OGH 3Ob74/00d

OGH3Ob74/00d15.11.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Markus Boesch, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. arch. Johann B*****, vertreten durch Dr. Werner Leimer, Rechtsanwalt in Linz, wegen S 279.318 sA, über die Rekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 23. Dezember 1999, GZ 17 R 251/99b-26, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 21. September 1999, GZ 8 Cg 28/98s-21, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Den Rekursen wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung

Die klagende Partei beauftragte den Beklagten anlässlich der Gestaltung ihrer Büro- und Geschäftsräume unter anderem mit der Vergabe, Überwachung und Rechnungsprüfung von Parkettbodenverlegearbeiten. Der Beklagte beauftragte im Namen und auf Rechnung der klagenden Partei mit diesen Arbeiten Christian H*****, dessen Rechnung er nach Überprüfung zur Bezahlung freigab.

Die klagende Partei stützt die Klage auf Zahlung von S 279.318 sA darauf, der Beklagte bzw dessen Mitarbeiter, für den er nach § 1313a ABGB hafte, hätte die von Christian H***** gelegte Schlussrechnung wegen der dem Werk anhaftenden Mängel und wegen der Tatsache, dass vereinbarungswidrig tropisches Holz verlegt wurde, zurückweisen müssen; er hätte sie darauf hinweisen müssen, dass die Forderungen des Professionisten noch nicht fällig sind und daher der von ihm begehrte Werklohn (noch) nicht zu bezahlen ist. Sie habe Christian H***** auf Rückzahlung geklagt. Während des aufgrund des klagsstattgebenden Urteils geführten Exekutionsverfahrens sei am 5. 5. 1997 über sein Vermögen der Konkurs eröffnet worden. Seit diesem Zeitpunkt stehe fest, dass der Anspruch auf Rückerstattung des Werklohns nicht durchgesetzt werden könne. Der Beklagte habe daher zu vertreten, dass die klagende Partei diese an Christian H***** geleistete Teilzahlung endgültig eingebüßt habe.

Der Beklagte wendete Verjährung ein, weil der klagenden Partei der Schaden spätestens seit 31. 3. 1995 bekannt gewesen sei, als sie Kenntnis vom Gutachten des Sachverständigen P***** erlangt habe; im Übrigen treffe ihn kein Verschulden im Rahmen seiner Bauaufsicht oder der Rechnungsprüfung. Der Boden sei derzeit so abgenutzt, dass ein Schaden aus ursprünglich mangelhafter Verlegung überhaupt nicht mehr erkennbar sei; jedenfalls derzeit liege daher überhaupt kein Schaden vor. Maximal stünde der klagenden Partei ein Anspruch auf Ersatz der Mängelbehebungskosten zu, die seinerzeit, als die Mängelbehebung noch möglich und sinnvoll gewesen wäre, bei maximal etwa S 50.000 gelegen sei. Weiters ziehe die klagende Partei aus ihrem Mietobjekt aus, weshalb sie überhaupt keinen Schaden habe. Wenn die Mängel tatsächlich bereits am 15. 9. 1993 erkennbar gewesen sein sollten, treffe sie jedenfalls ein erhebliches Mitverschulden.

Das Erstgericht gab der Klage statt; es stellte im Wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Christian H***** legte nach Beendigung der Parkettbodenverlegearbeiten am 6. 9. 1993 Schlussrechnung. Der Beklagte und sein Mitarbeiter Jakob R***** kontrollierten am 15. 9. 1993 die Verlegearbeiten und befanden diese für in Ordnung. Jakob R***** brachte am 16. 9. 1993 die genehmigte Schlussrechnung im Auftrag des Beklagten dem Geschäftsführer der klagenden Partei Hans Otto R***** mit der Erklärung, der restliche Werklohn könne an H***** ausbezahlt werden. Die klagende Partei hatte bis dahin bereits eine Anzahlung von S 278.730 geleistet; Otto Hans R***** übergab noch am selben Tag einen Scheck über S 279.318 entsprechend dem offenen Werklohn an Christian H*****.

