OGH 5Ob261/00v

OGH5Ob261/00v11.10.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Dr. Doris S*****, vertreten durch Dr. Karl Schirl, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegner Richard D*****, vertreten durch Dr. Martin Prokopp und Mag. Andrea Willmitzer, Rechtsanwälte in Baden, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 29. Mai 2000, GZ 16 R 70/00h-28, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Ebreichsdorf vom 30. November 1999, GZ 3 Msch 36/97g-24, bestätigt wurde, den

Sachbeschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragstellerin ist Hauptmieterin von Geschäftsräumlichkeiten in einem Haus des Antragsgegners, in dem sich Geschäftslokale und Wohnungen befinden. Sie begehrte die Überprüfung des Mietzinses ab 1. 1. 1997 auf seine gesetzliche Zulässigkeit, die Anpassung des Mietzinses sowie die Rückerstattung zuviel bezahlter Beträge und brachte dazu vor, sie sei als Ärztin seit 1. 1. 1997 nicht mehr vorsteuerabzugsberechtigt, wodurch sich ihr Mietzins de facto erhöht habe. Der Vermieter habe die Optionsmöglichkeit, die Miete mit 20 % USt bei vollem Vorsteuerabzug oder ohne Umsatzsteuer bei Verlust des Vorsteuerabzuges zu verrechnen, wobei ein angemessener Ausgleich für die Mehr- oder Minderbelastungen zu treffen sei. Das heiße, dass im Falle einer Mietzinsvorschreibung zuzüglich 20 % USt der monatliche Hauptmietzins auf seine Angemessenheit im Sinne des § 16 MRG zu prüfen und herabzusetzen sei, um einen Ausgleich der umsatzsteuerlichen Mehrbelastungen des Mieters herbeizuführen.

Der Antragsgegner wandte im Wesentlichen ein, er sei gemäß § 15 Abs 2 MRG als Vermieter berechtigt, von der Mieterin die vom Mietzins zu entrichtende Umsatzsteuer zu begehren. Es sei für ihn als Vermieter von Wohnungen und Geschäftsräumen unzumutbar, von der unechten Befreiung Gebrauch zu machen, weil dies zu einem verhältnismäßigen Ausschluss des Vorsteuerabzuges führen würde.

Im ersten Rechtsgang wies das Erstgericht den Sachantrag wegen Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtsweges zurück.

Das Rekursgericht hob diesen Beschluss auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom herangezogenen Zurückweisungsgrund auf, weil im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden sei.

Im zweiten Rechtsgang wies das Erstgericht den Sachantrag ab. Aus dem Umstand, dass die Antragstellerin nicht mehr vorsteuerabzugsberechtigt sei, könne eine Verminderung des Entgelts für die Überlassung von Räumen nicht folgen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 130.000,-- nicht übersteigt und dass der ordentliche Revisionsrekurs - mangels erheblicher Rechtsfragen - nicht zulässig sei. In seiner Begründung führte es zunächst aus, die nach § 15 Abs 2 MRG zulässige Überwälzung der Umsatzsteuer auf den Mieter könne nicht unter "Überprüfung der Angemessenheit des vereinbarten Mietzinses" im Sinne des § 37 Abs 1 Z 8 MRG subsumiert werden, weshalb die erstgerichtliche Abweisung des Sachantrages schon aus diesem Grunde nicht zu beanstanden sei. "Dennoch" verneinte es noch einen Ausgleichsanspruch der Antragstellerin gemäß § 30 Abs 1 UStG 1994 und stützte sich hiebei im Wesentlichen auf die Glossen von Würth und (ohne Namensnennung) Arnold jeweils zu WoBl 2000/70.

Auf Antrag der Antragstellerin änderte das Rekursgericht seinen Unzulässigkeitsausspruch dahin ab, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Die Antragstellerin macht in ihrem Revisionsrekurs im Wesentlichen geltend, die Abweisung des Sachantrages könne nicht auf § 37 Abs 1 Z 8 MRG gestützt werden; ihr stehe ein Ausgleichsanspruch gemäß § 30 UStG 1994 zu. Sie beantragt, die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen im Sinne der Antragsstattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Antragsgegner beantragt in der ihm vom Rekursgericht freigestellten Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist mangels Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu § 30 UStG 1994 zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

Nicht nachvollziehbar ist allerdings, warum das Rekursgericht nach erfolgter rechtskräftiger Bejahung der Zulässigkeit des außerstreitigen Rechtsweges für das Begehren der Antragstellerin, die Angemessenheit des Hauptmietzinses im Lichte des § 30 UStG 1994 zu überprüfen, wiederum auf die - den Verfahrensweg betreffende - Bestimmung des § 37 Abs 1 Z 8 MRG zurückkommt, um - meritorisch - die Abweisung des Sachantrages zu begründen.

Was die Auslegung des UStG 1994 betrifft, ist der Oberste Gerichtshof zwar grundsätzlich mangels Leitfunktion in Steuersachen gemäß § 528 Abs 1 ZPO nur zur Korrektur grober Beurteilungsfehler der Vorinstanzen aus Gründen der Rechtseinheit und Rechtssicherheit berufen (WoBl 1998/126 [kritisch Arnold]; 5 Ob 99/00w; RIS-Justiz RS0113455). Bei der hier anzuwendenden Bestimmung des § 30 UStG handelt es sich aber um eine zivilrechtliche Vorschrift; daraus ableitbare Ansprüche sind vor den Zivilgerichten durchzusetzen (Kolacny/Mayer, UStG 19942 § 30 Anm 1; Ruppe, UStG 19942 § 30 Rz 1; vgl die Vollzugsklausel § 31 Abs 2 UStG 1994). Dem Obersten Gerichtshof kommt daher insoweit eine Leitfunktion zu.

Die Antragstellerin hat ihr Begehren mit der unechten Umsatzsteuerbefreiung der Ärzte seit 1. 1. 1997 und dem damit verbundenen Verlust des Vorsteuerabzuges begründet. In einem vergleichbaren Fall - Option des Vermieters für Regelbesteuerung bei Geschäftsraummiete 1995 mit Inkrafttreten des UStG 1994; Verlust der Vorsteuerabzugsberechtigung des mietenden Arztes infolge Gesetzesänderung ab 1997 - hat bereits Arnold (zu WoBl 2000/70) darauf hingewiesen, dass diese den Arzt treffende gesetzliche Neuregelung keinen der im § 30 Abs 1 UStG 1994 genannten Fälle (Anwendung eines anderen Steuersatzes; Umsatz wird steuerpflichtig, steuerfrei oder nicht steuerbar) darstellt; die Veränderung in der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Leistung muss nämlich den in der Vermietung und nicht den in der ärztlichen Leistung liegenden Umsatz betreffen.

Abgesehen davon ist § 12 Gesundheits- und Sozialbereich - Beihilfengesetz BGBl 1996/746 zu beachten. Danach gilt für Ärzte die Ausgleichszahlung gemäß § 3 leg cit als Ausgleich der umsatzsteuerlichen Mehrbelastung gemäß § 30 UStG 1994 (Ruppe aaO Rz 2; vgl zur genannten Ausgleichszahlung den allgemeinen Teil der Erläuterungen GP XX RV 395 S 7).

Mit den Vorinstanzen ist der Antragstellerin somit die begehrte Herabsetzung des Hauptmietzinses im Wege eines angemessenen Ausgleiches gemäß § 30 UStG 1994 aus Anlass des Verlustes der Vorsteuerabzugsberechtigung für Ärzte ab Anfang 1997 zu versagen.

Dem Revisionsrekurs war daher nicht Folge zu geben.

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