Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass aufgrund des Schenkungsvertrages vom 9. 12. 1998 (Beilage A) und der Aufsandungserklärung vom 15. 6. 1999 (Beilage B) im Eigentumsblatt der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** ob den 179/323 Anteilen des Rudolf K*****, mit denen Wohnungseigentum an der Wohnung W 2 südost untrennbar verbunden ist, die Einverleibung des Eigentumsrechts für Eva Maria K***** , zur Hälfte, das sind 179/646 Anteile, und die Verbindung der je 179/646 Anteile des Rudolf K*****, und der Eva Maria K*****, gemäß § 12 Abs 1 WEG bewilligt wird.
Hievon werden verständigt:
1. Rudolf K*****,
2. Eva Maria K*****,
3. Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt, Windmühlgasse 30, 1060 Wien, mit sämtlichen Originalurkunden,
4. Amt der Niederösterreichischen Landesregierung, Wohnbauförderung, Landhausplatz 1, 3109 St. Pölten, zu *****,
5. Bausparkasse der österreichischen Sparkassen AG, Beatrixgasse 27, 1030 Wien, zu Konto Nr ***** als Pfandgläubiger,
6. Stadtgemeinde *****,
7. Finanzamt Wiener Neustadt, 2700 Wiener Neustadt
Text
Begründung
Der Ehegatte der Antragstellerin, Rudolf K*****, ist Eigentümer von 179/323 Anteilen der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch *****, verbunden mit Wohnungseigentum an der Wohnung W 2 südost. Mit Vertrag vom 9. 12. 1998 schenkte er der Antragstellerin den Hälfteanteil an seinen Liegenschaftsanteilen, sohin in Ansehung der gesamten Liegenschaft 179/646 Anteile.
Das Erstgericht wies den Antrag der Antragstellerin auf grundbücherliche Durchführung des Schenkungsvertrag ab.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es verneinte mit einer Ausnahme das Vorliegen der vom Erstgericht angenommenen Eintragungshindernisse und führte zu dem gemäß § 32 Abs 1 nöWFG für das Land Niederösterreich einverleibten Veräußerungsverbot Folgendes aus:
Sei das Veräußerungsverbot einverleibt, so könne gemäß § 49 Abs 4 WFG 1984 das Eigentum (Baurecht) an der Liegenschaft durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden nur mit schriftlicher Zustimmung des Landes übertragen werden. Einer solchen Zustimmung bedürfe es (unter anderem) nicht, wenn der Anteil am Mindestanteil (§ 9 Abs 1 zweiter Satz WEG 1975) an den Ehegatten übertragen werde (Abs 4 Z 1 leg cit). Gemäß Art 11 Abs 1 Z 3 iVm Art 15 Abs 1 B-VG idF des Art I iVm Art III Abs 1 des BVG BGBl 1987/640 seien die Länder für die Angelegenheiten der "Förderung des Wohnbaus und der Wohnhaussanierung" ab 1. 1. 1988 sowohl zur Gesetzgebung als auch zur Vollziehung (ausschließlich) zuständig. Entsprechend dieser kompetenzrechtlichen Neuordnung sei mit Art VII der B-VG-Novelle 1988 (BGBl 1988/685) geregelt worden, welche Bestimmungen als Landesgesetze zu gelten hätten. Davon sei (unter anderem) ausdrücklich § 49 Abs 4 letzter Satz WFG 1984 ausgenommen worden, sohin jene Bestimmung, die vorsehe, dass es bei der Übertragung an den Ehegatten trotz Veräußerungsverbots keiner Zustimmung des Landes bedürfe. Aufgrund des Art VII Abs 1 BVG BGBl 1988/685 seien von den Bundesländern eigene Wohnbauförderungsgesetze erlassen worden. § 32 nöWFG regle die Eigentumsbeschränkungen. Das gewährte Darlehen sei durch ein Veräußerungsverbot zugunsten des Landes Niederösterreich zu sichern. Gemäß Abs 2 leg cit dürfe das Eigentum an der Liegenschaft bis zur Tilgung des Darlehens durch Rechtsgeschäft unter Lebenden nur mit schriftlicher Zustimmung der Landesregierung übertragen werden. Das nöWFG sehe somit keine Ausnahme bei der Eigentumsübertragung an Ehegatten vor. Im Unterschied dazu habe zum Beispiel das Land Salzburg in § 55 Abs 2 Z 1 SbgWFG 1990 die Ausnahmen des § 49 Abs 4 WFG 1984 letzter Satz wörtlich übernommen. Es sei daher nach dem Wortlaut des nöWFG eindeutig geregelt, dass eine Zustimmung der Landesregierung bei jeder Eigentumsübertragung vor Tilgung des Darlehens notwendig sei. Eine solche Zustimmungserklärung wäre daher bereits mit dem Antrag vorzulegen gewesen.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zuzulassen gewesen, weil die vorliegende Entscheidung davon ausgehe, dass für eine erweiterte Interpretation des § 32 Abs 2 nöWFG keine Grundlage vorhanden sei, der Verbotsberechtigte selbst jedoch in seinem mit dem Rechtsmittel vorgelegten Schreiben vom 8. 4. 1999 davon ausgehe, dass es seiner Zustimmung nicht bedürfe. Darüber hinaus komme dieser Frage Bedeutung zu, die über den Einzelfall hinausgehe.
Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass das Grundbuchsgesuch bewilligt werde.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil einschlägige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt; er ist auch berechtigt.
Während sich das Rekursgericht darauf stützt, § 32 Abs 2 nöWFG sehe keine Ausnahme vom Zustimmungserfordernis bei der Eigentumsübertragung an Ehegatten vor, beruft sich die Rechtsmittelwerberin auf eine solche Ausnahme in § 49 Abs 4 letzter Satz WFG 1984.
Hiezu wurde erwogen:
§ 49 Abs 3 und 4 WFG 1984 (vgl hiezu auch 5 Ob 246/98g = immolex 2000/11) lautet:
(3) Wurde eine Förderung zugesichert, so ist auf der Liegenschaft ein Veräußerungsverbot zugunsten des Landes einzuverleiben. Dieses wirkt gegen Dritte und bindet auch die Rechtsnachfolger.
(4) Ist das Veräußerungsverbot einverleibt, so kann das Eigentum (Baurecht) an der Liegenschaft durch Rechtsgeschäft unter Lebenden nur mit schriftlicher Zustimmung des Landes übertragen werden. Diese ist unbeschadet des Abs 5 zu erteilen, wenn es sich beim Erwerber um eine begünstigte Person handelt, die die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder gemäß § 19 Abs 3 gleichgestellt ist. Einer solchen Zustimmung bedarf es nicht, wenn
1. der Anteil am Mindestanteil (§ 9 Abs 1 zweiter Satz WEG 1975) an den Ehegatten, der die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder österreichischen Staatsbürgern gemäß § 19 Abs 3 gleichgestellt ist,
2. eine Eigentumswohnung (ein Eigenheim) bei der Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse, bei der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe an den früheren Ehegatten
übertragen wird.
§ 32 Abs 1 und 2 nöWFG lautet:
(1) Wird ein Förderungsdarlehen pfandrechtlich sichergestellt, so ist im Grundbuch ein Veräußerungsverbot zugunsten des Landes einzuverleiben. Dieses wirkt gegen Dritte und bindet auch die Rechtsnachfolger.
(2) Ist das Veräußerungsverbot einverleibt, so darf das Eigentum (Miteigentum, Wohnungseigentum, Baurecht) an der Liegenschaft bis zur Tilgung des Darlehens durch Rechtsgeschäft unter Lebenden nur mit schriftlicher Zustimmung der Landesregierung übertragen werden.
Um das Verhältnis dieser beiden Normen zueinander zu verstehen, bedarf es eines Ausfluges in die Geschichte des Förderungsrechts (vgl zum Folgenden die in Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht19 VI A und B, Seiten 786 bis 797, abgedruckten B-VG-Novellen 1987 und 1988 samt Materialien, sowie Würth in Rummel2 § 16 MRG Anh [Landesförderungsgesetze] Rz 30 f).
Art I der B-VG-Novelle 1987 BGBl 640 änderte Art 11 Abs 1 Z 3 B-VG insofern, als aus dem dort genannten Kompetenztatbestand "Volkswohnungswesen" die "Förderung des Wohnbaus" und die "Wohnhaussanierung" ausgenommen wurde und damit nach der Generalklausel des Art 15 B-VG in die Zuständigkeit der Länder auch hinsichtlich der Gesetzgebung fiel. In Art II wurden gleichzeitig einzeln aufgezählte Bestimmungen aus Förderungsgesetzen des Bundes - nicht zB § 49 WFG 1984 - (mit Wirkung vom 1. 1. 1988) in landesgesetzliche Bestimmungen übergeführt. Soweit die Förderungsgesetze nicht aufgehoben wurden, blieben die nicht übergeleiteten Bestimmungen als Bundesrecht in Kraft. Dies betraf insbesondere die als zivilrechtliche Bestimmungen (mit Außenwirkung) konzipierten Regelungen der Förderungsgesetze. Solche konnten die Länder nicht erlassen. Zivilrechtliche Regelungen waren also von der erwähnten Kompetenzübertragung nicht erfasst.