Tatsächlich wies der Boden bei Beendigung der Verlegearbeiten bereits folgende Mängel auf: Im Büro des Geschäftsführers wurde eine runde Kabelauslassabdeckung mit einem Durchmesser von 28 cm mit wesentlich hellerer Oberfläche als der übrige Boden ausgeführt. Im gesamten Flächenverlauf bestanden im Stoß- sowie Längsfugenbereich unterschiedlich breit verlaufende Klebeaustritte, die sich infolge ihrer hell-beigen Farbe vom Boden optisch stark abhoben. Im Auktionssaal bestanden 3 mm breite Fugen, im Stoß- und Längsfugenbereich zeigten sich Kleberaustritte. Eine Schachtabdeckung wurde zu schmal ausgeführt, sodass sich eine 6 mm breite Fuge bildete. Im Büroteil des Auktionssaals bestanden im gesamten Flächenverlauf Fugenbildungen sowie auch Verformungen in der Fläche; zum Anschlussboden bestanden Fugen von 6 mm Breite. Im Ausstellungsraum waren Fugen im gesamten Flächenverlauf vorhanden. Drei Kabelschachtabdeckungen standen an den Enden 25 bis 28 mm vom Anschlussboden ab.

Diese Mängel resultierten aus unsachgemäßer Verlegung und waren am 15. 9. 1993 mit bloßem Auge für jedermann erkennbar.

Die klagende Partei hatte am 15. 9. 1993 mit ihrer Übersiedlung in das Objekt in ***** begonnen; auch ihr Geschäftsführer Otto Hans R***** betrat an diesem Tag die Räumlichkeiten. Ihm fielen jedoch die angeführten Mängel nicht auf, weil er sein Augenmerk dem Übersiedlungsvorgang und der Vermeidung von Beschädigungen der Exponate widmete. Die Mängel fielen ihm erst nach der Übersiedlung in der Woche vom 20. bis 24. 9. 1993 auf.

Im November 1993 wurden die die Bodenfläche überragenden Kleberreste mittels Ziehklingen von Christian H***** entfernt; in den Fugen waren die Kleberreste jedoch weiterhin sichtbar.

Die Räumlichkeiten wurden von der Klägerin bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz benützt.

Mit Schreiben vom 8. 2. 1996 trat die klagende Partei vom Werkvertrag mit Christian H***** wegen der festgestellten und nicht behobenen Mängel des Werkes zurück und forderte von ihm die Rückzahlung des bereits geleisteten Werklohns, was dieser jedoch verweigerte.

Mit Urteil des Erstgerichtes vom 7. 6. 1996 wurde der Klage der klagenden Partei gegen Christian H***** auf Rückzahlung des Werklohns von S 558.048 sA stattgegeben; eine Berufung blieb erfolglos.

Mit Beschluss des Landesgerichtes Korneuburg vom 5. 5. 1997 wurde über das Vermögen des Christian H***** der Konkurs eröffnet.

Die klagende Partei forderte den Beklagten mit Schreiben vom 30. 8. 1997 zum Ersatz des ihr durch Rechnungsfreigabe entstandenen Schadens auf.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, der Beklagte, der von der klagenden Partei mit der Werkabnahme und Rechnungsprüfung beauftragt gewesen sei, habe seine vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Klägerin zur Prüfung des Werkes nicht bzw mangelhaft erfüllt und sie so zur Zahlung des restlichen Werklohns veranlasst. Der Schadenersatzanspruch der klagenden Partei gegen den Beklagten sei auch nicht verjährt, weil die dreijährige Verjährungsfrist grundsätzlich mit Eintritt des Schadens und Kenntnis des Schädigers beginne, wobei der Schadenseintritt erst mit der Konkurseröffnung über das Vermögen des Professionisten anzusetzen sei. Davor habe die Klägerin versucht, infolge ihres Rücktritts vom Vertrag mit dem Professionisten den Werklohn von diesem zurückzuerhalten; wenn sie damit erfolgreich gewesen wäre, wäre ihr kein Schaden entstanden. Ein solcher sei erst mit der Zahlungsunfähigkeit des Professionisten eingetreten.

