OGH 8Ob120/00f

OGH8Ob120/00f7.9.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Hoch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Peter Karl S*****, vertreten durch Dr. Alexander Singer, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei C***** AG, *****, vertreten durch Dr. Peter Avancini, Rechtsanwalt in Wien, wegen Nichtigerklärung und Wiederaufnahme des Verfahrens 5 Cg 252/94m des Landesgerichtes Leoben (Streitwert S 32,704.528), in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsklage wird zurückgewiesen.

Die Wiederaufnahmsklage wird zurückgewiesen.

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die Parteien des Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsverfahrens stehen sich mit ungekehrten Parteienrollen auch im Verfahren 5 Cg 252/94m des Landesgerichtes Leoben gegenüber.

Mit ihrer am 15. 12. 1994 eingebrachten Klage begehrte die dort klagende C***** AG (in der Folge kurz Bank genannt) die Rückzahlung eines Darlehens über S 21,000.000,- und eines über S 6,000.000,- von Dr. Peter Karl S*****. Mit am 18. 1. 1995 eingelangtem Schriftsatz erstattete Dr. S***** in Ausübung seines Selbstvertretungsrechtes als Anwalt die Klagebeantwortung.

Mit Beschluss vom 23. 3. 1995 wurde über das Vermögen des Dr. S***** der Konkurs eröffnet und ein Masseverwalter bestellt. Dr. S***** wurde mit Beschluss vom 24. 5. 1995 aus der Liste der steiermärkischen Rechtsanwälte gelöscht.

Die Bank führte das Verfahren gegen den bestellten Masseverwalter fort.

Mit Beschluss vom 27. 11. 1996 wurden Liegenschaftsanteile gemäß § 119 Abs 5 KO ausgeschieden und dem Gemeinschuldner Dr. S***** zur freien Verfügung überlassen.

Hierauf setzte die Bank mit Schriftsatz vom 8. 1. 1997 das Verfahren gegen Dr. S***** fort und modifizierte das Klagebegehren entsprechend dahingehend, dass das Leistungsbegehren bei Exekution in die aus dem Konkurs ausgeschiedenen Liegenschaftsanteile lautete.

Dr. S***** erschien zu der am 10. 11. 1997 angesetzten Tagsatzung nicht.

Das Erstgericht gab in seinem Urteil vom 25. 8. 1998, GZ 5 Cg 252/94m-51, dem Klagebegehren der Bank statt.

Dagegen erhob Dr. S*****, nunmehr anwaltlich vertreten, unter anderem auch Berufung wegen Nichtigkeit.

Das Berufungsgericht hob das Ersturteil gegen Dr. S***** wegen Nichtigkeit auf, da eine Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 160 ZPO eingetreten und das Verfahren nicht ordnungsgemäß fortgesetzt worden sei. Darüberhinaus sei Dr. S***** trotz Anwaltszwanges nicht anwaltlich vertreten gewesen.

Das Berufungsgericht sprach weiters aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Die Bank erhob gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes Rekurs.

In Stattgebung dieses Rekurses hob der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 8. 7. 1999, AZ 8 Ob 156/99w, die Entscheidung des Berufungsgerichtes auf und sprach aus, dass das Berufungsgericht die Berufung sämtlicher Streitteile meritorisch zu erledigen hat.

Der Oberste Gerichtshof führte in seiner damaligen Entscheidung aus, dass ein Rechtsanwalt, der seine Befugnis zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft erst während der Dauer eines Prozesses, den er in eigener Sache führt, einbüßt, das Recht zur Selbstvertretung nur dann verliert, wenn er aufgrund einer Disziplinarstrafe von der Rechtsanwaltsliste gestrichen wird. Daraus ist der Umkehrschluss zu ziehen, dass er in allen anderen Fällen des Verlustes der Befugnis zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft einen bereits von ihm in eigener Sache begonnenen Rechtsstreit auch selbst zu Ende führen kann und darf.

Mit Schriftsatz, eingelangt am 21. 3. 2000, brachte Dr. S*****, vertreten durch einen Rechtsanwalt, eine Nichtigkeitsklage, in eventu eine Wiederaufnahmsklage und einen Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe gemäß § 64 Z 1 lit a bis f ZPO beim Obersten Gerichtshof unter Vorlage von Urkunden ein.

Rechtliche Beurteilung

Aus § 532 ZPO ergibt sich die ausschließliche Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofes für die gegenständliche Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage.

Gemäß § 538 ZPO hat der Gerichtshof vor Anberaumung einer Tagssatzung zur mündlichen Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung zu prüfen, ob die Klagen auf einen der gesetzlichen Anfechtungsgründe (§ 529 bis § 531 ZPO) gestützt werden und rechtzeitig erhoben sind.

Im Zuge dieser Vorprüfung ist zur Nichtigkeitsklage ganz allgemein auszuführen, dass diese gemäß § 529 ZPO nur gegen rechtskräftige Entscheidungen zulässig ist, durch welche eine Sache erledigt ist (Fasching Lb2 Rz 2033).

Die gegenständliche Nichtigkeitsklage richtet sich gegen den Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 8. 7. 1999, AZ 8 Ob 156/99w. Dieser Beschluss des Obersten Gerichtshofes wurde zwar mit ordnungsgemäßer Zustellung rechtskräftig, beendete aber die Rechtssache nicht. Die Rechtssache (das Verfahren über die Berufung gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben zu 5 C 252/94m) wurde zur Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zweiter Instanz zurückverwiesen.

Gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 8. 2. 2000, AZ 2 R 238/98g (= GZ 5 Cg 252/94m-71), richtet sich die ebenfalls vom Nichtigkeits- und Wiederaufnahmskläger eingebrachte außerordentliche Revision. Diese außerordentliche Revision wird unter anderem sowohl in der Zulassungsbeschwerde als auch in der Ausführung der Revision auf die gleiche Argumentation hinsichtlich der Nichtigkeit des Verfahrens gestützt.

Der Oberste Gerichtshof wird sich daher bei Erledigung dieser außerordentlichen Revision mit dem Vorbringen zur Nichtigkeit noch zu befassen haben. Es liegt daher noch keine, die Sache erledigende, rechtskräftige Entscheidung vor.

Die Nichtigkeitsklage war daher spruchgemäß als zur Bestimmung einer Tagsatzung für die mündliche Verhandlung ungeeignet nach § 538 ZPO zurückzuweisen.

In seiner Wiederaufnahmsklage macht der Kläger geltend, dass er erst durch die Zustellung des Beschlusses des Obersten Gerichtshofes am 21. 2. 2000 in die Lage versetzt worden sei, einen Beschluss des Disziplinarrates der steiermärkischen Rechtsanwaltskammer zu beschaffen, da der Verlust des Selbstvertretungsrechtes kein Prozessthema in den vorinstanzlichen Verfahren gewesen sei und erstmalig aus dem Beschluss des Obersten Gerichtshofes die Relevanz dieses Disziplinarerkenntnisses hervorgehe.

Unter Vorlage von Urkunden bringt der Kläger vor, dass aus diesen hervorgehe, dass der Kläger nicht nur wegen Konkurses aus der Liste gelöscht worden sei, sondern auch mit Beschluss des Disziplinarrates der steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 29. 3. 1995 die einstweilige Maßnahme der vorläufigen Untersagung der Rechtsanwaltschaft gemäß § 19 Abs 1 Z 1 iVm Abs 3 Z 1 lit d DSt 1990 verfügt worden sei. Es liege somit genau der Fall vor, für den der Oberste Gerichtshof in seinem Beschluss zu 8 Ob 156/99w den Verlust des Selbstvertretungsrechtes ausdrücklich ausgesprochen habe.

Dem ist im Zuge des Vorprüfungsverfahrens entgegenzuhalten, dass die vorgelegten Urkunden dieses Vorbringen gerade nicht stützen können.

Es wurde über den Kläger zwar mit Beschluss des Disziplinarrates der steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 29. 3. 1995, expediert am 10. 4. 1995, die einstweilige Maßnahme gemäß § 19 Abs 1 Z 1, Abs 3 Z 1 lit d DSt 1990 verhängt. Aus dem mit der Klage weiters vorgelegten Beschluss des Disziplinarrates der steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 2. 6. 1995 (Beil./I) ergibt sich jedoch, dass die Streichung von der Liste der Rechtsanwälte von Amts wegen, wegen rechtskräftiger Konkurseröffnung, angeordnet wurde und deshalb die Disziplinarverfahren gegen den Kläger in sinngemäßer Anwendung des § 412 StPO gemäß § 77 DSt 1990 abgebrochen wurden.

Aus den vorgelegten Urkunden geht somit klar hervor, dass Dr. S***** nur wegen Konkurseröffnung aus der Rechtsanwaltsliste gestrichen wurde und er zum maßgeblichen Zeitpunkt der Fortsetzung des Verfahrens gegen ihn am 8. 1. 1997 durch keine disziplinäre Maßnahmen an der Ausübung der Rechtsanwaltschaft gehindert war.

Die nunmehr vorgelegten neuen Beweismittel bestätigen somit den dem Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 8. 7. 1999, AZ 8 Ob 156/99w, zu Grunde gelegten Sachverhalt. Sie sind daher keinesfalls geeignet, eine günstigere Entscheidung im frühreren Verfahren herbeizuführen, weshalb die Wiederaufnahmsklage gemäß § 538 ZPO zurückzuweisen ist.

Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist nicht berechtigt.

Gemäß §§ 63 ff ZPO ist die Verfahrenshilfe nur zu bewilligen, wenn die Rechtsverfolgung bzw -verteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Offenbar aussichtslos ist die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dann, wenn schon ohne nähere Prüfung der Angriffs- oder Verteidigungsmittel diese als erfolglos erkannt werden können (Fasching aaO Rz 491).

Im vorliegenden Fall fehlt es der Nichtigkeitsklage an der grundlegenden Voraussetzung einer rechtskräftigen, die Sache erledigenden Entscheidung. Der Wiederaufnahmsklage mangelt es an Beweismitteln für das Klagevorbringen.

Das Vorbringen des Klägers erscheint daher insgesamt als aussichtslos und ist daher keine geeignete Grundlage für die Bewilligung der Verfahrenshilfe.

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