OGH 15Os12/01

OGH15Os12/0121.3.2001

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. März 2001 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Hartmann als Schriftführer, in der Strafsache gegen Werner R***** wegen des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten Veruntreuung nach §§ 133 Abs 1 und 2 zweiter Fall und 15 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 9. Oktober 2000, GZ 37 Vr 1446/98-40, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

1. Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im Übrigen (und zwar im Grundtatbestand des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 StGB laut Schuldspruch I.) unberührt bleibt, teils demgemäß, teils nach § 290 Abs 1 StPO in der rechtlichen Unterstellung der zu I. des Schuldspruches festgestellten Tatsachen auch als das Verbrechen der teils vollendeten, teils versuchten Veruntreuung nach §§ 133 Abs 2 und 15 StGB (I.), ferner im Schuldspruch II. 1., 2. und 3., somit auch im Strafausspruch sowie in den Aussprüchen über die privatrechtlichen Ansprüche des Geschädigten und nach § 20 Abs 1 Z 1 StGB aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht verwiesen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde im Übrigen wird zurückgewiesen.

3. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.

4. Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die durch den erfolglos gebliebenen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Werner R***** der Verbrechen (zu I.) der teils vollendeten, teils versuchten Veruntreuung nach §§ 133 Abs 1 und 2 zweiter Fall und 15 StGB sowie zu (II. 1. bis 3.) der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt, hiefür nach dem zweiten Strafsatz des § 133 Abs 2 StGB unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe sowie gemäß § 369 Abs 1 StPO zur Zahlung von 5,925.680 S an die Privatbeteiligte, Stadtgemeinde Hallein, verurteilt. Gemäß § 20 Abs 1 Z 1 StGB wurde der beim Angeklagten sichergestellte Bargeldbetrag von 123.379,80 S abgeschöpft.

Danach hat der Angeklagte vom 1. Jänner 1994 bis Ende 1997 bzw zu Punkt II. 3. bis zu seinem Ausscheiden im April 1998 in Hallein als Leiter des Seniorenheimes der Stadtgemeinde Hallein und damit als Beamter unter Ausnützung der ihm durch seine Amtstätigkeit gebotenen Gelegenheit in wiederholten Angriffen

I. ein ihm anvertrautes Gut in einem 500.000 S übersteigenden Wert, nämlich ihm von Heimbewohnern zur Weiterleitung an die Stadtkasse Hallein überlassene Bargeldbeträge für Unterbringungskosten in Höhe von 715.852,68 S dadurch, dass er dieses Geld nicht ablieferte, sondern für sich behielt und verbrauchte, sich oder einem Dritten mit dem Vorsatz zugeeignet, sich oder einen Dritten dadurch unrechtmäßig zu bereichern, wobei es in Bezug auf einen Betrag von 51.290,10 S beim Versuch geblieben ist;

II. die ihm durch behördlichen Auftrag eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen (zu ergänzen: und einen anderen zu verpflichten), dadurch wissentlich missbraucht und der Vollmachtgeberin, nämlich der Stadtgemeinde Hallein, einen Vermögensnachteil in Höhe von insgesamt 8,436.594,76 S zugefügt, und zwar dadurch, dass er

1. bei den Heimbewohnern laut der (einen integrierenden Bestandteil des Urteilsspruchs bildenden) Gesamtauflistung die Heimgebühren nicht abrechnete und nicht einforderte, wobei ein Schaden in Höhe von insgesamt 5,261.118,25 S entstanden ist, nämlich als Differenz zwischen den Forderungen (Rückständen der Heimbewohner) von 6,483.465,56 S und den Verbindlichkeiten (Guthaben der Bewohner) von 506.494,63 S der Stadtgemeinde Hallein (zu ergänzen: abzüglich des zu I. angeführten Betrages von 715.852,68 S),

2. bei Heimbewohnern, die Sozialhilfeempfänger waren, vom Sozialamt die Sozialhilfe, mit welcher die Heimgebühr bezahlt werden sollte, nicht einforderte, wobei der Schade 1,848.081,51 S betragen hat,

3. bei zumindest 13 im Spruch namentlich genannten Heiminsassen die vom Pflegeleiter und ihm selbst festgestellten Pflegestufen ignorierte und gegenüber dem Sozialamt niedrigere Pflegestufen verrechnete, weshalb die Stadtgemeinde Hallein vom Sozialamt trotz Erbringung des im Pflegegutachten festgestellten höheren Pflegeaufwandes nur die verrechneten niedrigeren Pflegegeldstufen bezahlt erhielt, wodurch ein (im Spruch detailliert und personsbezogen angeführter) Schaden in Höhe von insgesamt 1,327.395 S entstanden ist.

