OGH 9ObA303/00z

OGH9ObA303/00z20.12.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Dafert und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Houman G*****-Z*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei I***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Brandstetter, Pritz & Partner, Rechtsanwälte KEG in Wien, wegen S 64.554,17 brutto abzüglich S 11.574,88 netto sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 13. Juli 2000, GZ 10 Ra 106/00g-19, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 25. Jänner 2000, GZ 23 Cga 150/99t-13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird dahingehend abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die Kosten des Berufungsverfahrens von S 8.157,76 (darin S 1.352,96 Umsatzsteuer und S 40,- Barauslagen) und die Kosten des Revisionsverfahrens von S 8.181,04 (darin S 811,84 Umsatzsteuer und S 3.310 Pauschalgebühr) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war bei der beklagten Partei ab 1. 3. 1999 als Marketingassistent beschäftigt. Der zwischen den Parteien abgeschlossene Dienstvertrag lautet unter anderem wie folgt:

"I. Beginn und Dauer des Dienstverhältnisses: Das Dienstverhältnis beginnt am 1. März 1999. Im Sinne der Bestimmung des § 19 Abs 2 AngG wird eine Probezeit für die Dauer eines Monats vereinbart, während welcher das Dienstverhältnis von beiden Seiten jederzeit und ohne Angabe von Gründen gelöst werden kann. Das Dienstverhältnis wird im Übrigen auf sechs Monate befristet, sodass es am 31. 8. 1999 endet. Wird es über die Befristung hinaus fortgesetzt, geht es in ein solches auf unbestimmte Zeit über.

Zusätzlich lautet Punkt IX des Dienstvertrages: Kündigung durch den Dienstgeber: Das Dienstverhältnis kann vom Dienstgeber unter vorheriger Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist jeweils zum

15. oder Letzten eines jeden Kalendermonats gelöst werden.

Punkt X lautet: Kündigung durch den Dienstnehmer: Vom Dienstnehmer kann das Dienstverhältnis zum Letzten eines jeden Kalendermonats unter vorheriger Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist gelöst werden.

Der Dienstvertrag wurde zwischen dem Kläger und Dr. Roland G***** besprochen und danach unterfertigt. Punkt für Punkt des Dienstvertrages wurde dem Kläger vorgelesen, wobei dem Kläger gesagt wurde, dass die beklagte Partei die Dienstverhältnisse immer auf sechs Monate abschließt. Bei entsprechender Bewährung würde ein Dienstverhältnis neu beginnen, wenn das befristete Dienstverhältnis abgelaufen ist. Die Punkte IX und X wurden dem Kläger vorgelesen und dargelegt, weshalb es für Dienstgeber und Dientnehmer unterschiedliche Kündigungstermine gibt. Die Befristung des Dienstverhältnisses kam nicht zur Sprache. Dr. G***** legte nicht dar, dass die Kündigungsbestimmungen laut Punkt IX und X auch während des befristeten Dienstverhältnisses gelten sollten. Der Kläger verstand den Vertrag so, dass sein Dienstverhältnis zunächst einmal auf jeden Fall sechs Monate dauern werde. Mit Schreiben vom 20. 5. 1999 wurde er zum 30. 6. 1999 gekündigt.

Der Kläger begehrt Kündigungsentschädigung für Juli und August 1999 sowie aliquoten Urlaubszuschuss und aliquote Weihnachtsremuneration sowie nicht gezahlte Urlaubsabfindung für 15 Werktage. Seine Ansprüche stünden ihm aufgrund des Schadenersatzes zu, weil bei befristeten Dienstverhältnissen die Vereinbarung einer zusätzlichen Kündigung nur bei längerer Befristung zulässig sei.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, weil die Vereinbarung einer zusätzlichen Kündigungsmöglichkeit neben der Befristung zulässig sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Eine Kündigungsvereinbarung hinsichtlich des befristeten Dienstverhältnisses sei aufgrund des Inhaltes des schriftlichen Dienstvertrages gar nicht getroffen worden. Befristung und Kündigung seien prinzipiell miteinander nicht vereinbar, sodass der schriftliche Vertrag nicht so ausgelegt werden könne, dass eine Kündigungsmöglichkeit des befristeten Dienstverhältnisses zusätzlich vereinbart worden sei.

