Zweitbeklagten betriebenen Baumarkt an Kunden ausgegeben wurde. Dieser Prospekt enthält Abbildungen von Bade- und Duschbadewannen mit den Bezeichnungen Erica, Panama, Jessica, Pamela, Ramona, Prima, Marina, Ibis, Vanessa, Pia, Lydia, Picata, Palazzo, Palaos, Nevada, Tanja, Oriole, Flamenco, Vivien, Alexis, Perline, Melissa I, Melissa II, Margarita, Serena, Anna, Big Ben, Cadiz, Mango, Petra, Passion, New Logica, New Combine, Caroll, Sally, Baltique, Claudia I, Claudia II und Samantha. Diese Bade-und Duschwannen bietet die Erstbeklagte auch in Katalogen von Baumärkten unter diesen Bezeichnungen an. Die Erstbeklagte bezieht die Badewannen Melissa II, Claudia und Caroll von einem deutschen Lieferanten, die Badewannen Erica und Margarita von einem spanischen Unternehmen, die Wanne Pia aus Frankreich, die Wanne Pamela aus den Niederlanden und die Produkte Alexis, Vanessa, Ramona, Petra, Vivien, Samantha und Marina von Carron. Außer den Streitteilen gibt es noch zahlreiche Hersteller und Vertreiber von Badewannen und Brausetassen, die ihre Produkte mit Frauennamen bezeichnen.

Die Klägerin begehrt das Urteil, die Beklagten seien schuldig, es ab sofort zu unterlassen, die Produktbezeichnungen der Klägerin, nämlich Alexis, Melissa, Flamingo, Oriole, Petra, Jessica, Ramona, Lydia, Marina, Pamela, Vanessa, Carmen, Caroll, Claudia, Samantha und Sally für Badewannen und Duschbadewannen zu verwenden, und verbindet damit auch ein Urteilsveröffentlichungsbegehren. Ihre Produktbezeichnungen hätten "Markencharakter" und eine wettbewerbsrechtliche Eigenart. Sie seien dazu geschaffen, um die Erscheinung des Unternehmens und seiner Produkte nach außen hin darzustellen und sich so von den Produkten der Mitbewerber abzuheben. Durch die jahrelange Verwendung dieser Produktbezeichnungen hätten sie Verkehrsgeltung erlangt. Die Beklagten vertrieben verwechselbar ähnliche Produkte unter den Produktbezeichnungen der Klägerin; darin liege ein Verstoß gegen § 9 UWG, aber auch gegen §§ 1 und 2 UWG, weil die Beklagten an der schöpferischen Leistung und der Marktgeltung der Klägerin schmarotzten, obwohl ihnen eine Vielzahl von anderen Erscheinungsmöglichkeiten zur Verfügung stünde. Die Ausbeutung der Leistungen der Klägerin ergebe sich auch daraus, dass die von der Klägerin in Baumärkten installierten Schaustücke nunmehr zum Verkauf der Produkte der Beklagten verwendet würden; der Lohn für den Aufwand der Klägerin komme auf diese Weise den Beklagten zu, was nur durch die Verwendung der Produktbezeichnungen der Klägerin ermöglicht werde. Auf eine frühere Kooperation zwischen der Klägerin und der Erstbeklagten und der damit verbundenen Unternehmen könnten sich die Beklagten nicht berufen, weil diese Kooperation beendet worden sei. Das Vorgehen der Beklagten sei auch deshalb sittenwidrig, weil Carron offenbar auf Betreiben der Beklagten die Belieferung der Klägerin eingestellt habe; die Beklagte habe somit der Klägerin den Lieferanten "ausgespannt".