Die dagegen vom Angeklagten aus Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist (nur) teilweise im Recht.

Zur Verfahrensrüge (Z 4):

Rechtliche Beurteilung

In der Hauptverhandlung am 9. Oktober 2000 erklärte der Verteidiger, der schriftliche Beweisantrag (Punkt 3. der ON 38/VII) auf Beiziehung eines Sachverständigen (aus dem Bereich Diplomkrankenpflege und der Verwaltung) zum Beweis dafür, dass diese Funktionen mit massiven Belastungen verbunden waren, werde aufrecht erhalten. Nachdem der Gerichtshof diese Beweisaufnahme mit der Begründung abgelehnt hatte, zur Klärung dieser Frage reiche der Sachverstand des Gerichtes aus (S 201/VII), beharrte der Verteidiger auf seinem Begehren, ohne eine zusätzliche Erklärung dazu abzugeben (S 205/VII). Im zweiten abweisenden Zwischenerkenntnis wiederholte das Erstgericht seinen Standpunkt (S 207/VII; siehe auch US 32 f).

Die dagegen ankämpfende Verfahrensrüge versagt aus mehreren Gründen:

Die begehrte Beweisaufnahme über eine notorische Tatsache (massive Belastungen) betrifft keinen beweisbedürftigen rechtserheblichen Umstand. Noch viel weniger bedarf es dazu eines Sachverständigen. Dem Antrag ist auch nicht zu entnehmen, inwiefern die (in der Gesamtheit der Urteilsgründe ohnehin unzweifelhaft zum Ausdruck gebrachte) "Doppelbelastung" für die Schuldfrage von Bedeutung sein sollte. Schließlich widerspricht die bloße Wiederholung des Beweisantrages trotz seiner vorangegangenen Ablehnung ohne Anführung von Umständen, welche die neuerlich beantragte Beweisaufnahme dennoch geboten hätten, der Pflicht zur Begründung des Beweisanbotes (vgl Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 27a, 29b, 63a).

Soweit die Beschwerde jedoch darauf abstellt, durch den Sachverständigen hätte auch der Nachweis erbracht werden sollen, dass die vom Erstgericht angenommenen Befugnisse und Verantwortlichkeiten dem Beschwerdeführer gar nicht übertragen worden sind, geht sie prozesswidrig über den für die Relevanzprüfung allein maßgebenden Antragsinhalt in der Hauptverhandlung hinaus, weshalb darauf nicht einzugehen ist.

Zum Schuldspruch I.:

Laut Urteilsspruch hat der Angeklagte die ihm zur Weiterleitung und Ablieferung an die Stadtkasse Hallein übergebenen Bargeldbeträge von 715.852,68 S dadurch, dass er sie (zur Gänze) für sich behielt und verbrauchte, sich oder einem Dritten mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz zugeeignet, wobei es bezüglich des Betrages von 51.290,10 S beim Versuch blieb (US 2).

Nach der wesentlichen Sachverhaltsdarstellung hingegen leitete er ab 1993 die ihm von den Barzahlern übergebenen Beträge wegen Überlastung und Zeitdruck nicht mehr sofort an die Stadtkasse weiter, sondern verwahrte sie einige Monate hindurch in getrennten, mit Namen und Betrag beschrifteten Kuverts, ehe er sie, bis zu einem halben Jahr verspätet, aus den Kuverts herausnahm und per Erlagschein einzahlte. Zwischen 1994 und 1997 behielt er die aus den sichergestellten Kuverts errechnete Summe von zumindest 715.852,68 S teilweise für sich und verwendete das Geld, wodurch er sich um einen Betrag von 664.562,50 S bereicherte. Nach den weiteren Feststellungen tätigte er mit Geldern aus den Kuverts auch Investitionen am Haus, obwohl eine solche Verwendung nicht vorgesehen war. Ob und welche Leistungen er mit den ihm anvertrauten Geldern bezahlt hat, konnte im Detail nicht mehr festgestellt werden (US 19 ff, 30 f, 33 f).

51.290,10 S wurden im Keller (= Archiv der Verwaltung) sichergestellt (US 20, 34); nach einer anderen, dazu in unlösbarem Widerspruch stehenden Konstatierung waren es jedoch 132.379,80 S (US 26). Im Protokoll der Sicherheitsbehörden über die Hausdurchsuchung ist dazu ein Betrag von 123.379,80 S angeführt (S 29, 125 f/III).

Zutreffend releviert der Rechtsmittelwerber in diesem Zusammenhang eine Nichtigkeit bewirkende Widersprüchlichkeit (Z 5) entscheidender Feststellungen zum Schuldspruch wegen versuchter Veruntreuung von 51.290,10 S. Dies umso mehr, als nach dem gemäß § 20 Abs 1 Z 1 StGB gefassten Beschluss der Angeklagte durch die versuchte Veruntreuung einen Vermögensvorteil von 123.379,80 S erlangt hat.

Die aktengetreu und denkmöglich, somit formal mängelfrei, auf das vor Beamten der Kriminalabteilung und in der Hauptverhandlung abgelegte Geständnis gegründete Urteilsannahme, der Angeklagte habe das von den Barzahlern zur Weiterleitung übernommene Geld "teilweise" für sich behalten und verbraucht (zB für Kosten persönlicher Teilnahme an einem Seminar, Bewirtung und Zoobesuch: S 583 f/III, 81 und 189/VII iVm US 20 erster Absatz und 26 f), lässt die Mängelrüge (Z 5) jedoch unbekämpft (S 274 f/VII). Lediglich im Rahmen der nominell auf Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Rechtsrüge wird - allerdings unter prozessordnungswidriger Außerachtlassung der oben wiedergegebenen Konstatierungen und zudem substratlos - nur pauschal der Freispruch vom gesamten Anklagevorwurf mangels Erfüllung des Tatbestandes des "§ 133" gefordert (S 280/VII). Damit wird die gegen den formal mängelfrei begründeten Schuldspruch im Grundtatbestand wegen des Vergehens der (vollendeten) Veruntreuung nach § 133 Abs 1 StGB gerichtete Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt.

In der zur Stellungnahme der Generalprokuratur gemäß § 35 Abs 2 StPO erstatteten Äußerung wird demgegenüber urteilsfremd argumentiert, "sämtliche Gelder wurden zugunsten der Heimbewohner verwendet".

Im Recht ist die Beschwerde aber, soweit sie zwar irrig unter Z 5 und 9 lit a - der Sache nach ausschließlich Z 10 - beweismäßig indizierte (siehe insbes S 849 ff/III, S 77 ff, 99 f, 125, 186 ff, 206 f/VII) Feststellungen subjektiver und objektiver Art vermisst. Das Tatgericht begnügt sich nämlich in diesem Zusammenhang bloß mit der Annahme, es könne im Detail nicht mehr festgestellt werden, ob und welche Leistungen der Angeklagte mit den ihm anvertrauten Geldern bezahlt habe (US 20 letzter Absatz). Es zieht daraus aber die rechtlich verfehlte Konsequenz, den Angeklagten wegen Veruntreuung des gesamten Bargeldbetrages zu verurteilen.

Indes sind exakte Konstatierungen zur Frage, welcher Art diese Anschaffungen waren und in welchem (objektivierbaren) Umfang Werner R***** ihm anvertraute Gelder zur Bezahlung von notwendigen Anschaffungen für pflegebedürftige Heimbewohner (zB von Windeln) oder von Investitionen zum Vorteil des Seniorenheimes verwendet hat, für die Beurteilung, ob er sich oder einem Dritten ein Gut im Wert von über 25.000 S oder über 500.000 S mit auf "unrechtmäßige Bereicherung" gerichtetem Vorsatz zugeeignet hat, von entscheidungswesentlicher Bedeutung.

Veruntreuung begeht, wer ein ihm anvertrautes Gut sich oder einem Dritten mit dem Vorsatz zueignet, sich oder diesen dadurch unrechtmäßig zu bereichern. Ein Vorenthalten allein ist nicht mehr tatbildlich. Ebenso wenig reichen zur Tatbestandsverwirklichung schlichte Vertragsverletzungen und sonstige Treuewidrigkeiten ohne vermögensschädigenden Charakter aus (Leukauf/Steininger Komm3 RN 13 f, Kienapfel BT II3 Rz 51, 54 jeweils zu § 133).

Der in der Praxis tief verwurzelten Dominanz der wirtschaftlichen Betrachtungsweise des österreichischen Vermögensstrafrechtes entspricht ein "juristisch- wirtschaftlicher" Zueignungsbegriff, der nicht nur auf die Anmaßung eigentümerähnlicher Verfügungsgewalt abstellt, sondern zugleich auch auf den entsprechenden "wirtschaftlichen" Effekt (Kienapfel aaO Allg Vorbem Rz 83 ff und § 133 Rz 52). Demnach verlangt Zueignen in objektiver Hinsicht die Überführung der anvertrauten Sache oder ihres wirtschaftlichen Wertes in das eigene freie Vermögen des Täters oder in das eines Dritten. In subjektiver Hinsicht wird der (zumindest) bedingte erweiterte Vorsatz gefordert, sich oder einen Dritten dadurch unrechtmäßig zu bereichern, dh dass der Täter sein Vermögen oder das eines Dritten zumindest zeitweilig um die anvertraute Sache oder ihren wirtschaftlichen Wert unrechtmäßig vermehren will. Dies trifft dann nicht zu, wenn er keine Vermögensvermehrung zu seines oder eines Dritten Gunsten herbeiführt, sondern ausschließlich andere Zwecke verfolgt, zum Nutzen des Berechtigten handelt oder den Anvertrauenden mit dem anvertrauten Gut - wenngleich eigenmächtig - von einer Last befreit. Ebensolches gilt, wenn er sich anvertrautes Geld zueignet, dabei aber ersatzwillig und ersatzfähig ist (vgl zu alldem Leukauf/Steininger aaO RN 14, 21, 21a 23, 25 f und Kienapfel aaO Rz 63 f, 80, 82, 96 ff jeweils zu § 133 ).

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze wird das Tatgericht daher im erneuerten Verfahren auf Basis eines erweiterten (und sorgfältig durchgeführten) Beweisverfahrens eindeutige und mängelfreie Konstatierungen dahin zu treffen haben, ob und in welchem Umfang der Angeklagte mit den ihm anvertrauten Geldern für Heimbewohner notwendige Anschaffungen getätigt, in welchem Ausmaß er Investitionen zum Vorteil der von der Stadtgemeinde Hallein geführten Anstalt vorgenommen und in welcher Größenordnung er darüber hinaus sonstige Auslagen für sich oder Dritte bestritten hat. Erst dann wird mit der für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit anzunehmen sein, ob der Beschwerdeführer mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz der oben dargestellten Qualität gehandelt und die Wertqualifikationsgrenzen von 25.000 S und 500.000 S des § 133 Abs 2 StGB überschritten hat.

In Bezug auf den kassierten Schuldspruch des Angeklagten wegen versuchter Veruntreuung eines Betrages von 51.290,10 S bedarf es zur verlässlichen Klärung der objektiven und subjektiven Tatseite gerade wegen der im Beweisverfahren hervorgekommenen und in den Entscheidungsgründen auch näher dargestellten Problematik einer besonders sorgfältigen, sachbezogenen und formell einwandfreien Begründung (vgl hiezu Leukauf/Steininger aaO Rz 15).

Zum Schuldspruch II. 1:

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider war das Erstgericht gemäß dem Gebot des § 270 Abs 2 Z 5 StPO nicht verpflichtet, einen im Rechtsmittel selektiv hervorgehobenen Satz des Zeugen Hermann G***** über das klaglose Funktionieren des Datenflusses mittels Diskette zwischen Seniorenheim und Stadtbuchhaltung (S 151/VII) in den Gründen gesondert zu erörtern.

