OGH 4Ob306/00d

OGH4Ob306/00d28.11.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Norbert K*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der W***** & Co Gesellschaft mbH, wider die beklagten Parteien 1. Dipl.-Ing. Hans Z*****, vertreten durch Dr. Gerald Scholz, Rechtsanwalt in Breitenfurt bei Wien, 2. Ing. Martin W*****, vertreten durch Dr. Georg Grießer und Dr. Roland Gerlach, Rechtsanwälte in Wien, wegen 21,016.734,49 S, hier: wegen Ablehnung aller Richter des Landesgerichts Wiener Neustadt durch den Erstbeklagten im Verfahren 23 Cg 153/94x des Landesgerichts Wiener Neustadt, infolge Rekurses des Erstbeklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 18. Oktober 2000, GZ 11 Nc 14/00v-6, mit dem der "Revisionsrekurs" (richtig: Rekurs) des Erstbeklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 1. September 2000, GZ 11 Nc 14/00v-3, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Oberlandesgericht Wien den "Revisionsrekurs" (richtig: Rekurs) des Erstbeklagten gegen den "Beschluss" vom 1. 9. 2000 zurück, mit dem die Akten ohne Entscheidung über den Ablehnungsantrag des Erstbeklagten dem Landesgericht Wiener Neustadt zurückgestellt wurden. Der Erstbeklagte hatte "den gesamten Gerichtsstand und sämtliche Richter des Landesgerichts Wiener Neustadt" wegen Befangenheit abgelehnt.

Das Oberlandesgericht Wien begründet seine Weigerung, über den Ablehnungsantrag zu entscheiden, damit, dass der Erstbeklagte bereits am 3. 10. 1997 und am 17. 2. 2000 ähnliche Anträge gestellt hatte. Die bloße Wiederholung bisheriger Eingaben in Kenntnis der Unzulässigkeit einer Pauschalablehnung sämtlicher Richter eines Gerichts sei rechtsmissbräuchlich und müsse im Sinne der Rechtsprechung nicht zum Gegenstand einer gerichtlichen Entscheidung gemacht werden.

Den gegen diesen "Beschluss" gerichteten Rekurs wies das Oberlandesgericht Wien zurück. Es habe eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass es eine Entscheidung über den neuerlichen Ablehnungsantrag ablehne. Die Aktenrückstellung sei nur deshalb in Beschlussform verfügt worden, weil es sich um eine Senatssache gehandelt habe. Ein Beschluss, der angefochten werden könnte, liege nicht vor.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss gerichtete "Revisionsrekurs" (richtig: Rekurs) des Erstbeklagten ist zulässig, weil hier das Oberlandesgericht Wien als erste Instanz entschieden hat; der Rekurs ist aber nicht berechtigt.

Gemäß § 514 Abs 1 ZPO ist jeder Beschluss mit Rekurs anfechtbar, soweit das Gesetz die Anfechtung nicht ausschließt. Beschluss in diesem Sinn ist jede Willenserklärung des Gerichts, mit der es unter Einhaltung der verfahrensrechtlichen Formen entweder eine verfahrensrechtliche Entscheidung oder in den vom Gesetz zugelassenen Fällen eine Entscheidung über ein Rechtsschutzbegehren trifft. Ist die Erklärung eines Gerichts keine Entscheidung in diesem Sinn, dann kann sie nicht mit Rekurs bekämpft werden, auch wenn das Gericht seine Erklärung als Beschluss bezeichnet (EvBl 1997/140 mwN).

Im vorliegenden Fall hat das zur Entscheidung über den Ablehnungsantrag des Beklagten berufene Oberlandesgericht Wien die Akten dem Erstgericht zurückgestellt, ohne über den Ablehnungsantrag zu entscheiden. Es hat eine Entscheidung ausdrücklich abgelehnt, weil es den Ablehnungsantrag für rechtsmissbräuchlich erachtet hat.

Das Oberlandesgericht Wien hat demnach über den Ablehnungsantrag nicht entschieden und es hat auch keine andere Entscheidung getroffen. Die Rückstellung der Akten an das Erstgericht ist eine interne Verfügung, die nicht dadurch, dass sie in Beschlussform ergeht, zu einer anfechtbaren Entscheidung werden kann.

Das Oberlandesgericht Wien hat daher nicht, wie der Erstbeklagte behauptet, im Nachhinein seinem "Beschluss" die Qualifikation als Beschluss abgesprochen, sondern es hat nur bekräftigt, was sich aus dem "Beschluss" ohnehin ergibt. Die Aufzählung der Ablehnungsanträge dient nur der Begründung der Aktenrückstellung; es ist dies aber keine Auseinandersetzung mit den Anträgen des Erstbeklagten, die einer bekämpfbaren Entscheidung gleichzuhalten wäre.

Da es somit an einer Entscheidung fehlt, die eine Beschwer des Erstbeklagten begründen könnte, hat das Oberlandesgericht Wien seinen Rekurs zu Recht zurückgewiesen.

Der gegen den Zurückweisungsbeschluss erhobene Rekurs musste erfolglos bleiben.

Eine Kostenentscheidung hatte zu entfallen, weil der Erstbeklagte keine Kosten verzeichnet hat.

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