OGH 15Os166/00

OGH15Os166/0014.12.2000

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Dezember 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Janitsch als Schriftführer, in der Strafsache gegen Jozsef B***** wegen des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 1. August 2000, GZ 7 Vr 1394/99-157, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Jozsef B***** im zweiten Rechtsgang des Verbrechens der schweren Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 1, 86 StGB (2.) und des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB (1.) schuldig erkannt.

Danach hat er

1. am 8. Mai 1999 in Fischamend vorsätzlich versucht, Beamte an einer Amtshandlung, nämlich der Beschlagnahme von Gegenständen gemäß § 37a Abs 3 VStG und seiner Festnahme zu hindern, indem er Gruppeninspektor Peter R***** einen heftigen Stoß versetzte sowie gegen diesen und Insp. Franz F***** weitere Tätlichkeiten setzte;

2. am 25. August 1999 in Nickelsdorf den Yldiz F***** vorsätzlich am Körper verletzt, wobei er die Tat mit einem solchen Mittel und auf solche Weise beging, womit in der Regel Lebensgefahr verbunden ist, und wobei die Tat den Tod des Genannten zur Folge hatte, indem er diesen mit einem Messer rund 13 cm tief in den Brustbereich stach, wodurch er infolge Verblutung letztlich an Herz-Kreislaufversagen verstarb.

Die gegen dieses Urteil gerichtete, auf Z 3 und 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der nur den Schuldspruch 1. betreffenden Verfahrensrüge (Z 3) musste der Gendarmeriebeamte Insp. Franz F***** vor seiner Vernehmung als Zeuge in der Hauptverhandlung nicht von seiner Amtsverschwiegenheit entbunden werden. Der Beamte wurde nämlich nur über dienstliche Wahrnehmungen anlässlich einer Amtshandlung gegen den Angeklagten am 8. Mai 1999 befragt, welche bereits Gegenstand einer Anzeigeerstattung an die Staatsanwaltschaft Korneuburg war (S 522 ff II iVm ON 155). Eine solche Aussage verletzt das Amtsgeheimnis nicht, sondern dient der Erfüllung der einem Gendarmeriebeamten auferlegten Dienstpflicht (Mayerhofer StPO4 § 151 E 15 und 16). Der Beschwerde zuwider unterliegt auch jener Teil der Amtshandlung, welcher in einem Verwaltungsverfahren zu behandeln war, nicht der Verschwiegenheitspflicht, weil er Anlass einer strafbaren Handlung war und mit dieser in einem untrennbaren Zusammenhang steht. Im Übrigen waren auch diese Umstände bereits Gegenstand der in der Hauptverhandlung einverständlich verlesenen Anzeige (S 530 II iVm S 9 ff in ON 155).

Die nur gegen den Schuldspruch 2. gerichtete Mängelrüge (Z 5) ist ebenso unbegründet.

Das Gericht ist gemäß § 270 Abs 2 Z 5 StPO verpflichtet, die schriftliche Urteilsbegründung in gedrängter Darstellung abzufassen und darin mit Bestimmtheit anzugeben, welche Tatsachen als erwiesen oder als nicht erwiesen angenommen werden und aus welchen Gründen dies geschah. Dabei hat es die Beweismittel nicht nur einzeln, sondern in ihrem inneren Zusammenhang sorgfältig zu prüfen und letztlich nach seiner freien Überzeugung zu entscheiden. Es ist aber nicht gehalten, den vollständigen Inhalt sämtlicher Aussagen von Angeklagten und Zeugen sowie sämtliche Verfahrensergebnisse schlechthin zu erörtern und darauf zu untersuchen, wie weit die einzelnen Angaben oder Beweismittel für oder gegen diese oder jene Darstellung sprechen. Es hat vielmehr nur alle entscheidungswesentlichen Umstände einer Prüfung zu unterziehen und diese zu würdigen. Dass aus den Ergebnissen des Beweisverfahrens auch andere, für den Angeklagten günstigere Schlüsse hätten gezogen werden können, als es das erkennende Gericht getan hat, stellt einen Akt der freien Beweiswürdigung dar. Nur eine den Denkgesetzen widersprechende Begründung bewirkt einen Nichtigkeitsgrund (EvBl 1972/17 ua).

Dieser gesetzlichen Verpflichtung sind die Tatrichter nachgekommen. Sie haben ausführlich dargestellt, warum sie der Verantwortung des Angeklagten keinen Glauben geschenkt und eine Notwehr- oder Putativnotwehrsituation ausgeschlossen haben (US 7 ff). Die dafür gegebene Begründung entspricht den Denkgesetzen und den Erfahrungen des täglichen Lebens.

Wenn der Beschwerdeführer aus einzelnen Teilen seiner Verantwortung sowie aus Zeugenaussagen andere Folgerungen als das Schöffengericht ableitet und dabei auf den Grundsatz "in dubio pro reo" verweist, unternimmt er damit den Versuch, die Beweiswürdigung eines Kollegialgerichtes nach Art einer Schuldberufung zu bekämpfen, was jedoch unzulässig ist.

Mit der behaupteten Einschränkung der Bewegungsfreiheit der rechten Hand des Nichtigkeitswerbers hat sich das Erstgericht ohnedies auseinandergesetzt (US 9) und seine Konstatierungen zum kräftigen, aktiven Zustechen insbesondere auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. D***** gestützt (US 10 iVm S 517 ff II und ON 71). Im Hinblick auf diese Expertise war es auch nicht verpflichtet, ein weiteres Gutachten über die Bewegungsfähigkeit der Hand einzuholen (der Sache nach Z 5a). Ein Beweisantrag in diese Richtung wurde nicht gestellt (Z 4).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als offenbar unbegründet bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO).

Daraus folgt, dass zur Entscheidung über die Berufung der Gerichtshof zweiter Instanz zuständig ist (§ 285i StPO).

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