OGH 3Ob193/00d

OGH3Ob193/00d21.3.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei mj Dejan A*****, vertreten durch Zoran A*****, als gesetzlicher Vertreter, dieser vertreten durch Dr. Karl Benkhofer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Stadt Wien, 1082 Wien, Neues Rathaus, vertreten durch Dr. Josef Milchram, Rechtsanwalt in Wien, sowie 2. Renate F*****, und 3. Gabriele H*****, beide vertreten durch Dr. Vera Kremslehner, Rechtsanwältin in Wien, wegen S 4,142.000 sA und Feststellung (Streitwert im Revisionsverfahren S 1,692.000), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 21. März 2000, GZ 12 R 14/00t, 15/00i-117, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 22. September 1999, GZ 7 Cg 310/93x-104, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden bezüglich der Entscheidung über das Rentenbegehren (Punkt 3. des Ersturteils) mit Ausnahme der in Rechtskraft erwachsenen Abweisung des Wertsicherungsbegehrens und in der Kostenentscheidung aufgehoben.

Die Rechtssache wird in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der damals 8jährige Kläger besuchte am 7. 6. 1991 gemeinsam mit der Hortgruppe eines von der Erstbeklagten betriebenen Kinderhortes das Dianabad in Wien. Die Hortgruppe wurde von den Zweit- und Drittbeklagten als Aufsichtspersonen begleitet. Es kam zu einem Badeunfall, bei dem der mj Kläger längere Zeit unter Wasser verblieb und schwere gesundheitliche Schäden davontrug.

Die Zweit- und Drittbeklagten wurden mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 8. 1. 1992 des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und 4 erster Fall StGB schuldig erkannt.

Der Kläger erhob (neben den bereits rechtskräftig erledigten Begehren auf Zahlung von insgesamt S 2,450.000 sA für Schmerzengeld, Verunstaltungsentschädigung und Spesenersatz sowie auf Feststellung) das Klagebegehren auf Zahlung einer monatlichen Rente von S 47.000 ab Rechtskraft des Urteils, spesenfrei zahlbar jeweils spätestens bis zum fünften Tag des laufenden Monats, wobei Wertsicherung begehrt wurde.

In der am 22. 10. 1992 eingebrachten Klage brachte der Kläger hiezu vor, für seine Unterbringung und Pflege im Pflegeheim müsse derzeit ein monatlicher Betrag von S 42.000 aufgewendet werden; hinzu kämen Kosten der Medikamente und Therapiebehandlungen von monatlich S 5.000; bisher sei er zur Abdeckung der Pflegekosten nicht herangezogen worden.

Die Beklagten wendeten ein, die Erstbeklagte gewähre dem Kläger nach dem Wiener Behindertengesetz Hilfe; er werde auch in Zukunft weder mit Pflege- noch mit Heilungskosten belastet werden.

In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 29. 6. 1998 brachten die Beklagten weiters vor, der Kläger werde seit März 1992 auf Kosten der erstbeklagten Partei im Club Balance betreut. Die Unterbringung und Pflege in diesem Verein sei aus medizinischer und pflegerischer Sicht optimal; es bestehe daher kein Anspruch, stattdessen eine weitergehende und teurere Pflege zu Hause vornehmen zu lassen; eine Hauspflege würde gegen die Schadensminderung verstoßen.

Der Kläger brachte hiezu vor, die Pflege im Club Balance sei keineswegs optimal. Die erstbeklagte Partei nehme ihm die Möglichkeit einer anderen Pflege, weil sie sich weigere, die Geldrente zu bezahlen.

