Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Den Berufungen und der Beschwerde wird nicht Folge gegeben. Gemäß § 390a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden, auch rechtskräftige Schuldsprüche weiterer Mitangeklagter enthaltenden Urteil wurden die Angeklagten Daniel E***** (geboren am 13. Mai 1978) und Bernd F***** (geboren am 1. Februar 1977) - beide zu I. 1. und 2. -, sowie Michael M***** (geboren am 30. September 1977) und Mario M***** (geboren am 6. Juli 1979) - die beiden Letztgenannten zu I. 2. -, des Verbrechens nach § 3g VG schuldig erkannt.
Danach haben sie vom Sommer 1994 bis Mitte 1995
I. sich auf andere als in den §§ 3a bis 3f VG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt, und zwar
1. Daniel E***** und Bernd F***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit den Mitangeklagten Karl K*****, Alexander K***** und Christian L***** nahezu wöchentlich, nicht jedoch während der Wintermonate, in L*****, indem sie ausgerüstet mit Messern und Schlagstöcken Kampfübungen durchführten, wobei sie sich in zwei Gruppen aufteilten und übten, sich geräuschlos an die jeweils andere Gruppe anzunähern und diese sodann zu überwältigen;
2. Daniel E*****, Bernd F*****, Michael M***** und Mario M***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken nahezu wöchentlich, bei den Grillfeiern jedoch nicht während der Wintermonate, indem sie bei Grillfeiern in L***** und im Cafe "O*****" in St. G***** und einer Feier in La***** oftmals Parolen wie "Heil Hitler", "Sieg heil!", "Deutschland den Deutschen!" schrien und dabei die rechte Hand zum Hitlergruß erhoben.
Diese Schuldsprüche bekämpfen die Angeklagten E*****, F*****, Mario M***** und Michael M***** mit getrennt ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden, und zwar jeweils unter Geltendmachung der Nichtigkeitsgründe der Z 8 und 10a des § 345 Abs 1 StPO, F*****, Mario und Michael M***** darüber hinaus aus der Z 2, F***** und E***** desweiteren aus der Z 6, und schließlich E*****, F***** und Mario M***** auch aus der Z 11a leg cit. Keiner der behaupteten Nichtigkeitsgründe liegt vor.
Zur Z 2 des § 345 Abs 1 StPO (Beschwerdeführer Bernd F*****, Mario M***** und Michael M*****):
Rechtliche Beurteilung
Vorgebracht wird, dass die Angeklagten nicht während der ganzen Hauptverhandlung durch einen Verteidiger vertreten gewesen seien, weil der Vorsitzende unmittelbar nach der Urteilsverkündung, jedoch noch vor der Erteilung der Rechtsmittelbelehrung und vor den Rechtsmittelerklärungen der Angeklagten den Beschluss verkündet habe, die den Angeklagten gemäß § 41 Abs 2 StPO gewährte Verfahrenshilfe "ex nunc" aufzuheben und in eine Amtsverteidigung gemäß § 41 Abs 3 StPO umzuwandeln. Die zugleich vorgenommene Bestellung der bisherigen Verfahrenshilfeverteidiger zu Amtsverteidigern sei dem Vorsitzenden nicht zugestanden und daher unwirksam gewesen; die im geschworenengerichtlichen Verfahren notwendige Verteidigung daher bei einem wesentlichen Teil dieses Verfahrens (Rechtsmittelbelehrung und Abgabe der Rechtsmittelerklärungen) nicht gegeben gewesen.
Letztere Behauptung trifft nach der Aktenlage nicht zu:
Im Beschluss vom 14. März 2000 (ON 227) auf Berichtigung des Hauptverhandlungsprotokolls betreffend den der Urteilsverkündung nachfolgenden Verfahrensverlauf (S 673 f/VIII) hat der Vorsitzende - gestützt auf Stellungnahmen der beisitzenden Richter, des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft und der Schriftführerin (ON 221 bis 225) - festgestellt, dass der Beschluss auf Aufhebung der Verfahrenshilfe "erst im Anschluss an die Hauptverhandlung, dann aber ex nunc und nicht rückwirkend, sohin erst für das allfällige Rechtsmittelverfahren wirksam wird".
