Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung - einschließlich des bestätigten Teils - insgesamt wie folgt zu lauten hat:
"Einstweilige Verfügung
Zur Sicherung des Anspruchs der Klägerin gegen die Beklagte auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen wird der Beklagten ab sofort verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs anzukündigen, dass den Käufern der von der Beklagten verlegten periodischen Druckschriften, insbesondere von 'täglich Alles', unentgeltliche Zugaben dadurch gewährt werden, dass ihnen die Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel eingeräumt wird, und/oder den Käufern dieser periodischen Druckschriften unentgeltliche Zugaben durch die Einräumung der Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel zu gewähren oder gewähren zu lassen.
Das Mehrbegehren, der Beklagten das Ankündigen, das Gewähren und/oder Gewährenlassen unentgeltlicher Zugaben ganz allgemein zu verbieten, wird abgewiesen.
Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 7.372,80 S bestimmten anteiligen Äußerungskosten (darin 1.228,80 S USt) binnen 14 Tagen zu zahlen."
Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 20.284,20 S bestimmten anteiligen Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin 3.380,70 S USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Klägerin ist Medieninhaberin der periodischen Druckschrift "profil"; die Beklagte ist Medieninhaberin der Tageszeitung "täglich Alles".
Die Beklagte kündigte auf dem Titelblatt der Ausgabe der Tageszeitung "täglich Alles" vom 15. 3. 2000 ein "Riesengewinnspiel" an, bei dem als erster Preis ein PKW Porsche oder 2,042.000 S in bar, als zweiter Preis ein PKW BMW oder 1,990.000 S in bar, als dritter Preis ein PKW Ferrari oder 1,930.000 S in bar zu gewinnen waren. Auf dem Titelblatt der Ausgabe vom 23. 3. 2000 wurde das Gewinnspiel mit dem Hinweis "Hier gewinnen Sie ohne Risiko drei exklusive Autos oder Bargeld" angekündigt.
Wer am Gewinnspiel teilnehmen wollte, musste eine Gewinnkarte einsenden. Auf der Gewinnkarte waren 35 Spielscheine aufzukleben, die jeweils auf dem Titelblatt einer Ausgabe von "täglich Alles" abgedruckt waren und ausgeschnitten werden mussten.
Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs anzukündigen, dass die Käufer der von der Beklagten verlegten periodischen Druckschriften, insbesondere von "täglich Alles", unentgeltliche Zugaben gewährt erhalten, und/oder den Käufern dieser periodischen Druckschriften unentgeltliche Zugaben zu gewähren oder gewähren zu lassen. Zwischen den Streitteilen bestehe ein Wettbewerbsverhältnis. Sowohl "profil" als auch "täglich Alles" berichteten über politische, wirtschaftliche und kulturelle Belange. Beide Druckschriften enthielten entgeltliche Einschaltungen. Die Beklagte habe ein Gewinnspiel angekündigt. Sie gewähre täglich die Teilnahmemöglichkeit, indem sie die Gewinnscheine auf der ersten Seite von "täglich Alles" abdrucke. Die Beklagte handle damit wettbewerbswidrig.
Die Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen. Zwischen "profil" und "täglich Alles" bestehe kein Wettbewerbsverhältnis. Die Druckschriften richteten sich an völlig verschiedene Leserkreise. Da keine Leser von einer Druckschrift zur anderen abwanderten, bestehe auch kein Wettbewerb in Bezug auf Inserate. Die Beklagte mache sich das Vorbringen der Klägerin in anderen Verfahren zu Eigen. In diesen Verfahren behaupte die Klägerin, dass Gewinnspiele handelsübliches Zubehör einer Zeitung seien. Sie bringe auch vor, dass Gewinnspielankündigungen "oftmals als unangenehm und lästig" empfunden würden und daher kein "geeignetes Anlock- und Werbemittel und sohin keine Zugabe im Sinne des § 9a UWG" sein könnten.
Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung. Zwischen den Streitteilen bestehe ein Wettbewerbsverhältnis, weil sie jedenfalls Mitbewerber im Wettbewerb um Inserate seien. Preisausschreiben seien kein handelsübliches Zugehör. Das Unterlassungsgebot sei hinreichend konkret. Eine Beschränkung auf bestimmte Zugaben würde die Umgehung fördern.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Zwischen den Streitteilen bestehe ein Wettbewerbsverhältnis in Bezug auf Inserenten, weil das attraktive Gewinnspiel geeignet sei, Leser für "täglich Alles" zu gewinnen. Auf dem Titelblatt angekündigte Gewinnspiele seien immer wettbewerbswidrig. Sie seien weder ein "Bestandteil" der Zeitung noch seien sie ungeeignet, zum Kauf der Zeitung zu verlocken. Eine allgemeine Fassung des Unterlassungsgebots sei zulässig. Eine Einschränkung auf bestimmte Zugaben sei nicht notwendig, weil die Gefahr von Umgehungen durch völlig anders geartete Zugaben nicht geringer sei als jene, dass ähnliche Artikel unentgeltlich abgegeben würden.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluss gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig, weil sich der Oberste Gerichtshof noch nicht mit der Frage befasst hat, ob ein Verstoß gegen das Gewinnspielverbot einen allgemeinen Zugabentitel rechtfertigt; der Revisionsrekurs ist auch teilweise berechtigt.
Die Beklagte macht geltend, dass sich das Unterlassungsgebot der bekämpften Entscheidung nur am Gesetzestext und nicht am konkreten Verstoß orientiere. Ein derart allgemein gefasstes Unterlassungsgebot sei auch zur Vermeidung von Umgehungen weder erforderlich noch zweckmäßig. Es sei daher abzuweisen. Dazu war zu erwägen:
Der Oberste Gerichtshof hat in den grundlegenden Entscheidungen ÖBl 1991, 105 - Hundertwasser-Pickerln und ÖBl 1991, 108 - Sport-Sonnenbrille, jeweils mwN, klargestellt, dass Gegenstand des Unterlassungsgebots immer nur die konkrete Verletzungshandlung ist, und welche Grundsätze bei der Fassung der Begehren zu beachten sind. Nach diesen Grundsätzen ist zu beurteilen, wie allgemein die zu unterlassende Handlung beschrieben werden darf, um noch an der konkreten Verletzungshandlung orientiert zu sein, und wie allgemein sie beschrieben werden muss, um Umgehungen nicht allzu leicht zu machen. Ein Unterlassungstitel ist erfahrungsgemäß in vielen Fällen wertlos, wenn er nur die konkrete Verletzungshandlung erfasst, weil der gleiche verpönte Erfolg regelmäßig auch durch ähnliche Handlungen erreicht werden kann. An der konkreten Verletzungshandlung muss das Unterlassungsgebot orientiert sein, weil nur insoweit die materiellrechtlichen Voraussetzungen vorliegen. Materiellrechtliche Voraussetzung des Unterlassungsgebots ist das Bestehen von Wiederholungsgefahr oder von Erstbegehungsgefahr (stRsp ua ÖBl 1995, 120 - Urlaub für Schlaue; ÖBl 1995, 128 - Verführerschein II).
Das Unterlassungsgebot ist daher zu weit, wenn auch Handlungen darunter fallen, die weder als Wiederholung des festgestellten wettbewerbswidrigen Verhaltens aufzufassen sind noch unmittelbar drohend bevorstehen. Es ist aber zu eng, wenn es nur eine der festgestellten Verletzungshandlung völlig gleiche Handlung erfasst, weil damit zu Umgehungen geradezu eingeladen wird.
Grundsätzlich bestehen, wie in den Entscheidungen ÖBl 1991, 105 - Hundertwasser-Pickerln und ÖBl 1991, 108 - Sport-Sonnenbrille dargelegt, mehrere Möglichkeiten, das Unterlassungsgebot so zu fassen, dass es weder zu weit noch zu eng ist: Dem Beklagten wird nicht nur die Unterlassung der konkret beschriebenen Verletzungshandlungen, sondern auch die ähnlicher Handlungen aufgetragen, oder es wird die tatsächlich verübte Handlung allgemeiner beschrieben. Wie das Unterlassungsgebot zu fassen ist, hängt immer von der Art des Verstoßes und vom bisherigen Verhalten des Beklagten ab; dabei sind die Interessen der Parteien gegeneinander abzuwägen.
