OGH 13Os94/00

OGH13Os94/0013.9.2000

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. September 2000 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pichler als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Dora Sch***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde, die Berufung und die Beschwerde des Angeklagten Sadik E***** sowie die Berufungen der Angeklagten Dora Sch***** und Anita K***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 16. März 2000, GZ 16 Vr 268/99-101, sowie über die Beschwerde (§ 498 Abs 3 StPO) der Anita K***** nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Soweit mit Nichtigkeitsbeschwerde angefochten, wurde Sadik E***** der Verbrechen des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall (B/I), des schweren Diebstahls als Bestimmungstäter nach §§ 12 zweiter Fall, 127, 128 Abs 2 StGB (B/II) und der schweren Erpressung nach §§ 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 StGB (B/III) schuldig erkannt.

Danach hat er in B*****

I) von 1993 bis 11. Juni 1999 mit auf unrechtmäßige Bereicherung

gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung schweren Betruges eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, durch Täuschung über Tatsachen zur vermögensschädigenden Ausfolgung von insgesamt 2,393.544 S veranlasst, und zwar Dora Sch***** durch die Behauptungen, sich in der Türkei vom Militärdienst freikaufen zu wollen, dort Schmerzengeldansprüche eines Unfallopfers befriedigen zu müssen, ein rückzahlungsfähiger und -williger Darlehensnehmer zu sein, die Zustimmung seiner Ehefrau zu einer Scheidung zu erkaufen und Geld für die Gründung einer Gesellschaft zu benötigen, in sechs Fällen zur Übergabe von insgesamt 1,877.740 S (B/I/1 bis 6) und Ilse F***** durch Vortäuschen seiner Rückzahlungsfähigkeit und -willigkeit und die Behauptungen, seiner Tochter eine Nierentransplantation zu finanzieren sowie, sich an einem auch Zollkosten verursachenden Kaffehandelsgeschäft zu beteiligen, in vier Fällen zur Übergabe von insgesamt 515.804 S (B/I/7/a bis d);

II) von Sommer 1993 bis 11. Juni 1999 (die mit gleichem Urteil deswegen auch rechtskräftig schuldig gesprochene) Dora Sch***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz dazu bestimmt, über 500.000 S der Sparkasse B*****, deren Angestellte sie war, wegzunehmen;

III) von Herbst 1996 bis Herbst 1997 Dora Sch***** durch gefährliche Drohung mit der Vernichtung ihrer gesellschaftlichen Stellung, nämlich die Bemerkung, falls sie seine Geldforderung nicht erfülle, könnte Anita K***** ihr Wissen um einen von Sch***** vorgetäuschten Banküberfall preisgeben, zur vermögensschädigenden Übergabe von mehr als 25.000 S genötigt.

Die aus Z 4, 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

Rechtliche Beurteilung

Zutreffend hat das Erstgericht den Antrag auf Vernehmung der Olga K***** darüber, "dass die gegen den Angeklagten erhobenen Vorwürfe in vorheriger Absprache zwischen F*****, Anita K***** und Sch***** vorbereitet wurden, sowie dafür, dass F***** anlässlich der Hauptverhandlung vom 17. Feber entgegen den tatsächlichen Gegebenheiten ausgesagt hat", als unzulässige Erkundungsbeweisführung (vgl Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 88) - mit überdies unklar gebliebenem Ziel - gewertet. Zudem hat die als Zeugin vernommene Anita K***** angegeben, ihre Mutter (die beantragte Zeugin) Olga K***** erst im nachhinein über das relevante Telefongespräch informiert zu haben (ON 100, S 19 f).

Ob zwischen dem Angeklagten und Sch***** "eine über eine tiefe Freundschaft hinausgehende Lebensgemeinschaft" bestanden hat, ist unerheblich, weshalb auch die Vernehmung der dazu angebotenen Zeugen Sevilay und Senan Ö***** zu Recht unterblieb. Die von Lola G***** und Jasmine M***** zu erfragenden Gesprächsinhalte schließlich wurden vom Schöffengericht ohnehin zugestanden (US 47), weshalb die Verfahrensrüge (Z 4) versagt.

Mit der Höhe des von F***** erhaltenen Geldbetrages bekämpft die Mängelrüge (Z 5) keine für Strafbarkeit oder Subsumtion des Betruges entscheidende Tatsache, während die Möglichkeit eines "Komplotts" von Sch*****, F***** und K***** vom Schöffengericht erwogen, mangels konkreter Anhaltspunkte aber verworfen wurde (US 35).

Das darüberhinaus, gleichlautend aus Z 5 und 5a erstattete - vom Beschwerdeführer sogar selbst (gesetzesfremd) als "Beweiswürdigungsrüge" bezeichnete - weitwendige Vorbringen richtet sich unzulässig gegen die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung, ohne an der Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrundeliegenden entscheidenden Tatsachen erhebliche Bedenken zu wecken.

Die Aufrichtigkeit von Belastungszeugen ernsthaft in Frage stellende, gleichwohl unerörtert geblieben Aussageteile werden nicht genannt. Ob der Angeklagte mit Sch***** geschlechtlich verkehrt hat, deren gegenüber Dritten vorgeblich geäußerter Verzicht auf Schadensgutmachung und ob die Forderungen des Angeklagten die "finanziellen Verhältnisse" Sch***** überstiegen haben, ist unerheblich. Sch***** mit eigenen Enthüllungen gedroht zu haben, wurde dem Angeklagten nicht angelastet. Ob diese in "Furcht und Unruhe" versetzt wurde, ist ebensowenig entscheidend wie die Höhe des von F***** erhaltenen Geldbetrages und die Möglichkeit nachträglicher Schadensgutmachung. Der Vorwurf, die Beweiswürdigung zur - indes unterlassenen (US 37 f) - "Gründung" der E***** GmbH basiere auf "reinen Vermutungen und Indizien", ist nicht nachzuvollziehen (vgl § 258 Abs 2 zweiter Satz StPO).

Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) die Feststellungen zur Kausalität der Täuschungshandlungen (B/I; US 19 und 21 f) sowie zur Diebstahlsbestimmung (B/II; US 20) übergeht und entgegen den Urteilsannahmen behauptet, dass die erpresserische Drohung "von K***** kam" (B/III; vgl aber US 25 f), verfehlt sie die verfahrensrechtlichen Kriterien gleichfalls.

Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde bereits in nichtöffentlicher Sitzung (§ 285d Abs 1 Z 1 und 2 StPO) hat die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Innsbruck zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden zur Folge (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten gründet auf § 390a StPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte