OGH 8Ob67/00m

OGH8Ob67/00m7.9.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Hoch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Walter H*****, vertreten durch Hausberger-Moritz-Schmidt, Rechtsanwälte in Wörgl, wider die beklagte Partei Dr. Roland P*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Verlassenschaft nach Dr. Jakob W*****, wegen S 81.012,39 und Feststellung (Streitwert S 43.987,61) (Gesamtstreitwert und Revisionsrekursinteresse S 125.000), über den Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 24. November 1999, GZ 1 R 222/99b-12, mit dem infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 28. Juni 1999, GZ 14 Cg 82/99z-7, aufgehoben und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger war im Verlassenschaftsverfahren nach dem am 26. 2. 1997 verstorbenen Dr. Jakob W*****, 1 A 91/97h des Bezirksgerichtes Kitzbühel, als Verlassenschaftskurator bestellt. Das Verlassenschaftsgericht hat mit Beschluss vom 4. 9. 1997 die Be- und Entlohnung des Verlassenschaftskurators mit einem Betrag von S 185.430,16 festgesetzt und den im Verlassenschaftskonkurs bestellten Masseverwalter und nunmehrigen Beklagten angewiesen, diesen Betrag als Masseforderung an den nunmehrigen Kläger zur Auszahlung zu bringen.

Gegen den Beschluss wurde seitens des Masseverwalters Rekurs mit der Begründung erhoben, die vom Verlassenschaftskurator geltend gemachte Forderung sei überhöht und zum überwiegenden Teil nicht als Masseforderung, sondern als Konkursforderung zu qualifizieren.

Mit Rekursentscheidung des Landesgerichtes Innsbruck vom 4. 2. 1998, 54 R 164/97g, wurde der Entlohnungsanspruch des Verlassenschaftskurators rechtskräftig mit S 185.000 bestimmt, die seitens des Verlassenschaftsgerichtes dem Masseverwalter auferlegte Zahlungspflicht jedoch mit der Begründung ersatzlos behoben, dass diese Frage nicht in die Zuständigkeit des Verlassenschafts-, sondern des Konkursgerichtes falle, welches die entsprechenden Anweisungen an den Masseverwalter zu geben bzw zu klären habe, ob der Entlohnungsanspruch als Masseforderung zu berichtigen sei.

Über Antrag des Masseverwalters hat das Konkursgericht mit Beschluss vom 1. 4. 1998 zu 19 S 154/97p des Landesgerichtes Innsbruck die als Masseforderung qualifizierte Entlohnung des Verlassenschaftskurators mit einen Betrag von S 50.000, zuzüglich 20 % USt, sohin S 60.000 festgesetzt.

Der dagegen erhobene Rekurs des Verlassenschaftskurators wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 9. 7. 1998, 1 R 123/98t, ua mit der Begründung als unzulässig zurückgewiesen, dass das Abhilfebegehren nach § 124 Abs 3 KO oder ein entsprechendes amtswegiges Vorgehen des Konkursgerichtes (Weisung an den Masseverwalter) als Spezialfall in die allgemeine Überwachungspflicht des Konkursgerichtes im Sinn des § 84 KO falle, sodass auch hier der Rechtsmittelausschluss des § 84 Abs 3 KO gelte.

Mit Schreiben vom 26. 2. 1998 hat der Kläger dem Masseverwalter mitgeteilt, dass er den auf dem von ihm als Verlassenschaftskurator eingerichteten Treuhandkonto verbliebenen Betrag in Höhe von S 103.987,61 mit seinem Entlohnungsanspruch von S 185.000 gegenverrechne. Unter einem wurde der Masseverwalter auch ersucht, den Restbetrag von S 81.012,39 an ihn zu überweisen.