Behauptungen über allfällige Formverstöße des Erstgerichtes sind grundsätzlich an Hand des Hauptverhandlungsprotokolls zu überprüfen. Dabei sind Ergänzungen und Richtigstellungen des Hauptverhandlungsprotokolls (hier durch den Beschluss ON 227) zu berücksichtigen, solange über das Rechtsmittel noch nicht entschieden wurde. Dem Rechtsmittelverfahren ist demgemäß der Inhalt des (durch den Beschluss ON 227 berichtigten) Hauptverhandlungsprotokolls zugrunde zu legen. Danach waren alle Angeklagten während der ganzen Hauptverhandlung durch Verteidiger vertreten. Dass die Verteidiger - in dieser Funktion - tatsächlich auch weiterhin für die Angeklagten eingeschritten sind, ist aktenmäßig belegt (vgl ON 175, 178, 184, 205) und wird von den Beschwerden letztlich und mit dem Hinweis auf ihre "unwirksam gewesene Umbestellung" auch nicht bestritten. Zur Z 6 des § 345 Abs 1 StPO (Beschwerdeführer Daniel E***** und Bernd F*****):
Eine Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung (§ 312 StPO) liegt nach Meinung des Beschwerdeführers vor, weil in den sie betreffendcn Hauptfragen 3. bis 6. das gesetzliche Merkmal des § 3g VG, nämlich der Vorsatz des Täters (auf nationalsozialistische Wiederbetätigung), nicht (ausdrücklich) aufgenommen ist, obgleich sich nur darin § 3g VG vom Straftatbestand des Art IX Abs 1 Z 7 (nunmehr: Z 4) EGVG unterscheide.
Ist die Schuldform der Vorsätzlichkeit im Gesetzestext nicht ausdrücklich angeführt (wie hier im § 3g VG), dann kann im Hinblick auf § 7 Abs 1 StGB (der gemäß Art I des Strafrechtsanpassungsgesetzes, BGBl 1974/422, auch auf im gerichtlichen Nebenstrafrecht enthaltene Verbrechenstatbestände wie § 3g VG anzuwenden ist) ihre Erwähnung ohne Verletzung der Vorschrift des § 312 StPO auch bei Formulierung der entsprechenden, an die Geschworenen zu richtenden Fragen auf Grund der in der Rechtsbelehrung enthaltenen und aufzunehmenden Aufklärung, wonach der Täter sich vorsätzlich im nationalsozialistischen Sinn betätigen muss unterbleiben (Mayerhofer StGB5, § 7 E 3; derselbe, StPO4 § 312, E 21 ff). Unklarheiten lagen für die Geschworenen - wie noch zur Instruktionsrüge ausgeführt wird - jedenfalls nicht vor.
Zur Z 8 des § 345 Abs 1 StPO (alle Beschwerdeführer):
Dem Rechtsmittelvorbringen zuwider wurde den Geschworenen keine unrichtige Rechtsbelehrung erteilt.
Die vom Beschwerdeführer E***** kritisierte Anführung von Beispielen (tatbildmäßiger Handlungen) in der (schriftlichen) Rechtsbelehrung (vgl S 61 ff/IX) ist - abgesehen von der unter Umständen sogar gebotenen Zitierung höchstgerichtlicher Falljudikatur - zwar im Allgemeinen nicht tunlich, allein Nichtigkeit begründet dies (noch) nicht. Eine Nichtigkeit im Sinn der Z 8 des § 345 Abs 1 StPO kommt vielmehr erst dann in Betracht, wenn die Rechtsbelehrung durch die gegebenen Beispiele die Eignung erlangt, bei den Geschworenen unrichtige Vorstellungen über die Rechtslage zu bewirken und sie namentlich durch eine richtungsweisend fixierte Darstellung rechtlich bedeutsamer Tatsachen zu einer bestimmten - dieser Schilderung entsprechenden - rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes zu beeinflussen (SSt 45/9; 57/40).
