Spruch:
Der Beschluss des Bezirksgerichtes Korneuburg vom 19. Jänner 2000, GZ 11 U 459/99m-5, verletzt das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 149a Abs 1 Z 1 und 149b Abs 1 StPO.
Dieser Beschluss wird aufgehoben und dem Erstgericht aufgetragen, gemäß § 149c Abs 7 StPO vorzugehen.
Text
Gründe:
Gegen Novica T***** ist beim Bezirksgericht Korneuburg zu AZ 11 U 459/99m ein Strafverfahren wegen des Vergehens der Unterschlagung nach § 134 Abs 1 StGB anhängig. Er ist verdächtig, am 10. September 1999 ein im Eigentum der Firma Franz B***** GmbH stehendes verwendungsfähiges Mobiltelefon der Marke Nokia 6150 im Wert von 490 S unterschlagen zu haben.
Dazu teilte die Firma B***** GmbH am 14. Dezember 1999 mit, dass das Mobiltelefon auch nach dem Verlust verwendet wurde und ersuchte im Hinblick auf die von der Mobilkom Austria AG aus Datenschutzgründen nur unvollständig bekannt gegebenen Zielrufnummern um Durchführung von Erhebungen zur Ausforschung des unbefugten Benützers des Gerätes. Auf Antrag des Bezirksanwaltes bei der Staatsanwaltschaft Korneuburg vom 21. Jänner 2000 erließ das Bezirksgericht Korneuburg einen mit 19. Jänner 2000 datierten Beschluss (ON 5), mit welchem der Mobilkom Austria AG aufgetragen wurde, die vollständigen Zielrufnummern und jene Fernsprechteilnehmer bekannt zu geben, welche mit dem unterschlagenen Mobiltelefon im Zeitraum vom 10. bis 16. September 1999 angewählt worden waren.
Die auftragsgemäße Rufdatenrückerfassung führte zur Ausforschung des Novica T*****.
Wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, verletzt der bezeichnete Beschluss das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 149a Abs 1 Z 1 und 149b Abs 1 StPO:
Rechtliche Beurteilung
Eine hinsichtlich einer bestimmten Telefonanlage angeordnete Rufdatenrückerfassung legt offen, wann, wie lange und mit welchen Teilnehmern an der öffentlichen Telekommunikation mittels dieser Telefonanlage aktiv oder passiv Verbindung aufgenommen wurde. Die Veranlassung ihrer Durchführung im Rahmen der Strafrechtspflege wird von der Regelung der Überwachung eines Fernmeldeverkehrs nach §§ 149a bis 149c StPO erfasst und ist daher nur unter den in den angeführten Bestimmungen angeführten Kautelen zulässig (JBl 1997, 260; EvBl 1998/191).
Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass im Hinblick auf die mit sechs Monaten Freiheitsstrafe limitierte Strafdrohung des hier aktuellen Vergehens der Unterschlagung nach § 134 Abs 1 StGB eine Rufdatenrückerfassung schon deshalb nicht in Betracht kam, weil sie nach § 149a Abs 1 Z 1 StPO nur für die indizierte Aufklärung vorsätzlich begangener, mit mehr als sechsmonatiger Freiheitsstrafe bedrohter strafbarer Handlungen zulässig ist.
Darüber hinaus ist eine Überwachung des Fernmeldeverkehrs nach § 149b Abs 1 StPO von der Ratskammer anzuordnen. Dem Untersuchungs- oder Bezirksrichter kommt lediglich bei - hier nicht aktueller - Gefahr im Verzug eine vorläufige Anordnungsbefugnis unter der (fallbezogen missachteten) Auflage unverzüglicher Einholung der Genehmigung der Ratskammer zu.
Da die Verwertung der Ergebnisse der Rufdatenrückerfassung dem Beschuldigten zum Nachteil gereichen könnte, war der bezeichnete Beschluss des Bezirksgerichtes Korneuburg ersatzlos aufzuheben und die - andere Verfahrensergebnisse nicht berührende - Vernichtung der schriftlichen Aufzeichnung der Wählverbindungen anzuordnen (§ 149c Abs 3 und Abs 7 StPO).
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