OGH 13Os114/00

OGH13Os114/0020.9.2000

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. September 2000 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal und Dr. Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Krüger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Werner Franz S***** wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 und 3 SMG und einer weiteren strafbaren Handlung, AZ 8 Vr 1152/00 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz, über die Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz vom 4. August 2000, AZ 11 Bs 310/00 (= ON 36), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Werner Franz S***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Werner (Franz) S***** befindet sich seit 27. April 2000 in Untersuchungshaft. Die mittlerweile rechtskräftige Anklageschrift legt ihm das Verbrechen nach § 28 Abs 2 und 3 erster Fall (siehe dazu RZ 1998/10 = Foregger/Litzka/Matzka, SMG, Erl VIII. 1. zu § 28 sowie insbesondere zuletzt 11 Os 91/00) SMG und das Vergehen nach § 27 Abs 1 SMG zur Last, weil er

in Graz und nicht näher bekannten Orten in der Weststeiermark den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift

1. in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG) gewerbsmäßig in Verkehr gesetzt hat, indem er im Zeitraum November 1999 bis April 2000 800 Gramm Marihuana unbekannter Menge Reinsubstanz, welche er im November 1999 sowie weitere 850 Gramm Marihuana (rund 35 Gramm THC-Gehalt) welche er Mitte März von den abgesondert verfolgten Harald Josef S***** gekauft hatte; somit insgesamt 1.650 Gramm Marihuana mit Gewinnaufschlag an bislang unbekannte Abnehmer im Raum Weststeiermark weiterverkaufte und

2. über die im Punkt 1. genannte Menge hinaus erworben, besessen, erzeugt und einem anderen überlassen hat, indem er im Zeitraum 1996 bis 26. April 2000 eine unbekannte Menge Marihuana aus selbst angebauten Hanfpflanzen gewann, konsumierte und dabei teilweise etwa im Zuge gemeinsamen Konsumes mit Harald Josef S***** diesem Marihuana kostenlos zur Verfügung stellte, sowie von diesem zur Verfügung gestellt erhielt.

Es wurden (zuletzt) die Haftgründe der Flucht- und Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 1 und 3 lit b und c StPO angenommen, deren Substitution durch gelindere Mittel beim Beschwerdeführer (bei dem auch die Voraussetzungen des § 39 StGB vorliegen) nicht in Frage kam. Die Grundrechtsbeschwerde erblickt in der diesbezüglichen Entscheidung des Oberlandesgerichtes eine Verletzung des Grundrechts auf persönliche Freiheit, weil eine Enthaftung gegen gelindere Mittel (Therapie, allenfalls Gelöbnis, Abnahme der Reisedokumente) angebracht und demgegenüber die Aufrechterhaltung der Haft unverhältnismäßig gewesen sei (§§ 3 Abs 1, 2 Abs 1 GRBG).

Die Beschwerde ist unbegründet.

Rechtliche Beurteilung

Abgesehen davon, dass angesichts aktueller Tatbegehungsgefahr die Frage etwaiger bedingter Strafnachsicht bei Prüfung der Unverhältnismäßigkeit der Dauer der Haft außer Betracht zu bleiben hat (12 Os 145, 146/98), kann der persönliche Eindruck des Beschuldigten auf das erkennende Gericht antizipativ nicht beurteilt werden (15 Os 110/00); dazu kommt, dass die bisherige Dauer der Untersuchungshaft bei weitem nicht einmal die Hälfte der angedrohten gesetzlichen Mindeststrafe nach § 28 Abs 3 SMG erreicht.

Unverständlich erscheinen die Hinweise in der Beschwerde und Äußerung (§ 35 Abs 2 StPO) auf § 39 SMG, weil dieser sich mit dem Aufschub des Strafvollzuges, nicht aber mit der Ausmessung der zu verhängenden Strafe befasst. Der Hinweis, dass der Beschuldigte gewillt sei, sich einer Psychotherapie zu unterziehen, versagt vorliegend angesichts des schwer einschlägig getrübten Vorlebens und der Tatsache, dass die Privilegierung des § 28 Abs 3 SMG ("Beschaffungskriminalität") nicht aktuell ist.

Zu Recht wurde daher weder die bisherige Dauer der Untersuchungshaft als unverhältnismäßig erachtet noch deren Substitution durch gelindere Mittel (insbesondere nach § 180 Abs 5 Z 4a StPO) als zulässig angesehen.

Das Vorbringen in der nach § 35 Abs 2 StPO erstatteten Äußerung (zur Stellungnahme der Generalprokuratur) betrifft teilweise nicht die Beschwerdepunkte und muss damit im Grundrechtsbeschwerdeverfahren insoweit unbeachtlich bleiben.

Die Beschwerde war daher ohne Kostenausspruch der Erfolg zu versagen.

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