OGH 5Ob208/00z

OGH5Ob208/00z26.9.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Gabriele F*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Huber, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegner 1.) Hubert L*****, 2.) Agnes R*****, und 3.) Bernhard L*****, alle vertreten durch Dr. Walter Prüfling, Rechtsanwalt in Wien, wegen restlich S 194.148,83 (§§ 10, 37 Abs 1 Z 6 MRG), infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 28. März 2000, GZ 40 R 555/99k-53, womit der End-Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 25. Juni 1999, GZ 44 Msch 36/96i-49, abgeändert wurde, folgenden

Sachbeschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Antragsgegner haben die für ihre Revisionsrekursbeantwortung verzeichneten Kosten rechtsfreundlicher Vertretung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Antragstellerin war vom 5. 5. 1983 bis zum 28. 3. 1995 (der unstrittig feststehenden Rechtswirksamkeit einer von den Antragsgegnern als Mehrheitseigentümer der Liegenschaft ausgesprochenen Aufkündigung des Mietvertrags nach § 30 Abs 2 Z 4 MRG) Hauptmieterin der Wohnung top 19/19a im Haus *****. Bei Beendigung des Mietverhältnisses war - anders als zu dessen Beginn - bereits Wohnungseigentum an der Liegenschaft begründet. Der Miteigentumsanteil des Erstantragsgegners belief sich (nur mehr) auf 241/2222 (10,85 %), der des Zweitantragsgegners auf 224/222 (10,08 %) und der des Drittantragsgegners auf 292/2222 (13,14 %). Die verfahrensgegenständliche Wohnung wurde dem Drittantragsgegner zur ausschließlichen Nutzung überlassen.

Die Antragstellerin hat, wie jetzt feststeht, auf Grund mehrerer Investitionen in das Mietobjekt gemäß § 10 MRG einen Aufwandersatzanspruch, der sich auf S 153.628,50 beläuft. Sie hat ihn in einem Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 6 MRG gegen die drei Antragsgegner geltend gemacht und an deren Passivlegitimation auch festgehalten, als diese mit dem Hinweis auf die grundbücherlichen Eigentumsverhältnisse ihre bloß anteilige Haftung einwendeten.

Die Vorinstanzen sind zu einer bloß anteiligen Ersatzpflicht der Antragsgegner gelangt und haben sie (unter Anrechung eines bereits rechtskräftigen Teilzuspruchs sowie der Behebung erstgerichtlicher Rechenfehler durch das Rekursgericht) unter Abweisung des Mehrbegehrens schuldig erkannt, der Antragstellerin S 16.662,68 (Erstantragsgegner), S 15.487,30 (Zweitantragsgegner) bzw S 14.128,63 (Drittantragsgegner) zu zahlen. Das Rekursgericht begründete dies wie folgt:

Dem Argument der Antragstellerin, die drei Antragsgegner, jedenfalls aber den Drittantragsgegner als Wohnungseigentümer der verfahrensgegenständlichen Wohnung treffe die Pflicht zum vollständigen Aufwandersatz, sei nicht zu folgen. Bereits im Aufhebungsbeschluss des ersten Rechtsganges vom 21. 7. 1998 (40 R 109/98w) habe das Rekursgericht klargestellt, dass es sich beim Anspruch gemäß § 10 MRG als Sonderfall der angewandten Geschäftsführung um einen teilbaren Anspruch handle, der sich gegen die jeweiligen Miteigentümer im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile an der Liegenschaft richte (§ 889 ABGB). Das dagegen von der Antragstellerin vorgebrachte Argument, die drei Antragsgegner seien als Treuhänder der (übrigen) Liegenschaftseigentümer aufgetreten, überzeuge schon deshalb nicht, weil die Treuhand im eigentlichen Sinn nur bei einer Übertragung des Vollrechts mit Innenbindung vorliege. Von einer Übertragung des Vollrechts könne jedoch bloß wegen des Vorhandenseins weiterer im Grundbuch aufscheinder Miteigentümer nicht gesprochen werden. Eine Haftung aus einer Verwalterbestellung scheide aus. Auch das Argument von der Einverleibung des Wohnungseigentums für den Drittantragsgegner vor Beendigung des Mietverhältnisses reiche zur Begründung seiner alleinigen Passivlegitimation nicht aus. Die nachträgliche Begründung von Wohnungseigentum für ein vermietetes Objekt könne zwar die Legitimation des Wohnungseigentümers für Verwaltungshandlungen rechtfertigen, ändere jedoch nichts daran, dass Vertragspartner des Mieters sämtliche Miteigentümer der Liegenschaft bleiben (vgl WoBl 1994/56).

Der rekursgerichtliche Sachbeschluss enthält den Ausspruch, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Begründet wurde dies mit fehlender höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage der Passivlegitimation für den Anspruch gemäß § 10 MRG bei Begründung von Wohnungseigentum nach Begründung des Mietverhältnisses.