Ein Mitverschulden der klagenden Partei liege nicht vor. Die Mängel wären zwar am 15. 9. 1993 auch für den Geschäftsführer der klagenden Partei erkennbar gewesen. Seine Aufmerksamkeit sei jedoch auf andere Aufgaben gelenkt gewesen; er habe sich auf den Beklagten, der ua zur Wahrnehmung dieser Tätigkeiten beauftragt worden sei, verlassen können.

Das Berufungsgericht gab mit dem angefochtenen Beschluss der Berufung der beklagten Partei Folge, hob das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück; es sprach aus, der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil "zur Frage der Verjährung im Zusammenhang mit Gewährleistungsansprüchen, wo eine Verbesserung den Schaden beseitigen kann, soweit überblickbar, gefestigte Judikatur des Obersten Gerichtshofs nicht vorzuliegen scheint". Das Berufungsgericht behandelte die Berufungsgründe der Aktenwidrigkeit, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und - von ihm nicht einmal erwähnt - der unrichtigen Tatsachenfeststellungen aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung nicht; es führte nicht aus, ob es die erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen übernimmt; es erwähnte nur, "aufgrund des vorliegenden Gutachtens hätte die Mangelhaftigkeit des Parkettbodens erkannt werden müssen und sind die diesbezüglichen Feststellungen des Erstgerichtes unbedenklich". In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, der Schaden könne nicht einfach mit dem Rechnungsbetrag, der auf Veranlassung des Beklagten bezahlt wurde, gleichgesetzt werden. Dass die klagende Partei den mangelhaft ausgeführten Parkettboden jahrelang genutzt habe, sei bei einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung zu berücksichtigen. Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren Feststellungen zu treffen haben, wie hoch der tatsächliche Schaden der klagenden Partei unter Berücksichtigung eines allfälligen Nutzens aus der mangelhaften Leistung sei, der auf das Fehlverhalten des Beklagten zurückzuführen sei. Aufgrund des vorliegenden Gutachtens hätte die Mangelhaftigkeit des Parkettbodens erkannt werden müssen und seien die diesbezüglichen Feststellungen des Erstgerichtes unbedenklich.

Es erscheine aber fraglich, ob die vom Erstgericht zitierte Entscheidung AnwBl 1991, 116 mit dem hier vorliegenden Fall vergleichbar sei. Die vom Erstgericht vertretene Auffassung, dass erst die Konkurseröffnung die Verjährungsfrist auslöse, erscheine keineswegs zwingend, weil es sich hier um das Problem frustrierter Aufwendungen handle.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurse beider Parteien sind berechtigt.

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, das Ersturteil sei deshalb aufzuheben, weil ein allfälliger, noch nicht feststehender Nutzen der klagenden Partei zu berücksichtigen sei, ist hier schon deshalb verfehlt, weil der Beklagte in erster Instanz kein Tatsachenvorbringen in dieser Richtung erstattet hat. Der Beklagte hat nur geltend gemacht, die Kunden der klagenden Partei hätten den Boden derart abgenützt, dass "jedenfalls derzeit" überhaupt kein Schaden der klagenden Partei vorliege. Dieses Tatsachenvorbringen bietet jedoch keine Grundlage für eine Prüfung eines aus bereicherungsrechtlichen Grundsätzen zu berücksichtigenden Nutzens der klagenden Partei. Keineswegs sind derartige Gesichtspunkte bei Beurteilung des der klagenden Partei durch das Verhalten des Beklagten entstandenen Schadens zu berücksichtigen, der darin liegt, dass sie den aufgrund der Rückabwicklung des Vertrages mit dem Werkunternehmer ihr zugesprochenen Betrag in Höhe der Klagsforderung nicht mehr einbringlich machen konnte.

