Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Antrag des Revisionsrekurswerbers auf Kostenersatz wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Mit Beschluss vom 3. 2. 1997 wurde über Antrag des Schuldners das Abschöpfungsverfahren eingeleitet; am 4. 3. 1997 hob das Erstgericht das Schuldenregulierungsverfahren nach rechtskräftiger Einleitung des Abschöpfungsverfahrens gemäß § 200 Abs 4 KO auf.
Mit Schreiben vom 19. 2. 1997 teilte der Arbeitgeber des Schuldners dem Gericht mit, dass das Dienstverhältnis einvernehmlich per 23. 2. 1997 ende. Der Treuhänder berichtete, dass vom Schuldner von April 1997 bis einschließlich September 1998 regelmäßig Zahlungen, zumeist je S 1.000,-- eingegangen seien, aber ab Oktober 1998 keine Eingänge mehr verzeichnet wurden.
Über die Caritas Diözese Eisenstadt (Referat Schuldenhilfe) teilte der Schuldner mit Schreiben vom 14. 4. 1999 mit, dass er sich seit Oktober 1998 auf Grund einer Verurteilung wegen eines Beschaffungsdeliktes in Folge einer temporären Drogenabhängigkeit in der Justizvollzugsanstalt Eisenstadt in Haft befinde und spätestens zum 3. 11. 2000 entlassen werde. Er sehe sich mangels eines Einkommens derzeit nicht in der Lage, während der Dauer des Strafvollzuges die bisher geleisteten Raten von monatlich S 1.000,-- weiter zu bezahlen. Er ersuche, das laufende Abschöpfungsverfahren nicht zur Einstellung zu bringen und erkläre, nach seiner Haftentlassung die vorerst entfallenen Raten erforderlichenfalls auch aus seinem Existenzminimum nachzahlen zu wollen.
Mit Schriftsatz vom 27. 12. 1999 beantragte der Gläubiger Dr. Manfred R***** das Abschöpfungsverfahren gemäß § 211 Abs 1 Z 2 KO vorzeitig einzustellen, weil er zwischenzeitig lediglich drei Raten, nämlich am 15. 1. 1998, am 13. 7. 1998 und am 12. 1. 1999 in der Gesamthöhe von S 1.132,-- überwiesen bekommen habe. Es bestehe nunmehr der Verdacht, dass der Schuldner keine angemessene Erwerbstätigkeit ausübe.
Zu diesem Antrag äußerte sich der Treuhänder dahingehend, dass sich der Schuldner ihm gegenüber keiner Verletzung der Mitteilungspflicht schuldig gemacht habe; ihm sei bekanntgewesen, dass er bis voraussichtlich November 2000 in Haft sein werde. Der Schuldner selbst äußerte sich - wiederum über die Caritas Diözese Eisenstadt - wie in seinem Schreiben vom April 1999.
Das Erstgericht stellte das eingeleitete Abschöpfungsverfahren über Gläubigerantrag ohne Restschuldbefreiung gemäß § 211 Abs 1 Z 2 KO ein. Es liege eine schwerwiegende Verletzung der Gläubigerrechte vor, wenn der Schuldner innerhalb der Wohlverhaltensperiode keine angemessene Erwerbstätigkeit ausübe, und zwar insbesondere auf Grund einer Straffälligkeit mit einer Haftzeit von ca. 25 Monaten.
Über Rekurs des Schuldners hob das Rekursgericht den angefochtenen Beschluss auf und verwies die Sache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 52.000,-- übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil oberstgerichtliche Judikatur zu der Frage, inwieweit strafgerichtliche Verurteilungen des Schuldners zu Haftstrafen Obliegenheitsverletzungen iSd § 211 Abs 1 Z 2 iVm § 210 Abs 1 Z 1 KO darstellten, nicht auffindbar sei. Es wäre auch denkbar, einen Gläubigerantrag, der sich nur auf einen "Verdacht, dass der Schuldner keine angemessene Erwerbstätigkeit ausübe" als nicht ausreichend iSd § 211 Abs 1 KO anzusehen, sondern genaueres Vorbringen über die Art der Obliegenheitsverletzung zu verlangen.
