OGH 15Os20/01

OGH15Os20/011.3.2001

Der Oberste Gerichtshof hat am 1. März 2001 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Hartmann als Schriftführer, in der Strafsache gegen Josef H***** wegen des als Beteiligter nach § 12 zweiter Fall StGB begangenen, teilweise im Stadium des Versuchs nach § 15 StGB verbliebenen Verbrechens nach § 28 Abs 2, Abs 4 Z 3 SMG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Schöffengericht vom 15. November 2000, GZ 16 Vr 63/99-76, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die vom Angeklagten selbst verfasste Ergänzung hiezu werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Josef H***** des als Beteiligter nach § 12 zweiter Fall StGB begangenen, teilweise im Stadium des Versuchs nach § 15 StGB verbliebenen Verbrechens nach § 28 Abs 2, Abs 4 Z 3 SMG schuldig erkannt.

Danach hat er zwischen 21. September und Anfang Oktober 1997 in Costa Rica den abgesondert verfolgten Franz N***** dadurch, dass er ihn insbesondere telefonisch wiederholt aufforderte, einen präparierten Koffer mit Suchtgift im Luftweg von Costa Rica nach Österreich einzuschmuggeln,

1. dazu bestimmt, den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG), nämlich 3.462,32 Gramm Kokain mit einem Reinheitsgehalt von 2.483 +/- 64 Gramm, aus Costa Rica aus- und nach Österreich einzuführen, sowie

2. zu bestimmen versucht, dieses Suchtgift am 8. Oktober 1997 in Schwechat durch Übergabe an den abgesondert verfolgten Johann S***** in Verkehr zu setzen,

wobei er die Tat mit Beziehung auf ein Suchtgift beging, dessen Menge zumindest das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge ausmachte.

Gegen den Schuldspruch richtet sich eine vom Verteidiger ausgeführte, auf Z 3, 4, 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten und eine von diesem selbst verfasste "Ergänzung zur Nichtigkeitsbeschwerde". Erstere ist unbegründet, letztere unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Unter dem erstangeführten Nichtigkeitsgrund (Z 3) macht der Beschwerdeführer geltend, der Zeuge Franz N***** sei nicht korrekt über sein Entschlagungsrecht gemäß § 152 Abs 1 Z 1 StPO belehrt worden und habe auf dieses Recht auch nicht ausdrücklich verzichtet.

Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass die Vernehmung des Zeugen N***** in der Hauptverhandlung vom 6. September 2000 erfolgte (S 99 ff II). Die Verhandlung wurde aber am 15. November 2000 gemäß § 276a StPO wegen Zeitablaufes neu durchgeführt. Dabei fanden die Angaben des Zeugen durch einverständliche Verlesung des Protokolls über seine Vernehmung am 6. September 2000 Eingang in das Beweisverfahren (S 181 II). Da eine Verletzung des § 252 StPO nicht vorliegt und auch gar nicht behauptet wird, geht die Nichtigkeitsbeschwerde in diesem Punkt ins Leere.

Im Übrigen wurden dem Zeugen mehrfach seiner Persönlichkeit angepasste, ausreichende Belehrungen dahin erteilt, dass er die Antwort auf Fragen, die trotz einer bereits rechtskräftigen Verurteilung zu einer Selbstbelastung führen könnten, verweigern darf (vgl insbesondere S 99 II unten). Da er jeweils nach den ihm durch den Vorsitzenden erteilten Belehrungen spontan seine Aussage ablegte, liegt unzweifelhaft ein (an keine bestimmte Form gebundener) konkludenter Verzicht auf sein Entschlagungsrecht vor (vgl 14 Os 44, 142/96; 11 Os 77/99).

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurde der Rechtsmittelwerber durch Nichterledigung des Antrages auf Vernehmung von Angestellten mehrerer Reisebüros als Zeugen an seinen Verteidigungsrechten nicht verletzt. Der Antrag wurde bereits in der Hauptverhandlung vom 10. November 1999 gestellt (S 447 I), das Verfahren jedoch am 6. September und am 15. November 2000 jeweils gemäß § 276a StPO neu durchgeführt. Da der Antrag in der späteren, schließlich zum Urteil führenden Verhandlung nicht wiederholt wurde, kann er nicht zur Grundlage einer Nichtigkeitsbeschwerde nach der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO gemacht werden (Mayerhofer StPO4 § 276a E 5 und 6).

Auch die Mängelrüge (Z 5) versagt.

