OGH 6Ob31/01d

OGH6Ob31/01d22.2.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Firmenbuchsache der zu FN ***** im Firmenbuch des Landesgerichtes Linz eingetragenen R***** GmbH mit dem Sitz in Linz, und der Geschäftsanschrift ***** über den Revisionsrekurs der Gesellschaft, vertreten durch Chalupsky & Gumpoldsberger GmbH, Rechtsanwälte in Wels, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 21. Dezember 2000, GZ 6 R 310/00a-5, womit der Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 12. Oktober 2000, GZ 34 Fr 2880/00h-2, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass dem Erstgericht aufgetragen wird, bei der im Firmenbuch zu FN ***** eingetragenen R***** GmbH die Eintragungen der Eröffnung und Aufhebung des Ausgleichsverfahrens und jene der Anmerkung und der Beendigung der Überwachung der Ausgleichserfüllung zu löschen.

Text

Begründung

Bei der zur Firmenbuch Nr ***** im Firmenbuch des Landesgerichtes Linz eingetragenen R***** GmbH scheinen im aktuellen Firmenbuchauszug die Eintragungen über die Eröffnung des Ausgleichsverfahrens, dessen Aufhebung sowie über die Anmerkung der Überwachung der Ausgleichserfüllung und über die Beendigung der Überwachung der Ausgleichserfüllung auf.

Unter Hinweis auf § 77a Abs 2 zweiter Satz KO iVm § 6b AO begehrt die Gesellschaft deren Löschung.

Das Erstgericht wies den Löschungsantrag ab. § 77a Abs 2 zweiter Satz KO sei nach den Inkrafttretens- und Übergangsbestimmungen des IVEG BGBl I 1999/73 nur auf nach dem 30. 4. 1999 eröffnete Insolvenzverfahren anzuwenden.

Das Rekursgericht bestätigte und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu den Übergangsbestimmungen des IVEG 1999 fehle. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Übergangsbestimmungen finde § 77a Abs 2 zweiter Satz KO (iVm § 6b AO) nur auf Verfahren Anwendung, die nach dem 30. 4. 1999 eröffnet worden seien. Die von der Gesellschaft angestrebte Rückwirkung sei dem Gesetz nicht zu entnehmen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Gesellschaft ist zulässig. Der Oberste Gerichtshof hat sich bisher noch nicht mit der Frage der Anwendbarkeit des § 77a Abs 2 zweiter Satz KO iVm § 6b AO auf Eintragungen in vor dem 30. 4. 1999 eröffneten Insolvenzverfahren beschäftigt. Die Entscheidung 6 Ob 164/99g (= ZIK 1999, 204) betraf eine Löschung zufolge Aufhebung des Konkurseröffnungsbeschlusses durch das Rekursgericht (§ 79 Abs 3 KO), somit einen Fall, in dem schon vor dem Insolvenzverwalter-Entlohnungsgesetz - IVEG BGBl I 1999/73 die Löschung der Eintragung vorgesehen war. Der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

Die in § 77a KO und § 6b AO enthaltene - abschließende - Regelung der nach der Konkurs- und der Ausgleichsordnung im Firmenbuch vorzunehmenden Eintragungen geht auf das Bundesgesetz über das Firmenbuch, BGBl 1991/10 zurück, wobei § 6b AO für die im Verlauf eines Ausgleichsverfahrens vorzunehmenden Eintragungen und Löschungen im Firmenbuch die sinngemäße Anwendung des § 77a Abs 1 Z 1 bis 5 und Abs 2 KO anordnet. Nach § 77a Abs 1 Z 1 bis 5 KO hat das Konkursgericht nachstehende Eintragungen im Firmenbuch zu veranlassen:

1. die Konkurseröffnung unter Angabe ihres Tages;

2. die Aufhebung des Konkurses, sofern es sich nicht um den Fall des § 79 handelt;

3. die Art der Überwachung der Ausgleichserfüllung;

4. einstweilige Vorkehrungen nach § 73;

5. den Namen des Masseverwalters, des besonderen Verwalters nach § 86 und des vertretungsbefugten oder ermächtigten Sachwalters nach § 157.

