OGH 14Os151/00 (14Os152/00)

OGH14Os151/00 (14Os152/00)30.1.2001

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. Jänner 2001 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gottweis als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Marcellus W***** wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 26. September 2000, GZ 7a Vr 4.361/00-39, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin des Generalprokurators, Generalanwältin Dr. Sperker, des Angeklagten und seines Verteidigers Mag. Braun zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen (einschließlich der Vorhaftanrechnung) unberührt bleibt, im Unterbleiben der rechtlichen Unterstellung der (bloß) als Diebstahlsversuch nach §§ 15, 127 StGB beurteilten Tat (1) unter die Qualifikationsnorm des § 129 Z 1 StGB und demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich der Widerrufsentscheidung) aufgehoben und in der Sache selbst erkannt:

Durch die zu Punkt 1 als erwiesen angenommenen Tatsachen, deren der Angeklagte schuldig befunden worden ist, wurde das Verbrechen des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB begründet.

Marcellus W***** wird nach § 129 StGB in Anwendung des § 28 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 8 (acht) Monaten verurteilt.

Ihm fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Die Widerrufsentscheidung wird aus dem angefochtenen Urteil übernommen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Marcellus W***** (abweichend von der auch die Qualifikation nach § 129 Z 1 StGB zur Last legenden Anklageschrift) des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB sowie (anklagekonform) des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 24. Mai 2000 in Wien Gewahrsamsträgern des Fitnessclubs D***** 100 S, ein Saunahandtuch, vier Umhängetaschen, zwei Schlüssel, diverse Büroartikel, Zigaretten, Nahrungsmittel und Getränke im Gesamtwert von ca 3.500 S mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz wegzunehmen (1) sowie am 20. Mai 2000 zwei Polizeibeamte durch Schläge und Stöße mit einem Billardqueue an seiner Festnahme zu hindern versucht (2).

Rechtliche Beurteilung

Die Staatsanwaltschaft bekämpft den zu (1) ergangenen Schuldspruch wegen Nichtannahme der Einbruchsqualifikation nach § 129 Z 1 StGB mit einer auf den Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welcher Berechtigung zukommt.

Nach den mängelfrei und ohne dagegen obwaltende erhebliche Bedenken getroffenen Feststellungen der Tatrichter verschaffte sich der 182 cm große Angeklagte den Zutritt, indem er über eine Stahltreppe in den letzten Stock des Hauses gelangte, sich von dort auf eine Dachterrasse und von dieser über eine Leiter auf eine weitere Dachterrasse begab und in der Folge die ca 120 cm hohe Unterkante eines geöffneten Fensters überstieg.

Rechtlich betrachtet benutzte er solcherart eine nicht zum ordnungsgemäßen Betreten bestimmte Öffnung unter Veränderung der gewöhnlichen Körperhaltung, womit er iS des § 129 Z 1 in ein Gebäude oder sonst einen abgeschlossenen Raum einstieg (Leukauf/Steininger Komm3 § 129 RN 7, 12).

Zu Unrecht hat das Erstgericht die Tat demnach nicht auch der Einbruchsqualifikation des § 129 Z 1 StGB unterstellt, was die Aufhebung des angefochtenen Schuldspruchs im bezeichneten Umfang samt Strafausspruch und Widerrufsentscheidung zur Folge hat.

Bei der damit notwendig gewordenen Strafneubemessung fielen das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und die beiden einschlägigen Vorverurteilungen erschwerend, mildernd demgegenüber eine durch das Gutachten des psychologischen Sachverständigen belegte Einschränkung der Schuldfähigkeit, das reumütige Geständnis und der Umstand ins Gewicht, dass beide Taten beim Versuch geblieben sind.

Davon ausgehend ist mit Blick auf die nicht unerhebliche Vorstrafenbelastung eine unbedingte Freiheitsstrafe von 8 Monaten angemessen. Wegen des nicht allzu schwer wiegenden sozialen Störwertes der Taten erscheint zusätzlich nur der Widerruf der zu AZ 8c E Vr 875/99 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien gewährten, erst am 4. April 2000 erfolgten bedingten Entlassung aus einem Freiheitsstrafrest von vier Monaten geboten, um den Rechtsbrecher von weiteren Delikten abzuhalten.

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten gründet auf § 390a StPO.

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