Als zweiter Schritt der "Verländerung" der Wohnbau- und Wohnhaussanierungsförderung sollte in der Folge eine diesbezügliche Zivilrechtskompetenz der Länder geschaffen und sollten die davon betroffenen "begleitenden" Zivilrechtsbestimmungen in die Landesrechtsordnungen übergeleitet werden. Hinsichtlich der Reichweite der neu zu begründenden Landeskompetenz fanden eingehende Gespräche zwischen Bund und Ländern statt, als deren Ergebnis der in einer Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG enthaltene Art 2 Abs 2 bis 4 formuliert wurde. Der Bund sollte dementsprechend eine spezielle Kompetenzbestimmung für die "begleitenden" Zivilrechtsregelungen auf dem Gebiet der Förderung des Wohnbaus und der Wohnhaussanierung erlassen. Diese Kompetenz sollte grundsätzlich die bisher in den Förderungsgesetzen des Bundes enthaltenen Zivilrechtsbestimmungen umfassen; in Präzisierung des Umfangs dieser Kompetenz enthielt die genannte Vereinbarung gemäß § 15a B-VG Regelungen, die klarstellen sollten, welche der bisherigen Zivilrechtsbestimmungen nicht als notwendig im Sinne der zu erlassenden Verfassungsbestimmung anzusehen sind (Art 2 Abs 4) bzw welche Regelungen vom Bund als Bundesrecht aufrechtzuerhalten sind (Art 2 Abs 3).
Dementsprechend wurden die Länder in Art VII Abs 1 der B-VG-Novelle 1988 BGBl 685 für befugt erklärt, die für die Regelung der Förderung des Wohnbaues und der Wohnhaussanierung notwendigen Bestimmungen auf dem Gebiet des Zivilrechts - mit Ausnahmen von solchen über die Auflösung von Bestandverhältnissen - zu treffen. In Art VII Abs 2 Z 1 wurde (unter anderem) § 49 Abs 4 letzter Satz WFG 1984 von der Überführung in Landesrecht (mit Wirkung vom 1. 1. 1989) ausgenommen. Art 2 Abs 4 der zwischen Bund und Ländern getroffenen Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG führt hiezu aus, dass (unter anderem) § 49 Abs 4 letzter Satz WFG 1984 nicht als zur Regelung der Förderung des Wohnbaus und der Wohnhaussanierung notwendig im Sinne des Abs 2 (Übertragung der Zuständigkeit, die insoweit notwendigen Bestimmungen auf dem Gebiet des Zivilrechts zu erlassen, vom Bund auf die Länder) anzusehen sei.
In der Folge erließen die Länder neue Landesgesetze; Niederösterreich schuf das nöWFG LGBl 8304-0 (in Kraft seit 1. 1. 1990), aus dessen § 32 bereits zitiert wurde.
Hieraus ergibt sich folgende - ungewöhnliche - Kompetenzlage: Es fällt in die Zuständigkeit der Länder, im Zuge der Wohnbauförderung die Einverleibung eines Veräußerungsverbotes zugunsten des Landes vorzusehen und nach erfolgter Einverleibung dieses Verbotes die Eigentumsübertragung unter Lebenden an die Zustimmung des Landes zu binden (so § 32 nöWFG); es fällt (noch immer) in die Zuständigkeit des Bundes, Ausnahmen von einem derartigen Zustimmungserfordernis zugunsten von Ehegatten zu normieren, wie sie in § 49 Abs 4 letzter Satz WFG 1984 vorgesehen sind.
Somit bedurfte die gegenständliche Übertragung des halben Mindestanteils an den Ehegatten (§ 9 Abs 1 zweiter Satz WEG) gemäß § 49 Abs 4 letzter Satz Z 1 WFG 1984, welcher weiterhin dem Rechtsbestand als Bundesrecht angehört, ausnahmsweise nicht der nach Landesrecht grundsätzlich erforderlichen Zustimmung der Landesregierung gemäß § 32 Abs 2 nöWFG. Das Amt der niederösterreichischen Landesregierung hat die Rechtslage in seinem Schreiben vom 8. 4. 1999, mit welchem der Antragstellerin die vorgelegte Zustimmungserklärung unerledigt rückgemittelt wurde, demnach - im Gegensatz zu den Vorinstanzen - im Ergebnis richtig beurteilt.
Wie schon das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat, besteht kein sonstiges Eintragungshindernis, weshalb die begehrte Eintragung zu bewilligen war.
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