OGH 14Os133/00

OGH14Os133/0012.12.2000

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. Dezember 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krauss als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Walter G***** und andere Angeklagte wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Hans Peter K***** und Josef A***** sowie die Berufungen der Staatsanwaltschaft, des Finanzamtes Salzburg Stadt und des Angeklagten Alfred E***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 18. April 2000, GZ 40 Vr 2.277/95‑98, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2000:0140OS00133.000.1212.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Verfahrens über ihre Rechtsmittel zur Last.

 

 

Gründe:

 

Mit dem angefochtenen Urteil wurden ‑ unter anderem ‑ Hans Peter K***** der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG (A.I.1.) und nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG (A.I.2.) sowie des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB (C.), Josef A***** der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG (A.II.1.) und nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG (A.II.2.), jeweils als Beteiligter nach § 11 (dritter Fall) FinStrG sowie des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 1 StGB (B.) und Alfred E***** des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG als Beteiliger nach § 11 (dritter Fall) FinStrG schuldig erkannt.

Soweit im Rechtsmittelverfahren hier von Bedeutung haben in Salzburg

A. I. Hans Peter K***** als verantwortlicher Geschäftsführer der L***** GesmbH vorsätzlich

1. unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs‑ und Wahrheitspflicht durch Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1994 eine Abgabe, die bescheidmäßig festzustellen war, und zwar Umsatzsteuer 1994 in der Höhe von insgesamt 1,233.582,‑ ‑ S, verkürzt;

2. unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen, nämlich durch Abgabe unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen für die Zeiträume Jänner bis Juli 1995, eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für diese Zeiträume in der Höhe von insgesamt 13,121.879,‑ ‑ S sowie durch Nichtabgabe einer Umsatzsteuervoranmeldung für August 1995 eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer in der Höhe von 10,491.393,‑ ‑ S wissentlich bewirkt;

II. Josef A*****

1. durch die Ausstellung im Spruch näher detaillierter falscher Rechnungen zu der unter I.1. geschilderten Tat beigetragen und

2. durch Ausstellung falscher bzw fingierter Rechnungen sowie durch Vortäuschen von Geschäftstätigkeit der Ö***** für die L***** GesmbH in der Zeit von Jänner bis Juli 1995 zu einer Umsatzsteuerverkürzung im Ausmaß von 13,121.879,‑ ‑ S wissentlich beigetragen;

III. Alfred E***** durch Ausstellen bzw Weitergabe fingierter Rechnungen der Handelsagentur Alfred E***** Import‑Export GesmbH sowie Vortäuschen der Geschäftstätigkeit dieser Firma für die L***** GesmbH und Bezahlen von Waren bei der B***** GesmbH in München im Zeitraum Juni bis Juli 1995 im Ausmaß einer Umsatzsteuerverkürzung von 9,749.099,‑ ‑ S zu der unter I.2. geschilderten Tathandlung wissentlich beigetragen;

B. Josef A***** im Jahr 1994 67 (näher detaillierte) falsche Urkunden (Rechnungen) mit dem Vorsatz hergestellt, dass diese im Rechtsverkehr im Wege der Vorlage der Umsatzsteuererklärung bzw Umsatzsteuervoranmeldungen gebraucht werden; sowie

C. Hans Peter K***** die unter B. aufgelisteten und von Alfred A***** hergestellten falschen Rechnungen durch Vorlage an die Steuerberater bzw Verwendung bei den Umsatzsteuererklärungen im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache gebraucht.

Die dagegen von Hans Peter K***** aus Z 4, 5, 5a und 9 lit a und von Josef A***** aus Z 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden gehen fehl.

 

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Hans Peter K*****

Der Verfahrensrüge (Z 4) fehlt hinsichtlich des in der Hauptverhandlung vom 30. Dezember 1999 gestellten Antrags auf "Einholung eines Sachverständigengutachtens, wobei bezüglich der Höhe der in der Anklage enthaltenen Hinterziehungsbeträge erklärt wird, binnen vierzehn Tagen nach Durchsicht einen weiteren schriftlichen Beweisantrag einzubringen" (S 112/III), schon die formelle Legitimation, wurde dieser Antrag doch in der gemäß § 276a StPO neu durchgeführten Hauptverhandlung vom 18. April 2000 (ON 97) nicht wiederholt (Mayerhofer StPO § 281 Z 4 E 31 ff). Darüber hinaus fehlt ihm die gehörige Bestimmtheit, weil kein Beweisthema angegeben ist (aaO E 18 ff).