Ändern sich die in § 77 Abs 1 Z 3 bis 5 KO angeführten Tatsachen oder wird der Konkurs nach § 79 KO aufgehoben, hatte das Konkursgericht nach § 77a Abs 2 KO schon idFd BGBl 1991/10 die Löschung dieser Eintragungen im Firmenbuch zu veranlassen. Nach dieser Regelung war die Eintragung der Konkurseröffnung jedoch nur in Fällen des § 79 KO (wenn der Konkurseröffnungsbeschluss aufgrund eines Rekurses rechtskräftig abgeändert wurde) zu löschen, während sie in allen übrigen Fällen der Konkursaufhebung im Firmenbuch bestehen blieb und nur die Aufhebung des Konkursverfahrens eingetragen wurde (§ 77a Abs 1 Z 2 KO idF vor BGBl I 1999/73). Dadurch war eine in der Vergangenheit vorgenommene Konkurseröffnung über das Vermögen des eingetragenen Rechtsträgers auch dann noch im aktuellen Firmenbuchauszug ersichtlich, wenn die Aufhebung des Konkurses nach den §§ 139, 157, 166 oder 167 KO erfolgte. Diese Situation war für Unternehmen, die nach Durchführung eines Zwangsausgleichs und darauffolgender Aufhebung des Konkurses weitergeführt werden konnten, unerfreulich, weil die verbliebenen Eintragungen im aktuellen Firmenbuchauszug ihre Kreditwürdigkeit beeinträchtigten. Aus diesen - in den Materialien zum Insolvenzverwalter-Entlohnungs-Gesetz - IVEG, BGBl I 1999/73, auch ausdrücklich angeführten - Gründen hat der Gesetzgeber § 77a Abs 2 um nachstehenden Satz ergänzt: "Nach Ablauf von fünf Jahren nach Aufhebung des Konkurses hat das Firmenbuchgericht sämtliche Eintragungen nach Abs 1 Z 1 bis 5 auf Antrag des Schuldners zu löschen". Den Zweck dieser Ergänzung sah der Gesetzgeber darin, "dass Unternehmen, die nach Aufhebung des Konkurses, insbesonders durch Zwangsausgleich, wieder eine solide finanzielle Basis erlangt hatten, im geschäftlichen Verkehr mit Schwierigkeiten zu kämpfen hatten, weil ihre Kreditwürdigkeit durch diese Eintragungen vermindert und so die Unternehmensfortführung erschwert wurde. Es wird daher vorgesehen, dass fünf Jahre nach Konkursaufhebung sämtliche Eintragungen über das Konkursverfahren im Firmenbuch auf Antrag des Schuldners zu löschen sind" (RV 1589 BlgNR 20. GP, 12).

Wollte man nun diese Ergänzung - wie es die reine Wortinterpretation der Übergangsbestimmung des Art IV Abs 1 IVEG nahelegte - nur auf Insolvenzverfahren anwenden, die nach dem 30. 4. 1999 eröffnet werden, wäre das vom Gesetzgeber angesichts der früheren offenbar unbefriedigenden Lösung ganz eindeutig angestrebte Ziel nicht erreicht: eine Löschung der das Insolvenzverfahren betreffenden Eintragungen nach Ablauf von fünf Jahren wäre nur jenen Rechtsträgern möglich, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren nach dem 1. 5. 1999 eröffnet wurde, während jene Rechtsträger, über deren Unternehmen das Insolvenzverfahren vor diesem Zeitpunkt eröffnet wurde, durch die verbleibenden Eintragungen nach wie vor im Wirtschaftsleben benachteiligt wären, ohne dass hiefür eine sachliche Rechtfertigung gefunden werden könnte.

Die Revisionsrekurswerberin weist somit zutreffend darauf hin, dass der in der Regierungsvorlage dargelegte Zweck nur durch eine Gleichbehandlung aller Unternehmen (unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt das Insolvenzverfahren eröffnet wurde) zur Gänze erreicht werden kann. Die teleologische Interpretation der Übergangsbestimmungen des Art IV Abs 1 IVEG 1999 führt somit zur Anwendung des § 77a Abs 2 zweiter Satz auch auf jene Eintragungen, die aufgrund eines vor dem 30. 4. 1999 eröffneten Insolvenzverfahrens vorgenommen wurden.

In diesem Sinn weist auch Mohr (Konkurs, Ausgleichs- und Anfechtungsordnung9, Anm 3 zu Art IV Abs 1 IVEG darauf hin, dass Art IV Abs 1 Satz 2 der Übergangsbestimmungen (der die Anwendung der in der KO und AO vorgenommenen Änderungen auf Verfahren beschränkt, die nach dem 30. 4. 1999 eröffnet wurden) nicht auch für die Ergänzung des § 77a Abs 2 Satz 2 KO gilt. Er meint dazu, die Löschung nach dieser Bestimmung sei unabhängig davon möglich, ob die Eröffnung bzw die Aufhebung des Konkurses oder die Firmenbucheintragung vor oder nach dem 1. 5. 1999 erfolgt seien.

Der gegen die Abweisung ihres Löschungsantrages gerichtete Revisionsrekurs der Gesellschaft ist somit berechtigt. In Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen wird dem Erstgericht die Durchführung der begehrten Löschungen aufgetragen.

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