Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Gegenstand des Verfahrens ist die Zwangsversteigerung von Wohnungseigentumsanteilen des Verpflichteten.
Die betreibende Partei beantragte, vor Festsetzung des Schätzwertes zu klären, ob ein bereits in einem früheren Zwangsversteigerungsverfahren behauptetes Mietrecht bestehe.
Das Erstgericht stellte fest, dass ein - näher beschriebenes - Mietrecht bestehe. Bei der Frage, ob ein Bestandverhältnis gültig zustande gekommen sei, handle es sich um eine Vorfrage für die vom Gericht nach § 144 EO vorzunehmende Festsetzung des Schätzwertes, deren Behandlung aus verfahrensökonomischen Gründen vorgezogen worden sei, weil andernfalls der Sachverständige den Wert der Liegenschaft gemäß § 143 Abs 1 EO sowohl unter Berücksichtigung als auch unter Außerachtlassung eines allfällig bestehenden Mietverhältnisses hätte schätzen müssen; aufgrund des nunmehr jedoch feststehenden Mietverhältnisses könne auf eine Schätzung unter Außerachtlassung einer solchen verzichtet werden; aus dem somit verringerten Aufgabenvolumen für den Sachverständigen ergebe sich eine Kostenersparnis.
Das Rekursgericht hob infolge Rekurses der betreibenden Partei diesen Beschluss ersatzlos auf; es sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteige S 260.000, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage einer abgesonderten Entscheidung über den Bestand einer im Rahmen der Festsetzung des Schätzwertes einer Liegenschaft zu berücksichtigenden oder nicht zu berücksichtigenden Belastung oberstgerichtliche Judikatur nicht existiere. Zur Begründung der ersatzlosen Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses führte das Rekursgericht aus, dass die zwischen der betreibenden Gläubigerin und dem Verpflichteten strittige Frage, ob ein Bestandverhältnis gültig zustande gekommen sei und vom Ersteher der Liegenschaft zu übernehmen sein werde, eine Vorfrage über die Festsetzung des Schätzwertes darstelle, worüber eine gesonderte Beschlussfassung nicht zu erfolgen habe. Nach der zwingenden Vorschrift des § 143 Abs 1 EO sei bei der Schätzung zu ermitteln, welchen Wert die Liegenschaft bei Aufrechterhaltung der Belastungen - hiezu gehörten auch nicht im Grundbuch eingetragene Bestandrechte - und welchen Wert sie ohne diese Belastungen habe. Außerdem seien die auf der Liegenschaft lastenden Dienstbarkeiten, Ausgedinge, andere Reallasten, auf der Liegenschaft eingetragene Bestandrechte - über den Gesetzeswortlaut hinaus auch nicht eingetragene Bestandrechte - für sich zu schätzen und die ihnen entsprechenden Kapitalbeträge zu ermitteln. Eine Schätzung der Liegenschaft in nur eingeschränktem Umfang komme deshalb nicht in Betracht; es bestehe deshalb auch keine Veranlassung, über die Vorfrage des Bestandes von Bestandrechten noch vor Durchführung der Schätzung zu entscheiden. Gerade bei einer strittigen Belastung in Form eines behaupteten Bestandrechtes sei eine umfassende Schätzung, wie in § 143 EO vorgeschrieben, nicht nur im Interesse des betreibenden Gläubigers und des Verpflichteten, sondern auch allfälliger Kaufinteressenten, weil mit diesen in Verbindung mit den Feststellungen, aus denen sich der Bestand oder Nichtbestand der Belastung ableiten lässt, eine Entscheidungsgrundlage betreffend ihre Beteiligung an der Versteigerung zur Verfügung stehe. Ein Ersteher wäre nämlich selbstredend an die Einschätzung des Exekutionsgerichtes über das Vorliegen eines Bestandverhältnisses ebensowenig gebunden wie ein angeblicher Mieter für den Fall des Verneinens der Bestandrechte durch das Gericht.
Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die zwischen betreibender Gläubigerin und Verpflichtetem strittige Frage, ob ein Bestandverhältnis gültig zustande gekommen ist und vom Ersteher der Liegenschaft zu übernehmen sein wird, stellt eine Vorfrage für die Festsetzung des Schätzwertes durch das Gericht dar (SZ 69/99; 3 Ob 170/94). Das Exekutionsgericht hat hierüber in dem Beschluss auf Festsetzung des Schätzwertes (§ 144 Satz 1 EO) zu entscheiden. Eine vorherige gesonderte Beschlussfassung ist, wie das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat, im Gesetz nicht vorgesehen. Die Bestimmung des § 236 ZPO über den Zwischenantrag auf Feststellung fällt nicht unter diejenigen Bestimmungen der ZPO, die nach § 78 EO auch im Exekutionsverfahren anzuwenden sind. Auch für eine analoge Anwendung dieser Regelung besteht keine Veranlassung. Voraussetzung für die analoge Anwendung einer gesetzlichen Bestimmung ist einerseits, dass eine planwidrige Unvollständigkeit, also eine nicht gewollte Gesetzeslücke, vorhanden ist, und andererseits, dass die vorhandene gesetzliche Regelung wegen der Gleichartigkeit auf den nicht geregelten Tatbestand angewendet werden darf (3 Ob 109/99x zur Analogie im Exekutionsverfahren mwN). Diese Voraussetzung ist hier einerseits deshalb nicht gegeben, weil für eine planwidrige Unvollständigkeit kein Anhaltspunkt besteht. Überdies liegt ein wesentlicher Unterschied zwischen dem hier von der betreibenden Partei gestellten Antrag und dem Zwischenantrag auf Feststellung darin, dass es dabei um die Feststellung von Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien des Verfahrens geht, während der Antrag der betreibenden Partei Rechtsbeziehungen zu einem Dritten betrifft. Es kann also auch von einer Gleichartigkeit der Tatbestände nicht ausgegangen werden, was einer analogen Anwendung ebenfalls entgegensteht.
Eine Bindung des Erstehers bzw eines angeblichen Mieters, dem im Zwangsversteigerungsverfahren Parteistellung einzuräumen wäre, an diese Entscheidung, wie sie der betreibenden Partei vorschwebt, ist schon deshalb zu verneinen, weil ein derartiger der Rechtskraft fähiger und mit einer derartigen Wirkung versehener Beschluss im Gesetz nicht vorgesehen ist; einer bloßen Vorfrageentscheidung kommt ausschließlich für die Festsetzung des Schätzwertes Bedeutung zu. Eine Klärung der Rechtslage demjenigen gegenüber, dessen Rechtsposition als Mieter strittig ist, kann nur im streitigen Verfahren erfolgen. So kann ein Ersteher - ohne Bindung an die Festsetzung des Schätzwertes gemäß § 144 EO - mit der Begründung, das Bestandobjekt werde ohne Rechtstitel benützt, auf Räumung klagen (SZ 69/99).
Der zutreffende Beschluss des Rekursgerichtes ist daher zu bestätigen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO, §§ 40, 50 ZPO.
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