OGH 13Os153/00

OGH13Os153/0011.1.2001

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Jänner 2001 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Schmidt als Schriftführerin, im Verfahren zur Unterbringung des Gerhard S***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 15. November 2000, GZ 8 Vr 30/00-60, nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 65 Abs 1 OGHGeO) zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Ausspruch über die Begehung der Anlasstat (§ 260 Abs 1 Z 1 und Z 2 StPO) unberührt bleibt, im (Sanktions-)Auspruch über die Anordnung der Unterbringung (§ 260 Abs 1 Z 3 StPO) aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Landesgericht Ried im Innkreis zurückverwiesen.

Text

Gründe:

Gerhard S***** wurde in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB untergebracht, weil er am 11. Jänner 2000 in R***** im Innkreis unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden, auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit beruhenden Zustandes (§ 11 StGB) seine Großmutter Paula B***** durch die Äußerung: ,Ich bringe euch alle um, als erstes erschlage ich dich, dann bringe ich deinen depperten Sohn um!" mit dem Tod gefährlich bedrohte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, wobei die Befürchtung bestehe, er werde unter dem Einfluss seiner geistigen oder seelischen Abartigkeit eine mit Strafe betrohte Handlung mit schweren Folgen begehen.

Rechtliche Beurteilung

Die aus Z 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen verfehlt ihr Ziel. Der Mängelrüge (Z 5) zuwider hat das Schöffengericht Ernsthaftigkeit der Drohung und Absicht des Betroffenen, B***** in Furcht und Unruhe zu versetzen, keineswegs ohne Begründung ,mit Sicherheit" angenommen, vielmehr einwandfrei aus deren nach eingehender Auseinandersetzung für glaubwürdig erachteter Aussage vor dem Untersuchungsrichter abgeleitet (US 3 bis 5). Dass S***** bei der Tat wütend war, wurde berücksichtigt (US 2) und steht diesen Urteilsannahmen nicht entgegen. Ob dessen Absicht sich auch auf den Inhalt der Drohung als solche ,mit dem Tod" bezog, ist für die Qualifikation nach § 107 Abs 2 StGB nicht entscheidend, weil hiefür (bedingter) Vorsatz ausreicht (Leukauf-Steininger Komm3 § 107 RN 15).

Erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Begehung der Anlasstat zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen werden durch die ein vernünftiges Motiv für die Todesdrohung in Abrede stellenden beweiswürdigenden Erwägungen der Tatsachenrüge (Z 5a) nicht geweckt, während die Rechtsrüge (Z 9 lit a) den festgestellten Bedeutungsinhalt der Drohung negiert. Daran ändert auch nichts die fristgerecht zur kursorischen Stellungnahme der Generalprokuratur (in Richtung § 285d StPO) gem § 35 Abs 2 StPO erstatte weitrechende Äußerung, welcher es verwehrt ist die gem § 285 Abs 1 StPO überreichte Ausführung der Beschwerdegründe sachlich zu erweitern.

Daraus folgt die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde bereits in nichtöffentlicher Sitzung (§ 285d Abs 1 StPO).

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde hat sich der Oberste Gerichtshof jedoch von einer unrichtigen Anwendung des Strafgesetzes zum Nachteil des Betroffenen (§§ 433 Abs 1, 290 Abs 1 [§ 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall] StPO) überzeugt.

Nach § 21 StGB ist die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nämlich nur dann anzuordnen, wenn der prognostizierte Sachverhalt (= die Prognosetat) rechtlich als eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen zu beurteilen wäre. Nicht viel anders als zur Beantwortung der bei einem Schuldspruch zu lösenden Rechtsfrage, ob und welche strafbare Handlung die in einem Strafurteil festgestellten Tatsachen begründen, bedarf es für die rechtsrichtige Beurteilung der Prognosetat demnach eindeutiger, darauf bezogener Sachverhaltsannahmen, die den Schluss ermöglichen, dass die befürchtete Handlung mit Strafe bedroht und als besonders folgenschwer zu werten wäre (Mayerhofer StGB5 § 21 Nr 6 f). Das vom Schöffengericht befürchtete ,Vorgehen" des Betroffenen ,mit brachialer Gewalt gegen Mitmenschen" (US 3 f, 5) lässt eine derartige Beurteilung mangels ausreichender Sachverhaltsannahmen (§ 288 Abs 2 Z 3 zweiter Satz StPO) nicht zu, weil nicht jedes ,Vorgehen mit roher körperlicher Gewalt" gegen einen Menschen mit Strafe bedroht ist und gegebenfalls nicht besonders folgenschwer sein muss, um solcherart eine Subsumtion unter den Rechtsbegriff einer mit Strafe bedrohten Handlung mit schweren Folgen (sicher) zu erlauben.

Wegen der damit erforderlichen Aufhebung des Sanktionsausspruches (§ 260 Abs 1 Z 3 StPO) ist die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden (§ 285e StPO).

Stichworte