Die regelmäßig erfolgte Übermittlung von Bankeinzugsdisketten mit der monatlichen Abrechnung betreffend rund 100 Heimbewohner mit Abbuchungsauftrag an die Stadtgemeinde Hallein ersetzte weder die im ausschließlichen Verantwortungsbereich des Angeklagten gelegene, indes weitgehend unterlassene ordnungsgemäße Berechnung, Vorschreibung und Überwachung des Einganges der Gebühren aller Heimbewohner, noch die nach erfolgter Bekanntgabe, wer über Bankeinzug nicht bezahlt hat, pflichtwidrig unterlassene Fälligstellung der Heimgebühren bei den säumigen Zahlern und die letztlich notwendige Erstellung von Rückstandsausweisen. Alle diese Obliegenheitsverletzungen des Heimleiters sowie der daraus resultierende Schaden der Stadtgemeinde Hallein werden im Urteil nicht nur widerspruchsfrei angeführt, sondern auch zureichend und ohne Verstoß gegen die Denkgesetze dargestellt (vgl US 13 ff, 21 f, 27 ff). Dies gilt ebenso für den behaupteten "Feststellungsmangel" zur Höhe des vom Beschwerdeführer zu vertretenden Schadens (US 2 - 8; 21, 30, 34), wobei eine Sonderung jener Beträge, welche aus Nichtausstellung und aus Falschausstellung von Rechnungen resultieren, wegen der Gleichrangigkeit und Schadenskausalität nicht erforderlich ist.

Das weitgehend auf eigenen Beweiswerterwägungen beruhende Vorbringen läuft daher im Kern bloß auf eine unzulässige Kritik an der erstgerichtlichen Beweiswürdigung hinaus, ohne jedoch einen formalen Begründungsfehler in der Bedeutung des relevierten Nichtigkeitsgrundes zu enthalten.

Die vom Beschwerdeführer erst in einer gemäß § 35 Abs 2 StPO erstatteten Äußerung - demnach verspätet - zusätzlich ins Treffen geführten Argumente können nicht berücksichtigt werden, weil ein solcher Schriftsatz die Erweiterung von Nichtigkeitsgründen nicht gestattet.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) orientiert sich verfahrensvorschriftswidrig nicht an der Gesamtheit der Tatsachenfeststellungen. Sie bestreitet zunächst den Befugnismissbrauch, indem sie abermals nur einen bereits zur Stützung der Mängelrüge erfolglos ins Treffen geführten Aspekt ("Es erfolgten jedenfalls Abrechnungen") isoliert, demnach sinnentstellend aus dem Gesamtgefüge herauslöst und anhand eines nicht urteilsgetreu zitierten Feststellungsteils ("Es kam dem Beschwerdeführer nicht zu, über Ansprüche der Dienstgeberin, der Stadtgemeinde Hallein zu verfügen, diese zu erlassen oder zu schmälern" - vgl demgegenüber US 21 zweiter Absatz, Satz vier) urteilsfremd ein strafbares Verhalten nach § 153 StGB bestreitet, zumal - nach ihrer Ansicht - dem Angeklagten nicht die Befugnis eingeräumt wurde, über fremdes Vermögen zu verfügen. Sie lässt auch sämtliche wesentlichen und - wie oben dargelegt - formal mängelfrei begründeten Konstatierungen über die vom Rechtsmittelwerber als Verwaltungsdirektor zur Leitung des "autark" gestalteten und "autonom" geführten vertragsmäßig übernommenen - jedoch weitgehend zum Schaden der Stadtgemeinde Hallein vernachlässigten - Pflichten sowie die ihm zu diesem Zweck übertragenen geschäftsführerähnlichen Befugnisse außer Acht (US 13, 17, 21 f) und bringt daher den herangezogenen materiellen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Im Recht ist die Rechtsrüge wiederum insoweit, als sie einen Feststellungsmangel zur subjektiven Tatseite (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO) releviert. Der Missbrauch der Befugnis bzw das Unterlassen einer Rechtshandlung, die der Machthaber vorzunehmen im Innenverhältnis verpflichtet ist, muss nämlich wissentlich iSd § 5 Abs 3 StGB geschehen; dh der Täter muss sich gewiss sein, dass seine Verfügung oder Unterlassung pflichtwidrig ist (vgl Leukauf/Steininger aaO RN 18, 42; Kienapfel aaO Rz 48, 81 je zu § 153). Dazu geben die Entscheidungsgründe aber nicht den nötigen Aufschluss.