Der Antrag auf Einvernahme des Zeugen Rainer S*****, Geschäftsführer der S***** GesmbH‑Süd, zum Beweis dafür, dass "die Vorgangsweise bezüglich der UID‑Nummer vom genannten Zeugen dem Angeklagten Josef A***** mitgeteilt und vorgeschrieben wurde, dass er (Hans Peter K*****) von dieser Geschäftstätigkeit keine Ahnung hatte und dass S***** die Rechnungen im Nachhinein an die L***** GesmbH umgeschrieben habe" (S 239/III), lässt einerseits die nötige Konkretisierung vermissen, welche Auswirkungen allfällige Manipulationen durch den Zeugen auf die Beurteilung des Verhaltens des Beschwerdeführers haben sollte, und betrifft andererseits keinen für die Abgabenhinterziehung im Inland entscheidenden Umstand. Hans Peter K***** wird vorgeworfen, die in Scheinrechnungen österreichischer Firmen ausgewiesene Vorsteuer in Anspruch genommen zu haben. Die Angabe einer UID‑Nummer der nicht existierenden "E*****" gegenüber dem deutschen Lieferanten diente bloß der Ermöglichung eines umsatzsteuerfreien Bezugs der Ware aus Deutschland verbunden mit der Verschleierung der eigenen Abnehmereigenschaft. Von wem die Initiative zu dieser Vorgangsweise ausging, ist ohne Belang; im Übrigen hat der Beschwerdeführer selbst seine bezügliche Kenntnis gelegentlich seiner finanzbehördlichen Einvernahme zugegeben (S 346 f/I).

Soweit die Mängelrüge (Z 5) Aktenwidrigkeiten behauptet, verkennt sie die Natur dieser Nichtigkeit, die nur gegeben ist, wenn als Inhalt einer Aussage der Urkunde etwas angeführt wird, dass deren Inhalt nicht bildet (Mayerhofer aaO, § 281 Z 5 E 185).

Die Höhe der hinterzogenen Umsatzsteuerbeträge konnten die Tatrichter dem Abschlussbericht des Finanzamts Salzburg‑Stadt (S 319 ff/III; S 470 ff im Finanzstrafakt), der wieder auf den sichergestellten Rechnungen beruhte, entnehmen. Geschätzt war ursprünglich nur die hinterzogene Umsatzsteuer für August 1995, weil dem Finanzamt diesbezüglich keine Ausgangsrechnungen vorlagen. Nachdem aber später eine niedrigere Umsatzsteuervoranmeldung abgegeben wurde, nahm die Finanzbehörde im Zweifel ohnehin diesen geringeren Betrag an, der dann auch dem Schuldspruch zugrunde gelegt wurde (Zeuge Gernot J***** S 219 f/III).

Widersprüche in den Verantwortungen der Angeklagten wurden vom Erstgericht entsprechend gewürdigt (US 19 ff), sodass von einer Unvollständigkeit der Gründe keine Rede sein kann.

Die Bezeichnung einer Rechnung, der keine Lieferung oder Leistung zugrunde lag, als Scheinrechnung bedurfte keiner weiteren Begründung, räumt doch der Beschwerdeführer am Ende seiner Mängelrüge selbst eine Kenntnis dieser Rechtsnatur ein.

Nach Prüfung des Beschwerdevorbringens anhand der Akten ergeben sich auch keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen (Z 5a). Der Beschwerdeführer bekämpft vielmehr in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung des Schöffengerichts, indem er unter Wiederholung seiner ‑ dem Geständnis im Vorverfahren zuwider ‑ leugnenden Verantwortung in der Hauptverhandlung die auf Grund einer kritischen Gesamschau der Verfahrensergebnisse gewonnenen, ausführlich begründeten Urteilsannahmen in Frage stellt.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) verfehlt eine prozessordnungsgemäße Darstellung, indem sie sich mit der Behauptung ordnungsgemäßen Warenflusses von dem im Urteil festgestellten Tatsachensubstrat betreffend nicht stattgefundene Lieferungen der Scheinrechnungsaussteller (US 11 ff) entfernt.