Das Berufungsgericht änderte in Stattgebung der Berufung der beklagten Partei das erstgerichtliche Urteil dahingehend ab, dass es dem Kläger lediglich Zinsen aus S 11.574,88 netto vom 1. 7. 1999 bis 8. 11. 1999 zusprach und das Mehrbegehren, ihm S 64.554,17 brutto abzüglich S 11.574,88 netto zu zahlen, abwies.

Im Gegensatz zur Meinung des Erstgerichtes sei aus dem Vertragstext abzuleiten, dass ein befristetes Dienstverhältnis abgeschlossen wurde, wobei die darin vereinbarte Kündigungsmöglichkeit nur so verstanden werden könne, dass auch das befristete Dienstverhältnis gekündigt werden könne. Das vom Erstgericht dem Vertragsinhalt zuerkannte Verständnis, dass die Kündigungsmöglichkeit nur für ein nach dem befristeten Dienstverhältnis bestehendes weiteres Dienstverhältnis gelten solle, sei unlogisch. Da im vorliegenden Fall ein Missverhältnis zwischen der Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses und der Kündigungsmöglichkeit nicht gegeben sei und die Kündigungsmöglichkeit nicht als unangemessen anzusehen sei, sei sie zulässig.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der klagenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache und dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Wiederherstellung des Urteiles des "Berufungsgerichtes" (richtig Erstgerichtes) abzuändern.

Die beklagte Partei beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Judikatur, die eine Vereinbarung über die Kündigungsmöglichkeit eines befristeten Dienstverhältnisses voraussetzt, hat in einem Fall, allerdings unter bestimmten Voraussetzungen auch bei einem auf vier Monate befristeten Saisonarbeitsverhältnis eine zusätzliche Kündigungsmöglich- keit bejaht (DRdA 1997/40 [Krapf]). Im vorliegenden Fall kommt jedoch dieser Rechtsprechung keine Bedeutung zu, weil sich aus dem Dienstvertrag entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes ergibt, dass eine Vereinbarung der zusätzlichen Kündigungsmöglichkeit des befristeten Dienstverhältnisses nicht getroffen wurde.

Mag auch zum Zeitpunkt des Abschlusses des Dienstverhältnisses nicht absehbar gewesen sein, ob das Dienstverhältnis nach Ablauf der Befristung jemals in ein solches auf unbestimmte Zeit übergehen würde, so ist die Auslegung des Dienstvertrages durch das Erstgericht, dass die vereinbarte Kündigungsmöglichkeit sich erst auf das nach Ablauf der Befristung auf unbestimmte Zeit verlängerte Dienstverhältnis beziehen sollte, richtig. Diese Vertragsabsicht ergibt sich bereits aus dem Aufbau des Vertrages selbst, der in Punkt I die Befristung, aber erst unter Punkt IX, losgelöst von der Befristungsvereinbarung die nur durch gesonderte Vereinbarung zulässige Bestimmung, dass die Kündigungsfrist am 15. oder Letzten eines Kalendermonates endet, enthält (§ 20 Abs 3 AngG). Da diese zusätzliche Kündigungsmöglichkeit nicht im Zusammenhang mit der Befristungsvereinbarung gebracht wurde, sondern weit nach der Vertragsbestimmung steht, dass nach Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über die Befristung hinaus das (befristete) Dienstverhältnis in ein solches auf unbestimmte Dauer übergeht, lässt sich zwanglos und auch eindeutig aus dem Vertragszusammenhang und Wortlaut ableiten, dass die bei befristeten Dienstverhältnissen nicht selbstverständliche Möglichkeit der zusätzlichen Kündigung für das befristete Arbeitsverhältnis selbst nicht getroffen wurde. Sind auch die übrigen Vertragspunkte auf ein befristetes Arbeitsverhältnis grundsätzlich anwendbar, so spricht auch die vom Berufungsgericht erwähnte Bestimmung über die Auszahlung der Weihnachtsremuneration im November (Punkt V) oder die bei einer Befristung nicht erforderlichen Angaben über den jährlichen Urlaub (Punkt VII) dafür, dass sich alle diese Bestimmungen aber auch die für ein befristetes Dienstverhältnis untypische Vereinbarung einer Kündigungsmöglichkeit erst auf ein nach der Befristung auf unbestimmte Zeit verlängertes Dienstverhältnis beziehen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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