Unmissverständlicher und ausreichender Konstatierungen zur Wissentlichkeit hätte es aber gerade in dem hier aktuellen Fall bedurft, weil sich der Angeklagte mit den vielfältigen Agenden eines Verwaltungs- und Pflegedienstleiters in Personalunion (US 12 ff) teilweise überfordert, teilweise von der Stadtgemeinde Hallein im Stich gelassen fühlte (US 26, 31 letzter Absatz) und auch der Dienstgeber längere Zeit hindurch wenig effiziente Kontrollmaßen gesetzt hat (vgl S 105 f, 185 f/VII). Die bloße Aufnahme des Tatbestandsmerkmals der "Wissentlichkeit" in den Urteilsspruch vermag die notwendige Feststellung dieser wesentlichen Sachverhaltskomponente in den Entscheidungsgründen nicht zu ersetzen.

Zum Schuldspruch II. 2:

Im Urteilsspruch wird dem Angeklagten angelastet, bei Heimbewohnern, die Sozialhilfeempfänger waren, "vom Sozialamt die Sozialhilfe nicht eingefordert zu haben" (US 9). In den Gründen wird dieser Vorwurf dahingehend erweitert, es sei Aufgabe des Heimleiters gewesen, diesen Heimbewohnern, welche die Voraussetzungen für den Empfang von Sozialhilfe erfüllten, vom Sozialamt die Sozialhilfe zu beantragen. Er habe über seine Verpflichtung Bescheid gewusst, dass er für solche Heimbewohner hätte Sozialhilfe beantragen müssen, es aber unterlassen, entsprechende Anträge zu stellen, wodurch der Stadtgemeinde Hallein daraus ein Schaden von 1,848.081,51 S entstanden sei (US 22 f).

Die dagegen gerichtete Mängelrüge (Z 5) vermisst im Ergebnis zu Recht die notwendige Erörterung der dazu erhobenen Beweise. Während der Angeklagte mit Nachdruck darauf hinweist, es sei nicht seine Aufgabe gewesen, den Antrag auf Sozialhilfe zu stellen (S 195 unten/VII), deponierte der Zeuge Dr. Erich H*****, diese Antragstellung sei primär ebenso in den Aufgabenbereich des Verwalters gefallen (S 106 unten/VII). Auch der Zeuge Hermann G***** bestätigte dies zunächst (S 117/VII), schränkte dann aber über näheres Befragen ein, dies sei eine "Serviceleistung" des Hauses. Es sei nicht möglich, Sozialhilfeanträge für den Bewohner ohne dessen Zustimmung zu stellen. Seine weitere Aussage, wonach die "sehr häufig praktizierte Serviceleistung" zum Aufgabenbereich des Verwalters gehört habe und eine Pflichtaufgabe des Dienstnehmers, er dazu aber nicht verpflichtet gewesen sei (S 726 f/VII), ist nicht eindeutig.

Da sich das Tatgericht mit diesen Beweisergebnissen überhaupt nicht auseinandergesetzt hat, haftet dem Urteil insoweit der relevierte Begründungsfehler an.

Davon abgesehen fehlen - was von der Beschwerde jedoch ungerügt geblieben, aber von Amts wegen (§ 290 Abs 1 StPO) wahrzunehmen ist - Konstatierungen in objektiver Hinsicht (Z 9 lit a), inwiefern die Stellung von Sozialhilfeanträgen für die Heimbewohner, denen allein der Anspruch zustand, eine rechtsgeschäftliche Vertretungshandlung für die das Seniorenheim betreibende Stadtgemeinde Hallein darstellte, wenngleich der Sozialhilfebezug durch die betreffenden Personen, welche damit oft erst die gesamten Aufenthaltskosten bezahlen konnten, im wirtschaftlichen Interesse der Heimbetreiberin lag.

Angesichts dessen, dass dieser Schuldspruch bereits aus Z 5 und wegen eines amtswegig wahrgenommenen Nichtigkeitsgrundes zu kassieren ist, erübrigt sich ein Eingehen auf die (- entgegen der gemäß § 35 Abs 2 StPO erstatteten Äußerung - diesfalls ebensowenig gesetzmäßig ausgeführte) Rechtsrüge (Z 9 lit a) des Beschwerdeführers.