Welche Bedeutung die Unterlassung von Feststellungen über Umsatzsteuerleistungen der Scheinrechnungsaussteller und den Prozentsatz der an die deutschen Behörden ersichtlich von den dortigen in Anspruch genommenen Lieferanten rückerstatteten Steuern für die rechtliche Beurteilung der im vorliegenden Verfahren angelasteten Abgabenverkürzungen haben sollte, legt die Rechtsrüge nicht dar.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Josef A*****:

Mit seiner undifferenziert ausgeführten Mängel‑ und Tatsachenrüge (Z 5 und 5a) vermag der Beschwerdeführer weder formelle Begründungsmängel noch erhebliche sich aus den Akten ergebende Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen aufzuzeigen.

Mit hinlänglicher Deutlichkeit hat das Erstgericht konstatiert, dass Josef A*****, der die Geschäftsbeziehung mit Hans Peter K***** initiierte (US 10), durch Aufbau von Scheinlieferantenketten und Erstellung von Scheinrechnungen die Grundlagen für die Abgabe unrichtiger Steuererklärungen durch jenen geschaffen hat (US 11).

Die Höhe der von Josef A***** zu verantwortenden Hinterziehungsbeträge zu A.II.2. des Schuldspruchs ergibt sich durch Addition der zu den einzelnen Scheinrechnungsketten festgestellten Werte (US 12 f, 15 f). Die Konstatierung der Wissentlichkeit seines Handelns (US 17) wurde logisch und empirisch einwandfrei begründet (US 18 ff, insbes US 23).

Die Angaben des Zeugen Gernot J***** über eine teilweise Hereinbringung hinterzogener Steuern durch eine Pfändung in Deutschland (S 217/III) bedurften keiner Erörterung, weil eine derartige teilweise Schadensgutmachung keinen Einfluss auf den strafbestimmenden Wertbetrag hat.

Die Urteilsfeststellungen zur Fälschung der Rechnungen laut A.II.1. des Schuldspruchs (US 11) gründete das Erstgericht auf die im Vorverfahren geständige, durch Hans Peter K***** gestützte Verantwortung des Beschwerdeführers (US 19 ff).

Durch das widersprüchliche Vorbringen, die Tatrichter hätten einerseits irrig angenommen, dass bei ihm Wissentlichkeit hinsichtlich der Höhe der festgestellten Verkürzungsbeträge gegeben sei, andererseits aber keine Ausführungen darüber getroffen, dass sich sein Vorsatz auch auf die Höhe der hinterzogenen Beträge erstrecke, bringt der Beschwerdeführer die Rechtsrüge (Z 9 lit a) nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Soweit Josef A***** seine Straflosigkeit hinsichtlich der Leistung eines sonstigen Tatbeitrages zum Finanzvergehen nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG behauptet, vermag er keinen Grund dafür darzutun, warum ein "Auseinanderfallen der Tatzeiträume" seine Strafbarkeit ausschließe, und er übergeht die Urteilsfeststellungen, dass er die rechnungsmäßigen Grundlagen für die Abgabe unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen durh Hans Peter K***** als unmittelbarem Täter geschaffen hat.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Linz zur Entscheidung über die Berufungen und die implizierte Beschwerde gegen die gemäß § 26 Abs 2 FinStrG erteilte Weisung folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Der durch Erwähnung des (Vor‑)Urteils des Landesgerichtes Salzburg vom 19. Jänner 1999, AZ 40 E Vr 3.020/98 (US 9), aber mangelnde Berücksichtigung nach § 31 Abs 1 StGB bewirkten Nichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO (Ratz in WK2 § 31 Rz 15) wird vom Berufungsgericht Rechnung zu tragen sein (aaO Rz 18).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

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