Der vom Erstgericht herangezogene Grund für eine Aufhebung des Ersturteils liegt somit nicht vor.

Das Berufungsgericht ist zwar ohne Begründung, aber offenbar - weil ansonsten die Klage abzuweisen wäre - davon ausgegangen, dass die Klagsforderung nicht verjährt ist; es hat die Rechtsansicht des Erstgerichtes, das den Verjährungseinwand verworfen hat, als keineswegs zwingend bezeichnet, weil es sich hier um das Problem frustrierter Aufwendungen handle; es sei fraglich, ob hier erst die Konkurseröffnung die Verjährungsfrist auslöst.

Die Rechtsansicht des Erstgerichtes, das die Verjährung des von der klagenden Partei geltend gemachten Anspruchs verneint hat, ist zutreffend. Die dreijährige Frist für die Verjährung von Schadenersatzansprüchen beginnt nämlich gemäß § 1489 ABGB erst dann, wenn dem Geschädigten der Eintritt des Schadens und die Person des Schädigers so weit bekannt wurde, dass eine Klage mit Aussicht auf Erfolg angestrebt werden kann. Die bloße Möglichkeit eines späteren Schadenseintrittes löst noch nicht den Lauf der Verjährungsfrist aus (AnwBl 1991/3683; JBl 1973, 84).

Die klagende Partei leitet ihren Schadenersatzanspruch gegen den Beklagten daraus ab, dass er seine vertragliche Verpflichtung ihr gegenüber zur Prüfung des Werkes bei Abnahme verletzt habe. Der Schaden der klagenden Partei ist nicht schon darin begründet, dass sie so zur Zahlung des restlichen Werklohns an den Werkunternehmer veranlasst wurde; wenn die klagende Partei nämlich nach Rücktritt vom Vertrag den Werklohn vom Werkunternehmer zurückerhalten hätte, wäre ihr überhaupt kein Schaden entstanden. Es stand ihr ja als Werkbestellerin aus dem Vertragsverhältnis mit dem Werkunternehmer die Möglichkeit offen, gegen diesen Klage und Exekution zu führen. Nur im Fall der späteren Undurchsetzbarkeit dieses Anspruchs, etwa - wie in diesem Fall - infolge Insolvenz des Vertragspartners, könnte ein Schadenersatzanspruch der klagenden Partei gegen den Beklagten bestehen. Bedarf es zum Eintritt des Schadens neben dem schädigenden Ereignis noch weiterer Voraussetzungen - hier: Nichtdurchsetzbarkeit der vereinbarten Leistung gegenüber dem Vertragspartner - und ist nicht abzusehen, ob in Zukunft tatsächlich ein Schaden eintreten werde - hier: ob der auf Seite des Vertragspartners allein schadensbegründende Insolvenzfall eintreten wird - so beginnt der Lauf der Verjährungsfrist erst mit dem tatsächlichen Eintritt des Schadens (AnwBl 1991/3683; JBl 1979, 261).

Hier liegt nicht der Fall vor, dass es sich beim Werkunternehmer und beim Beklagten um Solidarschuldner handeln würde; vielmehr liegt der Schaden der klagenden Partei gerade darin, dass die Forderung der klagenden Partei gegen den Werkunternehmer nicht einbringlich ist. Auf die vom Beklagten relevierte Frage des Beginnes der Verjährungsfrist gegenüber Solidarschuldnern ist daher nicht einzugehen.

Da das Berufungsgericht die Berufung des Beklagten nicht behandelt hat, soweit die Berufungsgründe der Aktenwidrigkeit, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen Tatsachenfeststellungen aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung geltend gemacht wurden, war die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das nunmehr auch darauf einzugehen haben wird.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.

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