Eben solcher (nichtigkeitsbegründender) Mangel haftet der vorliegenden Rechtsbelehrung zu den Hauptfragen betreffend § 3g VG (S 57 ff/IX) nicht an. Durch die Wiedergabe des gesamten Wortlautes des § 3 VG (mit Ausnahme der hier nicht relevanten Bestimmungen nach 3h und 3i leg cit), auf Grund der in der Einleitung enthaltenen Bemerkung, dass nationalsozialistische Betätigungen Handlungen darstellen, durch die nationalsozialistische Zielsetzungen zu neuem Leben erweckt werden sollen, weiters durch den Hinweis auf den Zweck des Gesetzes - nämlich jene nieder zu halten, die den Nationalsozialismus, der sich in Österreich von 1938 bis 1945 etabliert hat, wiedererwecken wollen - und schließlich durch die Erläuterung, dass der Täter mit dem (zumindest bedingten) Vorsatz handeln muss, sich auf andere als die in den §§ 3a bis 3f VG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn zu betätigen, lässt die Rechtsbelehrung nämlich keinen Zweifel daran, dass die angeführten Tätigkeiten zwar nach § 3g VG tatbildlich sein können, aber keineswegs sein müssen. Vielmehr zeigt die Rechtsbelehrung den Geschworenen eindeutig auf, dass sie die Tatbildmäßigkeit jeder einzelnen der in den Fragen enthaltenen Handlungen nach ihrer objektiven Zielrichtung wie auch auf den ihr zu Grunde liegenden Vorsatz des Täters selbständig zu prüfen haben.
Dem Vorbringen der Angeklagten Michael und Mario M***** zuwider erweckt die Rechtsbelehrung zur subjektiven Tatseite - in der keineswegs in einer zur Irreführung der Geschworenen geeigneten Weise auch Judikatur zum hier nicht aktuellen § 3h VG zitiert wurde - nicht den Eindruck, der bedingte Vorsatz des Täters müsse bloß den Gebrauch nationalsozialistischer Symbole, Parolen etc umfassen, nicht aber auch den Umstand, hiedurch den Zielen des Nationalsozialismus oder einem von dessen Zielen wieder zum Durchbruch zu verhelfen. Beide Beschwerdeführer übersehen nämlich bei ihrer isolierten Betrachtung der Rechtsbelehrung zur subjektiven Tatseite (S 67 f/IX), dass die Geschworenen über den Rechtsbegriff "Betätigung im nationalsozialistischen Sinn" bereits in der Belehrung zur objektiven Tatseite des Verbrechens nach § 3g VG aufgeklärt wurden, wonach darunter Handlungen zu verstehen sind, durch die irgendeine der spezifischen und vielfältigen Zielsetzungen der NSDAP zu neuem Leben erweckt (S 61, 65/IX) bzw durch die derartige Zielsetzungen propagiert und solcherart aktualisiert (S 63/IX) werden sollen. Die von diesen Beschwerdeführern vermisste Aufklärung, wonach die strafbare Handlung eine "tätergewollte Betätigung im NS-Sinn sein muss" (EvBl 1994/84), wurde den Geschworenen somit durch den Hinweis, dass der Täter mit dem (zumindest bedingten) Vorsatz handeln muss, sich auf andere als die in den §§ 3a bis 3f VG bezeichneten Weise "im nationalsozalistischen Sinn" bzw "im Sinn auch nur eines der typischen Ziele des Nationalsozialismus zu betätigen" (S 67/IX) ohnehin gegeben.
Die Rechtsbelehrung enthält zu Recht keine Erläuterung des Verwaltungsstraftatbestands des Art IX Abs 1 Z 4 EGVG, weil eine Belehrung nur zu gestellten Fragen zu erteilen ist (vgl Mayerhofer StPO4 § 345 Abs 1 Z 8, E 23a), somit keinesfalls zu einer Verwaltungsübertretung.
