OGH 11Os13/01

OGH11Os13/0113.2.2001

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Februar 2001 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krische als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Johann H***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB teilweise als Beteiligter nach § 12 zweiter Fall StGB, AZ 12 Vr 750/00 des Landesgerichtes Ried im Innkreis, über die Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Beschwerdegericht vom 21. Dezember 2000, AZ 10 Bs 215/00 (= ON 91), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Johann H***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Johann H***** befindet sich im oben bezeichneten Strafverfahren seit 3. Juli 2000 aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr gemäß § 180 Abs 1 und 2 Z 3 lit a, b und c StPO in Untersuchungshaft. In der am 29. Dezember 2000 von der Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis erhobenen, inzwischen rechtswirksamen Anklageschrift wird ihm das Verbrechen des (richtig:) gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 (richtig:) zweiter Fall StGB teilweise als Beteiligter nach § 12 zweiter Fall StGB vorgeworfen.

Danach hat er mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Personen durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, die diese an ihrem Vermögen mit mehr als 500.000 S schädigten, wobei er schwere Betrügereien in der Absicht beging, sich durch die wiederkehrende Begehung von solchen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar

1. am 14. Oktober 1995 und am 25. Februar 1998 in Schärding und anderen Orten Xaver H***** durch die Vorgabe, er werde als Geschäftsführer der Firma H***** GesmbH für die laufenden Aufwendungen Sorge tragen, zum Erwerb des Gutes S***** für die Firma H***** GesmbH und zur Bezahlung der laufenden Aufwendungen, wodurch Xaver H***** einen Schaden von rund 140.000 DM (= rund 980.000 S) erlitt,

2. im Dezember 1998 in Schärding dazu beigetragen, dass der abgesondert verfolgte Christian K***** der Firma D***** GesmbH & Co KG Fliesen im Wert von 66.021,84 S betrügerisch herauslockte, indem er diesen aufforderte, die Fliesen in seinem Namen zu bestellen und ihm erklärte, er werde für deren Bezahlung Sorge tragen,

3. am 22. August 1999 in Diepoltskirchen Xaver H***** durch die Vorgabe ihm von Helmut S***** übergebene Schecks über 700.000 S und 1,800.000 S wären in Kürze gedeckt und Verschweigen des Umstandes, dass Helmut S***** faktisch zahlungsunfähig sei, zur Hingabe von Schecks über 50.000 DM und 250.000 DM,

4. am 22. September 1999 als Geschäftsführer der Firma H***** GesmbH in Schärding und anderen Orten Martin P***** durch Vorgabe, ein zahlungsfähiger und zahlungswilliger Kunde zu sein, zur Vornahme von Elektroinstallationen verleitet, wodurch Martin P***** einen Schaden von 67.500 DM erlitt.

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Oberlandesgericht Linz der - gegen die Abweisung eines Enthaftungsantrages (ON 76) durch den Untersuchungsrichter (ON 84) gerichteten - Beschwerde des Angeklagten nicht Folge und ordnete die Fortsetzung der Untersuchungshaft aus dem genannten Haftgrund bis längstens 21. Februar 2001 an.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Grundrechtsbeschwerde ist nicht im Recht.

Dem weitwendigen, gegen den dringenden Tatverdacht gerichteten Vorbringen ist zunächst grundsätzlich zu erwidern:

Bei Prüfung des dringenden Tatverdachtes hat der Oberste Gerichtshof jeden Anschein einer vorweggenommenen Würdigung der die Verdachtsintensität tragenden Sachverhaltsprämissen zu vermeiden und sich auf die Prüfung zu beschränken, ob die vorliegenden Tatsachen für die Annahme ausreichen, der Beschuldigte habe mit einem hohen Grad von Wahrscheinlichkeit die ihm angelastete Straftat begangen (Hager/Holzweber GRBG E 15, Mayrhofer/Steininger GRBG RN 43f jeweils zu § 2).

Die den Tatverdacht tragenden Umstände haben sowohl der Gerichtshof zweiter Instanz in der angefochtenen Entscheidung als auch nunmehr die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklagebegründung dargetan. Demnach belasten den Angeklagten sowohl die geschädigten Zeugen als auch die jeweils angeführten Umstände der Taten und seine durch die Gendarmerieerhebungen überprüfte prekäre finanzielle Situation. Diese dargestellten Tatsachen sind durch die Aktenlage gedeckt und reichen zur Begründung des dringenden Tatverdachtes aus. Ob diese Gründe letztlich auch geeignet sind, den Beschwerdeführer der ihm angelasteten Taten endgültig zu überführen, muss der Beurteilung durch die Tatrichter in einer von den Grundsätzen der Mündlichkeit, Unmittelbarkeit und der freien Beweiswürdigung getragenen Hauptverhandlung überlassen bleiben (Mayrhofer/Steininger GRBG § 2 E 43).

In seiner Beschwerde greift der Angeklagte lediglich einzelne

Beweismittel oder Teile davon heraus und versucht aus diesen in

gesonderter Betrachtung einen für ihn günstigeren Standpunkt

abzuleiten, die Beweise in seinem Sinn zu würdigen, Aussagen von

Zeugen eine ihm zugute kommende Einstellung zu unterstellen (vgl

insbesondere Beschwerdeseite 5: "Daraus ist zu folgern .........",

"H***** war sich bei der Anzeigeerstattung ....... bewusst,

..........") und die solcherart gewürdigten Beweise dann als

Tatsachen hinzustellen. Dieses Vorbringen ist aber insgesamt nicht geeignet, die vom Beschwerdegericht zur Begründung des dringenden Tatverdachtes aktengetreu angeführten Umstände zu erschüttern.

Entgegen der Grundrechtsbeschwerde liegen auch die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Untersuchungshaft über die Sechsmonatefrist des § 194 Abs 3 StPO hinaus vor. Die am 11. Oktober 2000 bei Gericht eingelangte Vollanzeige hat einen Umfang von über 1000 Seiten (Bd V). Dazu kommt, dass im Ausland erhoben werden musste, was auch heute noch mit beträchtlichen Zeitverzögerungen verbunden ist. Schließlich waren Kontoöffnungen und mehrere Gutachten über den Gesundheitszustand des Angeklagten notwendig. Damit sind aber die vom Gesetz für eine Verlängerung der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus geforderten besonderen Schwierigkeiten und auch der besondere Umfang der Untersuchung gegeben.

Der Haftgrund der Tatbegehungsgefahr liegt in einer solchen Intensität vor, dass die Aufhebung der Untersuchungshaft nach Ablauf von sechs Monaten und auch gegen gelindere Mittel ausgeschlossen ist. Hat doch der Angeklagte trotz Anhängigkeit eines Strafverfahrens (7 Vr 174/98 = 8 Vr 527/00 des Landesgerichtes Ried im Innkreis) sowie teilweise kurz nach einer Verurteilung durch das Amtsgericht Passau (14. Juni 1999 - vgl ON 32 und 39) die ihm nunmehr mit dringendem Tatverdacht angelasteten strafbaren Handlungen begangen. Es ist daher zu befürchten, dass er ungeachtet mehrfacher Verurteilung wegen gegen dasselbe Rechtsgut verstoßender Taten auf freiem Fuß neuerlich strafbare Handlungen mit schweren oder nicht bloß leichten Folgen begehen werde. An dieser massiven Tatbegehungsgefahr vermag auch die Zurücklegung der Geschäftsführertätigkeit in der H***** GesmbH nichts zu ändern, weil dieser Vorgang nach dem eigenen Vorbringen noch nicht in das Handelsregister eingetragen wurde und der Angeklagte teilweise auch durch Angehörige als Gesellschafter Einfluss auf die Geschäftsführung hat.

Ausgehend von der den angeklagten Taten zugrunde liegenden Strafdrohung von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe ist die Dauer der bisherigen Untersuchungshaft im Verhältnis zu der zu erwartenden Strafe noch keineswegs unangemessen.

Da Johann H***** im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt wurde, war die Grundrechtsbeschwerde ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.

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