Die dem Angeklagten angelasteten Bestimmungshandlungen hat das Schöffengericht im (mit den Gründen eine Einheit bildenden) Urteilsspruch eindeutig dahin festgestellt, dass der Angeklagte den abgesondert Verfolgten Franz N***** wiederholt telefonisch aufforderte, einen präparierten Koffer mit Suchtgift im Luftweg von Costa Rica nach Österreich einzuschmuggeln (US 2). In den Urteilsgründen haben die Tatrichter dessen ungeachtet zum Suchtgiftschmuggel und zum versuchten Inverkehrsetzen des Suchtmittels in Österreich konstatiert, dass der Angeklagte "vor Ort alles organisiert" und die Übergabe des Koffers mit dem Kokain durch eine dritte Person veranlasst hat (US 5). Dies stellt zwar eine Beitragshandlung zur Tat des unmittelbaren Täters dar. Angesichts der rechtlichen Gleichwertigkeit der einzelnen Täterschaftsformen des § 12 StGB (vgl Leukauf/Steininger Komm3 § 12 RN 14) gereichen die divergierenden Feststellungen dem Beschwerdeführer jedoch nicht zum Nachteil und betreffen die Widersprüche daher keinen für die Entscheidung wesentlichen Umstand im Sinne der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO.

Nicht für die Unterstellung der Tat unter das Gesetz relevant sind auch Feststellungen darüber, ob der Angeklagte selbst im Tatzeitraum in Costa Rica anwesend war oder aus welcher Entfernung er die Übergabe des Koffers mit dem Suchtgift veranlasst hat.

Entgegen der Beschwerde hat sich das Erstgericht mit den Widersprüchen in den Angaben des Belastungszeugen und abgesondert verfolgten Franz N***** auseinandergesetzt und diese in der Beweiswürdigung berücksichtigt (US 8 f). Weil die wesentlichen "Basiselemente" seiner Angaben stets gleich blieben, gelangte das Gericht zur Ansicht, dass diese ausreichten, die leugnende Verantwortung des Nichtigkeitswerbers zu widerlegen und auf sie einen Schuldspruch zu gründen. Dazu kommt, dass nach den Erhebungen der Interpol ein Hotel "Del Rey" in San Jose tatsächlich existiert (S 157 II) und nicht ausgeschlossen werden kann, dass in der Provinz Puntarenas ein Hotel oder eine Pension "unterster Kategorie" mit diesem Namen besteht (S 149 II). Nach der Auskunft des Konsulates von Costa Rica sind aus Telefonzellen in San Jose ohne weiteres Telefonate in die Dominikanische Republik möglich (S 165 II). Die im Verfahren vorgelegten Telefonlisten schließen nicht aus, dass der Zeuge N***** über eine andere Nummer mit dem Angeklagten in Kontakt getreten ist.

Ein formeller, einen entscheidungswesentlichen Umstand betreffender Begründungsmangel liegt daher nicht vor.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten Tatsachen darzulegen. Sie versucht vielmehr nach Art einer Schuldberufung die Beweiswürdigung der Tatrichter dadurch zu bekämpfen, dass sie auf Grund einzelner aus ihrem Zusammenhang gelöster Teile des Beweisverfahrens (etwa der Angeklagte habe nicht den Spitznamen "Neger" gehabt, obwohl sich dies sowohl aus der Aussage des Zeugen Franz N***** als auch aus einem an diesen gerichteten und bei ihm sichergestellten Brief einer Frau aus San Jose ergibt [S 5 bzw 9 II]), sowie teilweise unter Wiederholung der Argumente der Mängelrüge die Glaubwürdigkeit des Zeugen N***** zu erschüttern sucht. Dies ist jedoch im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässig.

Die vom Verteidiger ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war daher als offenbar unbegründet bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO).

Die vom Angeklagten selbst (zusätzlich zu der vom Verteidiger verfassten Rechtsmittelschrift) eingebrachte "Ergänzung zur Nichtigkeitsbeschwerde" (ON 77, 79 und 80) war zurückzuweisen, weil nur eine Rechtsmittelausführung zulässig ist. Weitere Aufsätze des Rechtsmittelwerbers sind auch dann unbeachtlich, wenn sie der Verteidiger durch seine Unterschrift als Beilage zu einer Rechtsmittelschrift nimmt (Mayerhofer aaO § 285 E 36, 37, 40 und 41).

Daraus folgt, dass zur Entscheidung über die Berufung der Gerichtshof zweiter Instanz zuständig ist (§ 285i StPO).

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