In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 22. 6. 1999 wendeten die Beklagten weiters ein, der Vater des minderjährigen Klägers habe keinen Antrag auf Pflegegeld gestellt, obwohl dem Kläger ein solches nach der Pflegestufe 6 zustehe. Da der Kläger damit gegen die Schadensminderungspflicht verstoßen habe, stehe ihm ein Pflegegeldersatz nicht zu. Aufgrund des Bundespflegegeldgesetzes sowie der Landespflegegesetze gingen Ansprüche aus erfolgten Pflegegeldzahlungen auf den Sozialversicherungsträger über. Es könne seitens des Klägers jederzeit ein solcher Antrag gestellt werden, wodurch eine Legalzession eintreten würde; es sei daher auch für die Zukunft nicht absehbar, welcher Aufwand dem Kläger an Pflege tatsächlich entstehen werde. Dazu komme, dass der Aufwand nicht prognostizierbar sei, weil kein stabiler Krankheitsverlauf vorliege und nicht abgeschätzt werden könne, welche tatsächlichen Kosten bei der Herausnahme des Klägers aus dem Heim entstehen. Bei einer Verbringung des Klägers in das Ausland sei der konkrete Pflegeaufwand überhaupt nicht vorhersehbar.

Der Kläger replizierte, er sei kein österreichischer Staatsbürger und könne nicht gezwungen werden, sich Zeit seines Lebens in Österreich aufzuhalten. Nach dem Wiener Behindertengesetz 1986 bestehe ein Anspruch auf Behindertenhilfe überhaupt nur dann, wenn aufgrund anderer Rechtsvorschriften keine Möglichkeit auf Erlangung gleichartiger oder ähnlicher Leistungen bestehe.

Das Erstgericht gab dem Begehren auf Zahlung einer monatlichen Rente von S 47.000 ab Rechtskraft des Urteils, spesenfrei zahlbar jeweils spätestens bis zum fünften Tag des laufenden Monats, statt und wies das Begehren auf Wertsicherung dieser Rente ab; in der Abweisung des Wertsicherungsbegehrens ist das Ersturteil unangefochten in Rechtskraft erwachsen.

Das Ersturteil stellte - soweit für das Rentenbegehren von Bedeutung - den derzeitigen Zustand des Klägers folgendermaßen fest:

Der Kläger war bis zum Unfall altersentsprechend normal entwickelt. Er wurde durch den unfallkausalen Hirnschaden in seiner Entwicklung so weit zurückgeworfen, dass er etwa im Jahr 1993 dem Entwicklungsniveau eines noch nicht einmal einjährigen Kindes entsprach. Inzwischen konnte das Niveau eines etwa drei bis fünfjährigen Kindes erreicht werden. Der Kläger hat noch immer massive Sprach- und Artikulationsprobleme. Sein Redetempo ist verlangsamt, der Satzaufbau ist unvollständig. Er ist in der Lage, Bildfolgen auf den Niveau eines Fünfjährigen zu interpretieren. Seine Leistungen im Schreiben, Lesen und Rechnen entsprechen dem Niveau der Aufbauphase der ersten Klasse. Eine räumliche Orientierung ist nur im unmittelbaren Lebensumfeld gegeben. Er kann sich aber etwa nicht im Stockwerk seiner Schule zurecht finden. Er ermüdet schnell und ist nicht in der Lage, über längere Zeit Aufmerksamkeit aufzubringen. Er kann zwar einzelne Aufgaben des lebenspraktischen Bereiches selbständig ausführen, begreift aber nicht deren Notwendigkeit und ist somit in fast allen Lebenslagen auf Fremdsteuerung angewiesen. Psychologische Tests zeigen bei ihm ein erhöhtes Angstpotential, eine erhebliche affektive Labilität und eine gestörte Zuordnung der eigenen Person zur Umgebung. Aus dem Verhalten des Klägers zeigt sich, dass er seine Behinderung als solche wahrnimmt und unter seinem derzeitigen Zustand seelisch leidet und wohl auch in Zukunft leiden wird. Eine wesentliche Besserung der klinisch-psychologischen Zustandsbilder ist für die Zukunft nur schwer vorstellbar. Seine Beziehung zum Vater ist sehr positiv, zumal sich dieser um den Kläger seit dessen Geburt intensiv kümmert und auch nach dessen Unfall häufigen und regelmäßigen Kontakt sucht.