In diesem Sinn hat die Entscheidung ÖBl 1991, 108 - Sport-Sonnenbrille zur Fassung des Unterlassungsgebots bei Verstößen gegen das Zugabenverbot ausgesprochen, dass es keiner Einschränkung auf bestimmte Zugaben bedarf. Der Unternehmer werde sich bei der Auswahl der Zugabe nicht von der besonderen Beschaffenheit einer Ware leiten lassen, sondern von deren Wert. Die Gefahr, dass der Unternehmer auf völlig andere Waren ausweiche, sei gleich hoch zu bewerten wie die Gefahr, dass in Zukunft gleiche oder gleichartige Waren als Zugaben gegeben werden. Ob eine Ware (Leistung) im Einzelfall als Zugabe anzusehen ist, sei überdies zumeist eine Rechtsfrage, die schon aufgrund der Angaben im Exekutionsantrag beurteilt werden kann. Nur in seltenen Fällen sei ein bestimmtes Tatsachenvorbringen notwendig, das nur im Impugnationsprozess geprüft werden könnte. Das Zugabenverbot sei daher nicht auf bestimmte Waren (Leistungen) einzuschränken.
Nicht befasst hat sich der Oberste Gerichtshof mit der Frage, ob dies auch im Verhältnis Ware (Leistung) als Zugabe und Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel als Zugabe zutrifft. Die Beantwortung dieser Frage hängt - bezogen auf den vorliegenden Fall - vor allem davon ab, ob ein Zugabenverstoß durch Einräumung einer Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel befürchten lässt, der Beklagte werde in Zukunft Waren (Leistungen) als Zugabe ankündigen.
Für eine derartige Annahme könnte ins Treffen geführt werden, dass beide Verstöße auf der gleichen "schädlichen Neigung" beruhen. In beiden Fällen handelt es sich um Wertreklame, die darauf abzielt, durch zusätzlich gewährte Vorteile zum Kauf zu verlocken und von sachlichen (dh an Qualität und Preis der Hauptware orientierten) Kaufentscheidungen abzulenken. Zugaben sind ganz allgemein wettbewerbswidrig, wenn sie Werbe- oder Lockmittel sind. Dazu müssen sie mit der Hauptware in einem solchen Zusammenhang stehen, dass sie objektiv geeignet ist, den Kunden in seinem Entschluss zum Erwerb der Hauptsache zu beeinflussen (MR 2000, 175 [Swoboda, Korn] - Tipp des Tages II mwN).
Bei Zugaben in Form einer Ware oder Leistung ist es regelmäßig nicht schwer zu beurteilen, ob sie objektiv geeignet sind, den Kunden in seinem Entschluss zum Erwerb der Hauptsache zu bewegen, weil meist ein rechtlicher Kaufzwang besteht. Die Zugabe erhält nur, wer die Hauptware kauft. Anders ist es bei einem Gewinnspiel. Auch hier kann zwar ein rechtlicher Kaufzwang bestehen, indem die Teilnahme am Gewinnspiel den Kauf der Ware voraussetzt, weil (zB) ein Kupon auszuschneiden und einzusenden ist; häufiger sind aber die Fälle des (bloß) psychischen Kaufzwangs. Hier ist es entscheidend, ob der Eindruck entsteht, dass die Teilnahme am Gewinnspiel den Kauf der Ware voraussetzt oder die Gewinnchancen jedenfalls entscheidend erhöht. Dieser Eindruck kann durch eine Gewinnspielankündigung auf dem Titelblatt oder dadurch erweckt werden, dass die Teilnahmebedingungen eines nur im Blattinnern angekündigten Gewinnspiels es nahelegen, weitere Exemplare derselben Zeitung zu kaufen.
Zugaben können zwar ganz allgemein auch schlüssig angekündigt werden; die Rechtsprechung hatte sich aber bisher nur mit schlüssigen Gewinnspielankündigungen zu befassen. Gewinnspiele werden (zB dann) schlüssig angekündigt, wenn das regelmäßige Wiederholen eines - auf der Titelseite nicht angekündigten - Gewinnspiels in den angesprochenen Verkehrskreisen den sicheren Eindruck erweckt, dass auch in künftigen Ausgaben der Zeitung wieder ein (neues) Gewinnspiel enthalten sein werde oder die Gewinnspielserie fortgesetzt werden werde (ÖBl 1994, 160 - Bub oder Mädel II; ÖBl 1997, 286 - Krone Aktion).
Zwischen beiden Werbeformen bestehen auch in der Durchführung und in der Werbewirkung wesentliche Unterschiede. Eine Werbung mit Gewinnspielen erfordert eine andere Logistik als die Werbung mit der Gratiszugabe von Waren oder Leistungen. Gewinnspiele sind auch regelmäßig werbewirksamer als andere Zugaben, weil - wie der vorliegende Fall zeigt - oftmals besonders wertvolle und für breite Bevölkerungsschichten attraktive Preise ausgelobt werden. Dass die Gewinnchance regelmäßig nur gering ist, während die in einer Ware oder Leistung bestehende Zugabe jeder erhält, der die Hauptware kauft, fällt kaum ins Gewicht, weil (wenn) die Chance gleichmäßig verteilt ist und daher jeder hofft (hoffen kann), unter den Gewinnern zu sein.
Ein Gewinnspiel mit wertvollen Preisen erregt demnach regelmäßig in einem weit größeren Maß Aufmerksamkeit als eine andere Zugabenaktion. Wer daher ein Gewinnspiel veranstaltet hat, von dem ist ohne Vorliegen besonderer Anhaltspunkte nicht anzunehmen, er werde in Zukunft ankündigen, zu seinen Waren (Leistungen) andere Waren (Leistungen) gratis dazuzugeben. Solche Anhaltspunkte könnten dann vorliegen, wenn der Beklagte schon bisher sowohl Gewinnspiele veranstaltet als auch andere Zugabenaktionen durchgeführt hätte. War dies aber nicht der Fall, dann fehlt für ein beide Werbeformen (Gewinnspiele und andere Zugabenaktionen) umfassendes Verbot die Begehungsgefahr.
Schon aus diesem Grund kann kein umfassendes Zugabenverbot erlassen werden, wenn der Beklagte bisher nur Gewinnspiele veranstaltet hat. Es ist daher nicht mehr entscheidend, ob der Beklagte unverhältnismäßig benachteiligt wird, wenn der Kläger einen umfassenden Unterlassungstitel erhält und daher aufgrund seiner bloßen Behauptung, der Beklagte habe wieder eine Zugabe angekündigt und/oder gewährt, Exekution führen kann. Erfasst der Unterlassungstitel nur die Einräumung der Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel, dann muss der betreibende Gläubiger auch behaupten, in welcher Weise die Teilnahme am Gewinnspiel vom Warenbezug abhängig ist. Dies kann dazu führen, dass der Exekutionsantrag schon aus rechtlichen Gründen scheitern muss und daher im Rekursverfahren bekämpft werden kann. Für ein allenfalls notwendiges Impugnationsverfahren ist der Prozessstoff aufgrund der notwendigen Behauptungen im Exekutionsantrag von vornherein eingegrenzt.
Werden die Erwägungen zur Begehungsgefahr auf den vorliegenden Fall übertragen, dann kann die Auffassung des Rekursgerichts nicht geteilt werden, das wettbewerbswidrige Verhalten der Beklagten rechtfertige ein umfassendes Zugabenverbot. Die Beklagte hat ein unzulässiges Gewinnspiel angekündigt; Anhaltspunkte dafür, dass sie auch andere Zugaben ankündigen und/oder gewähren werde, liegen nicht vor.
Der Sicherungsantrag ist aber nicht zur Gänze unberechtigt. Er ist insoweit berechtigt, als er sich aufgrund seiner weiten Fassung auch auf das Verbot der Einräumung einer Teilnahmemöglichkeit an Gewinnspielen erstreckt. Abzuweisen war demnach nur das Mehrbegehren.
Dem Revisionsrekurs war teilweise Folge zu geben.
Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 EO iVm §§ 40, 41, 50 ZPO. Obsiegen und Unterliegen sind mangels anderer Anhaltspunkte mit je der Hälfte zu bewerten.
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