In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, dass es grundsätzlich eine Obliegenheitsverletzung des Schuldners gemäß § 211 Abs 1 Z 2 iVm § 210 Abs 1 Z 1 KO bedeute, wenn dieser innerhalb der Wohlverhaltensperiode straffällig und deshalb zu einer Haftstrafe verurteilt werde. Der Schuldner habe nämlich in einem solchen Fall selbst zu verantworten, dass er während der Haftzeit keine angemessene Erwerbstätigkeit ausüben könne. Dass die Befriedigung der Konkursgläubiger dadurch beeinträchtigt werde, erscheine - zumindest bei einer längeren Haftstrafe - jedenfalls dann offenkundig, wenn während der Haftzeit keinerlei Zahlungen vom Schuldner geleistet würden. Nachzahlungen seien jedenfalls verspätet.
Die Sache sei aber noch nicht spruchreif. Der Antragsteller wäre im Hinblick auf die bereits seit April 1999 aktenkundige Verurteilung des Schuldners zu einer Haftstrafe aufzufordern, mitzuteilen, ob bzw wann ihm die Obliegenheitsverletzung des Schuldners bekannt geworden sei. Sollte die Jahresfrist des § 211 Abs 1 KO gewahrt sein, wäre noch zu erheben, zu welchem Zeitpunkt der Schuldner jene Delikte begangen habe, für welche er mit Urteilen vom 5. 8. 1998 und 18. 2. 1999 zu insgesamt 25 Monaten Haftstrafe verurteilt worden sei. Der Vorwurf der Obliegenheitsverletzung treffe den Schuldner nämlich nur dann, wenn der Deliktsbegehungszeitpunkt innerhalb des Wohlverhaltenszeitraums liege. Sollten die Straftaten bereits vorher begangen worden sein, wäre in der späteren Verurteilung keine Obliegenheitsverletzung zu erblicken. In diesem Fall könnte dem Schuldner nicht vorgeworfen werden, er habe sich nicht um eine angemessene Erwerbstätigkeit bemüht, weil die Verurteilung und der Antritt der Haftstrafe als Konsequenzen aus bereits früher begangenen Taten von ihm nicht mehr abwendbar wären.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Gläubigers mit dem Antrag, auf Abänderung im Sinn der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof ist aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zwar zulässig, im Ergebnis aber nicht berechtigt.
Was den Auftrag an das Erstgericht betrifft, zwecks Überprüfung der Einhaltung der Jahresfrist des § 211 Abs 1 KO beim Gläubiger zu erheben, wann ihm die Obliegenheitsverletzung bekannt geworden sei, ist dem Rechtsmittelwerber zuzustimmen, dass es vorliegendenfalls keiner weiteren Erhebung mehr bedarf.
Der Antrag auf vorzeitige Einstellung des Abschöpfungsverfahrens ist fristgebunden. Der Konkursgläubiger kann den Antrag nur binnen eines Jahres nach dem Zeitpunkt stellen, in dem ihm die Obliegenheitsverletzung bekannt geworden ist. Der Antragsteller hat die Einhaltung der Frist zu behaupten, muss sie aber nicht bescheinigen. Das Gericht hat dies von Amts wegen zu prüfen, wozu meist eine Einvernahme des Antragstellers erforderlich sein wird (Mohr in Konecny/Schubert, Komm Insolvenzgesetze Rz 10 ff zu § 211 KO).