Der Masseverwalter hat dem nicht entsprochen, sondern den Kläger am 16. 3. 1998 aufgefordert, den Guthabensbetrag von S 103.987,61 an die Konkursmasse zu bezahlen, und zu 5 C 444/99v des Bezirksgerichtes Kufstein eine Klage über S 43.987,61 s.A. - die Differenz zwischen den vom Verlassenschaftskurator vereinnahmten Betrag und der als Masseforderung vom Konkursgericht bestimmten Entlohnung - gegen den Kläger eingebracht. Dieses Verfahren wurde mit Einverständnis der Parteien bis zum rechtskräftigen Abschluss des nunmehr anhängigen Verfahrens unterbrochen.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der ehemalige Verlassenschaftskurator den Beklagten als Masseverwalter im Konkurs der Verlassenschaft zur Zahlung von S 81.012,39 zu verpflichten und festzustellen, dass die vom Kläger durch Aufrechnung geltend gemachte Forderung in Höhe von S 43.987,61 Masseforderung sei.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit der Begründung zurück, die Massegläubiger könnten sich bei Verweigerung oder Verzögerung der Leistung gemäß § 124 Abs 3 KO an das Konkursgericht um Abhilfe wenden oder ihre Ansprüche mit Klage gegen den Masseverwalter geltend machen. Das Abhilfebegehren nach Abs 3 oder ein entsprechendes amtswegiges Vorgehen des Konkursgerichtes (Weisung an den Masseverwalter) falle als Spezialfall in die allgemeine Überwachungspflicht des Konkursgerichtes im Sinn des § 84 KO. Das Konkursgericht sei in einem solchen Fall verpflichtet, bei unzweifelhafter Sach- und Rechtslage dem Massegläubiger durch eine Weisung an den säumigen oder ablehnenden Masseverwalter zu seinem Recht (Berichtigung seiner Masseforderung) zu verhelfen, oder eine solche Weisung zu unterlassen und den Abhilfeantrag abzuweisen, (gleichbedeutend) den Massegläubiger auf den Rechtsweg zu verweisen. Da aber hier eine rechtskräftige Entscheidung darüber vorliege, welcher Teil Masseforderung sei, nämlich S 60.000 und der Rest somit Konkursforderung, sei es dem Kläger verwehrt, mittels Klage eine neuerliche Entscheidung im streitigen Rechtsweg zu begehren. Es könne nur dann eine Klage eingebracht werden, wenn das Konkursgericht keine vollstreckbare Verfügung gegen den Masseverwalter erlasse.

Über Rekurs des Klägers hob das Rekursgericht den angefochtenen Beschluss auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund auf; weiters sprach es aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Rechtlich führte es hiezu aus, der Beschluss des Konkursgerichtes, mit dem die als Masseforderung zu qualifizierende Entlohnung des Verlassenschaftskurators mit S 60.000 (inklusive USt) festgesetzt worden sei, sei nicht über Antrag des Verlassenschaftskurators und somit eines Massegläubigers an das Konkursgericht im Sinn des § 124 Abs 3 KO, sondern von Amts wegen erfolgt, wozu der nunmehrige Rekurswerber nicht habe Stellung nehmen können.

Bei der Entscheidung des Konkursgerichtes über den Antrag nach § 124 Abs 3 KO handle es sich aber immer nur um eine Weisung des Konkursgerichtes an den Masseverwalter zu bestimmtem rechtlichen Verhalten oder um die Abweisung eines Abhilfeantrages eines Massegläubigers, nicht aber um eine selbständige, aus sich heraus vollstreckbare oder gar Rechtskraftwirkung gegenüber dem streitigen Verfahren äußernde Gerichtsentscheidung. Der dennoch mit der Erfüllung einer solchen Weisung säumige Masseverwalter habe lediglich vom Konkursgericht Sanktionen zu gewärtigen, der Massegläubiger bleibe allein - im Sinne der Alternativanordnung des § 124 Abs 3 KO - auf den Rechtsweg angewiesen. Da das Konkursgericht die als Masseforderung zu qualifizierende Entlohnung des Verlassenschaftskurators der Höhe nach mit S 60.000 und nicht, wie vom Kläger begehrt, mit S 185.000 festgesetzt habe, bleibe dem Rekurswerber nach den obigen Ausführungen gar kein anderer Weg, als im Sinne der Alternativanordnung des § 124 Abs 3 KO den Rechtsweg zu beschreiten und seine (restlichen) Ansprüche mit Klage gegen den Masseverwalter geltend zu machen, zumal das Konkursgericht in den Augen des Rekurswerbers lediglich zum Teil Abhilfe geschaffen habe. Damit sei aber sinngemäß davon auszugehen, dass das Konkursgericht den Antrag, weitere S 125.000 als Masseforderung zu qualifzieren, abgewiesen habe, was in diesem Umfang im Ergebnis gleichbedeutend mit einer Verweisung des Massegläubigers auf den Rechtsweg sei.