Der Beschwerdeführer E***** übersieht schließlich bei seinem weiteren Vorbringen, wonach die Rechtsbelehrung auch deshalb unrichtig sei, weil es "an jeglichem Hinweis hinsichtlich eines allfälligen Tatbildirrtums" fehle, dass der Ausschluss des Vorsatzes bei Tatbildirrtum bereits aus der in der Rechtsbelehrung ohnehin zitierten (S 19/IX) Vorsatzdefinition des § 5 Abs 1 StGB hervorgeht (SSt 57/40).
Zur Z 10a des § 345 Abs 1 StPO (Beschwerdeführer Bernd F*****, Daniel E*****, Mario M*****, Michael M*****):
Aus den Akten ergeben sich keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen.
Die Feststellungen zu Punkt I./1. des Schuldspruches, wonach Kampfübungen mit Ausnahme der Wintermonate "nahezu wöchentlich" stattfanden und die Teilnehmer "mit Messern und Schlagstöcken" ausgerüstet waren, widerspricht - der Beschwerde F*****s zuwider - keineswegs den Verfahrensergebnissen, vielmehr finden sie in der (in der Hauptverhandlung verlesenen, S 651/VIII) niederschriftlichen Gendarmerieaussage des Angeklagten K***** (S 603/I) ihre Deckung. Unzutreffend ist das Vorbringen Daniel E*****s, wonach es für die im Wahrspruch getroffene Feststellung, auch er habe mit dem Vorsatz auf nationalsozialistische Wiederbetätigung gehandelt, an jeglicher Aktengrundlage mangle, weil auch alle Mitangeklagten, mit denen er sich in St. G***** und Umgebung getroffen hat, stets einen Wiederbetätigungsvorsatz bestritten hätten. Er übergeht bei seiner Behauptung nämlich die Verantwortung des Mitangeklagten K***** in der Hauptverhandlung, der sich dort ausdrücklich der Wiederbetätigung schuldig bekannt und zugleich angegeben hat, dass beim Rufen von NS-Parolen, dem (durch das Heben der Hand erfolgenden) Hitler-Gruß und auch bei den Kampfübungen alle Angeklagten (mit Ausnahme der M*****-Brüder bei den Kampfübungen) teilgenommen haben und er schon annehme, dass alle Teilnehmer vom Zweck ihrer Handlungen, nämlich der Verbreitung (nationalsozialistischen) Gedankengutes, Kenntnis hatten (S 165 ff/VIII). Erhebliche Bedenken im Sinn der Z 10a ergeben sich auch nicht aus den Ausführungen in der Niederschrift der Geschworenen zu den Hauptfragen 3. und 4., wonach der den Beschwerdeführer E***** betreffende Wahrspruch auch auf dessen (geständiger) Verantwortung beruhe (S 222/IX). Die Erwägungen, von denen sich die Geschworenen leiten ließen (§ 331 Abs 3 StPO), gehören nämlich nicht zur Antwort der Geschworenen und können daher auch nicht zum Gegenstand einer Nichtigkeitsbeschwerde gemacht werden (Mayerhofer StPO4 § 331 E 10 und 11).