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Klagebegehrens. Die von der Klägerin beanspruchten Produktbezeichnungen würden seit vielen Jahren von Carron verwendet; diese habe einerseits die Klägerin und andererseits die Erstbeklagte mit entsprechend bezeichneten Produkten beliefert. "Markencharakter" dieser Bezeichnungen und Verkehrsgeltung zugunsten der Klägerin bestünden nicht; die Beklagten beuteten Leistungen der Klägerin nicht schmarotzerisch aus. Eine vermeidbare Herkunftstäuschung liege nicht vor.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte noch fest, dass die strittigen Produktbezeichnungen bei Unternehmen in Österreich, die mit dem Handel oder der Erzeugung von Badewannen und Duschbadewannen befasst sind, als Bezeichnungen für solche Produkte zu durchschnittlich 21 % bekannt seien; 30,3 % dieser Unternehmen ordneten sie der Klägerin zu. Eine Verkehrsgeltung dieser Produktbezeichnungen unter solchen Unternehmen könne nicht festgestellt werden. Bei Handelsunternehmen (Baumärkten etc) in Österreich genieße die Bezeichnung "Studioline" einen Bekanntheitsgrad von 52,94 %. Die einzelnen Bezeichnungen der Studioline-Produkte seien durchschnittlich bei 58,82 % dieser Unternehmen bekannt, lediglich die Produktbezeichnungen Flamingo, Samantha und Carmen hätten einen geringeren Bekanntheitsgrad von 55,88 %. Die Produktbezeichnungen würden von österreichischen Handelsunternehmen zu 50 % der Klägerin und zu 5,88 % der Erstbeklagten zugeordnet. Ob die einzelnen Produktbezeichnungen unter den Handelsunternehmen Verkehrsgeltung besitzen, könne nicht festgestellt werden.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, die strittigen Produktbezeichnungen seien markenrechtlich nicht geschützt. Eine nicht registrierte Marke genieße nur dann den Schutz des § 9 Abs 3 UWG, wenn sie innerhalb der beteiligten Verkehrskreise als Kennzeichen des Unternehmens angesehen werde, also wenn ihr Verkehrsgeltung zukomme. Bei Vorliegen einer entsprechenden Verkehrsgeltung könnten im Einzelfall sogar an sich nicht unterscheidungskräftige Marken schutzfähig werden. Verkehrsgeltung liege dann vor, wenn ein Zeichen in den beteiligten Verkehrskreisen als Hinweis auf ein Unternehmen oder dessen Waren oder Dienstleistungen bekannt sei. Das Kriterium der "beteiligten Verkehrskreise" vermittle, dass es zur Feststellung einer Verkehrsgeltung nur auf jene Personen (Gruppen) ankomme, die mit dem Unternehmen bzw seinen Waren oder Dienstleistungen - entweder als Konsumenten oder als Lieferanten - in Verbindung stünden. Soweit sich die Klägerin auf Handelsunternehmen als beteiligte Verkehrskreise berufe, sei ein Bekanntheitsgrad von über 55 % und ein Zuordnungsgrad von 50 % festgestellt worden. "Als reine Beweisfrage" habe das Vorliegen einer Verkehrsgeltung nicht festgestellt werden können. Es verbleibe als Rechtsfrage zu klären, ob den strittigen Produktbezeichnungen Verkehrsgeltung zukomme. Für die Bejahung der Verkehrsgeltung von Frauennamen als Produktbezeichnungen sei ein höheres Maß an den Bekanntheits- und Zuordnungsgrad zu stellen als an neu erfundene Fantasiebezeichnungen. Lediglich die Hälfte der an der Umfrage der Wirtschaftskammer teilnehmenden österreichischen Handelsunternehmen, die mit dem Vertrieb von Badewannen und Duschtassen befasst sind, ordneten die Produktbezeichnungen der Klägerin zu. Werde dazu die geringe Unterscheidungskraft zu den Produktbezeichnungen anderer Anbieter gleichartiger Produkte berücksichtigt, die - wie die Streitteile - ebenfalls Frauennamen verwendeten, könne eine Verkehrsgeltung zugunsten der Klägerin nicht angenommen werden. Der Klägerin komme daher der Schutz des § 9 UWG nicht zugute. Auch ein Verstoß der Beklagten gegen §§ l und 2 UWG liege nicht vor. Das Nachahmen eines fremden Produktes, das keinen Sonderschutz genieße, sei nur dann wettbewerbswidrig, wenn im Einzelfall besondere Umstände hinzuträten, aus denen sich die Sittenwidrigkeit der Handlung ergebe, so etwa wenn absichtlich Verwechslungsgefahr herbeigeführt werden solle. Solches könne den Beklagten im vorliegenden Fall nicht vorgeworfen werden. Zwischen Unterscheidungskraft und Verwechslungsgefahr bestehe eine gewisse Wechselbeziehung: Schwache Kennzeichen hätten einen an sich geringeren Schutzbereich. Aus diesen Gründen sei kein sittenwidriges Nachahmen durch die Erstbeklagte erkennbar. Auch aus der wieder aufgegebenen wirtschaftlichen und gesellschaftsrechtlichen Verflechtung der Klägerin mit der Erstbeklagten könne keine besondere Verpflichtung der Erstbeklagten abgeleitet werden, die Verwendung der Produktbezeichnungen zu unterlassen. Diese seien im Geschäftsverkehr offen verwendet worden, sodass der Erstbeklagten keine schmarotzerische Ausbeutung von Wissen vorgeworfen werden könne. Auch die Zweitbeklagte habe keinen Wettbewerbsverstoß begangen, weil eine bewusste Mitwirkung der Zweitbeklagten an einem allfälligen Wettbewerbsverstoß der Erstbeklagten nicht behauptet worden sei. Der Zweitbeklagten fehle die passive Klagelegitimation.