In ihrem Revisionsrekurs hält die Antragstellerin an beiden vom Rekursgericht verworfenen Argumenten zur Begründung einer vollen Ersatzpflicht der Antragsgegner oder zumindest des Drittantragsgegners fest. Da die Antragsgegner das Mietverhältnis kündigten und ihnen auch das Mietobjekt zurückzustellen war, seien sie als Treuhänder aller übrigen Miteigentümer anzusehen; unabhängig davon ergebe sich die volle Rückzahlungspflicht des Drittantragsgegners aus seiner Rechtsposition als Wohnungseigentümer (seinem alleinigen Nutzungsrecht an der verfahrensgegenständlichen Wohnung). Der Revisionsrekursantrag geht dahin, die Antragsgegnerin in Abänderung des rekursgerichtlichen Sachbeschlusses zur Zahlung von S 48.909,47 bzw S 45.459,42 bzw S 53.199,44 oder den Drittantragsgegner allein zur Zahlung von S 147.568,33 (jeweils zum bereits rechtskräftigen Teilzuspruch) zu verhalten; hilfsweise soll die Entscheidung des Rekursgerichtes aufgehoben und die Mietrechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an eine der Vorinstanzen zurückverwiesen werden.

Von den Antragsgegnern liegt dazu eine Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag vor, den angefochtenen Sachbeschluss zu bestätigen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

Zutreffend ist das Rekursgericht davon ausgegangen, dass sich der in § 10 normierte besondere Investitionsersatzanspruch des Mieters gegen denjenigen richtet, der im Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses sein Vermieter ist (Würth in Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20, Rz 8 zu § 10 MRG; MietSlg 43.169). Bei einer Mehrheit von Vermietern sind diese wie im vergleichbaren Fall eines Anspruchs nach § 1097 ABGB anteilig zum Aufwandersatz verpflichtet (JBl 1991, 379 = MietSlg 42.106).

Durch die Begründung von Wohnungseigentum an einem bereits vermieteten Objekt wird das bestehende Mietverhältnis - sieht man vom gesetzlichen Eintritt neuer Eigentümer ab - grundsätzlich nicht verändert (§ 1120 ABGB; § 2 Abs 1 MRG). Sofern keine Ausnahmeregelung greift, sind daher alle Miteigentümer der Liegenschaft in der Rechtsposition des Vermieters (WoBl 1999, 270/137; WoBl 2000, 89/40 ua).

Eine solche Ausnahmeregelung glaubt die Rechtsmittelwerberin darin gefunden zu haben, dass nur die Antragsgegner (als seinerzeitige Mehrheitseigentümer) das Mietverhältnis aufgekündigt haben. Sie hätten deshalb nach den Grundsätzen der Treuhandschaft die Aufwandersatzpflicht jener Miteigentümer zu tragen, die sie vertreten haben. Dem ist jedoch schon das Rekursgericht zu Recht mit dem Argument entgegengetreten, dass von einer Übertragung aller Rechte und Pflichten, wie sie dem Institut einer Treuhand entsprechen würde, keine Rede sein kann. Die Antragsgegner haben lediglich von der ihnen zukommenden Verwaltungsmacht Gebrauch gemacht, das Mietverhältnis mit Wirkung für alle Miteigentümer der Liegenschaft zu kündigen. Ein Eintritt in die Rechtsstellung der übrigen Miteigentümer war damit nicht verbunden.

Der Rechtsmittelwerberin ist aber auch darin nicht zu folgen, dass die im Rahmen der Wohnungseigentumsbegründung erfolgte Einräumung des ausschließlichen Nutzungs- bzw alleinigen Verfügungsrechts am verfahrensgegenständlichen Mietobjekt an den Drittantragsgegner zu dessen alleiniger Aufwandersatzpflicht nach § 10 MRG geführt habe. Dieser Umstand rechtfertigt zwar regelmäßig die Annahme, dass dem Wohnungseigentümer von den übrigen Miteigentümern der Liegenschaft alle mit dem alleinigen Nutzungs- und Verfügungsrecht am überlassenen Objekt korrespondierenden Rechte aus einem bestehenden Mietvertrag abgetreten wurden (WoBl 1998, 179/122; SZ 71/46; WoBl 1998, 287/184; immolex 1999, 9/7; WoBl 1999, 270/137; 5 Ob 40/99v), doch wird das zwischen Vermieter und Mieter bestehende Rechtsverhältnis durch die Wohnungseigentumsbegründung grundsätzlich nicht umgestaltet (vgl 5 Ob 259/98v = immolex 1999, 301/169 = EWr II/13c/71 = WoBl 2000, 89/40). Ein die Rechtsposition des Mieters verschlechternder Eingriff in das Mietverhältnis scheidet aus. In diesem Sinn wurde bereits judiziert, dass Ersatzansprüche des Mieters gegen den Vermieter nach § 8 Abs 3 MRG oder Ansprüche auf Rückzahlung unzulässig eingehobener Hauptmietzinse durch die Begründung von Wohnungseigentum nicht verändert werden. Es ist an der Passivlegitimation aller Miteigentümer bzw Mitvermieter festzuhalten, um den Haftungsfonds des Mieters nicht zu schmälern (vgl WoBl 1998, 179/122; WoBl 2000, 89/40; WoBl 1999, 270/137). Diese Erwägungen gelten auch hier. Sie führen dazu, dass der Altmieter einer Wohnung, an der nachträglich Wohnungseigentum begründet wurde, seinen Aufwandersatzanspruch nach § 10 MRG bei Vorhandensein mehrerer Vermieter nur anteilig gegen alle Vermieter geltend machen kann.

Aus diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 37 Abs 3 Z 19 erster Halbsatz MRG.

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