Der Kläger kann heute im Rollstuhl sitzen, diesen teilweise selbständig bewegen und sogar einige Schritte fast frei mit leichter Hilfestellung an beiden Unterarmen bzw Rollatoren gehen. Allerdings sind Gleichgewichts-, Beweglichkeits- und Koordinationsstörungen vorhanden, die auch in Zukunft bleiben werden. Dem Kläger ist ein selbständiges Essen nur unter erschwerten Bedingungen möglich. Die Benützung einer Toilette ist mit Hilfe von Begleitpersonen möglich; zeitweise leidet der Kläger aber auch an Inkontinenz. Seine Bewegungsstörungen sind ihm bei vielen Tätigkeiten hinderlich; er ist immer auf Hilfe angewiesen, weil die Verletzungsgefahr wegen der Labilität und der unkoordinierten Armbewegungen hoch ist.

Sowohl in psychologischer als auch in orthopädischer Hinsicht sind für die Zukunft keine wesentlichen Verbesserungen des Gesundheitszustandes zu erwarten. In Zukunft wird man danach trachten müssen, die erreichte Mobilität des Klägers zu erhalten. Der Kläger wird Zeit seines Lebens auf Fremdhilfe angewiesen sein, und zwar in den Bereichen Ernährung, Körperpflege, Beweglichkeit etc.

Derzeit ist er in einem Wohnheim des Vereins Balance untergebracht, dessen Kosten (Tagessatz von S 1.030,13) von der erstbeklagten Partei getragen werden und auch in der Vergangenheit getragen worden sind. Der Vater ist mit der Betreuung in diesem Heim nicht zufrieden und lehnt eine Heimunterbringung generell ab. Inwieweit seine Vorwürfe gegen das Heim (vereinzelte schlechte Betreuungsmaßnahmen) der Wahrheit entsprechen, lässt sich nicht feststellen. Insgesamt ist die derzeitige Betreuung des Klägers im Heim objektiv sehr gut. Der Vater beabsichtigt, bei Obsiegen in diesem Verfahren den Kläger bei sich zu Hause oder bei den Großeltern in Jugoslawien unterzubringen. Der Kläger selbst ist jugoslawischer Staatsbürger. Eine Betreuung des Klägers zu Hause wäre möglich, würde aber eine permanente Überwachung und Hilfestellung voraussetzen. Bei der Beschäftigung professioneller Hilfskräfte (zwei diplomierte Krankenschwestern) entstünden dadurch Kosten von zumindest S 47.000 im Monat.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 12, vom 23. 12. 1992 wurde dem Kläger gemäß § 24 Wiener BehindertenG 1986 Hilfe zur Unterbringung ab 23. 3. 1992 im Rahmen des Vereins Balance gewährt. Für diese Maßnahme wurde von der Voraussetzung des Besitzes der österreichischen Staatsbürgerschaft Abstand genommen. Ein Kostenbeitrag wurde dem Kläger nicht vorgeschrieben; auch für die Zukunft ist keine Vorschreibung solcher Beträge vorgesehen.

Anträge auf Pflegegeld wurden für den Kläger bislang nicht gestellt.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, der Schädiger habe dem Verletzten gemäß § 1325 ABGB auch jene Kosten zu ersetzen, die aufgrund einer Vermehrung seiner Bedürfnisse entstanden sind, wozu auch die Kosten einer Pflegekraft gehörten. § 1323 ABGB stellte primär darauf ab, den Schädiger zur Naturalrestitution (statt zu Geldersatz) zu verpflichten. Die Bereitschaft der erstbeklagten Partei zur Bereitstellung von Pflegeleistungen in einem Heim könnte als Form der Naturalrestitution verstanden werden. Da die Naturalleistung des Schädigers aber allein im Interesse des Geschädigten liege, habe der Geschädigte generell auch das Recht, anstelle der Naturalleistung Geldersatz zu verlangen. Nur dann, wenn ausnahmsweise die Naturalleistung des Schädigers dem Geschädigten zumutbar wäre, müsse dieser seine höheren Mehrkosten bei Geldersatz selbst tragen.

