OGH 3Ob155/00s

OGH3Ob155/00s15.11.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Helmut B*****, vertreten durch Dr. Peter Armstark, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Marina K*****, vertreten durch Dr. Christian Schauberger, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 818.000 s. A., über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 5. April 2000, GZ 13 R 18/00p-31, womit infolge die Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 5. November 1999, GZ 2 C 19/97x-23, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil, das in seinem feststellenden Teil im Übrigen bestätigt wird, wird dahin abgeändert, dass nach "zu bezahlen" der Punkt durch einen Beistrich ersetzt und folgender Satz angefügt wird:

"jedoch nicht mehr als S 610.100 samt 6,5 % Zinsen seit 6. 9. 1999".

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 28.896,38 (darin enthalten S 4.816,06 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger übergab der Beklagten S 296.000 als Darlehen (unstrittig). Darüberhinaus zählte er ihr weitere Beträge von DM 30.000, DM 40.000 und S 20.000 in der Zeit von Juli bis Oktober 1996 zu. Die Beträge wurden mit Ausnahme von S 101.000, womit der Kläger im Juli 1996 mit Zustimmung der Beklagten einen Bankkredit derselben abdeckte, jeweils in Bargeld zu übergeben.

Im Herbst 1996 schlug der Kläger der Beklagten vor, das Darlehen in 240 Monatsraten zu je S 6.300 inklusive Zinsen beginnend ab 5. 1. 1997 zurückzuzahlen. Die Beklagte war damit einverstanden, weigerte sich aber in der Folge, einen schriftlichen Vertrag zu unterschreiben. Sie sicherte dem Kläger aber zu, dass er das Geld bekomme.

Mit seiner Klage begehrte der Kläger die Zahlung von S 818.000 samt 6,5 % Zinsen seit 6. 1. 1997. Er brachte dazu im Wesentlichen vor, dass er der Beklagten Darlehen über insgesamt S 818.000 gewährt habe, welche in 240 Monatsraten a S 6.300 inklusive Zinsen ab 5. 1. 1997 zurückzuzahlen gewesen wären. Es sei Terminsverlust vereinbart worden. Die Beklagte habe die Rückzahlungsverpflichtung anerkannt, aber keine Zahlungen geleistet.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie habe zwar Zahlungen im Ausmaß von S 296.000 erhalten, die Rückzahlung sei jedoch ab dem Jahre 1998 nach Maßgabe ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auf 20 Jahre vorgesehen gewesen. Über den genannte Betrag hinaus habe sie keinerlei Zahlungen erhalten.

Das Erstgericht erkannte die Beklagte schuldig, dem Kläger S 207.900 samt 4 % Zinsen seit 17. 2. 1997 zu bezahlen. Das Mehrbegehren von S

610.100 samt 6,5 % Zinsen seit 6. 1. 1997, 6,5 Zinsen aus S 207.900 vom 6. 1. 1997 bis 16. 2. 1997 und 2,5 % Zinsen aus S 207.900 seit 17. 2. 1997 wies es ab.

Das Erstgericht traf im Wesentlichen die zu Beginn der Entscheidungsbegründung wiedergegebenen Feststellungen und führte zusätzlich aus, es könne nicht festgestellt werden, dass die Parteien Terminsverlust bei Verzug mit der Ratenzahlung vereinbarten.

In rechtlicher Begründung führte es aus, dass mangels einer feststellbaren Vereinbarung des Terminsverlustes lediglich die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung abgereiften Beträge zuzusprechen seien. Mangels Fälligkeit sei das Mehrbegehren abzuweisen. Da der Kläger weder eine höhere Zinsenvereinbarung noch einen höheren Schaden nachgewiesen habe, stünden ihm lediglich die gesetzlichen Zinsen in der Höhe von 4 % zu.

Mit dem angefochtenen Urteil gab das Berufungsgericht die Berufung der beklagten Partei sowie der Berufung der klagenden Partei im Hauptantrag nicht Folge. Dagegen gab es den zweiten Eventualantrag der Berufung des Klägers Folge und änderte das angefochtene Urteil dahin ab, dass dem Ausspruch über das Leistungsbegehren hinzugefügt werde:

"Festgestellt wird, dass die beklagte Partei verpflichtet ist, der klagenden Partei weitere 207 Monatsraten a S 6.300 beginnend mit 5. 10. 1999, die Folgeraten jeweils am 5. der nächstfolgenden Monate, zu bezahlen. Das darüber hinausgehende Eventualbegehren wird abgewiesen."

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Feststellungsbegehrens S 260.000 übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Es verneinte die von der Beklagten geltend gemachte Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens ebenso wie die Aktenwidrigkeit des Ersturteils. Die erstgerichtlichen Feststellungen sah es als unbedenklich an.

In rechtlicher Hinsicht verneinte das Berufungsgericht die schlüssige Vereinbarung des Terminsverlustes. Weiters führte es aus, dass das Erstgericht zutreffend die Fälligkeit der vereinbarten Raten nur bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung bejaht und das darüber hinausgehende Leistungsbegehren abgewiesen habe.

Zu Recht rüge jedoch der Kläger, dass das Erstgericht bei Abweisung des Leistungsbegehrens nicht ein Feststellungsbegehren formuliert habe. Unter Berufung auf die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes SZ 46/81, EvBl 1977/209 und JBl 1989, 452 vertrat das Berufungsgericht die Ansicht, dass auch ohne Vorliegen eines Feststellungsantrages in erster Instanz die Vorinstanz ein Feststellungsurteil zu fällen gehabt hätte. Es sei daher der Berufung des Klägers insofern Folge zu geben, als ein Feststellungsbegehren im Sinne des zweiten Eventualantrages in der Berufung zu formulieren sei, wobei das darüberhinausgehende Feststellungsbegehren mangels Nachweises einer entsprechenden Zinsenvereinbarung abzuweisen gewesen sei.

Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil die Frage der Darlehensgewährung und der Rückzahlungsvereinbarung ausschließlich im Bereich der Beweiswürdigung liege und die zu lösenden Rechtsfragen in Übereinstimmung mit Lehre und Judikatur gelöst worden seien.

Dieses Urteil bekämpft die Beklagte mit ihrer auf Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, Aktenwidrigkeit des Berufungsurteils und unrichtige rechtliche Beurteilung gestützten Revision, mit der sie die Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen sowie den Ausspruch begehrt, dass der Urteilsspruch mit dem Urteilsbegehren nicht übereinstimme und das die Rechtssache an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Urteilsfällung zurückzuverweisen sei.

Der Kläger erstattete die im freigestellte Revisionsbeantwortung.

Die Revision ist im Interesse der Rechtssicherheit zulässig, weil das Berufungsgericht eine in der Entscheidung JBl 1989, 452 zum Ausdruck kommende Rechtsansicht nicht beachtet hat. Sie ist auch teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Soweit die Beklagte auch im Revisionsverfahren eine angebliche Mangelhaftigkeit des erstgerichtlichen Verfahrens, die darin gelegen sein soll, dass ein Beweisantrag zu Unrecht abgelehnt wurde, zu einer solchen des Berufungsverfahrens umzufunktionieren versucht, ist ihr entgegenzuhalten, dass nach ständiger Rechtsprechung ein Verfahrensmangel erster Instanz, den das Berufungsgericht verneint hat, nicht mehr in der Revision gerügt werden kann (Nachweise bei Kodek in Rechberger, ZPO2 Rz 3 zu § 503). Auch eine Aktenwidrigkeit im gegebenen Zusammenhang vermag die Beklagte nicht aufzuzeigen, was gemäß § 510 Abs 3 ZPO nicht weiter begründet werden muss.

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, dass bei mangelnder Fälligkeit des Leistungsbegehrens gegebenenfalls die Verpflichtung zur Zahlung der noch nicht fälligen Beträge festzustellen ist, entspricht der schon vom Berufungsgericht zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SZ 46/81; EvBl 1972/209; JBl 1989, 452). Die Revisionsausführungen bieten keinen Anlass, hievon abzugehen, zumal dagegen konkret nichts vorgebracht wird.

Aus der Entscheidung JBl 1989, 452 geht aber schon hervor, dass das mangels Fälligkeit der eingeklagten Leistung gefällte Feststellungsurteil über das Leistungsbegehren nicht hinausgehen darf. Dies folgt aus § 405 ZPO. Das Feststellungsurteil muss daher eine Einschränkung auf den Betrag des Leistungsbegehrens enthalten, wenn nicht auszuschließen ist, dass bei Erfüllung der darin festgelegten Verpflichtung dieser Betrag überschritten wird. Dies trifft aber hier, worauf in der Revision zu Recht hingewiesen wird, zu. Das in der Berufung aufrechterhaltene Leistungsbegehren ist nämlich auf Bezahlung von (weiteren) S 610.100 samt 6,5 % Zinsen seit 6. 9. 1999 gerichtet.

Sie begehrten 6,5 % (jährlichen) Zinsen aus restlich S 610.100 ergeben pro Monat Zinsen von S 3.304,71. Das sind für 207 Monate S 684.074,97. Zuzüglich des geltend gemachten Kapitals von S 610.100 sind dies lediglich S 1,294.174,97. Selbst wenn man dazu noch 6,5 % Zinsen vom 6. 9. bis zum 30. 9. 1999 im Ausmaß von ca S 3.000 hinzuzählt, liegt der Gesamtbetrag um ca S 7.000 unter dem Betrag von S 1,304.100, worauf sich insgesamt die Beträge des Feststellungsurteils summieren.

Würde die Beklage die im Feststellungsurteil festgelegte Verpflichtung fristgerecht erfüllen, würde der Kläger daher mehr erhalten, als er mit dem in der Berufung noch aufrechterhaltenen Leistungsbegehren geltend gemacht hat. In den feststellenden Teil des Berufungsurteils war deshalb die Beschränkung der darin festgelegten Verpflichtung auf das Ausmaß des Leistungsbegehrens aufzunehmen, wobei zur Klarstellung darauf hinzuweisen ist, dass sich der Betrag von S 610.100, zu dem noch die bis zum Tag der jeweiligen Zahlung aufgelaufenen Zinsen hinzuzuschlagen sind, durch die Zahlungen der Beklagten nicht verringert.

Dagegen macht die Beklagte zu Unrecht geltend, dass ihr mit dem nunmehrigen Urteil des Berufungsgerichtes die theoretische Bezahlung des Gesamtbetrages "ohne nicht überprüfter und nachvollziehbarer Zinsen" abgeschnitten wäre. Sollte dies zutreffen, wäre dies nicht auf eine unrichtige rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes zurückzuführen, sondern vielmehr darauf, dass solches zwischen den Streitteilen eben nach den Feststellungen der Vorinstanzen vereinbart wurden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 50 iVm § 43 Abs 2 ZPO. Wie sich aus den oben angestellten Berechnungen ergibt, handelt es sich bei dem mit der Revision erzielten Erfolg der Beklagten im Vergleich zum bestätigten Teil nur um einen geringfügigen Sieg, weshalb sie dem Kläger die Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen hat.

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