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und verwies die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil dieser noch nicht über die Frage der Verkehrsgeltung in einem vergleichbaren Fall abgesprochen habe. Für den Ausstattungsschutz gem § 9 Abs 3 UWG genüge es, dass der Kennzeichencharakter des Zeichens innerhalb beteiligter Verkehrskreise bejaht werden könne. Weibliche Vornamen als Bezeichnung für Bade- und Duschbadewannen seien zwar Fantasiewörter im weiteren Sinn, denen - wenn auch nur schwache - Kennzeichnungskraft zukomme; auf Grund des statistisch nicht ausreichenden Ergebnisses der Umfrage der Wirtschaftskammer (nur 34 Rückantworten) könne aber Verkehrsgeltung der strittigen Produktbezeichnungen zugunsten der Klägerin nicht angenommen werden. Die Klägerin habe aber auch vorgebracht, die Beklagten beuteten die Leistungen der Klägerin schmarotzerisch aus, indem sie die Bezeichnungen der Klägerin für Bade- und Duschbadewannen mit weitgehend identischem Design verwendeten, wobei in Einzelfällen vorgenommene Veränderungen für den Kunden nicht erkennbar seien. Damit habe die Klägerin ein ausreichendes Tatsachenvorbringen zur "vermeidbaren Herkunftstäuschung" iSd § 1 UWG erstattet. Bewusste Nachahmung setze voraus, dass der Nachahmer die Umstände kenne, die sein Verhalten objektiv wettbewerbswidrig erscheinen ließen oder sich dieser Kenntnis bewusst verschlossen habe. Mit dem Vorwurf, die Leistungen der Klägerin "schmarotzerisch" auszubeuten, habe die Klägerin den Beklagten auch diese subjektive Seite unterstellt; darauf sei das Erstgericht aber nicht eingegangen. Das Bewusstsein, die Bezeichnungen der Klägerin auf sittenwidrige Weise nachzuahmen, könne nach den besonderen Umständen des vorliegenden Falles weder der Erstbeklagten noch der Zweitbeklagten ohne nähere Prüfung unterstellt werden, weil die strittigen Produktbezeichnungen zumindest teilweise auch von Herstellern der Acrylwannen verwendet wurden, so etwa von Carron, die die Erstbeklagte eine Zeitlang mit Zustimmung der Klägerin unmittelbar beliefert habe. Unter diesen Umständen bedürfe es einer genauen Klärung, ob es den Beklagten bekannt gewesen sei, dass die streitgegenständlichen Produktbezeichnungen für die jeweiligen Wannen nur dann verwendet worden seien, wenn der Vertrieb unmittelbar oder mittelbar über die Klägerin erfolgt sei. Habe die Erstbeklagte mit gutem Grund annehmen können, die streitgegenständlichen Produktbezeichnungen seien bereits von den Herstellern verwendet worden, die Klägerin habe nur ein abgeleitetes Recht an diesen Bezeichnungen, könne ihr ein bewusstes, sittenwidriges Nachahmen nicht vorgeworfen werden. Dasselbe träfe auf die Zweitbeklagte zu, wenn diese von einem Recht der Erstbeklagten als ihrer Lieferantin ausgehen hätte können, die streitigen Produktbezeichnungen zu verwenden. Dass es den Beklagten erforderlichenfalls zumutbar wäre, andere Bezeichnungen für ihre Produkte zu verwenden, bedürfe keiner näheren Begründung. Auch an der Verwechslungsgefahr bestehe kein Zweifel. Bei der Beurteilung der Frage der Verwechslungsgefahr sei Verkehrsgeltung nicht notwendig, sondern nur eine gewisse Verkehrsbekanntheit; diese sei dann anzunehmen, wenn besondere Umstände eine Herkunftsvorstellung auslösen könnten. Diese Verkehrsbekanntheit der Produktbezeichnungen der Klägerin sei aufgrund der zur Verkehrsgeltung getroffenen Feststellungen in ausreichendem Maße gegeben. Zur Überprüfung der subjektiven Komponente und der "vermeidbaren Herkunftstäuschung" sei die aufgetragene Verfahrensergänzung notwendig.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Beklagten ist zulässig, weil das Berufungsgericht zu Unrecht davon ausgeht, die Voraussetzungen, unter denen die Benützung einer nicht geschützten Aufmachung nach § 1 UWG in besonders gelagerten Fällen wettbewerbswidrig sein kann, lägen hier vor; das Rechtsmittel ist im Sinn seines Antrags, das Ersturteil wiederherzustellen, berechtigt.