Hier sei zu beurteilen, ob dem mj Kläger die Möglichkeit gegeben werden solle, bei seiner Familie untergebracht zu sein, oder ob es ihm zumutbar sei, in dem von der erstbeklagten Partei finanzierten Pflegeheim zu bleiben. Der mj Kläger nehme trotz Einschränkung seiner geistigen Fähigkeiten seine Behinderung wahr und leide darunter. Der Kontakt zu seiner Familie erscheine dem Gericht wichtig, um sein Minderwertigkeitsgefühl auszugleichen und seiner psychischen Labilität entgegenzuwirken. Es könne dem Kläger keinesfalls verwehrt werden, lieber bei seiner Familie als in einem Heim untergebracht zu sein, selbst wenn dort objektiv eine Pflege gewährleistet wäre. Von einem Geschädigten könne im Rahmen der Schadensminderungspflicht nicht verlangt werden, sich in ein Pflegeheim zu begeben und nur dessen Kosten vom Schädiger ersetzt zu verlangen. Dem Kläger stehe daher Geldersatz für eine Pflege im Rahmen seiner Familie zu.

Die Berechnung dieser Kosten erfolge auch bei Betreuung durch Angehörige in der Weise fiktiv, dass die Kosten professioneller Pflegekräfte zuzuerkennen seien. Der Oberste Gerichtshof habe zwar in der Entscheidung SZ 71/146 eine gegenteilige Rechtsansicht geäußert, jedoch im Ergebnis auch in diesem Fall unter Heranziehung des § 273 ZPO für die Pflegetätigkeit des Familienangehörigen eine Pflegerente zugesprochen, die etwa jenem Aufwand entsprach, den zwei professionelle Pflegekräfte kosten würden. Ausgehend davon stehe dem mj Kläger zumindest der begehrte Betrag von S 47.000 monatlich zu, zumal eine Betreuung durch professionelle Pflegekräfte eine wesentlich höhere Summe kosten würde.

Dem Einwand der Beklagten, der Kläger habe es unterlassen, Bundes- oder Landespflegegeld zu beantragen, sei zu erwidern, dass er als Angehöriger eines Sozialversicherten keinen Anspruch auf Leistungen aus dem Bundespflegegeldgesetz habe, weil er nicht zu dem von § 3 BundespflegegeldG erfassten Personenkreis gehöre. Eine Verletzung der Schadensminderungspflicht sei ihm daher nicht vorzuwerfen.

Auch die unterlassene Antragstellung nach dem Wiener Pflegegeldgesetz könne ihm schon deshalb nicht zum Vorwurf gemacht werden, weil diese Sozialleistungen nicht den Zweck verfolgten, den Schädiger zu begünstigen; der Schädiger habe daher keinen Anspruch, dass diese Leistungen vom Geschädigten in Anspruch genommen werden. Hinzu komme, dass nach § 3 Abs 1 Z 1 Wiener PflegegeldG grundsätzlich nur österreichische Staatsbürger Leistungen aus diese Gesetz in Anspruch nehmen könnten. Ein Rechtsanspruch des Klägers auf eine Nachsicht von diesem Erfordernis (§ 3 Abs 4 WPGG) bestehe nicht. Selbst wenn ein solcher Rechtsanspruch bejaht würde, könnte ein Pflegegeldbezug nur einer Schadensverlagerung führen, weil die Schadenersatzansprüche gemäß § 13 Abs 1 WPGG auf den Pflegegeldträger übergingen und er gegen den Schädiger Ansprüche stellen könnte. Dass im vorliegenden Fall der Pflegegeldträger und der Schädiger ident seien, spiele für die rechtliche Beurteilung keine Rolle.

Auch der Einwand, dass der Kläger nicht aktiv klagslegitimiert sei, weil das Wiener BehindertenG bzw Wiener PflegegeldG Legalzessionen vorsehe, sei nicht berechtigt. Der Beklagte habe keinen Anspruch auf Bundespflegegeld und beziehe kein Pflegeld nach dem Wiener Pflegegeldgesetz.