Zum Schuldspruch II. 3:

Nicht zielführend ist die Mängelrüge (Z 5).

Die Aussagen des Zeugen Christian Sch*****, welche zu den tataktuellen Verfehlungen des Angeklagten nichts beitragen konnten, wurden in den Gründen ausreichend erörtert (US 32 zweiter Absatz). Warum dessen Angaben über die Erstellung sämtlicher Jahresgutachten 1998 (S 192/VII) besonders hätten erwähnt werden sollen und was für den Nichtigkeitswerber daraus Entlastendes zu gewinnen gewesen wäre, ist dem Rechtsmittel nicht zu entnehmen.

Davon abgesehen konzentriert sich der Beschwerdeführer lediglich selektiv auf die Erstellung unrichtiger Pflegegutachten, bzw auf deren Nichterstellung, lässt dabei aber alle für ihn damit verbunden gewesenen maßgebenden Verpflichtungen außer Acht (US 3; 13 ff, 17 f, 23 ff), weshalb auch diese Rüge eine gesetzmäßige Ausführung vermissen lässt.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) hinwieder übergeht zum einen den zentralen Urteilsvorwurf, der Angeklagte habe es unterlassen, bei den im Spruch namentlich genannten Personen die unbedingt regelmäßig erforderlich gewesene Aktualisierung von Pflegegutachten vorzunehmen oder vornehmen zu lassen. Deshalb habe er ohne rechtliche Grundlage und pflichtwidrig niedrigere Pflegestufen als in den Pflegegutachten dokumentiert verzeichnet, wodurch er die Stadtgemeinde Hallein bewusst um 1,327.395 S geschädigt habe (US 23 - 25 und 34 zweiter Absatz). Zum andern bestreitet sie unzulässig, dass der konstatierte Schädigungsvorsatz (hier sogar in Form der Wissentlichkeit - siehe abermals US 34 zweiter Absatz) den Beschwerdeführer zugerechnet werden könne. Damit gebricht es ihr auch insoweit an einer prozessordnungsgemäßen Ausführung der Rüge.

Indes bleibt der dem Urteil anhaftende Feststellungsmangel zur Wissentlichkeit des Befugnismissbrauches (Z 9 lit a) vom Beschwerdeführer unbekämpft. Dies verpflichtet den Obersten Gerichtshof zu einem amtswegigen Vorgehen zugunsten des Angeklagten (§ 290 Abs 1 StPO). Insoweit genügt jedoch der Hinweis auf die auch hier zutreffenden Ausführungen bei Erledigung der Rechtsrüge zu II. 1.

Aus den dargelegten Gründen war daher das angefochtene Urteil zufolge teils vom Rechtsmittelwerber geltend gemachter Begründungs- und Feststellungsfehler, teils wegen amtswegig wahrgenommener Konstatierungsmängel, welche im Nichtigkeitsverfahren wegen der strikten Bindung an den Urteilssachverhalt nicht sanierbar sind, im Schuldspruch I. (ausgenommen im Grundtatbestand nach § 133 Abs 1 StGB) und II. 1. bis 3., demnach auch im Strafausspruch sowie in den Aussprüchen gemäß § 369 Abs 1 StPO und § 20 Abs 1 Z 1 StGB schon bei nichtöffentlicher Beratung aufzuheben und - unter Verweisung des Angeklagten mit seiner Berufung hierauf - im Umfang derAufhebung zu neuerlicher Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen (§ 285e StPO).

Ergänzend ist auszuführen, dass der im Keller (Archiv) des Seniorenheimes sichergestellte Bargeldbetrag von 123.379,80 S gemäß § 20 Abs 1 Z 1 StGB abgeschöpft wurde. Feststellungen, auf welcher Grundlage diese Maßnahme erfolgte, enthält das Urteil nicht. Dieser verfehlte Ausspruch teilt das Schicksal des aufgehobenen Schuldspruchs wegen versuchter Veruntreuung (I.), sodass sich der Oberste Gerichtshof zu einer Maßnahme gemäß § 290 Abs 1 StPO nicht veranlasst sieht.

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