OGH 10ObS356/00a

OGH10ObS356/00a20.2.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Elmar A. Peterlunger (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dr. Heinz Nagelreiter (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Hans-Peter *****, vertreten durch Mag. Andrea Willmitzer, Rechtsanwältin in Baden, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Berufsunfähigkeitspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. September 2000, GZ 9 Rs 170/00m-21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 17. Dezember 1999, GZ 4 Cgs 112/99a-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Voranzustellen ist, dass nach herrschender Ansicht die Bewilligung der Verfahrenshilfe durch Beigebung eines Rechtsanwaltes (§ 64 Abs 1 Z 3 ZPO) für das ganze weitere Verfahren wirkt und daher - entgegen der erstgerichtlichen Einschränkung im Beschluss ON 16 - nicht auf bestimmte Prozesshandlungen oder Prozessabschnitte beschränkt werden kann (RIS-Justiz RS0036177; JBl 1997, 465 mwN; Fasching ZPR**2 Rz 484). An dieser Rechtslage hat sich auch durch die teilweise Änderung des Wortlauts der Bestimmungen der §§ 63 Abs 1 und 64 Abs 2 ZPO durch die WGN 1997 (BGBl 1997/140) nichts geändert, weil nach den Gesetzesmaterialien (ErlRV 898 BlgNR 20. GP 38 f) dadurch keine inhaltliche Änderung der genannten Bestimmungen eingetreten ist und auch in Hinkunft die Beigebung eines Rechtsanwaltes im Rahmen der Verfahrenshilfe nur im vollen Umfang möglich sein soll. Der bestellte Verfahrenshelfer hat daher die vorliegende Revision im Rahmen der dem Kläger bewilligten Verfahrenshilfe wirksam eingebracht (10 ObS 149/99f; 10 ObS 282/00v ua).

Die - zum Teil auch unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung - vorgetragene Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Obgleich diese Beurteilung nach § 510 Abs 3 dritter Satz ZPO keiner Begründung bedürfte, ist den Revisionsausführungen kurz zu erwidern, dass (angebliche) Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens, die schon in der Berufung geltend gemacht, vom Berufungsgericht aber verneint wurden (hier: nicht durchgeführte Parteienvernehmung des Klägers) nach ständiger Rechtsprechung - auch in Verfahren nach dem ASGG - nicht mehr mit Erfolg in der Revision gerügt werden können (Kodek in Rechberger**2 Rz 3 zu § 503 ZPO mwN; RIS-Justiz RS0042963 [T 45 bzw 47] und RS0043061). Dem Obersten Gerichtshof ist daher ein Eingehen auf die Ausführungen der Mängelrüge verwehrt (10 ObS 327/00m).

Ob außer den zu einem strittigen Umstand bereits vorliegenden Beweisen noch weitere Beweise aufzunehmen gewesen wären, ist im Übrigen eine Frage der Beweiswürdigung und kann im Revisionsverfahren nicht überprüft werden (10 ObS 313/00b; SSV-NF 12/32 mwN; so zB die Frage, ob dem Gutachten gefolgt werden kann und ob eine Parteienvernehmung erforderlich ist, RIS-Justiz RS0043320 [T 1]). Demgemäß kann auch der in der Rechtsrüge geltend gemachte Vorwurf des Vorliegens eines Feststellungsmangels (dass das Erstgericht infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung erforderliche Feststellungen nicht getroffen und notwendige Beweise nicht aufgenommen habe [Kodek aaO Rz 4 zu § 496 ZPO]) nicht erfolgreich erhoben werden, wenn zu einem bestimmten Thema (hier: zur Tätigkeit des Klägers bzw zur Tätigkeit eines Elektronikers im Werkstättenbereich) ohnehin Feststellungen getroffen wurden, diese den Vorstellungen des Rechtsmittelwerbers aber zuwiderlaufen (10 ObS 325/00t mwN).

Nur bezüglich der Frage des Sehvermögens könnte in der Revision tatsächlich die Rüge eines Feststellungsmangels enthalten sein, weil dazu keine Feststellungen getroffen wurden. Ein solcher Mangel ist aber zu verneinen, weil im gesamten Verfahren kein Anhaltspunkt bestand, dass diesbezüglich Einschränkungen vorliegen. Weder in der Klage noch anlässlich der Untersuchungen durch die Sachverständigen, wo jeweils eine Anamnese aufgenommen wurde, hat der Kläger Einschränkungen des Sehvermögens behauptet. Auch nach Vorliegen des berufskundlichen Gutachtens, aus dem sich die in Frage kommenden Verweisungsberufe ergaben, hat er davon nichts erwähnt. Unter diesen Umständen war eine amtswegige Beweisaufnahme zu dieser Frage nicht geboten.

Was aber die Rechtsrüge betrifft ist zunächst folgendes festzuhalten:

Nach den Feststellungen arbeitete der Kläger in den letzten Jahren als Elektroniker bei der Firma R*****, wo er unter anderem mit der Reparatur von Tankanlagen beschäftigt war. Es kann dahingestellt bleiben, ob er dabei tatsächlich Angestelltentätigkeiten oder ungeachtet seiner Meldung als Angestellter Arbeitertätigkeiten verrichtete, weil in beiden Fällen eine Möglichkeit der Verweisung auf den Arbeitsmarkt besteht. Verrichtete er Arbeiten als qualifizierter (angelernter - eine Berufsausbildung hat er nicht abgeschlossen) Arbeiter, so kann er auf die von den Vorinstanzen herangezogenen Tätigkeiten verwiesen werden, weil sie dem Beruf zuzuordnen sind, den der Kläger bisher ausgeübt hat. War er Angestellter, so ist die Verweisung auf diese Arbeiten möglich, weil sie zu einem wesentlichen Teil dem Inhalt der bisherigen Tätigkeit entsprechen; von einem sozialen Abstieg kann keine Rede sein, wenn der Versicherte im Wesentlichen die Tätigkeiten, die den früheren Beruf kennzeichneten, weiter verrichten kann, nur etwa jetzt nur an kleineren Geräten und Schaltungen und nicht mehr im Außendienst, sondern im Werkstättenbereich. Die Notwendigkeit einer firmeninternen Einschulung in einer Dauer von bis zu sechs Monaten steht nach der Judikatur der Verweisung nicht entgegen.

Im Gegensatz zur Meinung des Revisionswerbers haben die Tatsacheninstanzen daher ausreichende Feststellungen getroffen, um die konkrete Leistungsfähigkeit des Klägers im Verhältnis zu einem gesunden Versicherten zu beurteilen. Demnach ist eine Arbeitskraft mit den Leistungseinschränkungen des Klägers auch weiter in der Lage, als Elektroniker im Werkstättenbereich und an Kleingeräten zu arbeiten, weil es dabei zu keiner Überschreitung des Leistungskalküls käme (S 5 des Ersturteils). Es ist aber auch keineswegs völlig lebensfremd, festzustellen, dass ein Elektroniker im Werkstättenbereich ohne ständigen besonderen Zeitdruck arbeitet.

Die Ausführungen in der Mängelrüge und in der Rechtsrüge stellen daher den unzulässigen Versuch einer Bekämpfung der das Leistungskalkül und die Beschäftigung des Klägers betreffenden Feststellungen der Tatsacheninstanzen dar. Legt man diese zugrunde, sind die Voraussetzungen für die Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension nach § 273 Abs 1 ASVG nicht erfüllt.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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