Aus diesem Grund habe der angefochtene Beschluss ersatzlos behoben und dem Erstgericht die Fortsetzung des gesetzlichen Verfahrens aufgetragen werden müssen. Erst nach exakter Feststellung der vom Verlassenschaftskurator erbrachten Leistungen werde abschließend beurteilt werden können, ob es sich dabei zur Gänze oder nur zum Teil um Masseforderungen im Sinne des § 46 Abs 1 Z 2 KO handle.

Den Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht zu, weil zur gegenständlichen Fallkonstellation - kein Abhilfeantrag des Massegläubigers an das Konkursgericht, sondern ein Antrag des Masseverwalters selbst - keine oberstgerichtliche Judikatur existiere und der Frage einer allfälligen Rechtskraft- bzw Bindungswirkung in Ansehung des Massegläubigers erhebliche Bedeutung zukomme.

Gegen diesen Aufhebungs- und Rückverweisungsbeschluss richtet sich der Revisionsrekurs des beklagten Masseverwalters wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die erstinstanzliche Entscheidung wiederherzustellen; hilfsweise stellt er auch einen Aufhebungsantrag.

Der Kläger begehrt den Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist als gerade noch zulässig zu beurteilen, weil zur konkreten Fallkonstellation keine oberstgerichtliche Rechtsprechung existiert; er ist aber - wie sich aus der zu den vorliegenden Fragenkomplex ergangenen Rechtsprechung ergibt - nicht berechtigt.

Der Beklagte meint, dass die Kosten des Konkursverfahrens ausschließlich vom Konkursrichter zu bestimmen seien, sodass als Ergebnis der nunmehr angefochtenen Entscheidung des Rekursgerichtes ein unzuständiger Richter über die Kosten des Konkursverfahrens zu entscheiden hätte. Der Oberste Gerichtshof habe in EvBl 1969/265 ausgesprochen, dass zum Ausspruch über die Berichtigung der vom Abhandlungsgericht zuvor rechtskräftig bestimmten Kosten im vorangegangenen Abhandlungsverfahren als Masseforderung ausschließlich das Konkursgericht zuständig sei. Zwei angerufene und mit der Rechtssache befasste Gerichte sowie deren Instanzen hätten in der Sache bereits rechtskräftig entschieden. Nach der bekämpften Entscheidung müsste nun in einem dritten Verfahren genau über jene Frage entschieden werden, über die bereits das dafür ausschließlich zuständige Konkursgericht entschieden habe. Habe das Konkursgericht bereits bindend im Sinn des § 124 Abs 3 KO entschieden, sei unter Berufung auf die bei Mohr KO8 zu § 124 KO unter E 11 zitierten Entscheidungen die Klagsführung nicht zulässig; es dürften vom Massegläubiger nicht beide Wege nebeneinander beschritten werden.

Dieser Rechtsansicht kann nicht beigetreten werden.

Es trifft zwar zu, dass darüber, wie die - vom Abhandlungsgericht rechtskräftig bestimmten - Kosten (sei es des Gerichtskommissärs oder wie hier des Verlassenschaftskurators) im vorangegangenen Verlassenschaftsverfahren aus der Konkursmasse zu berichtigen sind - als Masseforderung oder Konkursforderung - ausschließlich das Konkursgericht zu entscheiden hat und das Abhandlungsgericht dafür absolut unzuständig ist (EvBl 1969/265 ua). Das sagt aber nichts darüber aus, wie vorzugehen ist, wenn die vom Gläubiger als Masseforderung begehrte Forderung nicht als solche liquidiert wird.