Die Beklagten vertreten die Ansicht, das bewusste Herbeiführen einer vermeidbaren Herkunftstäuschung iSd § 1 UWG könne sich nur auf ein Produkt, nicht aber auf dessen Bezeichnung beziehen. Davon abgesehen fehle es den strittigen Produktbezeichnungen an einer wettbewerblichen Eigenart, weil es denkunmöglich sei, durch den Sprachgebrauch vorgegebene Namen individuell auszugestalten. Weil Vornamen ganz allgemein zur Bezeichnung einer Vielzahl von Personen und Sachen verwendet würden, seien besonders hohe Anforderungen an die Verkehrsbekanntheit zu stellen; die hier zugunsten der Klägerin ermittelten Werte reichten jedenfalls nicht aus. Der erkennende Senat hat dazu erwogen:

Nicht registrierte Kennzeichen von Waren - wie die hier strittigen Produktbezeichnungen der Klägerin - können unter den Begriff der "sonstigen Einrichtungen" iSd § 9 Abs 3 UWG fallen; sie werden, sofern sie innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen des Unternehmens gelten, den besonderen Unternehmensbezeichnungen iSd § 9 Abs 1 UWG gleichgestellt (Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht3 § 29 Rz 27; Bezeichnung von

Buntstiften: ÖBl 1989, 162 - JOLLY KINDERFEST mwN; Bezeichnung von

Essig: ÖBl 1993, 92 - Pickfein). Voraussetzung für einen Schutz nach dieser Bestimmung ist aber, wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, dass das Zeichen Verkehrsgeltung erlangt hat (Koppensteiner aaO § 29 Rz 39 mwN). Dies ist hier nach den Feststellungen nicht der Fall, sodass das Klagebegehren in § 9 Abs 3 UWG keine Stütze findet.

Besteht für eine Aufmachung kein Ausstattungsschutz, weil es sich entweder um eine objektiv nicht schutzfähige Gestaltung handelt oder weil - wie hier - noch keine Verkehrsgeltung erlangt wurde, oder ist eine Aufmachung zwar aufgrund Verkehrsgeltung als Ausstattung geschützt, jedoch die Verwechslungsgefahr zu verneinen, so gewinnt die Frage Bedeutung, ob eine Nachahmung der Aufmachung oder eine Annäherung an sie aus dem Gesichtspunkt unlauteren Wettbewerbs nach § 1 UWG unzulässig ist (Baumbach/Hefermehl, Warenzeichenrecht18 § 25 WZG Rz 128).

In Lehre (Baumbach/Hefermehl aaO Rz 104 f; Koppensteiner aaO § 29 Rz 3; Fitz/Gamerith, Wettbewerbsrecht3, 37) und Rechtsprechung (ÖBl 1991, 209 - 7-Früchte-Müsli-Riegel mwN; 4 Ob 257/00y) wird dazu vertreten, dass die Verneinung eines Ausschlussrechts an einer Ausstattung nicht ausschließt, dass die Benützung einer nicht geschützten Aufmachung nach § 1 UWG in besonders gelagerten Fällen wettbewerbswidrig sein kann; bei Fehlen eines besonderen Tatbestandsmerkmals des § 9 UWG kann dann auf die Generalklausel zurückgegriffen werden, wenn die Zeichenverletzung eine sittenwidrige Handlung zu Zwecken des Wettbewerbs im Sinne des § 1 UWG ist.