Für den Gläubiger ist die Vernachlässigung der Zahlungspflicht das Hauptindiz für die Obliegenheitsverletzung nach § 210 Abs 1 Z 1 KO. Es muss genügen, diese zu bescheinigen. Ob dem Schuldner an der Nichtzahlung kein Verschulden trifft, zB weil er sich ohnedies um Arbeit bemüht und keine zumutbare Arbeit abgelehnt hat, hat das Gericht von Amts wegen zu erheben (Mohr aaO), zumal es für den Gläubiger kaum möglich wäre, zu bescheinigen, dass sich der Schuldner nicht um Arbeit bemüht hat. Hieraus folgt aber auch, dass, solange regelmäßig Zahlungen eingehen, den Gläubiger keine Nachforschungspflicht trifft. Im vorliegenden Fall sind dem Gläubiger die halbjährlichen Zahlungen zuletzt am 12. 1. 1999 zugekommen; die Halbjahresrate 1999 wurde nicht mehr geleistet. Erst ab diesem Zeitpunkt trifft den Gläubiger - wenn nicht besondere Umstände vorliegen - eine Nachforschungspflicht. Infolge dessen ist der Antrag des Gläubigers Ende 1999 jedenfalls als rechtzeitig iSd § 211 Abs 1 KO anzusehen, ohne dass es noch weiterer Erhebungen bedürfte.
Zweifellos stellt es grundsätzlich eine Obliegenheitsverletzung des Schuldners gemäß § 211 Abs 1 Z 2 iVm § 210 Abs 1 Z 1 KO dar, wenn dieser innerhalb der Wohlverhaltensperiode straffällig und deshalb zu einer Haftstrafe verurteilt wird. Der Schuldner hat nämlich in einem solchen Fall selbst zu verantworten, dass er während der Haftstrafe keine angemessene Erwerbstätigkeit ausüben kann. Es ist auch keine Frage, dass durch den Umstand, dass der Schuldner während der Haftzeit keinerlei Zahlungen leisten kann, die Befriedigung der Konkursgläubiger beeinträchtigt wird, selbst wenn er zusagt, nach Haftende die Beträge nachzuzahlen, weil die Gläubiger in diesem Fall jedenfalls erst verspätet Zahlung erhalten.
Der erkennende Senat kann jedoch die Ansicht des Revisionsrekurswerbers nicht teilen, dass es unerheblich sei, wann die Tat begangen worden sei, deretwegen die gerichtliche Verurteilung erfolgt sei, und jede gerichtliche Verurteilung zur Haft und die daraus folgende Unfähigkeit, einem Erwerb nachzugehen, aus dem Zahlungen geleistet werden können, die vorzeitige Einstellung des Abschöpfungsverfahrens rechtfertige. Ebensowenig teilt er die Meinung, der Schuldner hätte dem Konkursgericht mitteilen müssen, dass er drogenabhängig sei, weil Süchtige "wegen ihrer latent kriminellen Haltung" nicht entschuldungswürdig seien, weshalb die Nichtmitteilung eine Obliegenheitsverletzung darstelle, welche die vorzeitige Einstellung des Abschöpfungsverfahrens rechtfertige.
Der erkennende Senat schließt sich der Ansicht des Rekursgerichtes an, dass Delikte, die vor Einleitung des Abschöpfungsverfahrens gesetzt werden, keinen Einstellungsgrund bilden, sofern es sich nicht um die in § 211 Abs 1 Z 1 KO genannten Delikte handelt, wozu die Beschaffungsdelikte nicht zählen. Aus der taxativen Aufzählung dieser Delikte ergibt sich, dass die Verschweigung anderer vor der Wohlverhaltungsperiode gesetzter Delikte keine zur vorzeitigen Einstellung des Abschöpfungsverfahrens führende Obliegenheitsverletzung darstellen kann.
Im fortgesetzten Verfahren werden daher hinsichtlich der Straftaten des Schuldners Erhebungen in der vom Rekursgericht aufgezeigten Richtung durchzuführen und sodann eine neuerliche Entscheidung zu fällen sein.
Ein Kostenzuspruch für den im Ergebnis ohnedies erfolglosen Rekurs kommt schon gemäß § 173 Abs 1 KO nicht in Betracht.
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