OGH 11Os118/00

OGH11Os118/0024.10.2000

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Oktober 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Habl, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Krüger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Igor F***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Ljubomir G***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 12. Juli 2000, GZ 5b Vr 3413/00-45, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben und (gemäß § 290 Abs 1 StPO auch zugunsten des Mitangeklagten Igor F*****) das angefochtene Urteil, welches im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch zum Faktum A 1 (Diebstahl eines PKW), demzufolge auch in dem beide Angeklagte betreffenden Strafausspruch aufgehoben und die Sache dem Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, welches auch einen rechtskräftigen Schuldspruch des Igor F***** enthält, wurde Ljubomir G***** des gemeinsam mit Igor F***** begangenen Verbrechens des teils vollendeten (Punkt A 1 des Urteilssatzes), teils versuchten (A 2) schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und 3 und 15 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er zusammen mit Igor F***** in Wien mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz fremde bewegliche Sachen in einem 500.000 S übersteigenden Wert, nämlich

(zu A 1) am 18. April 2000 den PKW Mercedes 250 D mit dem Kennzeichen W 8540 TX des Albert J***** im Wert von ca. 20.000 S durch Öffnen mit einem nicht zum ordnungsmäßigen Öffnen bestimmten Werkzeug weggenommen und

(zu A 2) am 19. April 2000 Kleidungsstücke im Gesamtwert von 2,107.390 S Verfügungsberechtigten der Fa T***** durch Einbruch und Einsteigen in ein Gebäude wegzunehmen versucht.

Nur den Schuldspruch zum Faktum A 1 bekämpft Ljubomir G***** mit einer auf die Gründe der Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; den Strafausspruch ficht er mit Berufung an.

Rechtliche Beurteilung

Der in der Mängelrüge (Z 5) zunächst erhobene Einwand gegen den konstatierten Wert des PKW betrifft angesichts des unbekämpft gebliebenen, mit A 1 eine Subsumtionseinheit bildenden und schon für sich allein die Qualifikation des § 128 Abs 2 StGB begründenden Urteilsfaktums A 2 keine entscheidende Tatsache.

Hingegen ist die gegen die Annahme des Zueignungs- und Bereicherungsvorsatzes teils aus den Gründen der Z 5, teils im Rahmen der Subsumtionsrüge (Z 10) vorgebrachte Kritik berechtigt.

Dass der (die) Angeklagte(n) auch beim Aufbrechen des PKW mit Zueignungs- und Bereicherungsvorsatz gehandelt hätte(n), wurde nicht ausdrücklich festgestellt. Die bloße Anführung der verba legalia im Spruch genügt zwar der Bestimmung des § 260 Abs 1 StPO, reicht aber mangels Sachverhaltsbezugs als Tatsachenfeststellung zur subjektiven Tatseite nicht hin. Insoweit liegt ein vom Beschwerdeführer der Sache nach auch geltend gemachter materiellrechtlicher Feststellungsmangel vor, welcher eine Beurteilung als Diebstahl nicht zulässt.

Selbst wenn man jedoch die Ausführungen des Schöffengerichtes, die Angeklagten (G***** und F*****) hätten das Fahrzeug "wie Eigentümer" zum Abtransport und zum Verstecken, wenn nicht sogar zum Transportieren der Beute nach Jugoslawien verwenden wollen (US 8), als Feststellung des Bereicherungsvorsatzes verstehen wollte, was nur durch den Hinweis auf die beabsichtigte Verbringung des PKW ins Ausland vertretbar wäre (dolus ex re), haftet den dieser Schlussfolgerung zugrundeliegenden Urteilsannahmen jedenfalls der relevierte Begründungsmangel an:

Denn abgesehen davon, dass durch die Verwendung der Wortfolge "wenn nicht sogar" im Zusammenhang mit dem Transport nach Jugoslawien nicht klar ist, ob die Angeklagten nach Ansicht des Gerichtes tatsächlich dieses Ziel verfolgten (womit sich diese Konstatierung als undeutlich im Sinne der Z 5 erweist), wird diese Annahme allein auf ihr Geständnis gestützt. Indes zu Unrecht. Denn während der Beschwerdeführer vor der Polizei angegeben hatte, nicht zu wissen, weshalb F***** den Mercedes stahl (S 63), sie aber keinesfalls den PKW zur Flucht nach Jugoslawien benützt hätten (S 71) und diese Darstellung vor dem Untersuchungsrichter aufrecht erhielt (S 101), hatte F***** in seiner (vor dem Untersuchungsrichter wiederholten: S 111) Verantwortung vor der Polizei erklärt, dass sie die Beute mit dem Bus nach Belgrad hätten bringen wollen (S 57). In der Hauptverhandlung wiederum blieb dieses Thema vollends unerörtert.

Die Bezugnahme der Tatrichter auf das Geständnis der Angeklagten als (alleinige) Begründung für die in Rede stehende Feststellung ist somit, wie dem Beschwerdeführer zuzugeben ist, aktenwidrig.

Der Nichtigkeitsbeschwerde war daher Folge zu geben und, weil eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst nicht erfolgen kann, der Schuldspruch des Beschwerdeführers zum Faktum A 1 aufzuheben und dem Erstgericht die Verfahrenserneuerung im Umfang der Aufhebung aufzutragen. Da dieselben Gründe, auf denen diese Maßnahme beruht, auch dem Mitangeklagten Igor F***** zustatten kommen, der die Nichtigkeitsbeschwerde nicht ergriffen hat, war der Schuldspruch zum Faktum A 1 auch, soweit er diesen Angeklagten betrifft, aufzuheben (§ 290 Abs 1 StPO) und wie im Spruch zu entscheiden.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte G***** auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.

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