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass § 1 UWG allein bezweckt, unlautere Wettbewerbshandlungen aus dem Wirtschaftsleben auszumerzen, nicht aber die in einem Arbeitsergebnis zum Ausdruck kommende Leistung als solche zu schützen. Die wettbewerbsrechtliche Beurteilung knüpft daher an die Art und Weise an, wie eine fremde Arbeitsleistung von einem Mitbewerber ausgenutzt wurde, und es kommt neben objektiven auch auf subjektive Unlauterkeitsmerkmale an, die das Verhalten des Verletzers als wettbewerbswidrig erscheinen lassen. Für das Nachahmen reiner Kennzeichnungen gelten dabei die gleichen Grundsätze wie für nicht unter Sonderrechtsschutz stehende Gestaltungen der Ware selbst (Baumbach/Hefermehl aaO; BGH GRUR 1963, 423 [428] - coffeinfrei).

Objektives Erfordernis ist es, dass die Kennzeichnung einen hohen Grad von Eigenart aufweisen muss. Ferner muss durch den tatsächlichen Gebrauch der Kennzeichnung eine wettbewerbliche Stellung gewonnen sein, mit der zwar das Ziel der Verkehrsgeltung noch nicht erreicht zu sein braucht, aber doch die Entwicklung zur Verkehrsgeltung angebahnt sein muss. Je stärker diese Entwicklung fortgeschritten ist, umso eher wird man die Schutzwürdigkeit gegenüber einer sittenwidrigen Nachahmung bejahen können (Baumbach/Hefermehl aaO Rz 105). Die Kennzeichnung muss in den beteiligten Verkehrskreisen in gewissem Umfang bekannt geworden und ihrer Natur nach geeignet sein, über die Benutzung als betriebliches Herkunftszeichen zu wirken (4 Ob 257/00y; BGH, GRUR 1997 - grau/magenta).

Allerdings ist für die Bejahung eines Verstoßes gegen die guten Sitten in Fällen, in denen die Verkehrsgeltung als Voraussetzung des kennzeichenrechtlichen Schutzes fehlt, Zurückhaltung geboten. § 1 UWG darf nicht dazu dienen, die Grenzen des kraft Verkehrsgeltung gewährten kennzeichenrechtlichen Schutzes ohne weiteres zu unterlaufen (Koppensteiner aaO § 29 Rz 3; 4 Ob 257/00y; BGH, GRUR 1997, 754 - grau/magenta). Der ergänzende wettbewerbsrechtliche Schutz des § 1 UWG kommt daher nur dann in Betracht, wenn im Einzelfall zusätzliche (subjektive) Umstände hinzutreten, die die Annäherung an die fremde Kennzeichnung als eine unlautere Werbemaßnahme erscheinen lassen. Dies ist dann der Fall, wenn - abgesehen von den erforderlichen objektiven Voraussetzungen - die Anlehnung an eine solche Kennzeichnung ohne hinreichenden Grund in der verwerflichen Absicht vorgenommen wurde, Verwechslungen herbeizuführen oder den Ruf des anderen wettbewerbshindernd zu beeinträchtigen oder auszunutzen (4 Ob 257/00y; BGH, GRUR 1997 - grau/magenta).

Im vorliegenden Fall sind - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes - schon die objektiven Voraussetzungen eines Wettbewerbsverstoßes nach § 1 UWG nicht erfüllt:

Sehr häufige Nachnamen (sogenannte "Allerweltsnamen") lassen Unterscheidungskraft vermissen (Koppensteiner aaO § 29 Rz 37; ecolex 1990, 160; ÖBl 1998, 298 - Hörmann). Für übliche Vornamen kann nichts anderes gelten. Bei den strittigen Produktbezeichnungen der Klägerin handelt es sich hauptsächlich um (unverändert gebrauchte) weibliche Vornamen, die in Österreich zwar bekannt, aber doch nicht so weit verbreitet sind, das sie hier als üblich bezeichnet werden könnten. Ihnen kann damit zwar Kennzeichnungskraft nicht völlig abgesprochen werden, doch ist diese jedenfalls nicht sehr ausgeprägt.