Nach § 1 Abs 1 Z 3 Wiener BehindertenG sei Voraussetzung für die Hilfestellung, dass der Behinderte aufgrund anderer Rechtsvorschriften keine Möglichkeit zur Erlangung gleichartiger oder ähnlicher Leistungen besitze. Spätestens mit Rechtskraft dieses Urteils würden die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Hilfestellung nach diesem Gesetz wegfallen, sodass die erstbeklagte Partei selbst auf Grundlage des derzeit noch bestehenden Bescheides nicht zu einer doppelten Leistung verpflichtet sei.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil dahin ab, dass das Rentenbegehren abgewiesen wurde; es sprach aus, die ordentliche Revision sei zulässig, weil eine Entscheidung des Höchstgerichtes zur Frage der Konsolidierung der Schadensfolgen als Voraussetzung für die Gewährung einer Pflegegeldrente nach § 1325 ABGB nicht vorliege.

In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, der gemäß § 1325 ABGB im Falle der schuldhaften Körperverletzung dem Geschädigten zu leistende Schadenersatz umfasse auch die Abgeltung der durch die Verletzung eingetretenen Vermehrung der Bedürfnisse, insbesondere auch der mit der allenfalls durch die Verletzung notwendig gewordenen Pflege verbundenen Kosten. Der - im vorliegenden Fall mangels diesbezüglich bestehender Haftungsvoraussetzungen nicht anwendbare - § 14 EKHG sehe (ua) hinsichtlich der Vermehrung der Bedürfnisse Schadenersatz für die Zukunft durch Entrichtung einer Geldrente vor. Im Bereich der allgemeinen Schadenersatzhaftung sei zwar die Leistung einer Geldrente nicht gesetzlich vorgesehen, entspreche aber der herrschenden Ansicht. Ein Pflegeaufwand sei ab dem Zeitpunkt Rentenschaden, ab dem er wegen seiner Konsolidierung objektiv mit einem regelmäßig zu zahlenden Geldbetrag abgegolten werden könne.

Im vorliegenden Fall könne der von den Beklagten in Geld zu ersetzende Pflegeaufwand derzeit in keiner Weise abgeschätzt werden, weil bisher für den Kläger noch kein Pflegeaufwand aufgelaufen sei, zumal die erforderliche Pflege direkt von der Erstbeklagten durch Unterbringung in einem ihrer Heime ohne Kostenvorschreibung an den Kläger bzw dessen Vater geleistet worden sei. Wie sich ein allenfalls für den Kläger entstehender Pflegeaufwand in Zukunft entwickeln werde, könne derzeit nicht abgeschätzt werden. Es stehe fest, dass der Vater des Klägers beabsichtige, bei Obsiegen in diesem Verfahren den Kläger bei sich zu Hause oder bei den Großeltern in Jugoslawien unterzubringen. Eine Betreuung des Klägers zu Hause wäre möglich, würde aber eine permanente Überwachung und Hilfestellung voraussetzen. Das Erstgericht habe darüber hinaus festgestellt, dass bei der aufgrund des Zustandsbildes des Klägers wohl erforderlichen Beschäftigung professioneller Hilfskräfte Kosten von zumindest S 47.000 im Monat entstünden. Dies gelte aber gerichtsnotorischerweise nur für eine Betreuung des Klägers zu Hause, wenn diese in Österreich oder in einem Land mit vergleichbaren Lebenshaltungskosten stattfinde. Die Kosten der Betreuungsmaßnahmen in Jugoslawien wären - wenn diese auch derzeit nicht exakt feststünden - aufgrund des dortigen Kostenniveaus (insbesondere für Dienstleistungen) wesentlich niedriger. Da die (allfällige) zukünftige Pflegekostenentwicklung für den Kläger nicht auch nur annähernd abgeschätzt werden könne, könne von einer Konsolidierung der Schadensfolgen als Voraussetzung für die Zuerkennung eines Rentenanspruchs nicht gesprochen werden. Der Zuspruch zukünftiger Pflegekosten komme daher (einstweilen) nicht in Betracht.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist berechtigt.

Nach ständiger Rechtsprechung ist der Geschädigte berechtigt, nach § 1325 ABGB den Ersatz jenes Schadens zu verlangen, der ihm dadurch entsteht, dass er infolge seiner unfallbedingten Körperbehinderung die Dienstleistungen anderer Personen in Anspruch nehmen muss. Dass derartige Hilfeleistungen durch andere Personen freiwillig und unentgeltlich erbracht werden, ändert an der Ersatzpflicht des Schädigers nichts, es sei denn, sie würde in der Absicht erbracht, den Schädiger zu entlasten (ZVR 1979/135; ZVR 1980/302; 8 Ob 60/86 uva). Dem Abgehen von der Zuerkennung fiktiver Heilbehandlungskosten mit der Entscheidung des verstärkten Senates 2 Ob 82/97s = SZ 70/220 kommt bei der Angehörigenpflege keine entscheidende Bedeutung zu, weil es sich hier insofern um keinen fiktiven Schaden handelt, als die Pflege tatsächlich von den Angehörigen durchgeführt wird (5 Ob 50/99k = ZVR 1999/109; s weiters 2 Ob 49/98i = ZVR 1998/128).

Bei Ansprüchen gemäß § 1325 ABGB können für künftige Leistungen Renten im Sinn des § 406 ZPO zugesprochen werden (JBl 1956, 284; 1 Ob 155/97v = SZ 71/5). Dem Verpflichteten bleibt es vorbehalten, mit Oppositionsklage, gegebenenfalls auch Feststellungsklage, nach der Verurteilung die Herabsetzung der Rente zu verlangen, wenn er Umstände nachweist, die eine Verringerung seiner Leistungen zur Folge haben (ZVR 1975/168).

Selbst wenn im vorliegenden Fall eine Konsolidierung der Unfallsfolgen so weit eingetreten ist, dass für die Zukunft mit keiner wesentlichen Verbesserung des Gesundheitszustandes des Klägers zu rechnen ist, so reichen die bisher vorliegenden Verfahrensergebnisse nicht aus, um die Höhe einer Rente für Pflegekosten für die Zukunft zu ermitteln. Nach den - der Zeugenaussage des Vaters des Klägers folgenden - Tatsachenfeststellungen ist nämlich nicht geklärt, ob der Kläger bei seinem Vater in Wien oder bei den Großeltern in Jugoslawien untergebracht werden wird. Keineswegs kann generell davon ausgegangen werden, dass die Pflegekosten in beiden Fällen gleich hoch wären. Da ein Zuspruch fiktiver Pflegekosten - wie dargestellt - nicht in Frage kommt, fehlen in diesem Fall die Tatsachengrundlagen für den Zuspruch einer ziffernmäßig bestimmten Rente. Sie reichen auch für die Ermittlung der Höhe der Pflegegeldrente unter Anwendung des § 273 ZPO (wie in der Entscheidung 6 Ob 143/98t = SZ 71/146 vorgenommen) nicht aus.

Dies hat jedoch nicht - wie vom Berufungsgericht vermeint - die Folge, dass das Rentenbegehren überhaupt abzuweisen ist. Solange zwar feststeht, dass der Kläger von Angehörigen gepflegt werden wird, nicht aber, wo dies geschieht, wobei damit verschieden hohe Pflegekosten verbunden sein können, ist es möglich und angebracht, eine Rente unter Annahme derjenigen Unterbringung zu ermitteln, bei der die Pflegekosten geringer sind, hier als wahrscheinlich bei der Unterbringung des Klägers bei den Großeltern in Jugoslawien.

Da die hiefür maßgeblichen Umstände mit den Parteien nicht erörtert wurden, wird dies das Erstgericht nachzuholen und auf einer erweiterten Tatsachengrundlage über das Begehren auf Zahlung einer Rente neuerlich zu entscheiden haben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.

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