Es ist im Ergebnis gleich, ob ein Gläubiger vergeblich vom Masseverwalter die Liquidierung einer Masseforderung verlangt und dagegen Beschwerde erhebt, weil dieser sich nicht pflichtgemäß verhalte, oder ob das Konkursgericht in Ausübung seiner Überwachungsfunktion nach § 84 KO für den Masseverwalter unmittelbar bindend anordnet, dass die geltend gemachte Forderung nicht - oder wie hier - nicht zur Gänze als Masseforderung zu befriedigen ist (8 Ob 34/88 = SZ 61/200). Bei der Entscheidung des Konkursgerichtes über den Antrag nach § 124 Abs 3 KO handelt es sich immer nur um eine Weisung des Konkursgerichtes an den Masseverwalter zu einem bestimmten rechtlichen Verhalten oder um die Abweisung eines Abhilfeantrages des Massegläubigers, nicht aber um eine selbständige, aus sich heraus vollstreckbare oder gar Rechtskraftwirkung gegenüber dem streitigen Verfahren äußerende Gerichtsentscheidung. Der dennoch mit der Erfüllung einer solchen Weisung säumige Masseverwalter hat gegenüber dem Konkursgericht lediglich Sanktionen (etwa im Sinn der §§ 84, 87 Abs 1 KO) zu gewärtigen, der Massegläubiger bleibt allein - im Sinn der Alternativanordnung des § 124 Abs 3 KO - auf den Rechtsweg angewiesen (8 Ob 38/89 = RZ 1992/80).

Hieraus ergibt sich zwingend, dass dann, wenn das Konkursgericht unanfechtbar (5 Ob 332/87; 8 Ob 38/89 = RZ 1992/80) eine Weisung an den Masseverwalter gab, den Gläubiger nicht oder - wie hier - nicht zur Gänze als Massegläubiger zu befriedigen, dem Gläubiger das in § 124 Abs 3 KO ausdrücklich angeordnete Wahlrecht genommen ist; das gilt auch dann, wenn das Konkursgericht keine formelle Verweisung auf den Rechtsweg vorgenommen hat (vgl SZ 36/152 ua). Die in den alten Entscheidungen (vgl Mohr KO9 § 124/E 22) ausgedrückte Ansicht, dass der Gläubiger nicht beide Wege nebeneinander bestreiten kann, ist im Sinn der Ausführungen Pollaks (in Bartsch/Pollak, KO, AO, AnfO3 1 570 f und der von Petschek/Reimer/Schiemer, Insolvenzrecht 530 ff) dahingehend zu korrigieren, dass dem Gläubiger ein Wahlrecht zusteht, der Gesetzgeber die Anrufung des Konkursgerichtes als den einfacheren Weg begünstigt, er aber nach vergeblicher Anrufung des Konkursgerichtes im Sinn des § 124 Abs 3 KO - oder eines gegenteiligen amtswegigen Vorgehens wie hier - noch immer den Klagsweg beschreiten kann. Der Massegläubiger - so ausdrücklich Pollak (aaO 571) hat in seinem eigenen Interesse (Kostengründe - kein Anlass zur Prozessführung) zunächst das Konkursgericht um Hilfe anzugehen. Hieraus folgt, dass dann, wenn im Wege des § 124 Abs 3 erster Fall KO nicht Abhilfe geschaffen wurde, der Massegläubiger seinen Anspruch mit Klage gegen den Masseverwalter geltend machen kann, ohne dass ihm entschiedene Streitsache eingewendet werden könnte (8 Ob 38/89 = RZ 1992/80).

Zu Recht hat daher das Rekursgericht den angefochtenen Beschluss des

Erstgerichtes aufgehoben und dem Erstgericht die Fortsetzung des

Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund

aufgetragen, weil nach ständiger Rechtsprechung (8 Ob 8/90 = JBl

1991, 529 = NZ 1992/67 ua) die vom Verlassenschaftsgericht mit S

185.000 rechtskräftig bestimmte Entlohnung des

Verlassenschaftskurators für Mühewaltung nur insoweit als

Masseforderung festzusetzen ist, als sich die Masse dadurch

tatsächlich Honorar für den Masseverwalter erspart hat.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

Stichworte