OGH 1Ob36/01b

OGH1Ob36/01b27.2.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Bernd S*****, vertreten durch Dr. Peter Fichtenbauer, Dr. Klaus Krebs und Dr. Edeltraud Fichtenbauer, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei K***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Rudolf Riedl, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 1,990.000 sA infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. November 2000, GZ 2 R 141/00w-15, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 11. Mai 2000, GZ 17 Cg 27/99y-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit S 25.398 (darin S 4.233 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrte die Zahlung von S 1,990.000 sA. Dieser Betrag sei ein Teil des Schadens, der ihm dadurch entstanden sei, dass die beklagte Partei noch vor einer Beauftragung durch die Eigentümer eines Objekts dieses der späteren Käuferin zum Kauf angeboten und Vermittlungsbemühungen bereits zu einem Zeitpunkt entfaltet habe, als noch ein sich auf einen Drittelanteil an der Liegenschaft beziehender Alleinvermittlungsauftrag an den Kläger wirksam gewesen sei, weshalb der Kläger, der erst nach Erteilung eines Vermittlungsauftrags mit seinen Vermittlungsbemühungen begonnen habe, "zu spät gekommen" sei. Durch ihre Vorgangsweise habe die beklagte Partei gegen § 4 Abs 1 Z 1 bzw § 5 Z 5 der VO des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über Standes- und Ausübungregeln für Immobilienmakler vom 28. 6. 1996, BGBl 1996/297 (in der Folge ImmMV), verstoßen.