Zu berücksichtigen ist weiters, dass neben den Streitteilen auch noch zahlreiche andere Händler oder Hersteller ihre gleichartigen Produkte mit Frauennamen bezeichnen. Vor allem fällt in diesem Zusammenhang ins Gewicht, dass die Lieferanten der Erstbeklagten (wie sich unzweifelhaft aus den Beilagen ./7 und ./10 ergibt) selbst einige der strittigen Produktbezeichnungen (nämlich Melissa, Claudia, Caroll, Pamela, Alexis, Vanessa, Ramona, Petra, Samantha und Marina) in ihrer Geschäftsbeziehung zur Erstbeklagten verwenden, die Erstbeklagte insoweit also nur schon vorgegebene Produktbezeichnungen übernimmt. Schließlich ist auch die Idee, Gegenstände mit Menschennamen zu bezeichnen, nicht besonders originell oder innovativ, wie ein Blick in verschiedenste Versandhauskataloge (etwa von Möbelhäusern uä) beweist; damit ist aber die (allenfalls schützenswerte) kreative Leistung der Klägerin äußerst gering.

Bei dieser Ausgangslage kann es für einen auf § 1 UWG gestützten Zeichenschutz nicht genügen, dass das Produkt bereits auf den Markt gebracht worden ist; zu verlangen ist vielmehr, dass die nachgeahmten Produktbezeichnungen auf dem Markt schon eine besonders ausgeprägte wettbewerbliche Stellung erlangt haben, die einer Verkehrsgeltung nahekommt. Dies ist allerdings hier nicht erwiesen.

Wenn das Berufungsgericht unter Hinweis auf das Gutachten der Wirtschaftskammer zur Verkehrsgeltung von einem "ausreichenden Maß der Verkehrsbekanntheit" spricht, kann der erkennende Senat dieser Beurteilung unter Berücksichtigung der zuvor angestellten Überlegungen nicht beitreten. Wegen der geringen Zahl an Rückmeldungen (die von den angefragten Unternehmen zurückgesendeten Fragebögen entsprechen nur einer Rücklaufquote von 30 %) ist die Fachhandelsumfrage auch nicht ausreichend statistisch repräsentativ; aus dem Fachbereich Handel stammen überhaupt nur 34 Antworten. Die angefragten Produktbezeichnungen wurden auch nur von durchschnittlich einem Fünftel der antwortenden Befragten als betriebliches Herkunftszeichen erkannt.

Haben demnach die von der Klägerin zur Bezeichnung ihrer Produkte verwendeten Kennzeichen von Natur aus keine besondere Kennzeichnungskraft, war die innovative Leistung der Klägerin bei Schaffung der strittigen Zeichen gering und ist ihr der Beweis nicht gelungen, mit den von ihr verwendeten Kennzeichen bei den beteiligten Verkehrskreisen mehr als nur einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht zu haben, fehlt es schon an den objektiven Voraussetzungen für einen auf § 1 UWG gestützten Nachahmungsschutz. Auf die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage nach den subjektiven Voraussetzungen kommt es damit nicht mehr an.

Dass die Erstbeklagte ihre Lieferantin C***** zum Vertragsbruch gegenüber der Klägerin verleitet hätte - worauf die Klägerin in ihrer Rekursbeantwortung hinweist - wurde nicht festgestellt. Ob die Beklagten in Baumärkten von der Klägerin eingerichtete Schaustücke nunmehr zur Bewerbung ihrer eigenen Produkte verwenden, steht mit dem hier zu beurteilenden Unterlassungsbegehren in keinem Zusammenhang.

Der Oberste Gerichtshof kann gem § 519 Abs 2 letzter Satz ZPO über einen Rekurs gegen einen Beschluss des Berufungsgerichtes nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO durch Urteil in der Sache selbst erkennen, wenn die Sache zur Entscheidung reif ist. Dies ist aus den aufgezeigten Gründen hier der Fall. Dem Rekurs der Beklagten ist daher Folge zu geben, der angefochtene Beschluss aufzuheben und in der Sache selbst im Sinn der Wiederherstellung des abweisenden Urteils des Erstgerichtes zu erkennen.

Die Kostenentscheidung ist in den § 41 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO begründet.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte