OGH 5Ob295/00v

OGH5Ob295/00v19.12.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Dr. Oliver S*****, vertreten durch Mag. Walter Rosifka, Angestellter der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien, Prinz Eugen-Straße 20 - 22, 1040 Wien, gegen die Antragsgegnerin Ö***** V***** Gemeinnützige GmbH, ***** vertreten durch Dr. Tassilo Mayer, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 22 Abs 1 Z 6 WGG, über den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 18. Juli 2000, GZ 41 R 109/00h-13, womit infolge Rekurses der Antragsgegnerin der Beschluss des Bezirksgerichtes Meidling vom 28. Jänner 2000, GZ 6 Msch 34/99f-7, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der Antragsteller bezog aufgrund eines mit der Antragsgegner am 23. 9. 1992 abgeschlossenen Mietvertrages erstmalig am 1. 10. 1992 die Wohnung top 17, *****. Während das Wohnhaus selbst im Jahre 1965 erbaut wurde, handelt es sich bei dem vom Antragsteller angemieteten Objekt um eine im Jahre 1992 durch Dachbodenausbau neu geschaffene Wohnung. Im Mietvertrag vereinbarten die Parteien ein vorläufiges Entgelt gemäß § 13 WGG, wobei die endgültige Höhe erst mit der Endabrechnung und der endgültigen Nutzwertfestsetzung bekanntgegeben und festgesetzt werden sollte. Mit Schreiben vom 10. 6. 1998 setzte die Antragsgegnerin den Antragsteller von der Genehmigung der Baukostenendabrechnung in Kenntnis und gab ihm die sich aufgrund der Endabrechnung ergebenden Beträge bekannt. Eine detaillierte Endabrechnung wurde nicht an ihn übermittelt.

In seinem am 9. 2. 1999 bei der Schlichtungsstelle eingebrachten Antrag begehrte der Antragsteller die Überprüfung und Feststellung des zulässigen Entgelts (§ 22 Abs 1 Z 6 iVm §§ 13, 14 WGG). Insbesondere bemängelte der Antragsteller, dass ihm zu Unrecht ein Grundkostenanteil in Höhe von S 105.771 verrechnet worden sei, obwohl die Baulichkeit vor Errichtung der Dachgeschoßwohnung bereits endabgerechnet gewesen sei. Die ihm mit S 40,919.310 nur pauschal bekanntgegebenen Baukosten enthielten auch Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten an allgemeinen Teilen des Hauses; zu Unrecht seien unter dem Titel "Baukosten" auch eine Bauherrnhaftpflichtversicherung, Ersatz für den Verwaltungskostenausfall von Garagen, Notariatskosten, Beglaubigungsgebühr, Kosten für Grundbuchsauszüge und für durchgeführte Grundbuchshandlungen verrechnet worden. Skonti in Höhe von S 80.011,22 seien nicht weitergegeben worden; ein Zinsenbetrag sei nicht nachvollziehbar. Gemäß § 18 Abs 3 WGG seien die Einwendungen rechtzeitig eingebracht worden, weil die Antragsgegnerin innerhalb von drei Jahren ab erstmaligem Bezug der Wohnung keine Endabrechnung gelegt habe und sich daher die Frist um jeweils ein Kalenderjahr verlängert habe. Da das Erstbezugsdatum der 1. 10. 1992 gewesen sei, müsse die Präklusivfrist an einem 30. 9. enden. Die Antragsgegnerin habe die endgültige Höhe des Entgelts nicht zum 30. 3. 1998, sondern erst im Juli 1998 bekanntgegeben, weshalb die Präklusivfrist erst am 30. 9. 1999 geendet habe.

Die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung des Antrages und wendete ein, dass gemäß § 39 Abs 8 und Abs 10 WGG das WGG 1979 überhaupt nicht anwendbar sei, zumal die später errichtete Wohnung des Antragstellers eine wirtschaftliche Einheit mit der im Jahr 1965 fertiggestellten Gesamtbaulichkeit darstelle. Selbst wenn man die Anwendbarkeit des WGG 1979 bejahen wollte, sei der Antrag verfristet:

Dann gelte nämlich § 22 Abs 3 WGG idF des 2. WÄG, wonach ein solcher Antrag nur innerhalb von drei Jahren nach Erteilung der baubehördlichen Benützungsbewilligung, bei allfälligem früheren Beziehen der Baulichkeit ab diesem Zeitpunkt gestellt werden müsse. Der Antragsteller habe die Wohnung am 24. 9. 1992 bezogen, die Benützungsbewilligung datiere bereits vom 30. Juli 1992. Die Frist für eine Antragstellung beim Außerstreitgericht sei somit per 30. Juli 1995 abgelaufen. Die durch das 3. WÄG eingeführten Änderungen seien auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar.

Das Erstgericht trug mit seinem auf § 22 Abs 2 Z 1 WGG gestützten Beschluss der Antragsgegnerin auf, binnen vier Wochen die Endabrechnung über die gesamten Baukosten betreffend das Objekt ***** vorzulegen und ein Verzeichnis aller Vertragspartner der Bauvereinigung in diesem Zeitpunkt anzuschließen. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass das WGG auf das Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen anzuwenden sei. § 39 Abs 11 WGG sehe nämlich nur dann eine Ausnahme vor, wenn mit dem "Neubau" vor dem 1. 1. 1980 begonnen worden sei. Dies liege hier nicht vor, weil der Dachbodenausbau unstrittig aus dem Jahre 1992 stamme. Für die Beurteilung sei die Rechtslage im Zeitpunkt der gelegten Endabrechnung maßgeblich, sodass der mit dem 3. WÄG in Kraft getretene § 18 Abs 3, nicht jedoch § 22 Abs 3 alt WGG Anwendung zu finden habe. Da der Antragsteller seine Wohnung am 1. 10. 1992 bezogen habe, habe die dreijährige Präklusivfrist, welche mangels rechtzeitiger Rechnungslegung jeweils um ein Jahr verlängert worden sei, erst am 30. 9. 1999 geendet, weil die Antragsgegnerin nicht spätestens zum 30. 3. 1998 abgerechnet habe. Der bei der Schlichtungsstelle am 9. 2. 1999 eingelangte Antrag sei daher rechtzeitig. Gemäß § 22 Abs 2 WGG sei zunächst der dort vorgesehene Auftrag an die belangte Bauvereinigung zu erteilen gewesen.

Das Rekursgericht gab dem von er Antragsgegnerin erhobenen Rekurs teilweise Folge und änderte den Beschluss dahin ab, dass der Antragsgegnerin aufgetragen wurde, binnen vier Wochen die Endabrechnung über die gesamten Baukosten, aber nur betreffend den Dachbodenausbau im Objekt ***** vorzulegen und ein Verzeichnis aller Vertragspartner anzuschließen. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 52.000 übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Im Mietvertrag mit dem Antragsteller sei nur ein vorläufiges Entgelt festgelegt worden, die Festlegung der endgültigen Höhe sollte vereinbarungsgemäß erst mit der Endabrechnung und der endgültigen Nutzwertfestsetzung erfolgen (Punkt IV 4 des Mietvertrages). Für die Frage, welches Gesetz bei Gesetzesänderungen auf den zu beurteilenden Sachverhalt anzuwenden sei, müsse zuächst das Gesetz selbst heranzgezogen werden. Richtig sei zwar, dass eine Rückwirkung auf Sachverhalte, die schon abschließend verwirklicht haben, im Zweifel nicht vorzunehmen sei (SZ 62/212) gerade von einer "abschließenden Verwirklichung" könne aber hier nicht ausgegangen werden. Das im Mietvertrag vereinbarte Entgelt sollte ein vorläufiges sein, die endgültige Höhe erst durch die Endabrechnung festgelegt werden. Abgesehen davon gelten die Bestimmungen des WGG entsprechend der Übergangsregelung des § 39 Abs 8 WGG grundsätzlich auch für Altverträge. § 18 Abs 3 WGG, eingeführt durch das 3. WÄG, sei auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar, wobei dem Antragsteller die Ablaufshemmung mangels Abrechnungslegung durch die Antragsgegnerin zugute komme und bei Antragstellung noch aufrecht gewesen sei.

§ 22 Abs 3 WGG habe überdies bei Fristablauf nur die Geltendmachung im besonderen Außerstreitverfahren nach § 22 Abs 1 WGG ausgeschlossen, keineswegs sei aber eine materiellrechtliche Präklusion eingetreten.

Zu beachten sei allerdings, dass die vom Antragsteller benützte Wohnung neu errichtet worden sei und daher die dafür entstandenen Baukosten von denen für die alte Baulichkeit zu unterscheiden sein. In diesem einschränkenden Sinne sei der Beschluss des Erstgerichtes daher abuzuändern gewesen. Die Voraussetzungen für eine Zulässigkeit eines weiteren Rechtszuges an den Obersten Gerichtshof seien gegeben, weil Rechtsprechung zur Frage, welchen Einfluss die nachträgliche Errichtung von Wohnungen in einem bereits bestehenden Gebäude durch Dachbodenausbau auf die Abrechnungspflicht der Bauvereinigung habe, noch fehle.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass der Antrag zur Gänze zurück- bzw abgewiesen werde.