Die beklagte Partei wendete ein, sie sei vom Hausverwalter der später verkauften Liegenschaft um eine Markterhebung ersucht worden, um Verkaufsmöglichkeiten in preislicher Hinsicht zu sondieren. Diesem Ersuchen habe die beklagte Partei "auf eigenes Risiko" entsprochen und unter anderem die spätere Käuferin kontaktiert. Darin sei ein Verstoß gegen die Bestimmungen der ImmMV nicht zu erblicken. Darüber hinaus sei der beklagten Partei bereits einen Tag vor dem Kläger ein Vermittlungsauftrag erteilt worden; die beklagte Partei habe diesen Zeitvorsprung genützt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Es stellte fest, die Eigentümerin eines Drittelanteils der später verkauften Liegenschaft habe dem Kläger am 27. 6. 1996 mit dem Vorbehalt, vom Vertrag zurückzutreten, sofern nicht auch die beiden anderen Miteigentümerinnen dem Kläger unverzüglich einen solchen Auftrag erteilten, einen Alleinvermittlungsauftrag erteilt. Der Rücktritt sei zum 15. 7. 1996 ausdrücklich erklärt worden. Am 31. 7. 1996 sei die beklagte Partei mit der Vermittlung des Verkaufs der Liegenschaft beauftragt worden, der Kläger habe erst am 1. 8. 1996 einen solchen Vermittlungsauftrag erhalten. Bereits Anfang Juli 1996 habe sich der Lebensgefährte einer der drei Miteigentümerinnen an den Verwalter der Liegenschaft gewandt, um den bei deren Verkauf erzielbaren Preis zu erfragen. Man habe sich darauf geeinigt, durch unverbindliche Kontaktierung potentieller Käufer den erzielbaren Preis zu ermitteln. Der Hausverwalter habe deshalb den Geschäftsführer der beklagten Partei ersucht, die Verkaufschancen für das Objekt auf diesem Weg auszuloten. Schon am 5. 7. 1996 habe die beklagte Partei dem Geschäftsführer der späteren Käuferin die Liegenschaft "freibleibend" zum Kaufpreis von 60 Mio S lastenfrei angeboten. Der Geschäftsführer der späteren Käuferin habe den Begriff "freibleibend" so verstanden, dass der Verkauf "noch vorbehalten sei", die Annahme des Anbots also das Zustandekommen des Kaufvertrags noch nicht bewirken könne. Am 17. 7. 1996 habe die beklagte Partei den drei Liegenschaftseigentümerinnen schriftlich bestätigt, die bisherigen Kontaktaufnahmen zu potentiellen Käufern seien auf eigenes Risiko und eigene Kosten erfolgt. Am 31. 7. 1996 sei der beklagten Partei der Vermittlungsauftrag erteilt worden; in der Folge hätten die Eigentümerinnen der Liegenschaft mit einer von der beklagten Partei namhaft gemachten Gesellschaft den Kaufvertrag geschlossen. Dem Kläger sei ein schriftlicher Vermittlungsauftrag erst am 1. 8. 1996 erteilt worden; er habe erst danach mit seinen Vermittlungsbemühungen begonnen. Bei Kontaktierung der späteren Käuferin habe er erfahren müssen, dass dieser die Liegenschaft schon von der beklagten Partei angeboten worden war.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, ein Verstoß gegen § 5 Z 5 ImmMV liege deshalb nicht vor, weil ein Alleinvermittlungsauftrag für die gesamte Liegenschaft nie erteilt worden sei; überdies sei der für einen Drittelanteil der Liegenschaft erteilte Alleinvermittlungsauftrag infolge Rücktritts wegen Nichteintritts der vereinbarten Bedingung rückwirkend unwirksam geworden. Die beklagte Partei habe davon ausgehen dürfen, dass der Hausverwalter zur Erteilung des Auftrags zur Kontaktaufnahme mit potentiellen Kaufinteressenten ermächtigt gewesen sei. Von einer solchen Ermächtigung habe der Hausverwalter auch ausgehen können, weil er habe annehmen dürfen, dass der Lebensgefährte einer der Dritteleigentümerinnen mit Zustimmung der übrigen in die Verhandlung eingetreten sei. Die Kontaktaufnahmen seien also mit Zustimmung der Verfügungsberechtigten erfolgt. Ein Verstoß gegen Bestimmungen der ImmMV liege nicht vor.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Der Hausverwalter habe weder die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft oder die Veräußerung der Liegenschaft veranlasst, noch einen Vermittlungsauftrag erteilt. Sein Ersuchen sei nur darauf gerichtet gewesen, dass durch die Kontaktaufnahme mit potentiellen Kunden die Verkaufschancen des Objekts ausgelotet werden. Diese Kontaktaufnahme sei für die Verkäuferseite unverbindlich gewesen. Der Hausverwalter sei zumindest von einem Teil der Liegenschaftseigentümerinnen beauftragt gewesen, weshalb sich Überlegungen zum Umfang der Hausverwaltervollmacht erübrigten. Das noch vor Erteilung des Vermittlungsauftrags an die beklagte Partei von dieser erstellte Anbot habe sich im Rahmen des an sie gerichteten Ersuchens gehalten; ihre Tätigkeit sei nicht geeignet gewesen, Rechtswirkungen für oder gegen die Liegenschaftseigentümerinnen auszulösen oder in deren Rechte einzugreifen. Die beklagte Partei habe auf Grund des Ersuchens des Hausverwalters von einem hinreichenden Einverständnis mit der Aufnahme von Kontakten zu potentiellen Kunden zwecks Auslotens der Verkaufschancen ausgehen dürfen. Ein standeswidriges Verhalten im Sinn des § 4 Abs 1 Z 1 ImmMV liege nicht vor. Der am 27. 6. 1996 von einer Dritteleigentümerin dem Kläger erteilte Alleinvermittlungsauftrag sei für das Tätigwerden der beklagten Partei kein rechtliches Hindernis gewesen, weil sich dieser Auftrag nur auf einen Drittelanteil der Liegenschaft bezogen habe. Es könne den übrigen Liegenschaftseigentümern nicht verwehrt sein, durch Kontaktierung potentieller Käufer den erzielbaren Preis für das Gesamtobjekt zu ermitteln. Der beklagten Partei sei demnach auch kein Verstoß gegen § 5 Z 5 ImmMV vorzuwerfen.

Die Revision des Klägers ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Es mag zutreffen, dass die durch das "freibleibende Anbot" vom 5. 7. 1996 (Beilage B) dokumentierte Vorgangsweise der beklagten Partei das Anbot einer Vermittlung im Sinne des § 4 Abs 1 Z 1 ImmMV darstellte. Es mag ferner zutreffen, dass es am Einverständnis der drei über die letztlich vermittelte Liegenschaft verfügungsberechtigten Miteigentümerinnen zum Anbot der Vermittlung durch die beklagte Partei mangelte. Selbst wenn man aber davon ausgeht, dass die beklagte Partei ohne Einverständnis der Verfügungsberechtigten ihre Vermittlung anbot, ist das aus der Verletzung von § 4 Abs 1 Z 1 ImmMV abgeleitete Schadenersatzbegehren nicht berechtigt:

Der Kläger gründet seinen Anspruch auf ein deliktisches Verhalten der beklagten Partei und begehrt den Ersatz eines "reinen Vermögensschadens". Die Ersatzpflicht infolge außervertraglichen rechtswidrigen Verhaltens ist aber auf die Folgen einer Verletzung absolut geschützter Rechtsgüter beschränkt. Das gilt grundsätzlich auch für die Fälle von Schutznormübertretungen, wenn nicht etwa als Schutzzweck einer bestimmten Norm die Hintanhaltung eines über die Aufrechterhaltung jedermann gegenüber geschützter Rechtspositionen hinausgehenden Interesses einer bestimmten Person an ihren vermögenswerten Interessen zu erkennen wäre (SZ 59/94 uva). § 4 ImmMV bezweckt aber nicht den Schutz des Vermögens eines Konkurrenten, zumal die dort angeführten Tatbestände ausdrücklich auf standeswidriges Verhalten im Geschäftsverkehr mit den Auftraggebern abstellen. Daher sind nur diese vom Schutzzweck der genannten Norm umfasst, nicht aber auch die Mitbewerber des standeswidrig agierenden Immobilienmaklers.

Anders verhält es sich mit § 5 ImmMV, der das standeswidrige Verhalten eines Immobilienmaklers bei Ausübung seines Gewerbes anderen Berufsangehörigen gegenüber kodifiziert. Hier soll dem Konkurrenten des sich standeswidrig verhaltenden Immobilienmaklers insbesondere dann Schutz gewährt werden, wenn ein Maklervertrag trotz Kenntnis von einem bereits an einen befugten Immobilienmakler erteilten Alleinvermittlungsauftrag geschlossen wird (§ 5 Z 5 ImmMV). Nun hat die beklagte Partei nach den Feststellungen der Vorinstanzen und auch nach den Behauptungen des Klägers selbst vor dem 31. 7. 1996 gar keinen (wirksamen) Maklervertrag mit den drei Liegenschaftseigentümerinnen geschlossen, weil sie lediglich vom Hausverwalter mit der Aufnahme von Kontakten mit potentiellen Käufern betraut wurde. Die Erteilung eines Vermittlungsauftrags durch den Hausverwalter hätte dessen Befugnis überschritten; eine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung könnte in einem solchen Auftrag nicht erblickt werden, zumal der Vermittlungsauftrag dem Verkauf des vom Hausverwalter zu verwaltenden Objekts dienen sollte. Schon allein mangels Abschlusses eines Maklervertrags zu der Zeit, als der von einer Miteigentümerin für ein Drittel der Liegenschaft erteilte Alleinvermittlungsauftrag aufrecht war, kann ein Verstoß der beklagten Partei gegen § 5 Z 5 ImmMV nicht vorliegen. Im Übrigen betraf der Alleinvermittlungsauftrag der Miteigentümerin nur einen Teil der Liegenschaft, war also das Objekt, für das die beklagte Partei eine Vermittlungstätigkeit entfaltete (die ganze Liegenschaft!), nur teilweise vom Alleinvermittlungsauftrag betroffen.

Da § 4 Abs 1 ImmMV nur den Zweck hat, den Auftraggeber des Immobilienmaklers zu schützen, erübrigen sich Feststellungen, ob das Einverständnis aller drei Liegenschaftseigentümerinnen zum Anbot der Vermittlung durch die beklagte Partei vorgelegen sei und ob die beklagte Partei auf ein solches Einverständnis habe vertrauen dürfen. Zumal die Haftung der beklagten Partei schon dem Grunde nach zu verneinen ist, bedarf es keiner Feststellungen über die Schadenshöhe oder die Frage, ob die Liegenschaft bei einem der Immobilienmaklerverordnung entsprechenden Verhalten der beklagten Partei auf Grund der Vermittlungstätigkeit des Klägers zum Verkauf gelangt wäre.

Der Revision des Klägers ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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