Über die Häufigkeit der von den Beschwerdeführern Mario und Michael M***** im Tatzeitraum (Sommer 1994 bis Mitte 1995) vorgenommenen nationalsozialistischen Wiederbetätigungen trifft der Wahrspruch zu den bezüglichen Hauptfragen 12 und 14 (= S 127 und 131/IX) keine exakte Aussage. Wegen der im Wahrspruch angenommenen unbestimmten, wenngleich relativ großen Zahl der an mehreren Orten verübten Tathandlungen (nahezu wöchentlich im Cafe "O*****" in St. G*****, bei Grillfeiern in L***** - bei letezteren aber nicht während der Wintermonate - und bei einer Feier in La*****) betrifft der Einwand in der Tatsachenrüge des Mario M*****, nach seiner Verantwortung und jener der Mitangeklagten "aus der St. G***** Gruppe" lediglich "einige Male" überhaupt im Cafe "O*****" aufhältig gewesen zu sein, keine entscheidende Tatsache. Die von diesem Beschwerdeführer bestrittene aktenmäßige Belegstelle der von ihm geleugneten nationalsozialistische Betätigung anlässlich einer Feier in La***** findet sich in der Anzeige des Gendarmeriepostens St. G***** vom 5. Jänner 1999 (S 405/III). Der Ansicht Mario M*****s zuwider hat das Geschworenengericht in diesem Zusammenhang seine Pflicht zur Erforschung der materiellen Wahrheit dadurch nicht verletzt, dass es außer den Angeklagten Michael M*****, der sich an eine Anwesenheit des Beschwerdeführers Mario M***** in La***** nicht erinnern konnte (S 434/VIII), keinen anderen der deshalb gleichfalls Angeklagten hiezu vernommen hat. Durch die Ladung sämtlicher Mitangeklagter, die (ua) auch zu diesem Beweisthema Aussagen treffen konnten, war für den Beschwerdeführer ohnehin die Ausübung seines Fragerechtes sichergestellt.
Abgesehen von der mangelnden Entscheidungswesentlichkeit findet - dessen Tatsachenrüge zuwider - die dem Beschwerdeführer Michael M***** angelastete Häufigkeit der Tatwiederholungen sehr wohl in der Verantwortung des Angeklagten Karl K***** in der Hauptverhandlung, im fraglichen Tatzeitraum Michael M***** monatlich höchstens zweimal, im Winter nur ab und zu, gesehen zu haben (S 230/VIII), ihre Deckung. Im Übrigen hat der Angeklagte K***** - entgegen dem weiteren Vorbringen Michael M*****s - auch angegeben, dass alle (somit auch Michael M*****) bei den verschiedenen Feiern "mitgemacht", und dabei ua auch die rechte Hand zum Hitler-Gruß erhoben haben (S 171/VIII). Zur Z 11 des § 345 Abs 1 StPO (Beschwerdeführer Bernd F*****, Daniel E***** und Mario M*****:
Die Rechtsrüge F***** stellt die Tatbestandsmäßigkeit der ihm zur Last gelegten Handlungen, "zumindest aber hinsichtlich der angenommenen Kampfübungen" (= Punkt I. 1. des Schuldspruches), nach § 3g VG deshalb in Abrede, weil - zufolge der von den Geschworenen bei Bejahung der Hauptfrage 5. vorgenommenen Einschränkung, nach Beendigung der Kampfübungen seien (der Anklageschrift zuwider) rassistische Parolen nicht ausgestoßen worden (S 113/IX) - ein Zusammenhang der Kampfübungen mit nationalsozialistischer Wiederbetätigung nicht zu erkennen sei, zumal "entgegen §§ 312 ff StPO auch keine Fragestellung zur subjektiven Tatseite der Angeklagten erfolgte".
Damit übersieht - wie bereits dargelegt wurde - die Beschwerde, dass die stimmeneinhellig bejahten Hauptfragen 5 und 6 sehr wohl auch die Fragestellung enthalten, ob die vorgeworfenen Taten vom (zumindest bedingten) Vorsatz getragen waren, sich auf andere als die in den §§ 3a bis 3f VG bezeichnete Weise in nationalsozialistischem Sinn zu betätigen.