Der Antragsteller beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig; er ist im Umfange eines in jedem Abänderungsantrag enthaltenen Aufhebungsbegehrens auch berechtigt.

Die Antragsgegnerin hält - wie schon im Rekursverfahren - ihren Einwand nicht mehr aufrecht, dass zufolge § 39 Abs 8 Z 3 und Abs 11 WGG das WGG 1979 auf den vorliegenden Sachverhalt überhaupt nicht anwendbar sei. Vielmehr räumt sie für den Fall, dass ihrem Präklusionseinwand nicht stattgegeben werde, eine auf den Dachbodenausbau beschränkte Abrechnungspflicht ausdrücklich ein.

Zunächst ist dem Rekursgericht darin beizupflichten, dass die Vereinbarung der (gesetzlichen) Abrechnungspflicht für einen Fristenablauf ohne Belang ist, weil dies die Endabrechnung nicht ersetzen kann.

Zu prüfen bleibt daher, ob auf das vorliegende Nutzungsverhältnis noch die Bestimmung des § 22 Abs 3 WGG idF vor dem 3. WÄG oder aber § 18 Abs 3 WGG anzuwenden ist.

Art I II. Abschnitt Z 76 des 3. WÄG bestimmt hinsichtlich Art IV Abs 1 Z 11 des WGG, dass die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 18 sowie § 22 Abs 2 und 3 (neu) mit 1. Jänner 1994 in Kraft treten. Gleichzeitig trat somit § 22 Abs 3 (alt) WGG außer Kraft. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Bestimmungen war somit die Antragsfrist des Antragstellers gemäß § 22 Abs 3 WGG alt noch nicht abgelaufen. Da das 3. WÄG keine speziellen Übergangsvorschriften zu den vorgenannten Bestimmungen des WGG vorsieht, muss in diesem Fall davon ausgegangen werden, dass die noch nicht abgelaufene Frist des § 22 Abs 3 WGG alt, welche nach der Rechtsprechung keinen Eingriff in die materiellrechtlichen Ansprüche auf Überprüfung der Angemessenheit des Kaufpreises oder auf Rechnungslegung, sondern nur eine Limitierung der Anrufungsmöglichkeit des Außerstreitgerichtes bestimmte (RIS-Justiz RS0083677), nicht mehr angewendet werden kann und stattdessen die Präklusivfrist des neuen § 18 Abs 3 WGG wirksam geworden ist. In einem Verfahren, wo die Preisfestsetzung (§ 15 WGG) zu beurteilen war, hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen (5 Ob 150/99s = Immolex 2000/9 = WoBl 2000/88), dass § 18 Abs 3 WGG auch dann anwendbar ist, wenn der Zeitpunkt des Erstbezuges vor dem 1. 1. 1994 erfolgte, eine Abrechnung jedoch erst danach stattfand. Unter sinngemäßer Heranziehung der Rechtsprechung des § 16 Abs 8 zweiter Satz MRG idF des 3. WÄG wurde auch ausgesprochen, dass § 18 Abs 3 WGG mit 1. 1. 1994 in Kraft getreten ist, somit auch die dreijährige Präklusivfrist des § 18 Abs 3 WGG an diesem Tage zu laufen begonnen hat.

Daraus folgt, dass auch für den Antragsteller die Frist zunächst am 31. 12. 1996 abgelaufen wäre. Mangels Abrechnung durch die Bauvereinigung verlängerte sich diese Frist zunächst zweimal bis 31. 12. 1998. Darüber hinaus muss aber als unstrittig (§ 267 ZPO iVm § 37 Abs 3 Z 12 MRG) gelten, dass die Endabrechnung vom 10. 6. 1998 dem Antragsteller erst im Juli 1998 zugegangen ist: Dieses Vorbringen des Antragstellers hat die Antragsgegnerin nämlich nicht substantiiert bestritten. Vielmehr beschränkte sie sich auf eine generelle Bestreitung, um sich dann ausschließlich den schon erwähnten rechtlichen Erörterungen zuzuwenden. Derart unsubstantiiertes Bestreiten des Tatsachenvorbringens ist dann als Geständnis iSd § 267 ZPO anzusehen, wenn die vom Gegner aufgestellte Behauptung offenbar leicht widerlegbar war, dazu aber dennoch nicht konkret Stellung genommen wurde (RIS-Justiz RS0039927).

Daraus ergibt sich die Konsequenz, dass die Frist des § 18 Abs 3 WGG erneut, nämlich bis zum 31. 12. 1999 verlängert wurde und im Antragszeitpunkt noch offenstand.

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