OGH 11Os60/00

OGH11Os60/0012.9.2000

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. September 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden und durch Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Habl, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Krüger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Samuel U***** wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 und Abs 4 Z 2 SMG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 27. Jänner 2000, GZ 4c Vr 10647/99-77, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der sudanesische Staatsangehörige Samuel U***** des Verbrechens nach § 28 Abs 2 und Abs 4 Z 2 StGB (Punkt I des Urteilssatzes) und des Verbrechens der kriminellen Organisation nach § 278a StGB (II) schuldig erkannt.

Darnach hat er in Wien zwischen Jänner 1999 und Mai 1999

(zu I) den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge in Verkehr gesetzt, indem er eine nicht mehr näher feststellbare, jedenfalls aber große Menge Heroin und Kokain mit nicht mehr feststellbarem, zumindest aber durchschnittlichem Wirkstoffgehalt in der Größenordnung von zumindest mehr als 100 Gramm an zahlreiche unbekannt gebliebene Abnehmer verkaufte, wobei er die Tat als Mitglied einer Verbindung einer größeren Zahl von Menschen zur Begehung solcher strafbarer Handlungen beging und

(zu II) sich an einer auf längere Zeit angelegten unternehmensähnlichen Verbindung einer größeren Zahl von Personen, nämlich einer weltweit agierenden, aus zumindest rund 70 vorwiegend nigerianischen Suchtgifthändlern bestehenden und im China-Restaurant "W*****" in Wien etablierten Organisation, die auf die wiederkehrende und geplante Begehung schwerwiegender strafbarer Handlungen im Bereich des unerlaubten Verkehrs mit Suchtmitteln ausgerichtet war, dadurch eine Bereicherung im großen Umfang anstrebte und sich auf besondere Weise gegen Strafverfolgungsmaßnahmen abzuschirmen suchte, durch die unter I genannte strafbare Handlung aktiv als deren Mitglied beteiligt.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z 5a und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welcher indes keine Berechtigung zukommt.

Rechtliche Beurteilung

Den Kern der Ausführungen zur Tatsachenrüge (Z 5a) bildet das Argument, das Schöffengericht hätte den Angeklagten aufgrund seines bis zuletzt standhaften Vorbringens, mit der Sache nichts zu tun zu haben, im Zweifel freisprechen müssen. Mit der (bloß auf spekulative Überlegungen gestützten) Behauptung der Glaubwürdigkeit und Nachvollziehbarkeit der - vom Schöffengericht mit eingehender Begründung als widerlegt erachteten - Verantwortung des Angeklagten werden jedoch nicht, wie es zur prozessordnungsgemäßen Darstellung dieses Nichtigkeitsgrundes erforderlich wäre, aktenkundige Umstände mit entscheidenden Feststellungen verglichen, die Anfechtung entspricht vielmehr einer Schuldberufung, die mit dem geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht vereinbar ist.

Mit der Kritik an der Qualität des als Beweis verwendeten Videofilms und dem Hinweis auf verschiedenste Irrtumsmöglichkeiten, denen der (anonyme) Belastungszeuge, über dessen Glaubwürdigkeit sich das Gericht zudem keinen persönlichen Eindruck habe verschaffen können, erlegen sein könnte, werden zwar Quellen möglicher Bewertungsmängel angeführt, nicht aber, inwieweit die Beweiswürdigung der Tatrichter davon konkret betroffen ist. Erhebliche Bedenken an der Richtigkeit der Urteilsannahmen zur Täterschaft des Angeklagten werden damit nicht aufgezeigt.

Die Strafzumessungsrüge (Z 11), mit welcher der Beschwerdeführer unter Hinweis auf eine Kommentarmeinung (Jesionek, JGG2 § 1 Rz 8c) die Anwendung des § 5 Z 4 JGG deshalb reklamiert, weil er den Großteil der Straftaten noch als Jugendlicher begangen habe, ist nicht im Recht.

Nach ständiger Judikatur kommt die Anwendung der strafreduzierenden Bestimmungen des § 5 JGG in Fällen, in welchen der Angeklagte strafbare Handlungen teils vor, teils nach Vollendung des 19. Lebensjahres begangen hat, nur dann in Betracht, wenn nach § 28 Abs 1 StGB eine (ausschließlich) als Jugendlicher begangene Tat strafbestimmend ist. In allen anderen Fällen von Tathandlungen vor und nach dem Erreichen des Erwachsenenstatus ist § 5 JGG nicht anzuwenden.

Von dieser Rechtsprechung abzugehen bietet der in der zitierten Kommentarstelle angeführte Denkansatz, dass nämlich bei "Dauerdelikten und fortgesetzter Tatbegehung ... der für diese notwendige, bereits im Jugendalter entwickelte Tatvorsatz zumindest kriminalpolitisch eher für den Einsatz jugendspezifischer Reaktionsmittel sprechen würde", keinen Grund. Umsoweniger besteht hiezu ein Anlass, als der am 24. März 1980 geborene Beschwerdeführer die inkriminierten Taten zwischen Jänner 1999 und Mai 1999 verübt hat, somit erst unmittelbar vor Vollendung seines 19. Lebensjahres zu delinquieren beging.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als offenbar unbegründet schon in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§ 281 Abs 1 Z 2 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

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