Auf der objektiven Tatseite umfasst § 3g VG nach Art einer Generalklausel jede nicht unter die §§ 3a bis 3f leg cit fallende nationalsozialistische Betätigung. Darunter fällt (unter anderem) auch jede unsachliche einseitige und propagandistische vorteilhafte Darstellung nationalsozialistischer Maßnahmen und Ziele. Es bedarf hiebei keines die Ideologie des Nationalsozialismus in ihrer Gesamtheit bejahenden Täterverhaltens. Vielmehr genügen schon Äußerungen und Darstellungen, die bereits bei isolierter Betrachtung als typischer Ausdruck nationalsozialistischen Gedankengutes anzusehen sind. Gleiches gilt aber auch für einen Handlungskomplex, der bei einer wertenden Gesamtbeurteilung als typisch nationalsozialistisch einzustufen ist, mag auch bei einer isolierten und bloß punktuellen Sicht einzelner Teilakte der ihnen zu Grunde liegende Ideengehalt für sich allein noch nicht Ausdruck typisch nationalsozialistischen Gedankengutes sein (Mayerhofer Nebenstrafrecht4 Verbotsgesetz § 3g E 5 ff, JBl 1995, 65). Sowohl der Ausspruch "Heil Hitler" als auch das Zeichen für den sogenannten "Hitler-Gruß" war ein charakteristisches Symbol des Nationalsozialismus. Typisch nationalsozialistische Parolen stellen auch die Rufe "Sieg Heil" und "Deutschland den Deutschen" (womit seinerzeit die Forderung nach einem einheitlichen Lebensraum für alle Deutschen verbunden war) dar. Der mit dem Vorsatz auf nationalsozialistische Betätigung erfolgte demonstrative Gebrauch dieser Parolen und Gesten in der Öffentlichkeit (Punkt I/2) besaß daher schon für sich allein den Charakter einer typischen nationalsozialistischen Propagandaaktion (Mayerhofer aaO § 3g E 27). Der Wehrsport der (deutschen) Jugend als Vorbereitung für den militärischen Kampf war für den Nationalsozialismus gleichermaßen typisch. Angesichts der Angaben des (geständigen) Mitangeklagten K*****, wonach die "Kampfübungen" (Punkt I/1 des Schuldspruches) jeweils im Anschluss an die (von nationalsozialistischen Parolen geprägten) Grillfeiern in L***** stattfanden und zur körperlichen Ertüchtigung der Gruppenmitglieder zum Zweck "der Wiederbetätigung durch Schlägereien und gewaltsamer Demonstrationen" durchgeführt wurden (S 168, 229/VIII), ist ein der Unterstellung des von den Geschworenen im Wahrspruch zur Hauptfrage 5 festgestellten Tatsachensubstrats unter § 3g VG zugrundeliegender Rechtsirrtum nicht zu erkennen.
Die Beschwerdeführer E***** und Mario M***** bringen ihre Rechtsrügen nicht dem Gesetz gemäß zur Darstellung. In ihrem Vorbringen, die ihnen zur Last gelegten Tathandlungen hätten "kein besonderes Gewicht" (E*****) bzw seien nur als "Unfug bestimmter Art" aufzufassen (Mario M*****), sodass sie nur dem Art IX Abs 1 Z 4 EGVG zu unterstellen wären, übergehen die im Wahrspruch enthaltene (eine rechtliche Beurteilung der Tathandlungen als bloßen Unfug ausschließende) Feststellung, dass sämtliche Tathandlungen von ihrem (zumindest) bedingten Vorsatz getragen waren, sich auf eine andere als die in den §§ 3a bis 3f VG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn zu betätigen.
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren demnach zu verwerfen.
Zu den Berufungen:
Neben den Nichtigkeitswerbern erhob auch Karl K***** Berufung wegen des Strafausspruchs; er führte auch Beschwerde gegen einen gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO gefassten Beschluss des Geschworenengerichtes, mit welchem die (verlängert) bedingte Strafnachsicht einer über ihn wegen §§ 83 Abs 1, 107 Abs 1 StGB zu AZ 30 E Vr 589/95 des Landesgerichtes Linz verhängten zweimonatigen Freiheitsstrafe widerrufen worden war. Im vorliegenden Fall ist er der Verbrechen nach § 3 VG (I. 1., 2., 3., 4. lit a, 5. lit a aa 6), der versuchten absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15 Abs 1, 87 Abs 1 StGB (II, 1., 3., 4., 5. und 7.) sowie der absichtlich schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB (II. 6.) verurteilt worden, wobei um Wiederholungen zu vermeiden auf die zitierten Fakten des Geschworenenurteils zu verweisen ist.
Das Geschworenengericht verhängte über die Angeklagten nach § 3 VG, bei Karl K***** unter Anwendung des § 28 StGB und bei Daniel E*****, Bernd F*****, Michael M***** und Mario M***** unter Anwendung des § 5 JGG Freiheitsstrafen, und zwar über Karl K***** dreieinhalb Jahre, über Daniel E***** acht Monate, über Bernd F***** (als Zusatzstrafe) neun Monate und fünf Tage, über Michael M***** und Mario M***** jeweils sieben Monate, die außer bei Karl K***** jeweils unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurden. Weiters widerrief das Geschworenengericht bei Karl K***** die bereits genannte bedingte Strafnachsicht.
Bei der Strafbemessung wertete das Geschworenengericht als erschwerend bei allen Angeklagten die (bei K*****: massive) Faktenhäufung, bei Karl K***** weiters drei einschlägige Verurteilungen, das Zusammentreffen von zwei Verbrechen, die besondere Brutalität des Vorgehens insbesonder bei den Körperverletzungsdelikten, die führende Beteiligung an den Taten und den langen Deliktszeitraum; als mildernd wurde gewertet bei Karl K***** sein Geständnis bzw ein wesentlicher Beitrag zur Wahrheitsfindung, sein Alter unter zwanzig Jahren und der Umstand, dass die Taten teilweise beim Versuch blieben; bei den weiteren Angeklagten mildernd deren Unbescholtenheit und das lange Zurückliegen der Taten.
Die Angeklagten begehren mit ihren Berufungen die jeweilige Herabsetzung des Strafausmaßes bzw Karl K***** (eventualiter) die (teilweise) bedingte Strafnachsicht bzw Entscheidungen nach § 12 JGG (Bernd F*****) oder § 13 JGG (Bernd F*****, Michael und Mario M*****).
Die Berufungen sind nicht berechtigt.
Zusammenfassend ist ihnen zu entgegnen, dass das Geschworenengericht nach der Art der Taten, der Persönlichkeit und der jeweiligen Schuld der Täter und unter Berücksichtigung der allgemeinen (§ 32 StGB) und besonderen Strafzumessungsgründe (§§ 33, 34 StGB) nicht nur über den Erwachsenen Karl K*****, sondern auch über die zu den Tatzeiten jugendlichen weiteren Berufungswerbern zutreffend ausgemessene Freiheitsstrafen verhängt hat, die dem jeweiligen Unrecht und der personalen Täterschuld - unter Berücksichtigung auch des jeweiligen Tatbeitrages - gerecht werden. Entgegen den Berufungsausführungen sind bei der Strafbemessung grundsätzlich Vergleiche mit über andere Angeklagte verhängte Sanktionen nicht anzustellen (§ 32 Abs 1 StGB). Den mehrfachen Behauptungen bloßer Geringfügigkeit der begangenen Delikte stehen die jeweiligen Schuldsprüche entgegen. Unzutreffend sind schließlich die Hinweise auf den angeblich mangelnden sozialen Störwert der vorliegend wiederholt begangenen nationalsozialistischen Wiederbetätigung.
Taten und Täterpersönlichkeit des Angeklagten, stehen bei K***** ebenso wie generalpräventive Erwägungen, wie schon das Erstgericht zutreffend erkannt hat, einer (teilweisen) bedingten Strafnachsicht (die angesichts der zutreffend mit mehr als 3 Jahren ausgemessenen Strafe ohnehin nur im Wege des § 41 Abs 3 StGB möglich wäre) entgegen. Den richtigen erstgerichtlichen Erwägungen zum Widerruf der Karl K***** gewährten bedingten Strafnachsicht ist nichts hinzuzufügen.
Den Rechtsmitteln konnte daher insgesamt kein Erfolg beschieden sein. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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